Welcher Verfahrensarten sich ein öffentlicher Auftraggeber bei Beschaffungsvorgängen bedienen darf, ist grundsätzlich abschließend im Bundesvergabegesetz (BVergG) festgelegt (Ausnahme: Dienstleistungskonzessionsverträge und Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen). Obgleich die einschlägigen europarechtlichen Bestimmungen lediglich für den Oberschwellenbereich gelten, hat Österreich den insoweit gegebenen Regelungsspielraum genützt und verfahrensrechtliche Regelungen auch für den Unterschwellenbereich geschaffen.
Stand: Q2/2011
Der Wahl des Vergabeverfahrens kommt entscheidende Bedeutung im Rahmen eines Vergabeprozesses zu. Sie bildet die primäre Voraussetzung für einen rechtmäßigen und geordneten Ablauf eines Beschaffungsvorganges. Nicht zuletzt auf Grund der durch die Schwellenwerteverordnung 2009 (idF BGBl II 455/2010) angehobenen Schwellenwerte kommt der Direktvergabe aber auch dem Verhandlungsverfahren nicht unerhebliche Bedeutung zu. In einem ersten Beitrag zu den Verfahrensarten wird daher vorweg auf diese beiden als Ausnahmeverfahren normierten Möglichkeiten im öffentlichen Beschaffungswesen eingegangen.
1. Allgemeines
Die Vergabe von Aufträgen über Leistungen hat gemäß § 25 Abs 1 BVergG grundsätzlich im Wege eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens, eines Verhandlungsverfahrens, einer Rahmenvereinbarung, eines dynamischen Beschaffungssystems, eines wettbewerblichen Dialoges oder einer Direktvergabe zu erfolgen.
Öffentliche Auftraggeber können im Ober- und Unterschwellenbereich immer frei zwischen dem offenen Verfahren und dem nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung wählen. Sowohl das Verhandlungsverfahren als auch die Direktvergabe ist hingegen nur bei Vorliegen bestimmter im BVergG abschließend geregelter Ausnahmefälle zulässig. Dementsprechend sind nach ständiger Rechtssprechung des EuGH jene die Wahl dieser Ausnahmeverfahren ermöglichenden Bestimmungen restriktiv auszulegen.
2. Direktvergabe
Mit der durch das BVergG 2002 geschaffenen Verfahrensart der „Direktvergabe“ wurde das Problem der Vergabe von Bagatellaufträgen, d.h. jene Aufträge, deren geringes Auftragsvolumen ein aufwendiges Vergabeverfahren nicht rechtfertigt, gelöst. Bei der Direktvergabe wird eine Leistung formfrei unmittelbar von einem ausgewählten Unternehmer gegen Entgelt bezogen (§ 25 Abs. 10 BVergG). Der Vertragsabschluss kommt entsprechend den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln zustande.
Die Direktvergabe ist bei allen Arten von Aufträgen grundsätzlich lediglich bei einem Auftragswert unter EUR 40.000,00 (exkl USt) zulässig, wobei auf Grund der Schwellenwerteverordnung 2009 (BGBl II 125/2009 idF BGBl II 455/2010) für bis 31. Dezember 2011 eingeleitete Vergabeverfahren eine Direktvergabe zulässig ist, wenn der geschätzte Auftragswert EUR 100.000,00 (exkl USt) nicht erreicht. In diesem Zusammenahng ist zu beachten, dass bei der Berechnung des Schwellenwertes nicht der Zweck verfolgt werden darf, die Anwendung der Vorschriften des BVergG zu umgehen, was insbesondere bei zusammengehörigen oder gleichartigen Aufträgen zu beachten ist (Verbot des Auftragssplittens). Da die Ermittlung des Auftragswertes von den Vergabekontrollbehörden für die Zulässigkeit der Verfahrenswahl vertieft geprüft wird, ist öffentlichen Auftraggebern jedenfalls anzuraten, den sachkundig geschätzten Auftragswert entsprechend zu dokumentieren.
