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Der VwGH richtet an den EuGH die Frage, ob die unterschiedliche Behandlung in Bezug auf die Stabilitätsabgabe mit den EU-Grundfreiheiten, insbesondere der Dienstleistungsfreiheit und der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit , zu vereinbaren ist.

Sachliche Unbilligkeit und § 236 BAO

Die Abschreibung von Abgabenschuldigkeiten durch Nachsicht setzt einen hierauf gerichteten Antrag voraus, wobei den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft. Er hat einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann.

Eine sachliche Unbilligkeit ist – unbeschadet der in § 3 Verordnung betreffend Unbilligkeit der Einhebung iSd § 236 BAO (BGBl II 2005/435) beispielsweise aufgezählten und hier nicht in Betracht kommenden Fälle – nach ständiger Rechtsprechung des VwGH anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist.

Die zeitliche Erfassung von Einnahmen und von Werbungskosten entsprechend dem Zeitpunkt des Zu- und Abfließens ist eine vom Gesetzgeber in § 19 EStG für die Allgemeinheit getroffene Entscheidung, die als solche keine sachliche Unbilligkeit iSd § 236 BAO darstellt.

Kommt es zur Rückzahlung von Beträgen, die als Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen waren, liegen Werbungskosten nach § 16 Abs 2 EStG und damit gegebenenfalls negative Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor.

Mangels Darlegung der für die steuerliche Behandlung des „Welteinkommens“ maßgeblichen Umstände und der tatsächlichen (auch ausländischen) Besteuerung ist es von vorneherein nicht möglich zu beurteilen, ob allenfalls ein außergewöhnlicher Geschehensablauf iSd Rechtsprechung zu § 236 BAO vorliegen könnte.

Entscheidung: VwGH 20. 11. 2019, Ra 2018/15/0014.




Krankenanstalt und Ausschließlichkeitsgrundsatz

Wird von einer Körperschaft, die die Voraussetzungen für eine Begünstigung auf abgabenrechtlichem Gebiet im Übrigen erfüllt, eine Krankenanstalt betrieben, so ist diese Anstalt gemäß § 46 BAO gleich einem unentbehrlichen Hilfsbetrieb gemäß § 45 Abs 2 BAO abgabefrei, wenn es sich um eine im Sinne des jeweils geltenden Krankenanstaltengesetzes gemeinnützig betriebene Krankenanstalt handelt. Das gilt auch in Bezug auf die Kommunalsteuer, dient doch eine Krankenanstalt stets den in § 8 Z 2 KommStG für die Steuerbefreiung vorausgesetzten Zwecken.

Eine ausschließliche Förderung liegt nicht vor, wenn die Körperschaft – abgesehen von völlig untergeordneten Nebenzwecken – andere als gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt. Der Ausschließlichkeitsgrundsatz verlangt, dass die gesamte Tätigkeit der Körperschaft grundsätzlich den steuerlich begünstigten Zwecken dienstbar gemacht wird. Ein bloßes Überwiegen des begünstigten Zwecks reicht nicht aus.

Ein einheitlicher Betrieb liegt nach der ständigen Rechtsprechung dann vor, wenn mehrere Betriebszweige nach der Verkehrsauffassung und nach den Betriebsverhältnissen als Teil eines Betriebes anzusehen sind; das trifft bei engem wirtschaftlichem, technischem oder organisatorischem Zusammenhang zu. Es kommt auf das Ausmaß der objektiven organisatorischen, wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtung zwischen den einzelnen Betriebszweigen im Einzelfall an. Nicht gleichartige Tätigkeiten bilden einen einheitlichen Betrieb, wenn sie geeignet sind, einander zu ergänzen.

Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb setzt wirtschaftliche Selbständigkeit voraus, also einerseits ein wirtschaftliches Herausgehobensein der Tätigkeit aus der allgemeinen Tätigkeit der Körperschaft, andererseits eine sachliche Geschlossenheit der Tätigkeit gegenüber anderen sachlich geschlossenen Tätigkeiten der Körperschaft. Es handelt sich dabei um eine organisatorische Zusammenfassung von Personal- und Sachmitteln, die eine wirtschaftliche Entfaltung ermöglicht und nach außen das Erscheinungsbild eines selbständigen Betriebes aufweist. Sachlich selbständige Betätigungen begründen jeweils eigene wirtschaftliche Geschäftsbetriebe; ein einheitlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist aber dann anzunehmen, wenn mehrere Betätigungen in wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht eine Einheit bilden.

