In Deutschland führten Cum-Ex-Geschäfte zu einem der größten Steuerskandale. Dem deutschen Fiskus ist dadurch ein Milliardenschaden entstanden. Die Aufarbeitung dieses Themas beschäftigte die deutschen Finanz- und Strafgerichte in den letzten Jahren bereits umfassend. Vor kurzem erging auch in Österreich eine erste Entscheidung des Bundesfinanzgerichts zu einer Cum-Ex-Transaktion.
1 Allgemein
Cum-Ex-Geschäfte laufen nach folgendem Grundprinzip ab: Aktien werden (kurz) vor dem Dividendenstichtag vom Leerverkäufer an einen Leerkäufer mit (cum) Dividendenanspruch veräußert. Der vom Leerverkäufer zu unterscheidende zivilrechtliche Eigentümer der Aktien bezieht am folgenden Dividendenstichtag die Dividende. Die dividendenzahlende Aktiengesellschaft behält dafür Quellensteuer ein und führt diese an das Finanzamt ab. Der Aktionär kann sich diese Quellensteuer unter bestimmten Voraussetzungen auf Basis von Doppelbesteuerungsabkommen rückerstatten lassen.
Der Leerverkäufer erwirbt nach der Ausschüttung die Aktie ohne (ex) Dividendenanspruch und liefert diese an den Leerkäufer. Da er vertraglich zur Lieferung cum (also mit Dividendenanspruch) verpflichtet ist, leistet der Leerverkäufer eine Kompensationszahlung in Höhe der (Netto)Dividende.
Wenn sowohl der zivilrechtliche Eigentümer als auch Leerkäufer der Aktie die Rückerstattung der Quellensteuer beantragen, kommt es zur doppelten Erstattung der nur einmal entrichteten Quellensteuer.
Über einen Antrag auf Rückerstattung der Quellensteuer (in Österreich Kapitalertragsteuer/KESt) in einem ähnlich gelagerten Cum-Ex-Sachverhalt hatte vor kurzem das Bundesfinanzgericht (BFG 20.7.2021, RV/7102008/2017) zu entscheiden.
2 Der Fall
Die Beschwerdeführerin (Bf), eine in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Kapitalgesellschaft, hat im Jahr 2013 Aktien österreichischer Gesellschaften
- jeweils im außerbörslichen Handel (over the counter – OTC) über einen Broker am letztmöglichen Tag, an dem noch mit Dividendenanspruch erworben werden konnte, „cum“ Dividendenanspruch erworben (t),
- nach den Settlement-Standards der Österreichischen Kontrollbank (OeKB) an t+3 gesettelt (Aktieneinlieferung am Depot) und
- unmittelbar nach dem Settlement wieder verkauft.
Die Einlieferung der Aktien in das Depot der Bf erfolgte somit jeweils erst nach dem Dividendenstichtag.
In Zusammenhang mit diesen Aktien vereinnahmte die Bf im Jahr 2013 Zahlungen. Gestützt auf Art 10 Doppelbesteuerungsabkommen Österreich – Vereinigte Arabische Emirate beantragte die Bf die Rückerstattung von in Österreich einbehaltener KESt.
Strittig war im Wesentlichen, ob die von der Bf vereinnahmten Zahlungen tatsächlich KESt-behaftete Dividendenzahlungen oder sonstige Ausgleichs- bzw Kompensationszahlungen eines Leerverkäufers waren.
3 Entscheidung des BFG
In seiner Entscheidung setzt sich das BFG umfassend mit der Frage der Einkünftezurechnung von Dividendeneinkünften, dem wirtschaftlichen Eigentum an Aktien und dem Dividendenanspruch für Aktien auseinander. Das BFG kommt zum Schluss, dass das wirtschaftliche Eigentum bei im außerbörslichen Handel erworbenen Aktien erst mit der Einlieferung der Aktien im Depot des Erwerbers begründet wird.
Da die Depoteinlieferung im Beschwerdefall erst nach dem Dividendenstichtag erfolgte, kam dem Bf somit – mangels „rechtzeitiger“ Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums an den Aktien – kein Anspruch auf eine originäre Dividendenzahlung zu. Die von der Bf bezogenen Zahlungen wertete das BFG folglich als bloße Ausgleichs- bzw Kompensationszahlung und nicht als KESt-behaftete Dividendenzahlungen. Für derartige Ausgleichs- bzw Kompensationszahlungen besteht – so das BFG – kein Anspruch auf KESt-Rückerstattung. Der Antrag auf KESt-Rückererstattung wurde mangels Nachweises von KESt-behafteten originären Dividendenzahlungen abgewiesen.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof hat das BFG zugelassen. Ob eine Revision beim VwGH erhoben wird, bleibt mit Spannung abzuwarten.
Bei Aktientransaktionen im außerbörslichen Handel rund um den Dividendenstichtag sollten die rechtlichen Konsequenzen der BFG-Entscheidung künftig entsprechend (mit)bedacht werden.