Darüber hinaus ist die Direktvergabe im gesamten Unterschwellenbereich ohne Betragsbegrenzung zulässig, wenn es sich um ein aus Gemeinschaftsmitteln kofinanziertes Projekt handelt, sofern eine Einladung zur Vorlage von Projekten oder Projektideen im Wege einer öffentlichen Interessenssuche erfolgte, oder transnationale Lenkungsgremien eingerichtet wurden bzw. mehrere Mitgliedsstaaten an der Verwirklichung des Projektes beteiligt sind, oder diese Projekte von der Kommission nach Durchführung eines Auswahlverfahrens akzeptiert wurden. Im Falle einer derartigen Direktvergabe ist in die Vergabedokumentation ein kurzer Hinweis auf das gegebenenfalls bereits stattgefundene Verfahren aufzunehmen.
Entsprechend der gesetzlichen Diktion ist das Verfahren völlig „formfrei“, sodass die Vergabe auch bloß mündlich erfolgen kann; einer Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung bedarf es ebenso wenig wie eines Auftragsschreibens, Bestellscheins oder Schlussbriefes. So bedarf es nicht einmal eines formalisierten Vergabevermerkes, sondern ist lediglich der Gegenstand und Wert des Auftrages sowie der Name des Auftragnehmers festzuhalten, sofern der Dokumentationsaufwand wirtschaftlich vertretbar ist. Die bei der Durchführung einer Direktvergabe gegebenenfalls eingeholten unverbindlichen Preisauskünfte sind aber entsprechend zu dokumentieren.
Auch bei der Direktvergabe darf die Leistung nur von einem befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmer bezogen werden. Die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit muss spätestens zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegen. An Unternehmer, gegen die ein Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren, ein gerichtliches Ausgleichsverfahren, ein Vergleichsverfahren oder ein Zwangsausgleich eingeleitet wurde oder die sich in Liquidation befinden oder ihre gewerbliche Tätigkeit einstellen, können jedoch Aufträge im Wege der Direktvergabe gem. § 41 Abs 2 Z 1 BVergG vergeben werden, wenn ihre Leistungsfähigkeit dazu hinreicht.
Der Unterschied zwischen einer Direktvergabe und einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung besteht darin, dass bei letzterem der Auftraggeber zwingend verbindliche Angebote im Rahmen eines formalisierten Verfahrens einzuholen hat (Heid in Heid/Preslmayr Handbuch Vergaberecht³ Rz 339). So können bei der Direktvergabe Verhandlungen über den gesamten Auftragsinhalt mitunter gänzlich entfallen.
Der Vorteil der Direktvergabe liegt in der höchstmöglichen Flexibilität für den öffentlichen Auftraggeber. Gerade darin begründet sich aber eine mangelnde Transparenz des Verfahrens, worin sich auch die Nachteile für Bieter manifestieren. So ist der Auftraggeber nicht einmal an bestimmte Auswahl- oder Zuschlagskriterien gebunden. Dies führt letztlich auch dazu, dass Unternehmer, die im Wege der Direktvergabe nicht beauftragt wurden, im laufenden Verfahren lediglich die Entscheidung über die Wahl des Vergabeverfahrens gesondert anfechten können.
Dies ist bei Vergabekontrollverfahren vor dem Bundesvergabeamt (BVA) bis zur Zuschlagserteilung, längstens aber binnen 7 Tagen ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von der gesondert anfechtbaren Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können möglich. Nach Zuschlagserteilung ist das BVA für die Feststellung zuständig, ob ein Vergabeverfahren rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde.
Dahingehende Feststellungsanträge sind in der Regel binnen 6 Monaten ab dem auf die Zuschlagserteilung folgenden Tag einzubringen. Das BVA kann den abgeschlossenen Vertrag für absolut nichtig erklären, soweit Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertminderung rückstellbar sind, und wenn die festgestellte Vorgangsweise des Auftragsgebers aufgrund der vergaberechtlichen Bestimmungen offenkundig unzulässig war, oder eine Geldbuße in Höhe von bis zu 10 % der Auftragssumme über den Auftraggeber verhängen.
3. Verhandlungsverfahren
3.1. Allgemeines
Verhandlungsverfahren können einstufig (Aufforderung zur Angebotsabgabe ohne Auswahlverfahren, dh direkte Angebots- und Verhandlungsphase) oder zweistufig (erste Stufe: Bekanntmachung, Bewerberauswahl; zweite Stufe: Angebotsphase, Verhandlungsphase) durchgeführt werden. Ein Verhandlungsverfahren mit mehreren Bietern kann in verschiedenen aufeinander folgenden Phasen (mehrere Verhandlungsrunden) erfolgen.