Entscheidung: VwGH 20. 11. 2019, Ra 2018/15/0071.




Mildtätige Zwecke und Kommunalsteuer iZm Bewährungshilfe

§ 8 Z 2 KommStG enthält eine taxative Aufzählung derjenigen gemeinnützigen Zwecke, die eine Befreiung von der Kommunalsteuer nach sich ziehen. Von den im § 35 Abs 2 BAO – dort in einer bloß beispielhaften Aufzählung – genannten gemeinnützigen Zwecken sind nur die Zwecke der Gesundheitspflege und die näher umschriebenen Fürsorgezwecke von der Kommunalsteuer befreit. Betreffend Mildtätigkeit enthält § 8 Z 2 KommStG hingegen keine vergleichbare Einschränkung gegenüber § 37 BAO. Wie auch aus den Erläuterungen zum Bericht des Finanzausschusses (Hinweis 1302 BlgNR 18. GP, 2) hervorgeht, sollen Unternehmen in die Befreiung aufgenommen werden, soweit sie unmittelbar mildtätigen Zwecken dienen oder gemeinnützig auf den genannten Gebieten tätig werden. Es entspricht sohin der mit dem Wortlaut des Gesetzes übereinstimmenden Absicht des Gesetzgebers, dass die Befreiung Unternehmen umfasst, soweit sie entweder mildtätigen Zwecken dienen oder soweit sie gemeinnützigen Zwecken auf bestimmten Gebieten dienen.

Mildtätig sind solche Zwecke, die darauf gerichtet sind, hilfsbedürftige Personen zu unterstützen. Hilfsbedürftigkeit kann aufgrund materieller Not bestehen, sie kann sich aber auch wegen der körperlichen und geistigen Verfassung der Personen ergeben, insbesondere bei Kranken und Gebrechlichen. Mildtätigkeit ist insoweit auf die Linderung menschlicher Not gerichtet.

Dass der Begriff der Mildtätigkeit in den Statuten des vorliegenden Vereins nicht ausdrücklich genannt ist, schließt die Steuerbefreiung nicht aus. Wenn sich die Statuten insbesondere auf die Straffälligen- und Opferhilfe beziehen, so handelt es sich dabei um Personen, die zumindest zu einem erheblichen Anteil persönlich oder materiell hilfsbedürftig sind. Ausschließlichkeit der mildtätigen Zweckverfolgung ist aber im Hinblick auf die partielle Abgabenbefreiung nach § 8 Z 2 KommStG nicht erforderlich.

Auch die Tätigkeiten des vorliegend im Bereich der Resozialisierungs- und Reintegrationshilfe für Straffällige, Opferhilfe und Präventationsarbeit tätigen Vereins sind, soweit sie darauf gerichtet sind, hilfsbedürftige Personen zu unterstützen, als mildtätig zu beurteilen. Die Unterstützung kann insbesondere auch durch Dienstleistungen oder Beratungen erfolgen. Dass diese Tätigkeiten unter Berücksichtigung des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts erfolgen, nimmt diesen Tätigkeiten nicht ihren Charakter als Unterstützung hilfsbedürftiger Personen. Gleiches gilt auch für die Beurteilung der Tätigkeiten des vorliegenden Vereins, soweit sie den in § 8 Z 2 KommStG näher genannten gemeinnützigen Zwecken dienen. Hier sind zwar nur Zwecke der Gesundheitspflege und näher umschriebene Fürsorgezwecke genannt; Zwecke der Bewährungshilfe sind nicht (gesondert) angeführt. Dies schließt aber nicht aus, dass im Rahmen der Bewährungshilfe insbesondere auch Zwecke der Jugendfürsorge oder Familienfürsorge verfolgt werden. Es kann hiezu aber – wie auch betreffend arbeitsmarktpolitische Maßnahmen – nicht angenommen werden, dass Tätigkeiten der Bewährungshilfe in jedem Fall dem Begriff der Familienfürsorge oder der Jugendfürsorge zu subsumieren wären. Das Kriterium der Förderung der Allgemeinheit ist im vorliegenden Fall erfüllt, besteht doch zum einen eine Förderung im Interesse der Allgemeinheit schon darin, durch die Bewährungshilfe die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen zu vermeiden. Zum anderen ist aber der Kreis der zu betreuenden (fördernden) Personen nicht iSd § 36 BAO eingeschränkt. Einschränkungen, die sich aus der Fördersache selbst ergeben, sind hingegen unbedenklich.

