Am 28. April 2020 haben weitere COVID-19-Gesetze den Nationalrat passiert. Die Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer sind im 18. COVID-19-Gesetz enthalten. Dieses Gesetz wurde am 4. Mai 2020 vom Bundesrat beeinsprucht. Es wird erwartet, dass der Nationalrat Mitte kommender Woche Beharrungsbeschlüsse zu diesem Gesetz fasst. Wenngleich die Änderungen aufgrund dessen erst verzögert in Kraft treten können, möchten wir Sie hiermit über die geplanten Änderungen wie folgt informieren:
Umsatzsteuerbefreiung für Schutzmasken
Wie bereits in der Pressemitteilung des BMF vom 14. April 2020 angekündigt, hat der Nationalrat einen temporären Umsatzsteuersatz von 0 % für die Lieferung und den ig Erwerb von Schutzmasken (rückwirkend) im Zeitraum zwischen 14. April und 31. Juli 2020 beschlossen. Aufgrund der gewählten Formulierung als reduzierter Steuersatz von 0 % hat die geplante Regelung die Wirkung einer sogenannten „echten“ Steuerbefreiung, sodass ein etwaiges Vorsteuerabzugsrecht für steuerpflichtige Eingangsleistungen iZm den betreffenden Schutzmasken erhalten bleibt. Darüber hinaus führt die gewählte Gesetzessystematik dazu, dass auch ein etwaiger Eigenverbrauch bei der unentgeltlichen Überlassung von Schutzmasken (zB an Kunden oder wohltätige Organisationen) mit 0 % besteuert wird und daher defacto umsatzsteuerfrei ist.
Der Wortlaut der beschlossenen Änderung enthält keine detaillierte Definition der von der Umsatzsteuerbefreiung erfassten Arten von Schutzmasken. Die erläuternden Bemerkungen stellen lediglich klar, dass auch Stoffmasken und hierbei insbesondere Waren der Positionen 6307 90 10, 6307 90 98, 4818 9010 und 4818 9090 der Kombinierten Nomenklatur von der Befreiung umfasst sein sollen. Inwieweit neben Mund- und Nasenmasken – die wohl jedenfalls als Schutzmasken im Sinne der Neuregelung zu qualifizieren sind – auch Schutzbrillen oder Schutzvisiere für die Augen bzw den gesamten Gesichtsbereich von der Begünstigung umfasst sein können, ist unseres Erachtens offen und von einer weiteren Präzisierung bzw der Auslegung der Neuregelung durch die Finanzverwaltung abhängig.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich der reduzierte Steuersatz von 0 % nicht auch auf die Einfuhr von Schutzmasken aus Drittstaaten erstreckt. Hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer beim Import von Schutzmasken kommen daher die auf Unionsebene ergangenen zollrechtlichen Befreiungsvorschriften zur Anwendung, die jedoch nur einen beschränkten Kreis von Steuerpflichtigen umfassen (bestimmte Organisationen, Gebietskörperschaften und NPOs zum Zweck der unentgeltlichen Weitergabe). Vor diesem Hintergrund führt die Neuregelung zu einer (bewussten) Diskriminierung im Zusammenhang mit dem Import von Schutzmasken aus Drittstaaten durch nicht oder nur teilweise vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer (zB Import von Schutzmasken durch Banken, Versicherungen oder unter Umständen auch medizinische Einrichtungen zur Abgabe an eigene Mitarbeiter). Betroffenen Unternehmern ist zu empfehlen, künftig entsprechende Schutzmasken aus dem Inland bzw dem EU-Ausland zu erwerben.
Im Hinblick auf das geplante Inkrafttreten der Änderungen leiten wir folgende Handlungsempfehlungen ab:
- Mit Umsatzsteuer ausgestellte Eingangsrechnungen für den Erwerb von Schutzmasken ab dem 14. April 2020 sollten nach Möglichkeit vorerst noch nicht bzw ausschließlich netto an den Lieferanten bezahlt werden. Darüber hinaus sollte beim Lieferanten eine korrigierte Rechnung ohne Umsatzsteuer angefordert werden. Dies deshalb, da ein geltend gemachter Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit dem Erwerb von Schutzmasken ab dem 14. April 2020 nachträglich von der Finanzverwaltung versagt werden könnte.