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Autoren:
Steuerberaterin | Partnerin
Steuerberater | zertifizierter Verfahrensrechtsexperte | Director
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Zum Originalartikel
In Deutschland führten Cum-Ex-Geschäfte zu einem der größten Steuerskandale. Dem deutschen Fiskus ist dadurch ein Milliardenschaden entstanden. Die Aufarbeitung dieses Themas beschäftigte die deutschen Finanz- und Strafgerichte in den letzten Jahren bereits umfassend. Vor kurzem erging auch in Österreich eine erste Entscheidung des Bundesfinanzgerichts zu einer Cum-Ex-Transaktion.
1 Allgemein
Cum-Ex-Geschäfte laufen nach folgendem Grundprinzip ab: Aktien werden (kurz) vor dem Dividendenstichtag vom Leerverkäufer an einen Leerkäufer mit (cum) Dividendenanspruch veräußert. Der vom Leerverkäufer zu unterscheidende zivilrechtliche Eigentümer der Aktien bezieht am folgenden Dividendenstichtag die Dividende. Die dividendenzahlende Aktiengesellschaft behält dafür Quellensteuer ein und führt diese an das Finanzamt ab. Der Aktionär kann sich diese Quellensteuer unter bestimmten Voraussetzungen auf Basis von Doppelbesteuerungsabkommen rückerstatten lassen.
Der Leerverkäufer erwirbt nach der Ausschüttung die Aktie ohne (ex) Dividendenanspruch und liefert diese an den Leerkäufer. Da er vertraglich zur Lieferung cum (also mit Dividendenanspruch) verpflichtet ist, leistet der Leerverkäufer eine Kompensationszahlung in Höhe der (Netto)Dividende.
Wenn sowohl der zivilrechtliche Eigentümer als auch Leerkäufer der Aktie die Rückerstattung der Quellensteuer beantragen, kommt es zur doppelten Erstattung der nur einmal entrichteten Quellensteuer.
Über einen Antrag auf Rückerstattung der Quellensteuer (in Österreich Kapitalertragsteuer/KESt) in einem ähnlich gelagerten Cum-Ex-Sachverhalt hatte vor kurzem das Bundesfinanzgericht (BFG 20.7.2021, RV/7102008/2017) zu entscheiden.
2 Der Fall
Die Beschwerdeführerin (Bf), eine in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Kapitalgesellschaft, hat im Jahr 2013 Aktien österreichischer Gesellschaften
Die Einlieferung der Aktien in das Depot der Bf erfolgte somit jeweils erst nach dem Dividendenstichtag.
In Zusammenhang mit diesen Aktien vereinnahmte die Bf im Jahr 2013 Zahlungen. Gestützt auf Art 10 Doppelbesteuerungsabkommen Österreich – Vereinigte Arabische Emirate beantragte die Bf die Rückerstattung von in Österreich einbehaltener KESt.
Strittig war im Wesentlichen, ob die von der Bf vereinnahmten Zahlungen tatsächlich KESt-behaftete Dividendenzahlungen oder sonstige Ausgleichs- bzw Kompensationszahlungen eines Leerverkäufers waren.
3 Entscheidung des BFG
In seiner Entscheidung setzt sich das BFG umfassend mit der Frage der Einkünftezurechnung von Dividendeneinkünften, dem wirtschaftlichen Eigentum an Aktien und dem Dividendenanspruch für Aktien auseinander. Das BFG kommt zum Schluss, dass das wirtschaftliche Eigentum bei im außerbörslichen Handel erworbenen Aktien erst mit der Einlieferung der Aktien im Depot des Erwerbers begründet wird.
Da die Depoteinlieferung im Beschwerdefall erst nach dem Dividendenstichtag erfolgte, kam dem Bf somit – mangels „rechtzeitiger“ Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums an den Aktien – kein Anspruch auf eine originäre Dividendenzahlung zu. Die von der Bf bezogenen Zahlungen wertete das BFG folglich als bloße Ausgleichs- bzw Kompensationszahlung und nicht als KESt-behaftete Dividendenzahlungen. Für derartige Ausgleichs- bzw Kompensationszahlungen besteht – so das BFG – kein Anspruch auf KESt-Rückerstattung. Der Antrag auf KESt-Rückererstattung wurde mangels Nachweises von KESt-behafteten originären Dividendenzahlungen abgewiesen.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof hat das BFG zugelassen. Ob eine Revision beim VwGH erhoben wird, bleibt mit Spannung abzuwarten.
Bei Aktientransaktionen im außerbörslichen Handel rund um den Dividendenstichtag sollten die rechtlichen Konsequenzen der BFG-Entscheidung künftig entsprechend (mit)bedacht werden.
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Autoren:
Tatjana Polivanova-Rosenauer
Steuerberaterin | Partnerin
Johannes Reiter
Steuerberater | zertifizierter Verfahrensrechtsexperte | Director
Yvonne Schuchter-Mang
Steuerberaterin | Partnerin
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