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CORONAVIRUS | Sanierung von COFAG-Hilfen durch Spätantragsrichtlinien!

(Bild: © Nuthawut Somsuk) (Bild: © Nuthawut Somsuk)

Mitterlehner Andreas  |  Panholzer Maximilian

Wenngleich die anläßlich der COVID-19-Pandemie gewährten staatlichen Unternehmenshilfen seitens der hiefür zuständigen COFAG weitgehend abgewickelt sind, so gibt es bekanntlich noch einige offene Problembereiche, die aus einer inkorrekten Umset-zung der EU-rechtlichen Vorgaben in österreichischen Förderrichtlinien resultieren: Insbesondere wurden für bestimmte Zuschüsse (konkret für den Ausfallsbonus III sowie den Verlustersatz III) die maßgeblichen beihilfenrechtlichen Antragsfristen (30.6.2022) überschritten. Zur bestmöglichen Sanierung dieser Fälle wurden – auf Basis einer zwischenzeitig erfolgten Einigung des österreichischen BMF mit der EU-Kommission – kürzlich eigene „Spätantragsrichtlinien“ im Verordnungswege erlassen. Weiters wurden für bestimmte Förderungen die normierten Konzernobergrenzen nicht beachtet, wofür eine gesamthafte Problemlösung noch ausständig sein dürfte.

Im Zuge der Corona-Pandemie hat die „COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH“ (COFAG) nach den Vorgaben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) verschiedene „liquiditätsunterstützende Maßnahmen“ (insb. Zuschüsse) iHv insgesamt rund 15 Mrd Euro an österreichische Unternehmen ausgezahlt. Dabei kam es bei der Ausgestaltung der eingeräumten Antragsfristen in den nationalen Richtlinien zu einer Überschreitung von beihilfenrechtlichen Fristen nach EU-Vorgaben (Deadline 30.6.2022). Konkret betroffen sind davon folgende Förderinstrumente (vgl dazu auch bereits unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Update zu COVID-19-Hilfsmaßnahmen“ vom 28.6.2023):

  • Ausfallsbonus III: Diese monatsweise Förderungsmöglichkeit wurde für die Förderzeiträume von November 2021 bis März 2022 gewährt, wobei die letzte Antragsfrist für den Monat März 2022 von 10.4. bis 9.7.2022 gelaufen ist (vgl dazu im Detail unseren NL-Beitrag “CORONAVIRUS | Ausfallsbonus III von 1.11.2021 bis 31.3.2022” vom 7.12.2021).
  • Verlustersatz III: Dieses letzte Förderinstrument betraf den Förderzeitraum Jänner bis März 2022, wobei die Antragsfrist für die 2. Tranche oder für den Gesamtbetrag von 10.4. bis 30.9.2022 gelaufen ist (vgl dazu im Detail unseren NL-Beitrag “CORONAVIRUS | Verlustersatz III von 1.1. bis 31.3.2022” vom 3.1.2022).

Demgemäß steht eine Genehmigung von Anträgen auf Gewährung eines Ausfallsbonus III für März 2022 oder Verlustersatz III, welche erst nach dem 30.6.2022 eingebracht worden waren (sog. „Spätanträge“), nicht im Einklang mit dem EU-Beihilfenrecht. Das österreichische BMF hat im Sommer 2023 mit der Europäischen Kommission nun doch eine Einigung über die Herstellung eines beihilfenrechtskonformen Zustandes erzielen können. Zur Sanierung der betroffenen Fälle wurden nunmehr im Verordnungswege eigene „Spätantragsrichtlinien“ erlassen, womit die Entscheidung der EU-Kommission auf nationalstaatlicher Ebene umgesetzt wurde. Durch diese neuen Richtlinien können umfassende Rückforderungen vermieden bzw noch offene Anträge ausgezahlt werden, soferne die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Nachfolgend erläutern wir die wesentlichen Inhalte der neuen Spätantragsrichtlinien:
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​​​​​​​Neuerliche Antragstellung nach den Spätantragsrichtlinien

