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Förderungen und Beihilfenrecht

(Bild: © Nuthawut Somsuk) (Bild: © Nuthawut Somsuk)

Experten und Regierungen sind sich einig: Die Corona-Pandemie wird massive Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Neben den schon länger absehbaren Verwerfungen in den internationalen Lieferketten werden sich vor allem die Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Covid-19 gesamtwirtschaftlich wie auch aus Sicht der betroffenen Unternehmen stark negativ auswirken.

Die Bundesregierung will hier frühzeitig gegensteuern und hat ein massives Hilfspaket zur Stützung der Wirtschaft in Höhe von EUR 38 Mrd geschnürt. Gleichzeitig sieht das EU-Beihilfenrecht Grenzen für staatliche Interventionen vor, die dem Schutz des Binnenmarktes vor Wettbewerbsverzerrungen dienen. Dieses Briefing gibt einen kurzen Überblick über die bisher bekannten Maßnahmen zur Entlastung von Unternehmen und ihre voraussichtlichen beihilferechtlichen Implikationen.

Welche Maßnahmen zur Entlastung hat die Regierung vorgesehen?

Bei nach dem Epidemiegesetz verhängten Maßnahmen, wie Betriebsschließungen und Verkehrsbeschränkungen, besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Entschädigung. Dieser wurde durch das Covid-19-Maßnahmengesetz jedoch in erheblichem Umfang ausgehebelt und ist insbesondere auf per Verordnung angeordnete Betretungsverbot für Handelsgeschäfte nicht anwendbar. Näheres dazu finden Sie in unserem Briefing zum öffentlichen Recht.

Zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie setzt die Bundesregierung auf ein Bündel verschiedener Maßnahmen:

  • Kurzarbeitsbeihilfen in Höhe von EUR 10 Mrd sowie Stundung und Ratenzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, siehe unser Briefing zum Arbeitsrecht;
  • Stundung und erleichterte Herabsetzung von KöSt- und ESt-Vorauszahlungen, siehe unser Briefing zum Steuerrecht. Ferner sind die zur Krisenbewältigung erhaltenen Zuwendungen steuerbefreit;
  • Die Erweiterung von Bundeshaftungen durch die AWS und die ÖHT im Rahmen der KMU-Förderung (Volumen: EUR 1,25 Mrd bzw 625 Mio) und die Einrichtung eines von der WKÖ administrierten Härtefallfonds für Kleinstunternehmen (Volumen: EUR 2 Mrd);
  • Finanzielle Unterstützung durch die Covid-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen. Für kapital- und liquiditätsstützenden Maßnahmen der COFAG ist ein Volumen von bis zu EUR 15 Mrd vorgesehen. Zu den Maßnahmen gehören
    • Bundesgarantien für Betriebsmittelkredite iHv 90% der Kreditsumme;
    • Fixkostenzuschüsse für Unternehmen, die in der Krise Umsatzverluste von zumindest 40% erlitten haben. Zuschussfähig sind Geschäftsraummieten, Versicherungsprämien, Zinsaufwendungen, Lizenzkosten, betriebs­notwendige vertragliche Zahlungsverpflichtungen, sowie Zahlungen für Strom, Gas und Telekommunikation.   
  • Ferner bestehen sektorale Brückenfinanzierungsangebote, siehe unser Briefing zu Finanzierungen.
    Nähere Informationen zu den Fördermaßnahmen der COFAG sowie zur KMU-Förderung und dem Härtefallfonds finden Sie unten in Abschnitt 5. Am Ende dieses Beitrags finden Sie zudem Links zu weiteren Förderinstrumenten. Die konkrete Ausgestaltung der durch die COFAG und den Covid-19-Krisenbewältigungsfonds zu gewährenden Förderungen ist noch durch Verordnungen des BMF zu regeln.

Stellen diese Maßnahmen staatliche Beihilfen dar?

Nicht alle der beschlossenen Maßnahmen unterliegen dem Beihilfenrecht. Nach der Rechtsprechung des EuGH (RS Asteris) stellen Entschädigungszahlungen für Schäden, die nationale Behörden Privatpersonen verursacht haben, keine Beihilfen dar. Dies dürfte insbesondere auf Entschädigungszahlungen nach dem EpidemieG zutreffen.