Der Auftraggeber kann die Anzahl der Angebote anhand der bekanntgegebenen Zuschlagskriterien verringern. Der Auftraggeber hat jene Bieter, deren Angebote nicht weiter berücksichtigt werden, unverzüglich von dieser Entscheidung zu verständigen. Die vom Auftraggeber gewählte Vorgangsweise ist in der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder in den Ausschreibungsunterlagen bekannt zu geben.
In der Schlussphase eines Verhandlungsverfahrens mit mehreren Bietern müssen, sofern eine ausreichende Anzahl von geeigneten Bietern verbleibt, noch so viele Angebote vorliegen, dass ein echter Wettbewerb gewährleistet ist. Sofern auf Grund der Verringerung der Anzahl der Angebote nur ein geeigneter Bieter verbleibt, sind Verhandlungen mit nur einem Bieter in der Schlussphase des Verhandlungsverfahrens zulässig.
Der Auftraggeber hat, sofern nicht entsprechende Festlegungen bereits in den Ausschreibungsunterlagen erfolgt sind, dem bzw. den Verhandlungsverfahren teilnehmenden Bieter bzw. Bietern den Abschluss der Verhandlungen vorab bekannt zu geben. Dies kann dadurch geschehen, dass eine Verhandlungsrunde als letzte Verhandlungsrunde bekanntgegeben wird oder dass der oder die verbliebenen Bieter zu einer letztmaligen Abgabe eines Angebotes aufgefordert werden.
Bei der Durchführung von Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Oberschwellenbereich und bei der Durchführung von Verhandlungsverfahren im Unterschwellenbereich kann sich der Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen vorbehalten, dass er im Fall der Abgabe von vollständig ausgearbeiteten und vergleichbaren Angeboten Verhandlungen nur mit dem Bieter des bestgereihten Angebotes führt und er mit den übrigen Bietern Verhandlungen nur dann führt, wenn die Verhandlungen mit dem Bieter des bestgereihten Angebotes nicht erfolgreich abgeschlossen werden.
An den bekanntgegebenen Zuschlagskriterien darf, sofern in den Ausschreibungsunterlagen nichts Anderes festgelegt wurde, während des Verhandlungsverfahrens keine Änderung vorgenommen werden. Anzahl und Namen der zur Angebotsabgabe aufgeforderten Unternehmer sind bis zur Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung geheim zu halten.
3.2. Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung
Beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung werden, nachdem eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen aufgefordert wurde, ausgewählte Bewerber zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Danach kann über den gesamten Auftragsinhalt verhandelt werden; im Falle mehrerer Bieter muss über den gesamten Leistungsinhalt verhandelt werden, um das beste Angebot gemäß den bekanntgemachten Zuschlagskriterien zu ermitteln (vgl § 105 Abs 1 BVergG).
3.2.1. Zur Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung
Ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger öffentlicher Bekanntmachung ist gleichermaßen bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen zulässig, wenn
- im Rahmen eines durchgeführten offenen oder nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung oder eines durchgeführten wettbewerblichen Dialogs keine ordnungsgemäßen Angebote oder nur Angebote angeboten worden sind, die nach den Vorschriften des BVergG unannehmbar sind und die ursprünglichen Bedingungen für den Auftrag nicht grundlegend geändert werden, oder
- es sich um Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen handelt, die ihrer Natur nach oder wegen der mit der Leistungserbringung verbundenen Risiken eine vorherige globale Preisgestaltung nicht zulassen.
Darüber hinaus ist im Unterschwellenbereich bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger öffentlicher Bekanntmachung immer zulässig.
Bei Bauaufträgen ist ein Verhandlungsverfahren nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung darüber hinaus zulässig, wenn
- es sich um Bauleistungen handelt, die ausschließlich zu Forschungs-, Versuchs- oder Entwicklungszwecken und nicht mit dem Ziel der Gewährleistung der Rentabilität oder der Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten durchgeführt werden, oder
- der geschätzte Auftragswert der betreffenden Bauleistung EUR 1,000.000,00 nicht erreicht.
