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BFGjournal Einkommensteuer

Selbständige ärztliche Tätigkeit als Liebhaberei

Der Beschwerdeführer erzielte im Jahr 2011 einen Verlust in Höhe von ca 10.500 € aus einer selbständigen Arbeit als Arzt, die  unstrittig als eine solche gemäß § 1 Abs 1 LVO einzustufen war. Er war im Beschwerdejahr  72 Jahre alt und erkrankte in diesem Jahr. Aufgrund seiner Erkrankung konnten keine Umsätze erzielt und keine Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragslage vorgenommen werden. Laut Aktenlage gibt es keine Indizien dafür, dass sich gerade im Beschwerdejahr herausgestellt hätte, dass die Tätigkeit nicht erfolgbringend sein könne.

Normen: LVO: § 1 Abs 1; § 2 Abs 1

Für Tätigkeiten gemäß § 1 Abs. 1 LVO ist die für die Qualifizierung als Einkunftsquelle maßgebliche Absicht, einen Gesamtgewinn zu erzielen, zunächst zu vermuten.

Nach Ablauf des Anlaufzeitraumes gemäß § 2 Abs 2 LVO kann diese Vermutung an Hand der in § 2 Abs 1 LVO genannten objektiven Kriterien, welche die Beurteilung der subjektiven Gewinnabsicht ermöglichen, widerlegt werden. Dabei kommt dem Kriterium der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen besondere Bedeutung zu (VwGH 22. 3. 2006, 2002/13/0158).

Allein das Auftreten von Verlusten lässt nicht auf fehlende Einkunftsquelle schließen

Stellt sich bei einer Tätigkeit objektiv nach mehreren Jahren heraus, dass sie niemals erfolgbringend sein kann, kann sie dennoch bis zu diesem Zeitpunkt als Einkunftsquelle anzusehen sein. Erst wenn die Tätigkeit dann nicht eingestellt wird, ist sie für Zeiträume ab diesem Zeitpunkt als Liebhaberei zu qualifizieren (VwGH 7. 10. 2003, 99/15/0209).

Allein das Auftreten von Verlusten ist keine Grundlage für die Feststellung, dass keine Einkunftsquelle vorliegt. Die LVO stellt das subjektive Ertragsstreben in den Mittelpunkt der Betrachtung, wobei die Absicht, einen Gewinn zu erzielen, erst dann zu einer steuerlich erheblichen Tatsache wird, wenn der innere Vorgang (Willensentschluss) durch seine Manifestation in die Außenwelt tritt. Die Absicht, positive Ergebnisse erzielen zu wollen, ist daher anhand objektiver, für Dritte nachvollziehbarer Kriterien (insbesondere der in § 2 Abs. 1 LVO angeführten) zu beurteilen.

Die Kriterienprüfung laut LVO ist als demonstrative Aufzählung zu verstehen und folglich im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen. Im Rahmen einer Kriterienprüfung gemäß § 2 Abs 1 LVO ist das Schwergewicht auf die bis zum jeweiligen Veranlagungsjahr eingetretene Entwicklung und nicht auf nachfolgende Jahre zu legen. Dem Alter oder dem Gesundheitszustand des Abgabepflichtigen kommt dabei keinerlei Bedeutung zu (VwGH 22. 3. 2006, 2002/13/0158). Zunächst ist dabei jedes Kriterium für sich zu prüfen, um anschließend eine Beurteilung nach dem Gesamtbild mit unterschiedlicher Gewichtung der einzelnen Kriterien vorzunehmen.

Ergreifen von strukturverbessernden Maßnahmen war nicht möglich

Das Ergreifen von strukturverbessernden Maßnahmen war dem Beschwerdeführer aus eigenen Angaben aufgrund seiner Krankheit und seines Alters nicht möglich. Aus der Aktenlage ist nicht ersichtlich, dass solche strukturverbessernden Maßnahmen notwendig oder möglich gewesen wären. Hängt eine Tätigkeit vom persönlichen Einsatz einer Person ab und ist dieser Einsatz aus den genannten Gründen vorübergehend oder dauerhaft nicht leistbar, ist dem Kriterium der strukturverbessernden Maßnahmen keine besondere Bedeutung beizumessen.

Das Gesamtbild der Kriterienprüfung ergibt, dass im beschwerdegegenständlichen Jahr aufgrund einer Erkrankung des Beschwerdeführers keine Einnahmen erzielt werden konnten.

Unvorhersehbare Ereignisse in Form von Verlusten bzw entgangenen Einnahmen (Unwägbarkeiten oder anormale wirtschaftliche Verhältnisse) stellen idR die objektive Ertragseignung für sich alleine gesehen noch nicht in Frage. Unwägbarkeiten sind das Ergebnis negativ beeinflussende Ereignisse, die nicht dem üblichen Wirtschaftsverlauf entsprechen und meist keinen Kausalzusammenhang zu einem gewollten Verhalten des Steuerpflichtigen aufweisen. Sie führen erst dann zu Liebhaberei, wenn eine Betätigung auch unter üblichen wirtschaftlichen Verhältnissen ertragsunfähig wäre.

Zwar kann eine Verbesserungsmaßnahme auch das Einstellen der Tätigkeit sein, vor allem bei Aussichtslosigkeit, in absehbarer Zeit Überschüsse zu erzielen. Wie lange die Fortsetzung einer an sich aussichtslosen Tätigkeit noch wirtschaftlich vernünftig ist, bestimmt sich nach der Lage des Einzelfalles (VwGH 23.2.2005, 2001/14/0024).

BFG: längere Verlustphase muss zugestanden werden

Unwägbarkeiten können nach jüngerer Judikatur des VwGH auch die private Lebensführung bzw. andere Betätigungen des Steuerpflichtigen bzw. naher Angehöriger betreffen.

Angeführt wird aaO sowohl der Verlust der persönlichen Arbeitskraft (insbesondere dann, wenn persönliche Fähigkeiten des Steuerpflichtigen maßgeblicher Bestandteil der Betätigung sind wie zum Beispiel bei freien Berufen), als auch die Krankheit des Steuerpflichtigen.

Die negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit waren anzusetzen

Sowohl die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, als auch die Aktenlage lassen keinen Schluss darauf zu, aus welchen Gründen davon ausgegangen werden könnte, dass sich die Erfolgslosigkeit gerade ab dem Beschwerdejahr herausgestellt hat (VwGH 16.5.2007, 2002/14/0083).

Auch die Begründungen des Finanzamtes lassen nicht darauf schließen, dass der Beschwerdeführer seine Tätigkeit bereits im Jahr 2011 einstellen hätte müssen.

Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass eine längere Verlustphase zugestanden werden muss.

Die Kriterienprüfung – soweit ohne Angaben des Beschwerdeführers möglich – hat folglich im Sinne eines Gesamtbildes ergeben, dass die Vermutung des § 1 Abs. 1 LVO nicht widerlegt werden kann und der Beschwerde stattzugeben war.

Die negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 10.578,66 € waren daher anzusetzen.

 

 

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