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BFG: Aktuelle verfahrensrechtliche Entscheidungen

Das Bundesfinanzgericht in Wien. (Bild: © Linde Verlag) Das Bundesfinanzgericht in Wien. (Bild: © Linde Verlag)

Eine Außenprüfung bei einer gelöschten Kommanditgesellschaft ist kein rechtwidriger Akt abgabenbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

Prüfungshandlungen der Abgabenbehörde bei einer gelöschten Personengesellschaft des Unternehmensrechtes stellen keine rechtswidrigen Akte abgabenbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar. Die Rechte und Pflichten einer gelöschten Kommanditgesellschaft gehen auf die letzten Gesellschafter über. Diese haben bei der Prüfung mitzuwirken und auch die von der Abgabenbehörde verlangten Bücher und Aufzeichnungen vorzulegen.

Entscheidung: BFG 19. 3. 2019, RM/2100007/2019, Revision nicht zugelassen.

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Keine Wiederaufnahme über Antrag bei nachträglicher Vorlage der versäumten Erklärungen

Werden die Abgaben mangels rechtzeitiger Einreichung von Abgabenerklärungen gemäß § 184 BAO geschätzt, führt ein Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs 2 lit b BAO unter gleichzeitiger Nachreichung der fehlenden Abgabenerklärungen nicht zum Erfolg.
Nach der mittlerweile einschlägigen Judikatur des VwGH ist der Wissenstand aus der Sicht des Antragstellers für den Neuerungstatbestand des § 303 BAO maßgebend.

Mit dem Ablauf der Veranlagungsperiode hat der Abgabepflichtige üblicherweise aus seiner Sicht Kenntnis von den für die Erstellung der Abgabenerklärung erforderlichen Umständen.

Die verspätete Vorlage einer von der Schätzung abweichenden Abgabenerklärung ist kein „Hervorkommen neuer Tatsachen“, die Wiederaufnahme über Antrag ist folglich nicht zulässig.

Entscheidung: BFG 27. 3. 2019, RV/7100558/2019, Revision nicht zugelassen.

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Amtswegige Wiederaufnahme bei § 1 Abs 1 LVO-Betätigung

Laut VwGH 4. 3. 2009, 2008/15/0327, ist es das „Besteuerungs“verfahren (Abgabenverfahren), welches durch die Aufhebung des Wiederaufnahmsbescheides gemäß § 307 Abs 3 BAO in die Lage zurücktritt, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat. Wenn nur der Wiederaufnahmsbescheid und nicht der zugleich erlassene Sachbescheid angefochten wurde, jedoch Beschwerdevorentscheidungen zur Wiederaufnahme und zur Sachentscheidung ergingen, und gegen beide BVE Vorlageanträge gestellt wurden, und wenn weiters der angefochtene Wiederaufnahmsbescheid durch Erkenntnis aufgehoben wird, so tritt das zugehörige Abgabenverfahren in die Lage vor der Wiederaufnahme zurück. Die BVE betreffend den vermeintlich angefochtenen Sachbescheid gehört zum Abgabenverfahren und scheidet mit dem Zurücktreten des Abgabenverfahrens in die Lage vor der Wiederaufnahme aus dem Rechtsbestand. Der Vorlageantrag gegen die BVE zur Sachentscheidung wird dadurch unzulässig und ist zurückzuweisen.
Entscheidung: BFG 9. 4. 2019, RV/7102296/2015, Revision nicht zugelassen.

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Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung – Ermessensübung

Die Höhe allfälliger Abgabennachforderungen stellt kein Kriterium dar, das im Zuge des bei der Festsetzung einer Zwangsstrafe auszuübenden Ermessens zu berücksichtigen ist, da diese erst auf Grundlage der Abgabenerklärung, deren Vorlage durch diese Maßnahme erzwungen werden soll, ermittelt werden kann.

Entscheidung: BFG 15. 4. 2019, RV/7103113/2018, Revision nicht zugelassen.

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Neu entstandene Tatsachen und rechtliche Würdigungen sind keine geeigneten Wiederaufnahmsgründe

Ein nach Erlassung des Bescheides, der das wiederaufzunehmende Verfahren abgeschlossen hat, neu geschaffener Lohnzettel ist als solcher nicht neu hervorgekommen iSd § 303 BAO und deshalb kein geeigneter Wiederaufnahmsgrund.

Die Einstufung des Auftraggebers des Steuerpflichtigen als Arbeitgeber (§ 47 EStG) und die Einstufung der aus der Tätigkeit des Steuerpflichtigen für den Auftraggeber stammenden Beträge als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG) sind das Ergebnis einer rechtlichen Würdigung und keine Tatsachen iSd § 303 BAO.

Entscheidung: BFG 16. 4. 2019, RV/7101946/2019, Revision nicht zugelassen.

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Unzulässigkeit des Nachschiebens der Begründung mittels zweiter Wiederaufnahme

Im Fall der Wiederaufnahme des Verfahrens aufgrund neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel hat der Wiederaufnahmebescheid zwingend und unmissverständlich begründend darzulegen, welche Tatsachen oder Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sind. Ein nicht entsprechend begründeter Wiederaufnahmebescheid ist nicht sanierbar (etwa im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung).

Auch die Verfügung einer weiteren (zweiten) Wiederaufnahme, mit der die Wiederaufnahmegründe „nachgeschoben“ werden, umgeht die strengen Anforderungen an die Wiederaufnahme bzw das Rechtsschutzverständnis der Wiederaufnahmeregelungen und erweist sich daher als rechtswidrig.

Entscheidung: BFG 7. 5. 2019, RV/7101420/2019, Revision nicht zugelassen.

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Aussetzung der Einhebung: Verfügung des Ablaufs der Aussetzung der Einhebung vor Beschwerdevorentscheidung über die strittige Abgabe unzulässig

Sind zu den Umsatzsteuern noch keine Beschwerdevorentscheidungen ergangen, ist die Verfügung des Ablaufs der Aussetzung der Einhebung unzulässig.

Entscheidung: BFG 14. 5. 2019, RV/2100580/2019, Revision nicht zugelassen.

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Erfolgsaussichten einer wegen verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken eingebrachten Beschwerde

Schon aus Art 140 Abs 7 B-VG ergibt sich, dass selbst verfassungswidrige Normen – abgesehen vom Anlassfall im Falle einer Gesetzesaufhebung – jedenfalls anzuwenden sind. Wird in einem Beschwerdeverfahren lediglich die Verfassungswidrigkeit von Normen des Glückspielgesetzes, nicht jedoch eine Rechtsverletzung aufgrund der Anwendung dieses Gesetzes geltend gemacht, ist die Beschwerde schon aus diesem Grund als wenig erfolgversprechend anzusehen. Zwar besteht theoretisch die Möglichkeit, dass ein Verwaltungsgericht nach Art 135 Abs 4 B-VG aufgrund der durch die Bf im gegenständlichen Fall vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken iSd Art 89 Abs 2 B-VG beim VfGH ein Normenprüfungsverfahren anregt, doch ist dies eher unwahrscheinlich, zumal schon im Zeitpunkt der Abweisung des Aussetzungsantrages eine Judikaturlinie des VfGH erkennbar war und nunmehr die Frage der Verfassungskonformität und Unionsrechtskonformität der in Rede stehenden Besteuerung im Wesentlichen ausjudiziert ist.

Entscheidung: BFG 31. 5. 2019, RV/5100257/2014, Revision nicht zugelassen.

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