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(Bild: © iStock/MarkusBeck) (Bild: © iStock/MarkusBeck)

Aussetzungsbescheid gemäß § 271 BAO

Entscheidung: VwGH 11. 12. 2019, Ra 2019/13/0026.
Norm: § 271 BAO.

Ein Aussetzungsbescheid gemäß § 271 BAO verliert seine Rechtswirksamkeit mit dem Eintritt des Zeitpunktes, bis zu welchem die Aussetzung verfügt wurde, bei einer Aussetzung bis zur Beendigung eines bestimmten Verfahrens mit dessen Abschluss. Dies ergibt sich schon aus der Bestimmung des § 271 Abs 2 BAO. Demzufolge ist nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens, das Anlass zur Aussetzung gegeben hat, das ausgesetzte Beschwerdeverfahren von Amts wegen fortzusetzen. Der angefochtene Aussetzungsbeschluss hat daher mit der Beendigung des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht, bis zu dessen Beendigung die Aussetzung verfügt worden war, seine Wirksamkeit verloren. Ab diesem Zeitpunkt ist eine Rechtsverletzungsmöglichkeit nicht mehr gegeben.

Ein Verfahren vor dem VwGH ist für gegenstandslos zu erklären und einzustellen, wenn nach Einbringung der Revision das rechtliche Interesse des Revisionswerbers, das ihn zur Revisionserhebung berechtigt hat, wegfällt. Dies trifft auf den Revisionsfall zu, weil das mit der Revision gegen den Aussetzungsbeschluss verfolgte Ziel, durch Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses die Grundlage für die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens zu schaffen, bereits mit dem Wegfall der Rechtswirksamkeit des Aussetzungsbeschlusses erreicht ist. Die Revision war daher – nach Anhörung der Revisionswerberin – als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Feststellung einer Abgabenhinterziehung und Wiederaufnahme

Entscheidung: VwGH 11. 12. 2019, Ra 2019/13/0091.
Normen: § 207 Abs 2 BAO; § 307 BAO.

Die Abgabenbehörde ist nicht daran gehindert, im Abgabenverfahren – ohne dass es einer finanzstrafbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung bedarf – festzustellen, dass Abgaben iSd § 207 Abs 2 Satz 2 BAO hinterzogen sind.

Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt konkrete und nachprüfbare Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus. Dabei ist vor allem in Rechnung zu stellen, dass eine Abgabenhinterziehung nicht schon bei einer objektiven Abgabenverkürzung vorliegt, sondern Vorsatz als Schuldform erfordert, und eine Abgabenhinterziehung somit erst als erwiesen gelten kann, wenn – in nachprüfbarer Weise – auch der Vorsatz feststeht.

Vorsätzlich handelt, wer ein Tatbild mit Wissen und Wollen verwirklicht. Vorsätzliches Handeln beruht nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen.

Bei Vorliegen einer Beschwerde gegen einen Wiederaufnahmebescheid und gegen den im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Sachbescheid widerspricht es dem Gesetz, die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme unerledigt zu lassen und vorerst über die Beschwerde gegen den neuen Sachbescheid abzusprechen.

Gleiches gilt auch für Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamts. Durch einen rechtzeitigen Vorlageantrag wird die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht berührt, obwohl die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt gilt (§ 264 Abs 3 BAO). Mit dem Ergehen der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes verlieren aber Beschwerdevorentscheidungen ihre Wirksamkeit und scheiden aus dem Rechtsbestand aus.

Prüfungsgegenstand vor dem VwGH ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes. Insoweit ist im hier gegebenen Zusammenhang – bei zunächst gleichzeitiger Entscheidung des Finanzamts über Wiederaufnahme und Einkommensteuer – entscheidend, dass das Verwaltungsgericht in der zutreffenden Reihenfolge (gleichzeitig) entschieden hat. Dass das Finanzamt hingegen zunächst betreffend Sachbescheid und erst in der Folge betreffend Wiederaufnahme mittels Beschwerdevorentscheidung entschieden hat, bewirkt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses.

Verfahren zur Forschungsprämie

Entscheidung: VwGH 11. 12. 2019, Ra 2019/13/0108.
Normen: § 201 BAO; § 108c EStG.

Das Verfahren betreffend die Forschungsprämie ist – wie etwa auch jenes betreffend Investitionszuwachsprämie – ein eigenständiges Verfahren. Es wird erst mit der Geltendmachung der Prämie in Gang gesetzt, wobei die Bezeichnung dieses Vorgangs als „Antrag“ nichts daran ändert, dass es sich um eine Selbstbemessung handelt.

Die (allfällige) bescheidmäßige Festsetzung der Forschungsprämie nach § 108c EStG hat nach § 201 BAO zu erfolgen. Diese Bestimmung hat den Zweck, einen „Gleichklang mit der bei einem durch Bescheid abgeschlossenen Verfahren geltenden Rechtslage“ herbeizuführen. Bei einer Selbstbemessungsabgabe – wie hier der Forschungsprämie – bewirkt bereits die Einreichung der Erklärung (Bekanntgabe der Selbstberechnung) die Festsetzung der Abgabe.