Mit „Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien zur beihilfenrechtskonformen Abwicklung von Spätanträgen durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG)“ (kurz „Spätantragsrichtlinien“ – BGBl II Nr. 348/2023, kundgemacht am 1.12.2023) wurde die „Gewährung eines Verlustersatzes“ wie folgt normiert (§ 1): Die beihilfenrechtskonforme Abwicklung von Spätanträgen durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) sowie die Umwidmung von Beihilfen, die aufgrund von nach dem 30.6.2022 eingebrachten Anträgen gewährt wurden, in einen Schadensausgleich oder eine De-minimis-Beihilfe hat den Richtlinien gemäß Anhang zu entsprechen.

Allgemeine Hinweise

Die Spätantragsrichtlinien (Anhang zu VO BGBl II Nr. 348/2023) ermöglichen daher sowohl die beihilfenrechtliche Sanierung von bereits ausbezahlten Beihilfen durch Umwidmung in eine andere Beihilfe als auch die bis dato offene Auszahlung von Beihilfen, die nach den nationalen Richtlinien zum Ausfallsbonus III für März 2022 oder Verlustersatz III (für Jänner bis März 2022) zustünden, aufgrund des EU-Beihilfenrechts jedoch nicht ausgezahlt werden dürfen. Für eine Umwidmung oder Auszahlung gibt es zwei Möglichkeiten: 

  • Gewährung (Auszahlung) einer oder Umwidmung in eine De-minimis-Beihilfe oder 
  • Gewährung (Auszahlung) von einem oder Umwidmung in einen Schadensausgleich

Von den Neuregelungen betroffene Beihilfen sind der Ausfallsbonus III (BGBl II Nr. 518/2021, zuletzt geändert durch BGBl II Nr. 110/2022) sowie der Verlustersatz III (BGBl II Nr. 582/2021, zuletzt geändert durch BGBl II Nr. 109/2022).

Details zur Antragstellung

Je nachdem, ob in Zusammenhang mit betroffenen „verspätet“ eingebrachten Erstanträgen auf Ausfallsbonus III bzw Verlustersatz III bereits eine Auszahlung erfolgte oder noch nicht, wird bei den für Sanierungszwecke nun nochmals einzubringenden Anträgen unterschieden zwischen 

  • Umwidmungsanträgen (Auszahlungen zu Ausfallsbonus III/Verlustersatz III sind bereits erfolgt) ODER 
  • Ergänzungsanträgen (es sind noch KEINE Auszahlungen zu Ausfallsbonus III/Verlustersatz III erfolgt).

Für eine Ergänzung bzw Umwidmung kann im Antrag entweder eine „De-minimis-Beihilfe“ oder – soferne dies nicht möglich oder gewünscht ist (siehe dazu noch später) – ein „Schadensausgleich“ beantragt werden.

Soferne ein Unternehmen einem sog. „Unternehmensverbund“ (EU-Definition nach der Allg. Gruppenfreistellungsverordnung – AGVO) angehört, ist ein Adressat zu benennen, der im Namen der Antragsteller die Umwidmungs- bzw Ergänzungsanträge gesammelt für alle Spätantragsteller des Unternehmensverbunds zu stellen hat.

Die Einreichung von Umwidmungs- bzw Ergänzungsanträgen ist in der Zeit von 4.12.2023 bis 1.4.2024 möglich. Im Regelfall sollte eine Kontaktaufnahme seitens der COFAG erfolgen (per E-Mail, mit personalisiertem Link zur Antragstellung). Noch nicht kontaktierte Unternehmen, welche die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, können über das Kontaktformular jedoch auch proaktiv mit der COFAG in Kontakt treten.

Die Antragstellung hat über das Unternehmensserviceportal (USP) zu erfolgen.