Ebenso wenig liegt eine Beihilfe vor, wenn die Fördermaßnahme allgemeinen Charakter aufweist. Denn nur Maßnahmen, durch die bestimmten Unternehmen oder Produktionszweigen selektiv ein Vorteil gewährt wird, fallen unter den Begriff der Beihilfe. Allgemein anwendbar sind unter anderem die großzügigeren steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Stundungsregeln.

Stützungsmaßnahmen zugunsten einzelner Sektoren und Unternehmen, etwa durch COFAG, AWS oder ÖHT, unterliegen hingegen dem EU-Beihilfenrecht. Vor ihrer Gewährung müssen solche Maßnahmen daher von der Europäischen Kommission genehmigt werden.

Was sind die Vorgaben der Europäischen Kommission?

Stellt eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe dar, so unterliegt sie einer Prüfung durch die Europäische Kommission. Hierzu ist sie vom Mitgliedstaat an die Kommission zu notifizieren und darf erst nach Genehmigung durchgeführt werden.

Von der Notifizierungspflicht ausgenommen sind insbesondere Beihilfen, die entsprechend der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung EUR Nr 651/2014 ausgestaltet sind, sowie de-minimis Beihilfen iSd Verordnung (EU) 1407/2013. Von der de minimis-Ausnahme macht der Bund ua bei der Einrichtung des Härtefallfonds Gebrauch. Beihilfen gelten als de minimis, wenn der Gesamtbetrag der einem Unternehmen von einem Mitgliedstaat gewährten Beihilfen in drei Steuerjahren EUR 200.000 nicht übersteigt. Zu beachten ist aber, dass bei einer Kumulierung mehrerer Förderungen die Obergrenze der de-minimis-Ausnahmeregelung überschritten werden könnte. Der Förderungswerber muss daher bei künftigen Förderanträgen die bereits erhaltenen Förderungen entsprechend angeben.

Besteht keine Ausnahme von der Anmeldepflicht, so gilt für die Erstbeurteilung durch die Kommission normalerweise eine Frist von zwei Monaten ab Notifizierung durch den Mitgliedstaat. In der Krise hat die Kommission jedoch Flexibilität bewiesen und eine Vielzahl angemeldeter Beihilfenregelungen innerhalb kürzester Zeit genehmigt.

Als Basis für eine Genehmigung kommt einerseits Art 107 Abs 2 lit b AEUV in Betracht, der Beihilfen zur Beseitigung von Schäden erlaubt, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind. Ein von der Kommission zur Konkretisierung der Anforderungen dieser Bestimmung veröffentlichtes Formblatt legt jedoch nahe, dass diese Rechtsgrundlage nur bei unmittelbarem Kausalzusammenhang zwischen dem durch Covid-19 erlittenen Schaden und der Beihilfe zur Anwendung kommen dürfte.

Für die Praxis größere Bedeutung wird der Befristete Rahmen für staatliche Beihilfen zur Unterstützung der Wirtschaft vor dem Hintergrund des Covid-19-Ausbruchs erlangen. Dieser ist in der Mitteilung der Kommission „Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von Covid-19“ vom 19.3.2020 (C(2020) 1863 final) idF Mitteilung der Kommission „Änderung des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen zur Unterstützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von Covid-19“ vom 2.4.2020 (C(2020) 2215 final) geregelt. Der Befristete Rahmen baut auf den Erfahrungen der Finanzkrise auf, in der die Kommission ab 2008 ebenfalls temporäre Regelungen erlassen hatte. Rechtsgrundlage ist Artikel 107 Abs 3 lit b AEUV, wonach Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben der Mitgliedstaaten als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können.

