X
Digital
Datenschutzrecht der unternehmer Digital Monitor Internationales Steuerrecht News Steuerrecht

EuGH: Haftung für Urheberrechtsverletzungen durch Hyperlink

(Bild: © RobertAx) (Bild: © RobertAx)

Der EuGH hat in einer aufsehenerregenden Entscheidung (EuGH 8.9.2016, Rs C-160/15, GS Media BV vs. Sanoma Media Netherlands BV u.a.) seine bisherige Rechtsansicht, wonach durch das bloße Setzen eines Hyperlinks keine „öffentliche Widergabe“ der verlinken Inhalte im Sinne des Art 3 Abs 1 Urheberrechtsrichtlinie (RL 2001/29/EG) erfolgt, verworfen und vorallem für Unternehmer eine verschärfte Haftung für Urheberrechtsverletzungen statuiert. Dieser Entscheidung folgend hat nun auch bereits das Landgericht Hamburg am 18.11.2016 (310 O 402/16) diese strenge Haftung für Urheberrechtsverletzungen auf verlinkten Seiten bestätigt. Obgleich der Entscheidung des EuGH in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden kann, so schwebt diese gleichsam wie ein Damoklesschwert über alle linksetzenden Unternehmer, zumal das dieser Entscheidung innewohnende Risiko kaum beherrschbar ist.

In dem von EuGH zu entscheidenden Fall war zu prüfen, ob und unter welchen etwaigen Bedingungen das Setzen eines Links auf eine Website zu geschützten Werken, die auf einer anderen Website ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers frei zugänglich sind, eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art 3 Abs 1 der Richtlinie 2001/29 darstellt. Und ob es erheblich ist, dass die in Rede stehenden Werke noch nicht in anderer Weise mit Erlaubnis dieses Rechtsinhabers veröffentlicht worden sind, dass die Bereitstellung dieser Hyperlinks das Auffinden dieser Werke in hohem Maße erleichtert, da die Website, auf der sie für das gesamte Internetpublikum zugänglich sind, nicht leicht auffindbar ist, und dass demjenigen, der diese Links setzt, diese Tatsachen sowie der Umstand, dass der Rechtsinhaber die Veröffentlichung der Werke auf dieser Website nicht erlaubt hatte, bekannt war oder hätte bekannt sein müssen.

Nach Ansicht des EuGH könne es sich insbesondere für Einzelpersonen, die solche Links setzen wollen, als schwierig erweisen, zu überprüfen, ob die Website, zu der diese Links führen sollen, Zugang zu geschützten Werken geben, und gegebenenfalls, ob die Inhaber der Urheberrechte an diesen Werken deren Veröffentlichung im Internet erlaubt haben. Dies sei erst recht dann schwer zu ermitteln, wenn für diese Rechte Unterlizenzen erteilt worden sind. Ferner könne der Inhalt einer Website, zu der ein Hyperlink Zugang gibt, nach der Platzierung des Links unter Aufnahme geschützter Werke geändert werden, ohne dass sich derjenige, der den Link geschaffen hat, dessen notwendig bewusst sein muss.

Setzt jemand einen Hyperlink zu einem auf einer anderen Website frei zugänglichen Werk ohne Gewinnerzielungsabsicht so könne nach Ansicht des EuGH der Betreffende vernünftigerweise nicht wissen, dass dieses Werk im Internet ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht wurde.

Wenn auch in einem solchen Fall der Betreffende das Werk der Öffentlichkeit dadurch verfügbar macht, dass er anderen Internetnutzern direkten Zugang zu ihm biete, handle er doch im Allgemeinen nicht in voller Kenntnis der Folgen seines Tuns, um Kunden Zugang zu einem rechtswidrig im Internet veröffentlichten Werk zu verschaffen. Überdies konnte, wenn das fragliche Werk bereits ohne Zugangsbeschränkung im Internet auf der Website verfügbar war, zu der der Hyperlink Zugang gibt, grundsätzlich das gesamte Internetpublikum darauf bereits auch ohne diese Handlung zugreifen.

Sei dagegen erwiesen, dass der Betreffende wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm gesetzte Hyperlink Zugang zu einem unbefugt im Internet veröffentlichten Werk verschafft – weil er beispielsweise von dem Urheberrechtsinhaber darauf hingewiesen wurde –, so sei die Bereitstellung dieses Links als eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 zu betrachten. Ebenso verhalte es sich, wenn es der Link den Nutzern der ihn offerierenden Website ermöglicht, beschränkende Maßnahmen zu umgehen, die auf der das geschützte Werk enthaltenden Website getroffen wurden, um den Zugang der Öffentlichkeit allein auf ihre Abonnenten zu beschränken, da es sich bei der Platzierung eines solchen Links dann um einen bewussten Eingriff handle, ohne den die Nutzer auf die verbreiteten Werke nicht zugreifen könnten.