Die „Quasirechtskraft“ einer solchen Festsetzung durch Erklärung wird allerdings durch die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe durchbrochen. Eine derartige Durchbrechung der „Quasirechtskraft“ kann aber nur unter den Voraussetzungen und im Rahmen der Fristen des § 201 BAO erfolgen. Auch eine verspätete Geltendmachung der Forschungsprämie ändert nichts an der Wirkung der Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages; die Forschungsprämie gilt damit als festgesetzt. Die Wirkung dieser Festsetzung durch Erklärung kann durch einen Bescheid nach § 201 BAO beseitigt werden.

Vor diesem Hintergrund wäre es aber systemwidrig, eine an sich verspätete Geltendmachung von Prämien iSd § 108c EStG (auch) dadurch in ihrer Wirkung zu beseitigen, dass sie – ohne Bindung an die Fristen des § 201 BAO – als verspätet zurückgewiesen werden könnte. Bei verspäteter Geltendmachung hat demnach nach § 201 BAO eine Festsetzung mit 0 Euro zu erfolgen.

Eine „Abweisung des Antrages auf Forschungsprämie“ entspricht – anders als die Abweisung eines Antrages auf von der Selbstbemessung abweichende Festsetzung – einer von der Selbstbemessung abweichenden Festsetzung mit 0 Euro.

Gewöhnlicher Aufenthalt von Auslandsbeamten und Zulagen gemäß § 21 GehaltsG

Entscheidung: VwGH 11. 12. 2019, Ro 2018/13/0008.
Norm: § 26 Abs 3 BAO.

Gemäß § 26 Abs 3 BAO sind Auslandsbeamte österreichische Staatsbürger, die in einem Dienstverhältnis zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes stehen und die ihren Dienstort im Ausland haben. § 26 Abs 3 BAO enthält eine Fiktion in Bezug auf das Vorliegen eines gewöhnlichen Aufenthaltes.

Durch die Bestimmung des § 26 Abs 3 BAO wird ua bewirkt, dass Auslandsbeamte und die in der genannten Bestimmung umschriebenen Familienangehörigen auch ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind (vgl § 1 Abs 2 EStG). Aus der Verknüpfung der Worte „Dienstverhältnis“, „Dienstort im Ausland“ sowie „Ort der die Dienstbezüge anweisenden Stelle“ im ersten Satz des § 26 Abs 3 BAO ergibt sich, dass in Bezug auf das die Dienstbezüge auslösende Dienstverhältnis zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes der Dienstort im Ausland gelegen sein muss, um von einem „Auslandsbeamten“ im Sinne dieser Bestimmung sprechen zu können.

Auch wenn der Zweck des § 26 Abs 3 BAO darin besteht, bei Auslandsbeamten, die keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu fingieren, um eine unbeschränkte Steuerpflicht zu begründen, ist für Zwecke des § 3 Abs 1 Z 8 EStG davon auszugehen, dass das Fehlen eines inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts keine Voraussetzung für die Befreiung der Zulagen gemäß § 21 GehaltsG ist. Es ist allein darauf abzustellen, ob der zulagenempfangende Beamte seinen Dienstort in Bezug auf das die Dienstbezüge auslösende Dienstverhältnis im Ausland hat. Dabei ist auf die dienstrechtlichen Bestimmungen abzustellen.

Das BDG sieht keine Definition des Dienstortes vor. Aus § 39 Abs 4 BDG ergibt sich aber, dass dienstrechtlich – anders als nach § 2 RGV, der als Dienstort die Ortsgemeinde, in der die Dienststelle liegt, der der Beamte dauernd zur Dienstleistung zugewiesen ist, und als Dienstzuteilung die vorübergehende Zuweisung an einen „anderen“ Ort definiert – eine Dienstzuteilung auch an einen anderen Dienstort erfolgen kann. Als dieser kann vor dem Hintergrund des § 39 Abs 4 BDG, wenn Organisationsvorschriften nicht etwas anderes vorsehen, nur der Ort, an dem die Dienststelle ihren Sitz hat, der der Beamte vorübergehend zugewiesen wird, in Betracht kommen.

§ 39a Abs 2 BDG sieht vor, dass auf die Entsendung die Bestimmungen über die Dienstzuteilung anzuwenden sind, und enthält eine Fiktion, wonach die betreffende Einrichtung, an die der Beamte entsendet wurde, für die Dauer der Entsendung als Dienststelle gelte. Der Dienstort eines gemäß § 39a BDG an eine ausländische Einrichtung entsendeten Beamten liegt somit für die Dauer seiner Entsendung im Ausland.

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