Nach dem Befristete Rahmen wird die Kommission folgende Maßnahmen als mit dem Binnenmarkt vereinbar erachten und nach Notifizierung durch die Mitgliedstaaten rasch genehmigen:

  • Beihilfen in Form von direkten Zuschüssen, rückzahlbaren Vorschüssen oder Steuervorteilen zur Deckung dringenden Liquiditätsbedarfs, in Höhe von bis zu EUR 800.000 pro Unternehmen;
  • Beihilfen in Form von vergünstigten Bürgschaften für Investitions- oder Betriebsmittelkredite. Das Mindestentgelt für die Bürgschaft richtet sich nach der Größe des Unternehmens und der Laufzeit, und soll zwischen 25 und 200 Basispunkte betragen. Bei längerer Laufzeit ist ein progressives Ansteigen der Garantieprämie vorgesehen, wovon Mitgliedstaaten aber abweichen können. Ferner sind die gewährten Bürgschaften der Höhe nach begrenzt auf (i) die doppelte Lohnsumme einschließlich Sozialversicherungsbeiträge oder (ii) 25% der Umsatzerlöse des Unternehmens. In begründeten Fällen dürfen auf Basis eines Liquiditätsplans auch Bürgschaften für einen höheren Liquiditätsbedarf gewährt werden. Die Bürgschaften müssen jedoch auf maximal 90% der Darlehenssumme beschränkt sein. Diese Deckungsgrenze reduziert sich auf 35%, wenn Verluste zunächst dem Staat und erst dann den Kreditinstituten zugewiesen werden;
  • Beihilfen in Form von (öffentlichen oder geförderten privaten) Darlehen mit vergünstigten Zinssätzen. Auch hierfür soll ein von der Unternehmensgröße und Laufzeit abhängiger Mindestzins von 25 bis 200 Basispunkten über dem Basiszinssatz vom 1.1.2020 gelten. Der Höhe gelten auch hier die oben für Garantien dargestellten Beschränkungen je nach Lohnsumme oder Umsatz des Unternehmens;
  • Klarstellung, dass Beihilfen, die über Banken an die Realwirtschaft gewährt werden, nicht als Beihilfen für die Banken selbst gelten;
  • Stundungen von Steuern und Sozialversicherungsbeträgen sowie Beihilfen zur Reduktion der Personalkosten, um Kündigungen von Arbeitnehmern zu vermeiden. Dies gilt nicht nur für allgemein-geltende Regelungen, die von Vornherein keine Beihilfe darstellen, sondern auch für Maßnahmen, die auf von Covid-19 besonders betroffene Unternehmen beschränkt sind.
  • Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot der Versicherung marktfähiger Risiken im Rahmen der staatlichen Exportkreditversicherung. Mitgliedstaaten werden so in die Lage versetzt, kurzfristige Exportkreditversicherungen anzubieten; sowie
  • Beihilfen zur Bekämpfung von Covid-19, konkret für (i) Forschung und Entwicklung, (ii) Bau und Ausbau von Entwicklungs- und Testeinrichtungen und (iii) die Herstellung von Produkten zur Bekämpfung von Covid-19, wie etwa Impfstoffen, medizinischen Geräten, Schutzmaterial oder Desinfektionsmittel gelten.

Was bedeutet dies für Unternehmen?

Greift keine Ausnahme von der Notifizierungspflicht, so dürfen Beihilfen erst nach Genehmigung durch die Europäische Kommission ausgezahlt werden. Der Kommission ist die Dringlichkeit der Lage jedoch bewusst. Die von den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit Covid-19 angemeldeten Beihilferegelungen wurden von der Kommission bislang in der Regel innerhalb weniger Tage genehmigt.

Für die Ausgestaltung der Förderinstrumente kommt dem Befristeten Rahmen große Bedeutung zu. Zwar sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, ihre Förderungsinstrumente entsprechend dem Befristeten Rahmen auszugestalten. Da bei abweichenden Regelungen jedoch eine längere Prüfung durch die Kommission wahrscheinlich ist, werden die Mitgliedstaaten ihre Förderungsinstrumente voraussichtlich entsprechend dem Befristeten Rahmen gestalten und diese schnellmöglich bei der Kommission anmelden. Bei Übereinstimmung dürfte die Genehmigung durch die Kommission rasch erfolgen.