Bei Dienstleistungsaufträgen ist ein Verhandlungsverfahren nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung außerdem zulässig, wenn die zu erbringenden Dienstleistungen, insbesondere geistige Dienstleistungen wie Bauplanungsdienstleistungen und Dienstleistungen der Kategorie 6 des Anhanges III (finanzielle Dienstleistungen wie Versicherungsleistungen sowie Bankleistungen und Wertpapiergeschäfte) dergestalt sind, dass vertragliche Spezifikationen nicht hinreichend genau festgelegt werden können, dass der Auftrag durch die Wahl des besten Angebotes im offenen oder nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung vergeben werden kann.
3.2.2. Bekanntmachung, Bewerberauswahl und Angebotsphase
Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung sind in den einschlägigen (durch Gesetz und Verordnungen festgelegten) Publikationsmedien bekannt zu machen. Anträge auf Teilnahme können brieflich oder elektronisch gestellt werden. Interessenbekundungen auf Teilnahme können auch telefonisch oder mittels Telefax übermittelt werden. Benötigt der Unternehmer Subunternehmer, um die erforderliche Leistungsfähigkeit oder Befugnis nachzuweisen, so hat er die in Frage kommenden Subunternehmer bereits mit dem Teilnahmeantrag bekannt zu geben. Unternehmern, die auf Grund der Bekanntmachung rechtzeitig Teilnahmeanträge gestellt haben und die als befugt, leistungsfähig und zuverlässig anzusehen sind, ist unter Bedachtnahme auf nachfolgende Bestimmungen Gelegenheit zur Beteiligung am Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zu geben.
Der Auftraggeber darf vom Inhalt der Teilnahmeanträge erst nach Ablauf der Frist für deren Einreichung Kenntnis erhalten. Über die Prüfung der Teilnahmeanträge ist eine Niederschrift zu verfassen, in welcher alle für die Beurteilung der Teilnahmeanträge wesentlichen Umstände festzuhalten sind. Der Bewerber kann in den seinen Teilnahmeantrag betreffenden Teil der Niederschrift Einsicht nehmen. Bei der Gestaltung der Niederschrift ist darauf Bedacht zu nehmen.
Die Anzahl der aufzufordernden Unternehmer ist entsprechend der Leistung festzulegen, darf aber bei Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung bei Existenz einer hinreichenden Anzahl von befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmern nicht unter drei liegen. Die festgelegte Anzahl muss einen echten Wettbewerb gewährleisten und ist in der Bekanntmachung anzugeben. Die objektiven und nicht diskriminierenden Auswahlkriterien haben den besonderen Erfordernissen der zur Ausführung gelangenden Leistung Rechnung zu tragen und sind in der Bekanntmachung bekannt zu geben.
Langen in der Folge mehr Teilnahmeanträge als die vom Auftraggeber festgelegte Anzahl von aufzufordernden Unternehmern ein, so hat der Auftraggeber unter den befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmern anhand der Auswahlkriterien die besten Bewerber auszuwählen. Die maßgeblichen Gründe für die Auswahl sind in nachvollziehbarer Form festzuhalten. Der Auftraggeber hat die nicht zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bewerber von dieser Entscheidung unverzüglich, jedenfalls aber eine Woche, bei der Durchführung eines beschleunigten Verfahrens drei Tage, nach Abschluss der Auswahl unter Bekanntgabe der Gründe für die Nicht-Zulassung zu verständigen. Die Gründe der Nicht-Zulassung sind nicht bekannt zu geben, sofern die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde.
Langen in der Folge weniger Teilnahmeanträge von befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmern als die vom Auftraggeber festgelegte Anzahl von aufzufordernden Unternehmern ein, so darf der Auftraggeber im Oberschwellenbereich keine zusätzlichen Unternehmer in das Vergabeverfahren einbeziehen. Im Unterschwellenbereich kann der Auftraggeber zusätzliche Unternehmer in das Vergabeverfahren einbeziehen.