- Eingangsrechnungen für ig Erwerbe sind vom Lieferanten im EU-Ausland – wie bisher – ohne Umsatzsteuer und mit einem Hinweis auf eine steuerbefreite ig Lieferung auszustellen. Das aktuelle UVA-Formular sieht jedoch kein eigenes Feld vor, in dem der entsprechende ig Erwerb mit einem Steuersatz von 0 % erklärt werden könnte. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir eine Erklärung der ig Erwerbe von Schutzmasken ab dem 14. April 2020 analog zu steuerbefreiten ig Erwerben in KZ070 und KZ071.
- Im Zusammenhang mit Ausgangsrechnungen empfehlen wir zur Vermeidung einer Steuerschuld kraft Rechnungslegung bereits jetzt die Hinterlegung eines entsprechenden Steuerschlüssels von 0 % im IT/ERP-System und die Ausstellung einer Rechnung ohne Umsatzsteuer. Dies entspricht auch der Empfehlung des BMF in der Pressemitteilung vom 14. April 2020. Hinsichtlich der Erklärung der Umsätze sieht das aktuelle UVA-Formular jedoch kein eigenes Feld für Lieferungen mit 0 % Umsatzsteuer vor. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir eine Erklärung der Lieferungen analog zu den echt steuerbefreiten Ausgangsumsätzen in KZ000 und KZ015.
- Ausgangsrechnungen für ig Lieferungen von Schutzmasken sind – wie bisher – ohne Umsatzsteuer und mit einem Hinweis auf eine steuerbefreite ig Lieferung auszustellen und entsprechend in KZ000 und KZ017 der UVA sowie in der ZM zu erklären.
Rückzahlung von Abgabengutschriften trotz gewährter Zahlungserleichterung
Die zwingenden Verrechnungsvorschriften gem § 213 ff BAO sehen grundsätzlich vor, dass sich ergebende Abgabengutschriften (zB Vorsteuerüberhänge aus laufenden UVAs) kontokorrentmäßig mit bereits (oder innerhalb der nächsten drei Monate) fälligen Abgabenschulden bei derselben Abgabenbörde verrechnet werden. Dies führt nach geltender Rechtslage dazu, dass etwa im Falle einer gestundeten Umsatzsteuerzahllast für Februar 2020 und einem Vorsteuerüberhang für März 2020 das Umsatzsteuerguthaben für März 2020 mit der Umsatzsteuerschuld für Februar 2020 verrechnet wird. Dies gilt auch dann, wenn für die Umsatzsteuerschuld aus Februar 2020 eine Stundung oder Ratenzahlung gewährt wurde. Eine Rückzahlung des Umsatzsteuerguthabens aus März 2020 ist daher nicht bzw nur in jenem Umfang möglich, in dem dieses die bestehende Abgabenschuld aus Februar 2020 übersteigt.
Die vom Nationalrat beschlossene Neureglung in der Bundesabgabenordnung (§ 323c Abs 6 ff BAO) sieht eine zeitlich befristete Vereinfachung vor, wonach unter bestimmten Umständen in den genannten Fällen eine Rückzahlung des Abgabenguthabens möglich ist. Voraussetzungen für die Möglichkeit einer Rückzahlung sind insbesondere, dass
- hinsichtlich des Abgabenrückstands ein Stundungs- bzw Ratenzahlungsantrag gem § 212 BAO über FinanzOnline eingebracht oder – bei Einbringung des Stundungs- bzw Ratenzahlungsantrags auf anderem Wege – die Stundung bereits bescheidmäßig gewährt wurde und
- der Rückzahlungsantrag hinsichtlich des sich ergebenden Guthabens rechtzeitig über FinanzOnline gestellt wird.
Bei Selbstberechnungsabgaben gilt der Rückzahlungsantrag als rechtzeitig gestellt, wenn er am selben Tag mit der Selbstberechnung (dh zB mit der Abgabe der UVA) über FinanzOnline eingebracht wird. Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgabengutschriften – wie beispielsweise Gutschriften aus der Umsatzsteuerjahreserklärung – gilt der Rückzahlungsantrag hingegen als rechtzeitig gestellt, wenn er innerhalb eines Monats ab Zustellung des Abgabenbescheids eingebracht wird.
