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VIDEO: Lieferungen im Binnenmarkt – Christine Weinzierl

Gelangt ein Gegenstand bei der Lieferung aus dem Inland ins Drittlandsgebiet, spricht das Umsatzsteuerrecht von Ausfuhrlieferungen oder Exportlieferungen, gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet ins Inland, von Einfuhrlieferungen oder Importlieferungen. Demgegenüber werden „Ausfuhrlieferung“ im Binnenmarkt als innergemeinschaftliche Lieferungen und „Einfuhrlieferungen“ im Binnenmarkt als innergemeinschaftliche Erwerbe bezeichnet.

Innergemeinschaftliche Lieferungen sind Lieferungen, bei denen der Gegenstand vom Inland ins das übrige Gemeinschaftsgebiet, dh in einen anderen EU Mitgliedstaat, gelangt. Sie sind steuerfrei (Art 7), wenn

  • der Gegenstand der Lieferung vom Unternehmer oder vom Abnehmer von Österreich in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wird
  • der Abnehmer ein Unternehmer, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat, oder eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erworben hat, ist
  • der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer im anderen Mitgliedstaat steuerbar ist
  • der Erwerber dem Unternehmer die in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt hat
  • der Unternehmer der Verpflichtung zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung nach Art 21 Abs 3 nachgekommen ist oder sein Versäumnis zur Zufriedenheit der zuständigen Behörden ordnungsgemäß begründet hat

Diese Voraussetzungen gelten als materiellrechtliche Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung. Fehlt nur eine der Voraussetzungen (zB wurde die Lieferung nicht unter einer ausländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in der Zusammenfassenden Meldung gemeldet, ist die innergemeinschaftliche Lieferung steuerpflichtig. Ein Vorsteuerabzug steht dem Erwerber für diese Umsatzsteuer nicht zu.

Insbesondere ist bei innergemeinschaftlichen Lieferungen die Beförderung- oder Versendung in einen anderen Mitgliedstaat nachzuweisen. Wie der Beförderungs- oder Versendungsnachweis zu führen ist, regelt VO BGBl 401/1996. Alternativ kann der Beförderungs- oder Versendungsnachweis ab 2020 nach Art 45a DVO (EU) 282/2011 geführt werden, der zwei widerlegbare Vermutungen dafür enthält, dass die Gegenstände von einem Mitgliedstaat in einen anderen befördert oder versendet wurden.

Dass der Abnehmer ein Erwerber ist und der Erwerb beim Abnehmer im anderen Mitgliedstaat steuerbar ist, gibt der Abnehmer in der Regel durch Vorlage seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bekannt. Das Fehlen einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer allein oder die Angabe einer österreichischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer führt aber grundsätzlich noch nicht dazu, dass keine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt. Allerdings ist diese innergemeinschaftliche Lieferung ab 2020 nicht mehr von der Umsatzsteuer befreit. Teilt der Erwerber dem Lieferer eine von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nachträglich mit, ist eine Rechnungsberichtigung möglich. Dafür muss der Erwerber dem Lieferer nachweisen, dass er im Zeitpunkt des Erwerbes Unternehmer war und als solcher gehandelt hat. Weiters dürfen keine Hinweise auf Betrug oder Missbrauch vorliegen. Ob der Erwerber die Erwerbsbesteuerung tatsächlich durchführt, muss der Lieferer nicht nachweisen. Die vom Erwerber bekanntgegebene UID muss für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht die UID des Bestimmungsmitgliedstaates sein.

Der Lieferer sollte die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers überprüfen. Die Überprüfung ist keine Voraussetzung für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen. Handelt der Lieferer allerdings nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, genießt der Lieferer keinen Vertrauensschutz (Art 7 Abs 4).

Der Lieferer erklärt die innergemeinschaftliche Lieferung in der Umsatzsteuervoranmeldung unter Kz 000 und Kz 017 und stellt eine Rechnung mit den Umsatzsteuer-Identifikationsnummern des Lieferers und des Erwerbers, ohne Ausweis von Umsatzsteuer und mit dem Hinweis auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung aus. Außerdem meldet der Lieferer die innergemeinschaftliche Lieferung unter der ausländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers in der Zusammenfassenden Meldung.