Der Befristete Rahmen soll zudem nur Beihilfen an Unternehmen ermöglichen, die erst nach dem 31.12.2019 in Schwierigkeiten geraten sind. So will die Kommission vermeiden, dass die Mitgliedstaaten Beihilfen dafür nutzen, Unternehmen von Lasten zu befreien, die mit der durch Covid-19 ausgelösten Krise nicht im Zusammenhang stehen. Eine ähnliche Unterscheidung traf die Kommission bereits in der Finanzkrise, in der Beihilfen zugunsten „grundsätzlich gesunder“ Banken deutlich rascher genehmigt wurden als solche zugunsten „notleidender“ Banken.

Auch Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen für notleidende Unternehmen sind zwar nicht ausgeschlossen. Die Kommission genehmigt solche Beihilfen jedoch nur nach umfassender Prüfung des im Rahmen des Verfahrens vorzulegenden Umstrukturierungsplans. Als Voraussetzung für die Genehmigung fordert die Kommission ferner, dass das Unternehmen und seine Anteilseigner oder Gläubiger einen erheblichen Beitrag zu den Umstrukturierungskosten leisten, sowie Begleitmaßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverfälschungen (normalerweise handelt es sich dabei um strukturelle Maßnahmen wie Veräußerungszusagen).

​Welche Voraussetzungen und Bedingungen gelten für Förderungen im Detail?

Corona-Hilfsfonds

Das mit Abstand größte Volumen entfällt mit EUR 15 Mrd auf den von der der Covid-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH („COFAG„) verwalteten Corona-Hilfsfonds. Bei diesem Fonds handelt es sich um ein allgemeines Förderungsinstrument, das nicht auf bestimmte Sektoren oder Unternehmen bestimmter Größe beschränkt ist. Mit dem Corona-Hilfsfonds werden drei Instrumente zur Deckung des Liquiditätsbedarfs von Unternehmen finanziert, nämlich (i) Garantien, (ii) und Direktkredite und (iii) Direktzuschüsse (Fixkosten- bzw Betriebskostenzuschüsse). Garantieanträge sollen ab 8.4.2020 möglich sein; Anträge auf Fixkostenzuschüsse ab 15.4.2020.

Die durch Verordnung des BMF erlassenen Richtlinien für die COFAG-Finanzierungen sind mit 9.4.2020 in Kraft getreten. Im Hinblick auf Direktzuschüsse ist noch eine weitere Richtlinie ausständig, welche die näheren Details regeln wird. Die finanziellen Maßnahmen in Form von Direktzuschüssen, Garantien und Direktkrediten nach der Richtlinie erfolgen unter Berücksichtigung der Vorgaben der Europäischen Kommission. Finanzielle Maßnahmen nach der Richtlinie sollen vorerst bis 31.12.2020 beantragt werden können.

Als begünstigte Unternehmen kommen jene in Betracht, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen (Pkt 3 der Richtlinie):

  • Das Unternehmen hat Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich;
  • Ein wesentlicher Teil der operativen Tätigkeit wird in Österreich ausgeübt;
  • Ausgenommen ist der Finanzsektor, insbesondere Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen, Wertpapierdienstleister und Pensionskassen;
  • Finanzielle Maßnahmen werden nicht an Unternehmen gewährt, die sich am 31.12.2019 bereits in Schwierigkeiten befanden. Aus beihilfenrechtlicher Sicht befindet sich ein Unternehmen insbesondere dann in Schwierigkeiten, wenn mehr als die Hälfte des Stammkapitals durch Verluste verloren gegangen ist.

Der COFAG stehen insbesondere die folgenden finanziellen Maßnahmen zur Verfügung:

  • Übernahme von Haftungen („Garantien„);
  • Gewährung von Direktkrediten und Überbrückungskrediten („Direktkredite„); und
  • Gewährung von direkten und rückzahlbaren Vorschüssen („Direktzuschüsse„); die allerdings in einer gesonderten Richtlinie noch näher geregelt werden wird.

Verwendungszweck der finanziellen Maßnahmen ist die Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und die Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten eines Unternehmens, die durch die Covid-Krise verursacht wurden. Garantien und Direktkredite können für die meisten unternehmensbezogenen Aufwendungen verwendet werden, insbesondere für Zahlungen wie bspw Mieten, Leasingentgelte, Löhne und Gehälter, Steuern, Abgaben und Gebühren, Entgelte für betriebsnotwendige Dienstleistungen und Zahlungen für Waren zur Aufrechterhaltung der Betriebstätigkeit in einem erforderlichen Mindestmaß, die Rückzahlung von Anzahlungen und Versicherungsprämien für betriebsnotwendige Versicherungen.