Der Auftraggeber hat die ausgewählten Bewerber gleichzeitig schriftlich zur Angebotsabgabe aufzufordern. Der Aufforderung sind, sofern die Unterlagen nicht im Internet bereitgestellt werden, die Ausschreibungsunterlagen und allfällige zusätzliche Unterlagen beizufügen. Sie hat zumindest die folgenden Angaben zu enthalten:
- sofern die zusätzlichen Unterlagen nicht beim Auftraggeber verfügbar sind, die Anschrift bzw. elektronische Adresse der Stelle, bei der die zusätzlichen Unterlagen angefordert werden können; außerdem sind der Betrag und die Bedingungen für die Zahlung des Betrages anzugeben, der gegebenenfalls für die zusätzlichen Unterlagen zu entrichten ist;
- den Tag, bis zu dem die Angebote eingehen müssen, die Anschrift bzw. die elektronische Adresse der Stelle, bei der sie einzureichen sind, sowie die Sprache, in der sie abzufassen sind;
- einen Hinweis auf die veröffentlichte Bekanntmachung;
- die Angabe der Unterlagen, die gegebenenfalls beizufügen sind;
- gegebenenfalls, sofern die Unterlagen im Internet bereitgestellt werden, die Internet-Adresse (URL), unter der die Unterlagen im Internet verfügbar sind;
- die (im Verhältnis ihrer Bedeutung festgelegten oder gereihten) Zuschlagskriterien, falls sie nicht in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen enthalten sind, sowie
- alle weiteren besonderen Teilnahmebedingungen.
Sind die zusätzlichen Unterlagen im Sinne der Z 1 nicht beim Auftraggeber verfügbar, so hat die Stelle, bei der die zusätzlichen Unterlagen angefordert werden können, allen ausgewählten Bewerbern, die die Unterlagen rechtzeitig angefordert haben, diese unverzüglich nach Erhalt der Anforderung zu übermitteln.
Die Frist für die Stellung von Teilnahmeanträgen beginnt mit der Absendung der Bekanntmachung und hat im Oberschwellenbereich mindestens 37 Tage und im Unterschwellenbereich mindestens 14 Tage zu betragen.
Im Unterschwellenbereich kann die Frist zur Erstellung von Teilnahmeanträgen in besonders begründeten Fällen (insbesondere aus Gründen der Dringlichkeit) verkürzt werden. Im Oberschwellenbereich kann bei elektronischer Erstellung der Bekanntmachung und der Verwendung des einschlägigen Standardformulars die Frist für die Teilnahmeantragstellung um 7 Tage verkürzt werden. Im Falle besonderer Dringlichkeit kann im Oberschwellenbereich die Teilnahmeantragsfrist auf mindestens 15 Tage und bei Bekanntmachung mittels elektronischem Standardformular auf mindestens 10 Tage verkürzt werden.
3.3. Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung
Beim Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung wird eine beschränkte Anzahl von geeigneten Unternehmern zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Danach kann über den gesamten Auftragsinhalt verhandelt werden.
Mangels transparentem Auswahlverfahren ist diese Verfahrensart nur in eng formulierten Ausnahmetatbeständen zulässig, wobei nach der Rechtssprechung des EuGH der Auftraggeber die Beweislast für das Vorliegen der rechtfertigenden Umstände zu tragen hat. Nach den gesetzlichen Vorgaben hat die Aufforderung zur Angebotsabgabe aber jedenfalls nur an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu erfolgen. Die Auswahl der aufzufordernden Unternehmen hat in nicht diskriminierender Weise stattzufinden. Der Auftraggeber hat die aufzufordernden Unternehmer so häufig wie möglich zu wechseln. Nach Möglichkeit sind insbesondere kleine und mittlere Unternehmer am Vergabeverfahren zu beteiligen. Die Anzahl der aufzufordernden Unternehmer ist entsprechend der Leistung festzulegen. Sie darf bei Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung, sofern nicht die Leistung nur von einem bestimmten Unternehmer erbracht werden kann oder dringliche, zwingende Gründe vorliegen, bei Existenz einer hinreichenden Anzahl von befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmern nicht unter 3 liegen. Von den in Aussicht genommenen Unternehmern sind Angebote einzuholen.
