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VERFAHRENSRECHT | Aktuelles BFG-Erkenntnis zum Auskunftsbescheid

Das Bundesfinanzgericht in Wien. (Bild: © Linde Verlag) Das Bundesfinanzgericht in Wien. (Bild: © Linde Verlag)

Beniaminov Efim  |  Gahleitner Lukas

Der Auskunftsbescheid gemäß § 118 BAO bietet für Abgabenpflichtige die Möglichkeit einen noch nicht verwirklichten Sachverhalt bereits im Vorab von der Finanzverwaltung rechtsverbindlich beurteilen zu lassen. Der schriftliche Antrag auf Erlassung eines Auskunftsbescheides muss dazu unter anderem die Formulierung von konkreten Rechtsfragen sowie die Darlegung einer eingehend begründeten Rechtsansicht zu den formulierten Rechtsfragen enthalten. In einem aktuellen Erkenntnis urteilte das BFG nun, dass die bescheiderlassende Behörde lediglich zu den angeführten Rechtsfragen absprechen darf und der Antrag in einem späteren Beschwerdeverfahren nicht erweitert werden kann.

Auskunftsbescheid – Grundlagen und Voraussetzungen

Der Auskunftsbescheid gemäß § 118 Bundesabgabenordnung (BAO) bietet Abgabenpflichtigen (sowie Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit) die Möglichkeit die abgabenrechtliche Beurteilung von noch nicht verwirklichten Sachverhalten bereits im Vorab rechtsverbindlich von der Abgabenbehörde abklären zu lassen. Der schriftliche Antrag auf Erlassung eines Auskunftsbescheides muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Noch nicht verwirklichter Sachverhalt: Der dem Auskunftsersuchen zugrunde liegende Sachverhalt darf noch nicht verwirklicht worden sein und ist umfassend und abgeschlossen im Antrag darzustellen. Zudem können nur Rechtsfragen iZm Umgründungen, Unternehmensgruppen, dem internationalen Steuerrecht, dem Umsatzsteuerrecht und dem Vorliegen von Missbrauch Gegenstand von Auskunftsbescheiden sein.
  • Besonderes Interesse: Der Antragsteller muss ein besonderes Interesse an der abgabenrechtlichen Beurteilung darlegen.
  • Darlegung des Rechtsproblems
  • Konkret formulierte Rechtsfragen: Der Antrag muss konkrete Rechtsfragen enthalten, die von der Abgabenbehörde beurteilt werden sollen.
  • Begründete Rechtsansicht: Zu den konkret formulierten Rechtsfragen muss der Antragsteller bereits im Antrag eine eingehend begründete Rechtsansicht darlegen.
  • Verwaltungskosten: Für die Erlassung eines Auskunftsbescheides sind umsatzabhängige Verwaltungskosten zu entrichten. Die für die Ermittlung der Verwaltungskosten maßgebenden Angaben müssen im Antrag enthalten sein. 

Im folgenden Beitrag möchten wir auf ein aktuelles Erkenntnis vom Bundesfinanzgericht (BFG) hinweisen, welches sich unter anderem mit dem Umfang und den Grenzen bei der Erlassung eines Auskunftsbescheides befasst.

Rechtsmittelverfahren vor dem BFG

Sachverhalt

Gegenstand des Erkenntnisses (RV/7102764/2023 vom 06.08.2024) war ein Antrag einer niederländischen Gesellschaft (ähnlich einer österreichischen GmbH) auf Erlassung eines Auskunftsbescheides gemäß § 118 BAO. Die Gesellschaft plante die Umwandlung in eine niederländische Genossenschaft mit Haftungsausschluss, wobei die niederländische Gesellschaft über Liegenschaftsvermögen in Österreich verfügt. In diesem Rahmen wurde ein Antrag auf Erlassung eines Auskunftsbescheides für Rechtsfragen im Zusammenhang mit Umgründungen gestellt. Im Detail wollte die Abgabenpflichtige wissen, ob aus österreichischer Sicht für die grunderwerbsteuerliche Beurteilung des Sachverhalts eine übertragende Umwandlung (somit grunderwerbsteuerpflichtig) oder eine rein rechtsformwechselnde Umwandlung (nicht grunderwerbsteuerpflichtig) vorliegt. Eine darüber hinaus gehende ertragsteuerliche Beurteilung der geplanten Umgründung war vom Umfang des Antrags nicht umfasst.

Das Finanzamt Österreich erließ daraufhin einen Auskunftsbescheid, der neben der grunderwerbsteuerlichen Beurteilung auch eine ertragsteuerliche Beurteilung des noch nicht verwirklichten Sachverhalts enthielt. Die Antragstellerin erhob daraufhin Beschwerde gegen den Auskunftsbescheid in der sie ausführte, dass ihres Erachtens eine rein formwechselnde Umwandlung vorliegt, die zu keinen ertragsteuerlichen Folgen führt. Zudem führte die Beschwerdeführerin aus, dass im Falle einer abweichenden Beurteilung durch die Abgabenbehörde der Auskunftsbescheid hinsichtlich der ertragsteuerlichen Beurteilung aufgehoben werden soll, da dieser Punkt im Antrag nicht angefragt wurde.