Hingegen sollen die finanziellen Maßnahmen nicht zur Rückführung von bereits bestehenden Finanzierungen (Umschuldungen) verwendet werden. Ausgenommen davon sind einzelne Kreditraten oder Zinszahlungen zu deren im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Covid-19 Gesetzes vertraglich vereinbarten Fälligkeitsterminen, nicht jedoch bei Vorfälligkeit, Fälligstellung oder endfälligen Krediten.

Vor der Gewährung einer finanziellen Maßnahme sind alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Hierzu gehören zB:

  • Reduktion des Wareneinkaufs auf ein für die Aufrechterhaltung der Betriebstätigkeit erforderliches Mindestmaß sowie Rückgriff auf verfügbare Liquiditätsreserven und Erlöse aus rasch verwertbaren Vermögensgegenständen;
  • Inanspruchnahme anderer gesetzlicher, behördlicher oder exekutiver Maßnahmen des Bundes (Steuerstundungen, Kurzarbeit, Zuwendungen anderer öffentlicher Institutionen) oder andere privatwirtschaftliche Maßnahmen (zB Versicherungen);
  • Finanzielle Maßnahmen durch den wirtschaftlichen Eigentümer bzw Gesellschafter. Deshalb unterliegt das Unternehmen bei Inanspruchnahme besonderen Verpflichtungen hinsichtlich der Dividendenpolitik und Entgeltgestaltung (s. unten).

Die Höhe der finanziellen Maßnahmen richtet sich nach den nicht gedeckten Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens. Der Betrachtungszeitraum beträgt in einem ersten Schritt einen Zeitraum vom 1.3.2020 bis 30.9.2020. Der genaue bzw ein längerer Betrachtungszeitraum ist zu begründen.

Der Höchstbetrag hat den Vorgaben der Europäischen Kommission zu entsprechen. Für Garantien und Kredite liegt diese wie oben angeführt bei (i) der doppelten Lohnsumme einschließlich Sozialversicherungsbeiträge oder (ii) 25% der Umsatzerlöse des Unternehmens. Für Direktzuschüsse gilt nach den Vorgaben der Kommission eine Höchstgrenze von EUR 800.000.

Die Laufzeit der finanziellen Maßnahmen ist einzelfallbezogen zu vereinbaren. Zur Ermittlung des Betrachtungszeitraums ist auf die bei Gewährung der finanziellen Maßnahme erwartete Dauer der wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Unternehmen in Folge der Ausbreitung von Covid-19, die zu den Liquiditätsschwierigkeiten geführt haben, abzustellen. In einem ersten Schritt ist ein Betrachtungszeitraum vom 1.3.2020 bis 30.9.2020 heranzuziehen. Die Haftungsentgelte und Zinsen werden ebenso einzelfallbezogen berechnet und unterliegen den oben dargestellten Vorgaben der Europäischen Kommission.

Den Antragsteller treffen unter anderem folgende Verpflichtungen:

  • Auf die Erhaltung der Arbeitsplätze ist besonders Bedacht zu nehmen;
  • Bemühenspflicht, dem Inhaber des Unternehmens sowie seinen Organen, Angestellten und wesentlichen Erfüllungsgehilfen keine unangemessenen Entgelte zu zahlen. Insbesondere ist für das laufende Geschäftsjahr eine Beschränkung der Boni für Vorstände bzw Geschäftsführer auf maximal 50% des Vorjahrs vorgesehen;
  • Im Zeitraum vom 16.3.2020 bis zum 16.3.2021 besteht ein Dividenden- und Gewinnauszahlungsverbot. Für die verbleibende Laufzeit besteht die Verpflichtung zu einer maßvollen Dividenden- und Gewinnausschüttungspolitik. Ferner dürfen keine Rücklagen zur Erhöhung des Bilanzgewinns aufgelöst und die aus der finanziellen Maßnahme erhaltene Liquidität nicht (i) zur Zahlung von Gewinnausschüttungen, (ii) zum Rückkauf eigener Aktien und (iii) zur Zahlung von Boni an Vorstände oder Geschäftsführer verwendet werden.