3.3.1. Zur Zulässigkeit eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung
Ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung ist gleichermaßen bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen zulässig, wenn
- im Rahmen eines durchgeführten offenen oder nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung oder eines durchgeführten wettbewerblichen Dialoges keine ordnungsgemäßen Angebote oder nur Angebote abgegeben worden sind, die nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes unannehmbar sind, und die ursprünglichen Bedingungen für den Auftritt nicht grundlegend geändert werden und der Auftraggeber in das betreffende Verhandlungsverfahren nur jene befugten, zuverlässigen und leistungsfähigen Unternehmer einbezieht, deren Angebote nicht im Verlauf des vorangegangenen offenen oder nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung oder des vorangegangenen wettbewerblichen Dialoges gemäß § 129 Abs 1 Z 1 BVergG ausgeschieden wurden und die Angebote unterbreitet haben, die den Anforderungen der §§ 106 – 110 BVergG und der §§ 113 – 115 BVergG entsprochen haben; oder
- im Rahmen eines durchgeführten offenen oder nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung kein oder kein im Sinne des BVergG geeignetes Angebot abgegeben oder kein Teilnahmeantrag gestellt worden ist und die ursprünglichen Bedingungen für den Auftrag nicht grundlegend geändert werden und der Kommission (auf Wunsch) ein Bericht vorgelegt wird; oder
- der Auftrag aus technischen oder künstlerischen Gründen oder auf Grund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmer ausgeführt werden kann; oder
- dringliche, zwingende Gründe, die nicht dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sind, im Zusammenhang mit Ereignissen, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zu lassen, die im offenen, im nicht offenen oder in einem Verhandlungsverfahren (jeweils) nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung vorgeschriebenen Fristen einzuhalten.
Bei Bau- und Dienstleistungsaufträgen ist ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung überdies zulässig, wenn
- zusätzliche Bau- bzw. Dienstleistungen, die weder in dem der Vergabe zugrunde liegenden Entwurf noch im ursprünglichen Auftrag vorgesehen sind, die aber wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses zur Ausführung des darin beschriebenen Auftrages erforderlich sind, sofern der Auftrag an den Unternehmer vergeben wird, der den ersten Auftrag ausführt, der Gesamtwert der zusätzlichen Bauleistungen 50 vH des Wertes des ursprünglichen Bauauftrages nicht überschreitet, und entweder
- eine Trennung dieser zusätzlichen Bau- bzw. Dienstleistungen vom ursprünglichen Auftrag in technischer oder wirtschaftlicher Hinsicht nicht ohne wesentlichen Nachteil für den Auftraggeber möglich ist, oder
- eine Trennung vom ursprünglichen Auftrag zwar möglich wäre, die zusätzlichen Bau- bzw. Dienstleistungen aber für dessen Vollendung unbedingt erforderlich sind, oder
- neue Bauleistungen in der Wiederholung gleichartiger Bauleistungen bestehen, und
- der Auftrag von demselben Auftraggeber an den Auftragnehmer, der bereits den ursprünglichen Auftrag erhalten hat, vergeben wird,
- der ursprüngliche Auftrag im offenen oder nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung vergeben wurde,
- die Bauleistungen einem Grundentwurf entsprechen und dieser Entwurf Gegenstand des ursprünglichen Auftrages war,
- die Möglichkeit der Anwendung eines derartigen Verhandlungsverfahrens bereits in der ersten Ausschreibung vorgesehen war,
- die Vergabe binnen drei Jahren nach Abschluss des ursprünglichen Vertrages erfolgt und
- der für die Fortsetzung der Bauleistungen in Aussicht genommene Gesamtauftragswert bei der Berechnung des geschätzten Auftragswertes zugrunde gelegt wurde.
Bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen ist überdies ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung zulässig, wenn
- der geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer EUR 60.000,00 (gemäß § 1 Z 2 Schwellenwerteverordnung 2009 idgF bis 31.12.2011 sogar EUR 100.000,00) nicht erreicht; oder
- aufgrund einer besonders günstigen Gelegenheit, die sich für einen sehr kurzen Zeitraum ergeben hat, Waren oder Dienstleistungen von einem Unternehmer zu einem Preis beschafft werden können, der erheblich unter dem marktüblichen Preisen liegt.
Bei Bauaufträgen kann ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung zudem gewählt werden, wenn der geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer EUR 80.000,00 (gemäß § 1 Z 4 Schwellenwerteverordnung 2009 idgF bis 31.12.2011 sogar mit EUR 100.000,00 exkl USt) nicht erreicht.
Aufgrund des durch die SchwellenwerteVO 2009 idgF angehobenen Schwellenwertes für Direktvergaben auf ebenso EUR 100.000,00 wird dem Verhandlungsverfahren bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis zu diesem Auftragswert derzeit wohl wenig Bedeutung zu kommen.