Nach § 52 Abs 1 StGB ist es Aufgabe des Bewährungshelfers, dem Rechtsbrecher zu einer Lebensführung und Einstellung zu verhelfen, die diesen in Zukunft von der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen abzuhalten vermag. Hilfsbedürftigkeit iSd § 37 BAO (oder auch ein gemeinnütziger Zweck iSd § 8 Z 2 KommStG) wird damit nicht angesprochen. Nur soweit es (dazu) nötig ist, hat der Bewährungshelfer – nach § 52 Abs 1 Satz 3 StGB – den Rechtsbrecher bei seinen Bemühungen zu unterstützen, wesentliche Lebensbedürfnisse zu decken, insbesondere Unterkunft und Arbeit zu finden. Auch der Gesetzgeber geht damit davon aus, dass Hilfsbedürftigkeit (iSd § 37 BAO) nicht jedenfalls gegeben ist.

Eine nähere Bestimmung des begünstigungsfähigen Bereichs der Höhe nach kommt grundsätzlich auch im Schätzungswege in Betracht.

Eine Festsetzung nach § 201 BAO hat nur dann zu ergehen, wenn die Behörde von der eingereichten Erklärung abweicht; bei völliger Steuerbefreiung wäre daher im vorliegenden Fall der Bescheid über die Festsetzung der Kommunalsteuer ersatzlos zu beheben.

Entscheidung: VwGH 20. 11. 2019, Ra 2019/15/0103.




§ 162 BAO

Einer Aufforderung nach § 162 Abs 1 BAO ist dann nicht entsprochen, wenn ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften die Feststellung getroffen wird, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Beträge sind.

Entscheidung: VwGH 13. 11. 2019, Ra 2018/13/0107.




Ansuchen um Zahlungserleichterung und Säumniszuschläge

Nach dem eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut des § 230 Abs 3 BAO entfaltet ein Ansuchen um Zahlungserleichterung nur dann die Wirkung der Hemmung von Einbringungsmaßnahmen und damit nach dem ebenso eindeutigen Wortlaut des § 217 Abs 4 lit b BAO die Wirkung, dass Säumniszuschläge für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten sind, wenn das Ansuchen um Zahlungserleichterungen vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebracht wurde.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 217 Abs 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nur dann und insoweit nicht, als die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt. Damit ist unmissverständlich die Säumnis bei der Entrichtung der Abgaben und nicht eine „Säumnis“ beim Einbringen eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen, damit dieses etwa die in § 230 Abs 3 BAO normierten Wirkungen entfaltet, erfasst. Zur insoweit wortgleichen Vorgängerreglung des § 221 BAO (bis zum Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl I 2000/142) wurde diese Frage nicht erst durch die Entscheidung des VwGH vom 22. 1. 1987, 86/16/0023, beantwortet, sondern bereits durch frühere Erkenntnisse. Dass der seit dem Budgetbegleitgesetz 2001 nunmehr in § 217 Abs 5 BAO enthaltenen Regelung insoweit dieselbe Bedeutung zukommt, ergibt sich auch aus den Materialien zum Budgetbegleitgesetz 2001 (311 BlgNR 21. GP, 199), worin angeführt wird, dass „ein spätestens am Fälligkeitstag eingebrachtes Stundungsansuchen“ vorerst das Entstehen von Säumniszuschlagsansprüchen verhindert.

Entscheidung: VwGH 17. 9. 2019, Ra 2019/16/0154.




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