Anträge sind über jenes Kreditinstitut einzureichen, das den zugrundeliegenden Kredit an das Unternehmen vergibt. Der Antrag ist zu begründen und sollte folgende Angabe enthalten:

  1. dass der Liquiditätsbedarf auf durch die Ausbreitung von Covid-19 verursachte wirtschaftliche Auswirkungen zurückzuführen ist;
  2. welche Zahlungsverpflichtungen mit der finanziellen Maßnahme für welchen Betrachtungszeitraum gedeckt werden sollen;
  3. dass die oben dargestellte alternative Finanzierungsmöglichkeiten im wirtschaftlich sinnvollen Umfang gesetzt wurden;
  4. welche Unterstützung der öffentlichen Hand der Antragsteller sonst betreffend die wirtschaftlichen Auswirkungen in Folge der Ausbreitung von Covid-19 erhält; und
  5. in welchem Zeitraum nach Wegfall der unmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen in Folge der Ausbreitung von Covid-19 das Unternehmen voraussichtlich wieder in der Lage sein wird, ohne die gewährte finanzielle Maßnahme auszukommen bzw diese zurückzuzahlen.

Bei den Unterlagen kann es sich je nach Größe des Unternehmens um Liquiditätspläne, Kurz- und Mittelfristplanungen, Tilgungspläne oder eine schriftliche Erklärung des Unternehmens handeln, aus der sich diese Umstände ableiten lassen.

Anfang April hatte das Finanzministerium deutlich umfassendere, nicht rückzahlbare Fixkostenzuschüsse von bis zu EUR 90 Mio pro Unternehmen angekündigt. Diese Zuschüsse sind von der Richtlinie, die nur rückzahlbare Direktzuschüsse betrifft und für diese an die EUR 800.000-Höchstgrenze der Europäischen Kommission anknüpft, noch nicht gedeckt. Für über die bereits genehmigte Richtlinie hinausgehende Maßnahmen wäre eine weitere Genehmigung durch die Europäische Kommission (entweder allgemein als Beihilfenregelung, oder im Einzelfall) erforderlich.

Unterstützung für KMU durch AWS und ÖHT

Nach dem KMU-Förderungsgesetz können die Austria Wirtschaftsservice (AWS) bzw für Tourismusbetriebe von der Österreichische Hotel- und Tourismusbank Gesellschaft m.b.H. (ÖHT) kleinere und mittlere Unternehmen durch Zuschüsse und Haftungsübernahmen unterstützen. Im Zuge der Corona-Krise hat der Gesetzgeber die Förderungsmöglichkeiten durch die AWS und die ÖHT wesentlich erweitert:

Förderung für KMU außerhalb der Tourismus- und Freizeitwirtschaft

Die Übernahme einer AWS-Garantie für Überbrückungskredite oder Kredittilgungen erfolgt in einem Schnellverfahren und ermöglicht aufgrund der Haftungsübernahme des Bundes eine Kreditgewährung, die ohne die Haftungsübernahme (zB aufgrund nicht vorhandener Sicherheitsleistungsmöglichkeit) nicht möglich wäre.

Die Voraussetzungen für AWS-Garantien sind ähnlich jenen der COFAG-Garantien ausgestaltet:

  • Das Unternehmen hat Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich;
  • Das Unternehmen darf sich am 31.12.2019 nicht in Schwierigkeiten befunden haben;
  • Zudem darf weder ein Insolvenzverfahren anhängig sein, noch dürfen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder ein Ausschlussgrund nach § 13 GewO vorliegen.

Für die Garantien sind folgende Bedingungen vorgesehen:

  • Garantiefähig sind Kredite und Leasingfinanzierungen;
  • Deckung von bis zu 100% der Darlehenssumme. Die maximale Darlehenssumme mit 100% Deckung beträgt EUR 0,5 Mio pro KMU. Für Kredite von bis zu EUR 27,7 Mio (die individuelle Obergrenze richtet sich gemäß den Vorgaben der Kommission nach dem Umsatz bzw der Gehaltssumme des Unternehmens) ist eine Garantiequote von 90% möglich;
  • Laufzeit: max 5 Jahre;
  • 100%-Garantie: kein Entgelt; 90%-Garantie: Entgelt ab 0,25 % p.a. (abhängig von der Laufzeit).

