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Coronabonds und Vermögenssteuern zur Aufarbeitung der Krise

Wirtschaftswissenschafter Felbermayr für Coronabonds - Vermögenssteuern ein Mittel, aber zu früh für Diskussion. (Bild: © JKU / Hertha Hurnaus) Wirtschaftswissenschafter Felbermayr für Coronabonds - Vermögenssteuern ein Mittel, aber zu früh für Diskussion. (Bild: © JKU / Hertha Hurnaus)

EU-weit/Brüssel/Linz (APA) – Große Unsicherheiten in der Berechnung des wirtschaftlichen Schadens, eine Diskussion von Vermögenssteuern und sogenannte Coronabonds waren Hauptpunkte einer Online-Diskussion des Wirtschaftswissenschafters Gabriel Felbermayr vom Kieler Institut für Weltwirtschaft und Volkswirtschafters Rudolf Winter-Ebmer von der Johannes Kepler Universität Linz mit deren Rektor Meinhard Lukas.

Jetzt gehe es darum, die Folgekosten der Krise zu minimieren, unter Wahrung der Gesundheit, startete Felbermayr das „JKU Corona Update“ am Mittwoch. Die Krise koste auf das Bruttoinlandsprodukt berechnet etwa ein Prozent pro Woche in Österreich, das seien rund 4 Mrd. Euro. Bedenke man aber, dass der Stromverbrauch in Deutschland nicht so stark gesunken sei wie erwartet, wäre „ein Prozent pro Woche vielleicht zu hoch“.

Felbermayr konstatierte eine „unglaubliche Unsicherheit bei der Berechnung“. Dazu komme auch die Potenzialanalyse, weniger Risikobereitschaft in der Bevölkerung, etwa bei Selbstständigen, alles addiere sich zusammen. Eine vergleichbare Rezession habe es in der Nachkriegszeit nicht gegeben.

Winter-Ebmer und Felbermayr sehen Vermögenssteuern als Mittel der Wahl

Winter-Ebmer meinte, es sei wichtig, dass zu Beginn der Krise viel passiere, Liquidität hineingepumpt werde. Besonders wichtig sah er das Kurzarbeitsmodell, das die Arbeitslosigkeit nach unten geschoben habe und dafür sorge, dass die Mitarbeiter in den Betrieben bleiben und nicht gekündigt und später wieder gesucht werden müssten. Dadurch spare man sich die Rekrutierungskosten, die bei drei bis vier Monatsgehältern lägen.

Zur Gegenfinanzierung des Regierungspakets von 38 Mrd. Euro sahen
beide Ökonomen Vermögenssteuern als Mittel der Wahl. Es sei aber zu
früh, um konkret darüber zu diskutieren. Auch der Umweltaspekt müsse
mitspielen, sagte Felbermayr. Wenn es ums Zurückzahlen geht, müsse
man eine Lösung aus einem Guss überlegen. „Vermögensbezogene Steuern
sind selbstverständlich in anderen Ländern“, betonte Winter-Ebmer.

Felbermayr: Eine Billion Euro als Akt der Solidarität

Felbermayr war gegen Eurobonds in der Euroschuldenkrise, jetzt sei die Situation eine andere, es gehe nicht um eine Haftung für Altschulden. Eine bestimmte Summe – von einer Billion Euro war die Rede – aufzunehmen und in Europa zu verteilen wäre „ein Akt der Solidarität und ordnungspolitisch richtig“. Andernfalls würde Italien sich auf den Anleihemärkten verschulden, solange die Europäische Zentralbank (EZB) dort für Liquidität sorge. Je weniger Hilfe komme, desto härter gehe die EZB an ihr geldpolitisches Mandat, was dieselben Leute kritisieren würden, die die Coronabonds ablehnen. Für Felbernayr eine inkonsistente Argumentation.

Von den Regierungschefs erwartete sich der gebürtige Steyrer ein Paket mit verschiedenen Maßnahmen wie eine Förderung von Kurzarbeitergeld in Europa, eine Schulinitiative der EU-Kommission, eine bestimmte Rolle für den Europäischen Stabilitätsmechanismus und hoffentlich eine Art „European emergency health facility“, „einen Fonds, der gemeinsam mit Geld gefüllt wird“ und der keine Kredite, sondern echte Zahlungen wie aus einem an den europäischen Haushalt angedockten Sonderbudget vergebe.

Fragilität des internationalen Produktionssystem wurde offengelegt

Bei der Unterstützung von Unternehmen befürworteten beide Wissenschafter eine Staatshilfe gegen Beteiligung in Form von Aktien. Auf das Stichwort „zukunftsfit“ machte Felbermayr einen ordentlichen Druck von Veränderungen schon vor der Krise aus. „Die ökologische Transformation wird durch die Coronakrise noch beschleunigt“.

Man sehe nun wie fragil ein Produktionssystem – zum Beispiel in der Automobilität – sei, das auf internationale Wertschöpfungsnetzwerke gesetzt hat. Als Konsequenz rücke die Produktion wieder näher an die Absatzmärkte, was schlecht sei für Deutschland und Österreich, die viel exportieren. Winter-Ebmer meinte, die Krise sei ein starker Ansporn für mehr Digitalisierung, die Veränderung der Produktionsstrukturen dahin gehend werde beschleunigt.