Die Änderung soll für ab dem 10. Mai 2020 durchgeführte Selbstberechnungen bzw zugestellte Bescheide gelten und ist bis 30. September 2020 befristet. Vor diesem Hintergrund erscheint daher eine Einreichung der UVA für März 2020 mit Vorsteuerüberhang bzw der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2019 mit Gutschrift ab diesem Datum vorteilhaft.
Vorsteuergutschriften aus der Einfuhrumsatzsteuer führen bei Verbuchung auf dem Abgabenkonto (§ 26 Abs 3 und 5 UStG) nicht zu einem rückzahlbaren Guthaben. Auch Gutschriften, die sich aus stattgebenden Beschwerdevorentscheidungen oder herabsetzenden Erkenntnissen des BFG ergeben, können nicht isoliert rückerstattet werden und sind stattdessen mit den entsprechenden Abgaben am Abgabenkonto zu verrechnen.
Weitere Details dazu entnehmen Sie bitte folgendem Beitrag https://bit.ly/2WbsafO
Zum Autor:
Dr. Hannes Gurtner ist Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner bei LeitnerLeitner
Zum Autor:
MMag. Dr. BA Peter Pichler ist Steuerberater und Partner bei LeitnerLeitner
Zum Originalartikel
Am 28. April 2020 haben weitere COVID-19-Gesetze den Nationalrat passiert. Die Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer sind im 18. COVID-19-Gesetz enthalten. Dieses Gesetz wurde am 4. Mai 2020 vom Bundesrat beeinsprucht. Es wird erwartet, dass der Nationalrat Mitte kommender Woche Beharrungsbeschlüsse zu diesem Gesetz fasst. Wenngleich die Änderungen aufgrund dessen erst verzögert in Kraft treten können, möchten wir Sie hiermit über die geplanten Änderungen wie folgt informieren:
Umsatzsteuerbefreiung für Schutzmasken
Wie bereits in der Pressemitteilung des BMF vom 14. April 2020 angekündigt, hat der Nationalrat einen temporären Umsatzsteuersatz von 0 % für die Lieferung und den ig Erwerb von Schutzmasken (rückwirkend) im Zeitraum zwischen 14. April und 31. Juli 2020 beschlossen. Aufgrund der gewählten Formulierung als reduzierter Steuersatz von 0 % hat die geplante Regelung die Wirkung einer sogenannten „echten“ Steuerbefreiung, sodass ein etwaiges Vorsteuerabzugsrecht für steuerpflichtige Eingangsleistungen iZm den betreffenden Schutzmasken erhalten bleibt. Darüber hinaus führt die gewählte Gesetzessystematik dazu, dass auch ein etwaiger Eigenverbrauch bei der unentgeltlichen Überlassung von Schutzmasken (zB an Kunden oder wohltätige Organisationen) mit 0 % besteuert wird und daher defacto umsatzsteuerfrei ist.
Der Wortlaut der beschlossenen Änderung enthält keine detaillierte Definition der von der Umsatzsteuerbefreiung erfassten Arten von Schutzmasken. Die erläuternden Bemerkungen stellen lediglich klar, dass auch Stoffmasken und hierbei insbesondere Waren der Positionen 6307 90 10, 6307 90 98, 4818 9010 und 4818 9090 der Kombinierten Nomenklatur von der Befreiung umfasst sein sollen. Inwieweit neben Mund- und Nasenmasken – die wohl jedenfalls als Schutzmasken im Sinne der Neuregelung zu qualifizieren sind – auch Schutzbrillen oder Schutzvisiere für die Augen bzw den gesamten Gesichtsbereich von der Begünstigung umfasst sein können, ist unseres Erachtens offen und von einer weiteren Präzisierung bzw der Auslegung der Neuregelung durch die Finanzverwaltung abhängig.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich der reduzierte Steuersatz von 0 % nicht auch auf die Einfuhr von Schutzmasken aus Drittstaaten erstreckt. Hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer beim Import von Schutzmasken kommen daher die auf Unionsebene ergangenen zollrechtlichen Befreiungsvorschriften zur Anwendung, die jedoch nur einen beschränkten Kreis von Steuerpflichtigen umfassen (bestimmte Organisationen, Gebietskörperschaften und NPOs zum Zweck der unentgeltlichen Weitergabe). Vor diesem Hintergrund führt die Neuregelung zu einer (bewussten) Diskriminierung im Zusammenhang mit dem Import von Schutzmasken aus Drittstaaten durch nicht oder nur teilweise vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer (zB Import von Schutzmasken durch Banken, Versicherungen oder unter Umständen auch medizinische Einrichtungen zur Abgabe an eigene Mitarbeiter). Betroffenen Unternehmern ist zu empfehlen, künftig entsprechende Schutzmasken aus dem Inland bzw dem EU-Ausland zu erwerben.