Garantienehmer der 90%- und 100% aws-Garantien müssen sich zu den bereits oben iZm den COFAG-Garantien geschilderten Entgelt- und Ausschüttungsbeschränkungen verpflichten. Auch hier kommt daher die Bemühungspflicht, keine unangemessenen Entgelte zu zahlen (inkl der Beschränkung der Boni auf 50% des Vorjahrs im laufenden Geschäftsjahr), sowie das Gebot eine maßvollen Ausschüttungspolitik (inkl der dem Ausschüttungsverbot zwischen 16.3.2020 und 16.3.2021) zur Anwendung.

Die Antragstellung erfolgt über die Hausbank, das aws entscheidet über die Vergabe der Garantie.

Förderung für Unternehmen der Tourismus- und Freizeitwirtschaft

Für Unternehmen der Tourismus- und Freizeitwirtschaft gelten abweichende Regelung. Als Voraussetzungen für ÖHT-Garantien gelten hier:

  • Förderungswerber ist ein KMU der Tourismus- und Freizeitwirtschaft mit:
    • Betriebsstätte in Österreich;
    • Mitgliedschaft in der Sparte Tourismus- und Freizeitwirtschaft der WKO;
  • In Errichter/Betreiberkonstellationen ist auch der Errichter förderungsfähig;
  • Das Unternehmen darf sich am 31.12.2019 nicht in Schwierigkeiten befunden haben.

Für die Garantien sind folgende Bedingungen vorgesehen:

  • Garantiefähig sind Überbrückungsfinanzierungen zum Ausgleich von Liquiditätsengpässen, die aufgrund der nicht vorhersehbaren Umsatzausfälle infolge von Covid-19 entstanden sind;
  • Deckung von bis zu 100% der Darlehenssumme. Die maximale Darlehenssumme mit 100 % Deckung beträgt EUR 0,5 Mio pro KMU. Für Kredite von bis zu EUR 4 Mio ist eine Garantiequote von 90% möglich;
  • Laufzeit: max 5 Jahre;
  • Die Haftungsprovision iHv 0,8 % und die einmalige Bearbeitungsgebühr der ÖHT iHv 1 % entfallen.

Auch Garantienehmer der 90 %- und 100 % ÖHT-Garantien müssen sich zu Entgelt- und Ausschüttungsbeschränkungen verpflichten (s. bereits oben zu den COFAG und aws-Garantien).

Die Antragsstellung erfolgt auch hier über die Hausbank.

Zusätzlich besteht die Möglichkeit einer Zinsübernahme für Überbrückungskredite durch die Bundesländer (nähere Informationen hier) sowie eine Aussetzung der Tilgung von ÖHT-Krediten im Jahr 2020. Die Beantragung erfolgt mittels Online-Formular direkt bei der ÖTH.

Härtefallfonds

Durch den von der WKO administrierten Härtefallfonds werden Ein-Personen-Unternehmer und Kleinstunternehmen, die durch die Covid-19-Maßnahmen Umsatzeinbrüche erleiden, unterstützt. Die Zuwendung erfolgt einmalig und muss nicht zurückgezahlt werden. Eine Beantragung ist derzeit bis Ende des Jahres 2020 bzw bis zur Ausschöpfung des Fonds möglich. Soforthilfe aus der Phase 1 des Härtefallfonds konnte bis 17.4.2020 beantragt werden. Somit ist die Phase 1 bereits abgelaufen.

Die Phase 2 startete ab 20.4.2020. In Phase 2 wurden die Antragsberechtigten deutlich ausgeweitet. Nebeneinkünfte, Einkünfte aus Pensionsversicherung oder eine bestehende Mehrfachversicherung sind keine Ausschlussgründe mehr. Ebenso sind Einkommensober- und –untergrenzen entfallen. Auch Personen, die zwischen 1.1.2020 und 13.3.2020 ein Unternehmen gegründet haben sind jetzt anspruchsberechtigt.