Bei Lieferaufträgen ist ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung zudem zulässig, wenn
- der Lieferauftrag aus technischen oder künstlerischen Gründen oder auf Grund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmer ausgeführt werden kann, oder
- dringliche, zwingende Gründe, die nicht dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sind, im Zusammenhang mit Ereignissen, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung oder in einem gemäß Abs. 1 durchzuführenden Verhandlungsverfahren vorgeschriebenen Fristen einzuhalten, oder
- der Lieferauftrag ausschließlich zu Forschungs-, Versuchs-, Untersuchungs- oder Entwicklungszwecken vergeben wird, wobei der Lieferauftrag jedoch nicht einer Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit des Produktes oder der Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten dienen darf, oder
- für früher durchgeführte Lieferungen des ursprünglichen Unternehmers zusätzliche Lieferungen notwendig werden, die entweder zur teilweisen Erneuerung von gelieferten marktüblichen Waren oder Einrichtungen oder zur Erweiterung von Lieferungen oder bestehenden Einrichtungen bestimmt sind, und ein Wechsel des Auftragnehmers dazu führen würde, dass der Auftraggeber Waren mit unterschiedlichen technischen Merkmalen kaufen müsste und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung mit sich bringen würde; die Laufzeit dieser Aufträge sowie der Daueraufträge darf in der Regel drei Jahre nicht überschreiten, oder
- es sich um die Lieferung von Waren handelt, die an Börsen notiert und gekauft werden, oder
- es sich um die Lieferung von Waren handelt, die zu besonders günstigen Bedingungen von Unternehmern, die ihre Geschäftstätigkeit endgültig einstellen, oder von Verwaltern oder Liquidatoren im Rahmen eines Insolvenz-, Konkurs-, Vergleichs- oder Ausgleichsverfahrens oder eines in den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften der EWR-Vertragsparteien vorgesehenen gleichartigen Verfahrens erworben werden.
Bei Dienstleistungsaufträgen ist ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung zudem zulässig, wenn
- im Anschluss an einen Wettbewerb der Auftrag gemäß den einschlägigen Bestimmungen an den Gewinner oder an einen der Gewinner des Wettbewerbes vergeben werden muss. Im letzten Fall müssen alle Gewinner des Wettbewerbes zur Teilnahme an den Verhandlungen aufgefordert werden.
Auftraggeber können Aufträge über geistige Dienstleistungen in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit nur einem Unternehmer vergeben, sofern die Durchführung eines wirtschaftlichen Wettbewerbes auf Grund der Kosten des Beschaffungsvorganges für den Auftraggeber wirtschaftlich nicht vertretbar ist und der geschätzte Auftragswert 50 vH des jeweiligen EU-Schwellenwerts nicht erreicht. Nach der derzeit geltenden VO(EG) Nr. 1177/2009 vom 30.11.2009 können Auftraggeber bis zu einem Auftragswert von EUR 96.500,00 (exkl USt) und zentrale öffentliche Auftraggeber bis zu einem betreffenden Wert von EUR 62.500,00 (exkl USt) dieses Verfahren anwenden.
4. Schlussbemerkungen
Obige Ausführungen gelten grundsätzlich nur für den klassischen Bereich des BVergG, nicht aber für Sektorenauftraggeber (zB Versorger mit Gas, Wärme, Elektrizität, Wasser, etc, siehe §§ 167-172 BVergG), für welche die einschlägigen besonderen Bestimmungen des BVergG zu beachten sind.
Wie obige Ausführungen zeigen, kann es mitunter bereits äußerst schwierig zu beurteilen sein, ob eine Direktvergabe, insbesondere aber ein Verhandlungsverfahren mit oder ohne vorheriger Bekanntmachung zulässig ist.
Die Vorteile einer Direktvergabe für den öffentlichen Auftraggeber liegen auf der Hand: Das Verfahren kann gänzlich formfrei durchgeführt werden, bietet höchstmögliche Flexibilität und es bestehen keinerlei Vorgaben hinsichtlich des Ablaufs oder der Dauer. Für Unternehmen ist dabei wenig befriedigend, dass die Direktvergabe nicht transparent ist und der Auftraggeber nicht einmal an bestimmte Auswahlkriterien bzw. Zuschlagskriterien gebunden ist. Zudem bestehen bei der Direktvergabe auch nur sehr eingeschränkte Rechtsschutzmöglichkeiten für Unternehmer, zumal lediglich die Entscheidung der Wahl des Vergabeverfahrens angefochten werden kann.