Im Hinblick auf das geplante Inkrafttreten der Änderungen leiten wir folgende Handlungsempfehlungen ab:
Rückzahlung von Abgabengutschriften trotz gewährter Zahlungserleichterung
Die zwingenden Verrechnungsvorschriften gem § 213 ff BAO sehen grundsätzlich vor, dass sich ergebende Abgabengutschriften (zB Vorsteuerüberhänge aus laufenden UVAs) kontokorrentmäßig mit bereits (oder innerhalb der nächsten drei Monate) fälligen Abgabenschulden bei derselben Abgabenbörde verrechnet werden. Dies führt nach geltender Rechtslage dazu, dass etwa im Falle einer gestundeten Umsatzsteuerzahllast für Februar 2020 und einem Vorsteuerüberhang für März 2020 das Umsatzsteuerguthaben für März 2020 mit der Umsatzsteuerschuld für Februar 2020 verrechnet wird. Dies gilt auch dann, wenn für die Umsatzsteuerschuld aus Februar 2020 eine Stundung oder Ratenzahlung gewährt wurde. Eine Rückzahlung des Umsatzsteuerguthabens aus März 2020 ist daher nicht bzw nur in jenem Umfang möglich, in dem dieses die bestehende Abgabenschuld aus Februar 2020 übersteigt.
Die vom Nationalrat beschlossene Neureglung in der Bundesabgabenordnung (§ 323c Abs 6 ff BAO) sieht eine zeitlich befristete Vereinfachung vor, wonach unter bestimmten Umständen in den genannten Fällen eine Rückzahlung des Abgabenguthabens möglich ist. Voraussetzungen für die Möglichkeit einer Rückzahlung sind insbesondere, dass
Bei Selbstberechnungsabgaben gilt der Rückzahlungsantrag als rechtzeitig gestellt, wenn er am selben Tag mit der Selbstberechnung (dh zB mit der Abgabe der UVA) über FinanzOnline eingebracht wird. Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgabengutschriften – wie beispielsweise Gutschriften aus der Umsatzsteuerjahreserklärung – gilt der Rückzahlungsantrag hingegen als rechtzeitig gestellt, wenn er innerhalb eines Monats ab Zustellung des Abgabenbescheids eingebracht wird.
Die Änderung soll für ab dem 10. Mai 2020 durchgeführte Selbstberechnungen bzw zugestellte Bescheide gelten und ist bis 30. September 2020 befristet. Vor diesem Hintergrund erscheint daher eine Einreichung der UVA für März 2020 mit Vorsteuerüberhang bzw der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2019 mit Gutschrift ab diesem Datum vorteilhaft.
Vorsteuergutschriften aus der Einfuhrumsatzsteuer führen bei Verbuchung auf dem Abgabenkonto (§ 26 Abs 3 und 5 UStG) nicht zu einem rückzahlbaren Guthaben. Auch Gutschriften, die sich aus stattgebenden Beschwerdevorentscheidungen oder herabsetzenden Erkenntnissen des BFG ergeben, können nicht isoliert rückerstattet werden und sind stattdessen mit den entsprechenden Abgaben am Abgabenkonto zu verrechnen.
Weitere Details dazu entnehmen Sie bitte folgendem Beitrag https://bit.ly/2WbsafO
Zum Autor:
Dr. Hannes Gurtner ist Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner bei LeitnerLeitner
Zum Autor:
MMag. Dr. BA Peter Pichler ist Steuerberater und Partner bei LeitnerLeitner
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