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Zeitpunkt des KESt-Abzugs für eine unter einer aufschiebenden Bedingung stehende Zuwendung

Das Bundesfinanzgericht in Wien. (Bild: © Linde Verlag) Das Bundesfinanzgericht in Wien. (Bild: © Linde Verlag)

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat mit Erkenntnis vom 30. Juni 2021, RV/5101057/2019, entschieden, dass die Verpflichtung zur Abfuhr von Ka-pitalertragsteuer (KESt-Abzug) einer Privatstiftung für eine unter einer aufschiebenden Bedingung stehende Zuwendung erst mit Bedingungseintritt entsteht.

1 Ausgangslage

Zuwendungen einer Privatstiftung an ihre Begünstigten stellen Einkünfte aus Kapitalvermögen dar und unterliegen auf Ebene der Privatstiftung grundsätzlich dem KESt-Abzug. Die KESt-Abzugsverpflichtung entsteht im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge. Zuwendungen einer Privatstiftung gelten an jenem Tag als zugeflossen, der im Zuwendungsbeschluss des Stiftungsvorstandes als Tag der Auszahlung bestimmt ist. Ist im Beschluss kein Tag der Auszahlung bestimmt, gilt der Tag nach der Beschlussfassung als Zufluss-Zeitpunkt (§ 95 Abs 3 Z 1 EStG).

In einer aktuellen Entscheidung hat sich das BFG mit der Frage auseinandergesetzt, zu welchem Zeitpunkt eine unter einer aufschiebenden Bedingung stehende Zuwendung zufließt.

2 Zum Sachverhalt

Mit Umlaufbeschluss vom 4. Februar 2015 hat der Stiftungsvorstand einer Privatstiftung (Bf) Zuwendungen an eine Begünstigte beschlossen. Während drei Teilbeträge in Höhe von insgesamt EUR 3.040.000,00 mit unterschiedlichen Verwendungszwecken sofort zugewendet wurden, sollte die Zuwendung eines vierten Teilbetrags in Höhe von EUR 1.660.000,00 nur bei der Erfüllung von im Umlaufbeschluss festgesetzten Bedingungen erfolgen. Die Bedingungen waren im Wesentlichen die Erbringung von Nachweisen darüber, dass die sofort zugewendeten Teilbeträge von der Begünstigten bestimmungsgemäß (iE Lastenfreistellung zweier Liegenschaften; Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes an einer Liegenschaft; Überweisung eines Teilbetrages an die Mutter zur Abdeckung von Familienverbindlichkeiten) verwendet wurden. Da die Begünstigte die geforderten Nachweise – wegen der Veräußerung der Liegenschaft an der ein Veräußerungs- und Belastungsverbote einzuverleiben gewesen wäre – nicht erbringen konnte, unterlieb die Zuwendung des vierten Teilbetrages in Höhe von EUR 1.660.000,00.

Im Rahmen der KESt-Anmeldung hat die Bf die drei Teilbeträge in Höhe von insg EUR 3.040.000,00, nicht aber den vierten Teilbetrag in Höhe von EUR 1.660.000,00 einem KESt-Abzug unterworfen und insgesamt KESt in Höhe von EUR 760.000,00 einbehalten.

Nach Durchführung einer Außenprüfung hat das Finanzamt für den vierten Teilbetrag in Höhe von EUR 1.660.000,00 der Bf KESt in Höhe von EUR 415.000,00 im Haftungsweg vorgeschrieben. Begründend führte das Finanzamt aus, dass im Umlaufbeschluss vom 4. Februar 2015 kein ausreichend „bestimmter“ Tag für die Zuwendung festgelegt worden sei und damit der Tag nach Beschlussfassung als Zeitpunkt des Zufließens gelte.

Gegen den Haftungsbescheid brachte die Bf das Rechtsmittel der Beschwerde beim BFG ein.

3 Entscheidung des BFG

In seiner Entscheidung setzt sich das BFG eingehend mit der Frage auseinander, ob der Umlaufbeschluss am 4. Februar 2015 hinsichtlich des vierten Teilbetrags zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt, die der KESt unterliegen. Das BFG hält in diesem Zusammenhang unter Verweis auf die zivilrechtlichen Bestimmungen zu aufschiebenden Bedingungen (§ 696 ABGB) fest, dass der Umlaufbeschluss hinsichtlich des vierten Teilbetrags schwebend unwirksam war. Erst mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung wäre der – zunächst insoweit schwebend unwirksame – Umlaufbeschluss rechtswirksam geworden. Nach Ansicht des BFG ist die Bestimmung des § 95 Abs 3 Z 1 EStG, die als Zufluss-Zeitpunkt den Tag nach der Beschlussfassung festlegt, aus teleologischen Erwägungen jedoch nur auf rechtswirksame, nicht aber auf schwebend unwirksame Beschlüsse anwendbar.

Da die Erfüllung der Bedingungen infolge des Verkaufs der Liegenschaften durch die Begünstigte allerdings unmöglich wurde, erlangte der Umlaufbeschluss insoweit niemals Rechtswirksamkeit. Folglich findet auch kein Zufluss von Kapitaleinkünften statt.

Die Vorschreibung von KESt an die Bf für den vierten Teilbetrag in Höhe von EUR 415.000,00 erfolgte laut BFG daher zu Unrecht.

4 Auswirkungen auf die Praxis

Erfolgen Zuwendungen einer Privatstiftung an ihre Begünstigten unter einer aufschiebenden Bedingung, hat die Privatstiftung nach aktueller BFG-Rechtsprechung erst bei Bedingungseintritt einen KESt-Abzug vorzunehmen und nicht bereits im Zeitpunkt der vorherigen Beschlussfassung.

Die BFG-Entscheidung ist zu begrüßen.

Für Organe einer Privatstiftung gilt es, die Rechtsprechung entsprechend zu berücksichtigen.

Für Fragen stehen die Experten gerne zur Verfügung.

Autor:

Johannes Reiter

Steuerberater | zertifizierter Verfahrensrechtsexperte | Director

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