In der Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde der Antragstellerin von der zuständigen Abgabenbehörde abgewiesen. Daraufhin stellt die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht.

Rechtliche Beurteilung des BFG

Das BFG führt dazu aus, dass der Auskunftsbescheid iSd § 118 BAO ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt ist und die zuständige Abgabenbehörde dabei nach bisheriger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof (VwGH) nur über den schriftlichen Antrag absprechen darf. Daher erkannte das BFG, dass die Abgabenbehörde bei seiner abgabenrechtlichen Beurteilung nur die im Antrag gestellten Rechtsfragen zum dargestellten Sachverhalt beantworten darf.  Folglich lag im vorliegenden Fall durch die Einbeziehung der ertragsteuerlicher Aspekte eine unzulässige Erweiterung des Antragumfanges vor. Das BFG änderte daher den Bescheid dahingehend ab, dass die ertragsteuerlichen Beurteilung im Auskunftsbescheid aufgehoben wurde und führte zudem noch Folgendes aus:

  • Zur Beschränkung des Umfangs des Auskunftsbescheides: Das BFG führt aus, dass eine über den Antragsumfang hinausgehende Auskunft der Abgabenbehörde schon alleine aufgrund der Tatsache rechtswidrig sei, dass der Abgabenpflichtige ansonsten zur Erhebung eines Rechtsmittels gezwungen sei, um zu verhindern, dass die überschießende Beauskunftung in Rechtskraft erwächst. 
  • Zu den Rechtsfragen im Zusammenhang mit Umgründungen: Gemäß § 118 Abs 2 Z 1 BAO können Rechtsfragen im Zusammenhang mit Umgründungen Gegenstand eines Auskunftsbescheides sein. Dazu führte das BFG aus, dass sich Rechtsfragen zu Umgründungen auf eine oder mehrere Abgaben richten können und keine Verpflichtung zu einer ertragsteuerliche Beurteilung vorliegt. Somit können sich die gestellten Rechtsfragen im Rahmen eines Auskunftsbescheides auch bloß auf die Grunderwerbsteuerpflicht erstrecken. Zudem ist es auch nicht notwendig, dass der angefragte Sachverhalt tatsächlich die Anwendungsvoraussetzungen eines Artikels des Umgründungssteuergesetzes (UmgrStG) erfüllt.
  • Erweiterung des Antrags im Beschwerdeverfahren: Wie bereits kurz dargestellt, führte die Antragstellerin in der Beschwerde gegen den Auskunftsbescheid aus, dass die geplante formwechselnde Umwandlung Ihres Erachtens zu keinen ertragsteuerlichen Folgen in Österreich führt. Im ursprünglichen Antrag zum Auskunftsbescheid wurde die ertragsteuerliche Würdigung durch die Abgabenbehörde nicht angefragt. Laut Ansicht des BFG kann ein Antrag auf Erlassung eines Auskunftsbescheides im Beschwerdeverfahren weder geändert noch erweitert werden. Daher erfolgte keine ertragsteuerliche Würdigung der geplanten Umwandlung durch das BFG.

Das BFG hat ausgesprochen, dass gegen das Erkenntnis eine Revision zulässig ist, da insbesondere zur Erweiterung des Antrags auf Erlassung eines Auskunftsbescheides im Beschwerdeverfahren noch keine höchstgerichtliche Judikatur vorliegt.

FAZIT

Der Auskunftsbescheid nach § 118 BAO bietet Abgabepflichtigen bereits im Vorab eine wertvolle Möglichkeit zur Klärung steuerlicher Konsequenzen im Zusammenhang mit noch nicht verwirklichten Sachverhalten. Dabei sind von der Antragstellerin konkret formulierte Rechtsfragen zum Sachverhalt zu stellen, die von der Abgabenbehörde rechtsverbindlich beauskunftet werden. Das vorliegende Erkenntnis des BFG stellt wiederholt klar, dass die bescheiderlassende Behörde an die konkreten Rechtsfragen der Antragstellerin gebunden ist und, dass eine darüber hinausgehende Beurteilung unzulässig ist. Zudem erkannte das BFG, dass der Umfang des Antrages im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens nicht erweitert werden kann.

Für weitere Fragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasser dieses Beitrags sowie auch die übrigen ExpertInnen der Service Line “MERGERS & ACQUISITIONS”​​​​​​​ gerne zur Verfügung!


Autoren

Beniaminov Efim

Gahleitner Lukas

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