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OGH bestätigt: Am „Maskentragen“ geübte Kritik ist keine „Weltanschauung“ iSd GlBG

(Bild: © iStock/gpointstudio) (Bild: © iStock/gpointstudio)

Es sei Sache der Partei, die sich auf eine Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung stützt, ein entsprechendes, substanziiertes Vorbringen zu erstatten. Dies sei die Klägerin trotz ausdrücklichen Einwandes der Beklagten und trotz gerichtlicher Erörterung schuldig geblieben.

Wie bereits berichtet, hat sich die Rechtsprechung mit der Frage der Zulässigkeit der Kündigung einer Arbeitnehmerin beschäftigt, die das „Maskentragen“ ablehnte. Wie schon die Unterinstanzen, konnte auch der OGH in diesem Fall nicht davon überzeugt werden, dass eine kritische Haltung zu COVID‑19‑Bestimmungen bzw. zum Maskentragen eine „Weltanschauung“ iSd GlBG darstellen würde (OGH 9 ObA 130/21i).

Der OGH hat bereits zu 9 ObA 122/07t darauf hingewiesen, dass der Begriff „Weltanschauung“, der eng mit dem Begriff „Religion“ verbunden ist, als Sammelbezeichnung für alle ideologischen, politischen und ähnlichen Leitauffassungen vom Leben und von der Welt als einem Sinnganzen sowie zur Deutung des persönlichen und gemeinschaftlichen Standortes für das individuelle Lebensverständnis dient.

Weltanschauungen sind demnach keine wissenschaftlichen Systeme, sondern Deutungsauffassungen in der Form persönlicher Überzeugungen von der Grundstruktur, Modalität und Funktion des Weltganzen. Dazu zählen etwa Menschen- und Weltbilder, Wert-, Lebens- und Moralanschauungen.

Diesem Verständnis von der Weltanschauung folgte der OGH auch in den Entscheidungen zu 9 ObA 42/15i und 6 Ob 38/17g. Dabei betonte er, dass kritische Auffassungen eines Arbeitnehmers über die derzeitige Asylgesetzgebung und -praxis in Österreich keine Weltanschauung sind (9 ObA 122/07t). Allfällige punktuelle Kritik eines Arbeitnehmers an personellen Missständen oder die Führung eines Gerichtsprozesses gegen den Arbeitgeber begründen ebenfalls noch keine bestimmte Weltanschauung (9 ObA 42/15i).

Mit ihrer erkennbar kritischen Haltung zu COVID-19-Bestimmungen liegt die Klägerin auf der Linie der zu 9 ObA 122/07t und 9 ObA 42/15i beurteilten Fälle, bei denen es ebenfalls um die kritischen Haltungen von Arbeitnehmern einerseits zur Asylgesetzgebung und -praxis in Österreich und andererseits zu Personalmissständen im Betrieb ging. Auch dort wurde das Vorliegen einer Weltanschauung verneint.

Der Schwerpunkt des erstinstanzlichen Vorbringens der Klägerin lag vor allem auf dem Versuch, das Gericht davon zu überzeugen, dass „das Coronavirus ungefähr so gefährlich sei wie das Influenzavirus“. Die Klägerin pochte weiters darauf, dass der Verfassungsgerichtshof bereits 22 Gesetzes- oder Verordnungsstellen im Zusammenhang mit COVID-19 aufgehoben habe.

Darauf aufbauend meinte sie schließlich, dass sie die Weltanschauung habe, „dass Verfassungsgesetze eingehalten werden sollten und sie nicht aufgrund der Sorge um ihre körperliche Gesundheit aus dem Dienstverhältnis entfernt werden sollte“.

Trotz Einwandes der Beklagten, dass es sich dabei um keine Weltanschauung handle, und trotz Erörterung des Erstgerichts, dass sich auch aus der Aussage der Klägerin keine Weltanschauung, sondern lediglich allfällige Sachargumente zum (bzw. gegen das) „Maskentragen“ ergeben hätten, wurde von der Klägerin kein weiteres Vorbringen mehr erstattet.

Mangels Darlegung einer für die Kündigung kausalen Leitauffassung der Klägerin „vom Leben und von der Welt als einem Sinnganzen“ ließ sich für den OGH somit auch nicht prüfen, inwieweit eine solche Leitauffassung Motiv der gegenständlichen Arbeitgeberkündigung gewesen sein soll.

Zur Autorin

Mag. Eszter Tóth ist Rechtsanwaltsanwärterin bei Preslmayr Rechtsanwälte.