Beispiel:

Ö liefert Gegenstände an D, und D lässt die Gegenstände in Österreich abholen und zu D nach Deutschland versenden. D gibt seine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bekannt.

Die Lieferung von Ö ist dort ausgeführt, wo die Versendung beginnt, ie in Österreich. Die Lieferung ist steuerbar, aber da der Gegenstand der Lieferung durch D vom Inland ins übrige Gemeinschaftsgebiet versendet wird, steuerfrei, wenn D seine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bekanntgibt und Ö diese Lieferung unter deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in seiner Zusammenfassenden Meldung erklärt.

Beim innergemeinschaftlichen Erwerb gelangt der Gegenstand bei einer Lieferung vom übrigen Gemeinschaftsgebiet ins Inland (Art 1), wenn

  • der Erwerber
  • ein Unternehmer, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt, oder
  • eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt, ist, und
  • die Lieferung an den Erwerber
  • durch einen Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen eines Unternehmens ausgeführt wird und
  • nicht nach der Kleinunternehmerregelung im Ursprungsmitgliedstaat steuerfrei ist.

Ob der Abnehmer den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt, gibt der Abnehmer mit seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bekannt. Damit kann der Lieferer die Lieferung des Gegenstandes im Ursprungsmitgliedstaat als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandeln.

Kein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt vor, wenn der Erwerber ein Schwellenerwerber (Art 1 Abs 4) ist, der auch nicht auf die Anwendung der Erwerbschwelle von EUR 11.000 verzichtet.

Als Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs gilt (Art 3 Abs 8)

  • der Mitgliedstaat, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet
  • zusätzlich auch der Mitgliedstaat, der dem Erwerber die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt hat, wenn der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine andere als die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Bestimmungsmitgliedstaates verwendet (sog zusätzlicher oder kumulativer innergemeinschaftlicher Erwerb). Das gilt so lange, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat besteuert worden ist. Ein Vorsteuerabzug steht aus dem zusätzlichen innergemeinschaftlichen Erwerb nicht zu.

Der Erwerber kann – unter den allgemeinen Voraussetzungen – die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb als Vorsteuer abziehen (Art 12 Abs 1 Z 1). Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht gleichzeitig mit der Entstehung der Steuerschuld für den innergemeinschaftlichen Erwerb, sodass es bei Unternehmern, die voll zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, aus der Erwerbsteuer zu keiner Zahllast kommt. Das Vorliegen einer Rechnung ist für den Vorsteuerabzug nicht erforderlich. Es bestehen auch keine Regelungen über eine gesonderte Rechnung für innergemeinschaftliche Erwerbe.

Der innergemeinscwhaftliche Erwerb ist für jenen Voranmeldungszeitraum, in dem die Rechnung ausgestellt wurde, spätestens jedoch für den dem Erwerb folgenden Kalendermonat in der Umsatzsteuervoranmeldung unter Kz 070 zu erklären. In den Kz 072 (20 %), Kz 073 (10 %), Kz 008 (13 %) und Kz 088 (19 %) ist der Betrag an innergemeinschaftlichen Erwerben, der mit dem betreffenden Steuersatz zu versteuern ist, anzuführen. Der Vorsteuerabzug wird unter Kz 065 erklärt.

Beispiel:

D liefert Gegenstände an Ö und versendet sie aus Deutschland nach Österreich.

Da der Gegenstand bei der Lieferung von D an Ö von einem Mitgliedstaat in einen anderen gelangt, liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb des Ö vor. Der Erwerb des Ö ist dort ausgeführt, wo die Versendung endet, ie in Österreich. Der Erwerb ist in Österreich steuerbar und steuerpflichtig. Ö zieht sich unter den allgemeinen Voraussetzungen die Erwerbsteuer als Vorsteuer ab.

Der Linde Verlag ist tätig im Bereich Recht, Wirtschaft und Steuern. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Steuerrecht. Erfahren Sie hier mehr über die Verlagsgeschichte, die Programmstruktur und die Kooperationspartner des Hauses.