Im Übrigen könne, wenn Hyperlinks mit Gewinnerzielungsabsicht gesetzt werden, von demjenigen, der sie gesetzt hat, erwartet werden, dass er die erforderlichen Nachprüfungen vornehme, um sich zu vergewissern, dass das betroffene Werk auf der Website, zu der die Hyperlinks führen, nicht unbefugt veröffentlicht wurde, so dass zu vermuten sei, dass ein solches Setzen von Hyperlinks in voller Kenntnis der Geschütztheit des Werks und der etwaig fehlenden Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber zu seiner Veröffentlichung im Internet vorgenommen wurde. Unter solchen Umständen stelle daher, sofern diese widerlegliche Vermutung nicht entkräftet werde, die Handlung, die im Setzen eines Hyperlinks zu einem unbefugt im Internet veröffentlichten Werk besteht, eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dar.

Jedoch soll mangels eines neuen Publikums keine „öffentliche“ Wiedergabe vorliegen, wenn die Werke, zu denen die Hyperlinks Zugang geben, auf einer anderen Website mit Erlaubnis des Rechtsinhabers frei zugänglich sind.

Der EuGH legt daher Art 3 Abs 1 der Richtlinie 2001/29 dahin aus, dass zur Klärung der Frage, ob das Setzen von Hyperlinks auf eine Website zu geschützten Werken, die auf einer anderen Website ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers frei zugänglich sind, eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt, zu ermitteln ist, ob die Links ohne Gewinnerzielungsabsicht durch jemanden, der die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke auf der anderen Website nicht kannte oder vernünftigerweise nicht kennen konnte, bereitgestellt wurden oder ob die Links vielmehr mit Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt wurden, wobei im letzteren Fall diese Kenntnis zu vermuten ist.

Für Unternehmer ergibt sich aus dieser Entscheidung des EuGH die Notwendigkeit penibel zu prüfen, welche Inhalte durch Hyperlinks auf deren – de facto ausschließlich in Gewinnerzielungsabsicht betriebenen – Websites und sonstige Social-Media-Auftritte zugänglich gemacht werden, um keine Urheberrechtsverletzung zu begehen. Der EuGH bürdet dem „kommerziellen Linksetzer“ damit eine Nachforschungspflicht auf; dies im Gegensatz zum unionsrechtlichen Konzept des Haftungsprivilegs des Host-Providers nach Art 12 EC-RL 2000/31/EG, welches eine allgemeine Überwachungspflicht ebenso verbietet wie die Verpflichtung, „aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen“.

Umgekehrt bedeutet dies aber für Urheberrechtsinhaber ein höheres Schutzniveau und gibt diesen die Möglichkeit nicht nur gegen die ursprüngliche Veröffentlichung ihres Werks auf einer Website vorzugehen, sondern insbesondere auch gegen jede Person, die zu Erwerbszwecken einen Hyperlink zu einem unbefugt auf dieser Website veröffentlichten Werk setzt.

Es bleibt abzuwarten, ob durch den EuGH (haftungseinschränkende) Voraussetzungen für die Zurechnung einer Urheberrechtsverletzung durch Verlinkung auf Inhalte einer fremder Website festgelegt werden. Dies wird wesentlich davon abhängen, welche Maßstäbe der EuGH an die Widerlegung der Vermutung der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit anlegt. Bis dahin sollten sich aber vorallem Unternehmer – aufgrund der (wenngleich) widerleglichen Vermutung der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke auf der anderen Website – tunlichst über die verlinkten Inhalte informieren und mitunter auch in Erwägung ziehen, sich entsprechende Bestätigungen über die Rechtskonformität der Inhalte der verlinkten Website von den jeweiligen Betreibern einzuholen. Ansonsten sind weitere Entscheidungen wie die eingangs erwähnte, des Landgerichtes Hamburg zu befürchten, nach welcher ein Unternehmer durch ein urheberrechtsverletzend eingebundenes Foto auf einer verlinkten Website „zum Handkuss“ kam.

Zum Autor:

Dr. Michael Pichlmair, Rechtsanwalt und Partner bei Gütlbauer Sieghartsleitner Pichlmair Rechtsanwälte, Wels