Für die Unterstützung aus dem Härtefallfonds gelten folgende Voraussetzungen:

  • Antragsberechtigt sind Ein-Personen-Unternehmer, Kleinstunternehmer (max 10 Mitarbeiter und EUR 2 Mio Umsatz/Bilanzsumme), erwerbstätige Gesellschafter (GSVG/FSVG pflichtversichert), neue Selbständige, freie Dienstnehmer und Freiberufler
    • Kammermitgliedschaft wird nicht vorausgesetzt
    • Ausgenommen sind Land- und Forstwirte (für diese besteht eine Antragsmöglichkeit bei der Agrarmarkt Austria) und Privatzimmervermieter (für NGOs erfolgt die Förderung anhand eigener Richtlinien)
  • Wirtschaftliche Tätigkeit in Österreich;
  • Wirtschaftliche Betroffenheit durch Covid-19. Diese liegt vor:
    • wenn die laufenden Kosten nicht mehr gedeckt werden können,
    • bei Umsatzeinbruchs von mindestens 50% im Vergleich zum Vorjahr,
    • bei Betroffenheit von einem Betretungsverbot.
  • Kein Anspruch auf Leistungen aus privaten bzw beruflichen Versicherungen zur Abdeckung von Covid-19 Auswirkungen;
  • Keine weiteren Barzahlungen von Gebietskörperschaften aufgrund von Covid-19 (Kombination mit staatlichen Garantien oder Kurzarbeit ist möglich, ebenso ein Wechsel in den Corona-Hilfsfonds, wobei aus dem Härtefallfonds bezogenen Förderungen anzurechnen sind);
  • Kein anhängiges Insolvenzverfahren oder Reorganisationsbedarf.

Für beide Auszahlungsphasen (Phase 1 und 2) beträgt die maximale Gesamtförderhöhe EUR 6.000 pro Fördernehmer. Es bestehen 6 festgelegte Betrachtungszeiträume (somit maximal je EUR  2.000 pro Zeitraum). Anträge können für maximal drei Zeiträume gestellt werden. Die Bemessungsgrundlage ist die Differenz aus einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen; die Mindestförderung beträgt aber EUR 500 pro Betrachtungszeitraum. Bei negativen Einkünften erfolgt eine Förderung mit pauschal EUR 500 pro Betrachtungszeitraum.

Auf den Förderungsbetrag aus der Phase 2 wird eine Förderung der Phase 1 angerechnet.

Was muss ich sonst noch beachten?

Sämtliche Unterlagen zur Förderung sind ab deren Ende (Gewährung des Zuschusses, Ende der Garantielaufzeit) für zehn Jahre aufzubewahren. Den Förderungswerber trifft gegenüber der fördernden Stelle zudem eine Auskunftspflicht sowie eine Pflicht zur Gewährung von Bucheinsicht.

Mit dem Covid-19 FörderungsprüfungsG wurden die Finanzämter zur Prüfung von Förderungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Covid-19 ermächtigt. Der Prüfungsumfang ist weit gefasst: Neben Garantien und Zuschüssen sind die Finanzämter auch für die Prüfung von Kurzarbeitsbeihilfen zuständig. Die Prüfung kann auch unabhängig von einer abgabenrechtlichen Prüfung erfolgen. Auch wenn die Finanzämter bei der Prüfung als Gutachter und nicht als Abgabenbehörden agieren, kommen ihnen bei Ermittlungsbefugnisse nach der BAO zu. Ferner unterliegen sie bei Verdacht, dass eine Straftat begangen worden sein könnte (in Betracht kommen vor allem Betrug oder Förderungsmißbrauch), einer Anzeigepflicht bei den Strafverfolgungsbehörden.

Zum Autor:

Priv-Doz Dr Bernhard Müller, ist Partner und Leiter der Praxisgruppe Öffentliches Recht

Zum Autor:

Dr Heinrich Kühnert, M.Jur., ist Partner und Leiter der Praxisgruppe Kartell- und Regulierungsrecht bei DORDA

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