Höhe der Beihilfen

Die Höhe der Beihilfe entspricht maximal jenem Betrag, der aufgrund der ursprünglichen Anträge auf einen Ausfallsbonus III für März 2022 bzw Verlustersatz III (für Jänner bis März 2022) ausbezahlt wurde bzw auszuzahlen wäre.

Für Unternehmen, die entweder keinen oder nur einen begrenzten De-minimis Rahmen ausschöpfen können bzw wollen (vgl 200.000 EUR allg. Obergrenze gemäß De-minimis-VO sowie abweichende Beträge für bestimmte Branchen), besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf einen Schadensausgleich zu stellen.

Um einen Schadensausgleich (eigenständige Beihilfenregelung) beantragen zu können, muss ein Unternehmen von einer Lockdown-Maßnahme betroffen gewesen sein (und zwar zwischen 16.3.2020 und 31.3.2022). Der „Schaden“ berechnet sich diesfalls aus dem Fehlbetrag zwischen dem Ergebnis eines Betrachtungszeitraums (Zeitraum, in dem das Unternehmen von einer Lockdown-Maßnahme betroffen war) im Vergleich zu 95 % des Ergebnisses im Vergleichszeitraum (dem Betrachtungszeitraum entsprechender Zeitraum im Jahr 2019). War nur ein konkret abgrenzbarer Teil des Unternehmens von einer Lockdown-Maßnahme betroffen, so ist nur das Ergebnis (im Betrachtungs- sowie im Vergleichszeitraum) jener Tätigkeit des Unternehmens zu berücksichtigen, das von einer Lockdown-Maßnahme betroffen war. Dem Antrag auf Schadensausgleich ist eine gutachterliche Stellungnahme von einem Steuerberater bzw Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter anzuschließen und ist auch der Antrag zwingend von einem Vertreter dieses Berufsstandes einzubringen (hiefür sollen seitens der KSW demnächst noch div. Mustervorlagen zur Verfügung gestellt werden).

Im „Unternehmensverbund“ (siehe oben) sind die maßgeblichen betraglichen Konzernobergrenzen zu beachten (insgesamt 2,3 Mio EUR gemäß Abschnitt 3.1 des Befristeten EU-Rahmens, wozu ua der Ausfallsbonus III zählt; bzw 12 Mio EUR gemäß Abschnitt 3.12, wozu ua der Verlustersatz III zählt).

HINWEIS: Die allgemeine, über die „Spätanträge“ hinausgehende Problematik erfolgter betragsmäßiger Überschreitungen von Corona-Hilfen in Unternehmensverbünden, über die wir bereits mehrfach berichtet hatten (vgl zuletzt ebenfalls unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Update zu COVID-19-Hilfsmaßnahmen“ vom 28.6.2023), dürfte hingegen noch ungelöst sein. Weiterführende Informationen zum „Unternehmensverbund“ finden sich auch auf der COFAG-Homepage hier.

FAZIT

Die (nochmals erforderliche) Antragstellung auf Basis der neuen „Spätantragsrichtlinien“ soll es ermöglichen, dass von den insgesamt rund 9.700 bei der COFAG noch anhängigen Förderanträgen rund 6.700 Anträge mit einem Fördervolumen iHv rund 183 Mio EUR (wovon für rund 4.000 Anträge bereits Auszahlungen erfolgten) nun endgültig abgeschlossen werden können und insoweit Rechtssicherheit einkehrt.

Die Richtlinien sowie umfangreiche weitere Detailinformationen (Ausfüllhilfe, Förder- und Umwidmungsbedingungen, Infos zum Unternehmensverbund etc) sind auf der COFAG-Homepage hier auffindbar: https://www.cofag.at/spaetantraege.html

Für weitere Fragen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen unserer Service Line „Corporate Tax“ gerne zur Verfügung. Alle unsere bisherigen Newsletter-Beiträge zu diesem Themenschwerpunkt (Stichwort „CORONAVIRUS“) finden Sie HIER​​​​​​​.

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