Verhandlungsverfahren bieten sowohl Auftraggebern als auch Bietern eine relativ hohe Flexibilität, zumal über den gesamten Leistungsinhalt und damit auch über den Preis verhandelt werden kann. Verhandlungsverfahren sind aber mit einem deutlich höheren Administrativaufwand verbunden als offene oder nicht offene Verfahren und ist auch die Transparenz für beide Seiten erheblich eingeschränkt. Obgleich bei Verhandlungsverfahren keine gesetzlichen Vorgaben für die Angebotsfrist bestehen, ist davon auszugehen, dass ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung in der Regel länger dauert als ein offenes Verfahren, was einerseits in der Frist für die Stellung der Teilnahmeanträge und andererseits in der durchzuführenden Verhandlungsrunde (was die Einräumung einer angemessenen Frist zur Überarbeitung der Angebote impliziert) begründet ist. Dem gegenüber können Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung sicherlich rascher abgeführt werden als jene mit vorheriger Bekanntmachung.
Sowohl öffentlichen Auftraggebern als auch Bietern ist angeraten, bei der Durchführung oder Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren entsprechend fundierte rechtliche Berater beizuziehen, um das für die jeweilige Seite bestmögliche Ergebnis zu erzielen, nämlich rasche und damit kostengünstige sowie vergaberechtskonforme Beschaffungsvorgänge und Vertragsabschlüsse.
Lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben von der unternehmer.at Näheres zur Zulässigkeit und Durchführung der weiteren Arten von Vergabeverfahren.
Autor:
RA Dr. Michael Pichlmair, Gütlbauer Sieghartsleitner Pichlmair Rechtsanwälte, Wels
Welcher Verfahrensarten sich ein öffentlicher Auftraggeber bei Beschaffungsvorgängen bedienen darf, ist grundsätzlich abschließend im Bundesvergabegesetz (BVergG) festgelegt (Ausnahme: Dienstleistungskonzessionsverträge und Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen). Obgleich die einschlägigen europarechtlichen Bestimmungen lediglich für den Oberschwellenbereich gelten, hat Österreich den insoweit gegebenen Regelungsspielraum genützt und verfahrensrechtliche Regelungen auch für den Unterschwellenbereich geschaffen.
Stand: Q2/2011
Der Wahl des Vergabeverfahrens kommt entscheidende Bedeutung im Rahmen eines Vergabeprozesses zu. Sie bildet die primäre Voraussetzung für einen rechtmäßigen und geordneten Ablauf eines Beschaffungsvorganges. Nicht zuletzt auf Grund der durch die Schwellenwerteverordnung 2009 (idF BGBl II 455/2010) angehobenen Schwellenwerte kommt der Direktvergabe aber auch dem Verhandlungsverfahren nicht unerhebliche Bedeutung zu. In einem ersten Beitrag zu den Verfahrensarten wird daher vorweg auf diese beiden als Ausnahmeverfahren normierten Möglichkeiten im öffentlichen Beschaffungswesen eingegangen.
1. Allgemeines
Die Vergabe von Aufträgen über Leistungen hat gemäß § 25 Abs 1 BVergG grundsätzlich im Wege eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens, eines Verhandlungsverfahrens, einer Rahmenvereinbarung, eines dynamischen Beschaffungssystems, eines wettbewerblichen Dialoges oder einer Direktvergabe zu erfolgen.
Öffentliche Auftraggeber können im Ober- und Unterschwellenbereich immer frei zwischen dem offenen Verfahren und dem nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung wählen. Sowohl das Verhandlungsverfahren als auch die Direktvergabe ist hingegen nur bei Vorliegen bestimmter im BVergG abschließend geregelter Ausnahmefälle zulässig. Dementsprechend sind nach ständiger Rechtssprechung des EuGH jene die Wahl dieser Ausnahmeverfahren ermöglichenden Bestimmungen restriktiv auszulegen.
2. Direktvergabe
Mit der durch das BVergG 2002 geschaffenen Verfahrensart der „Direktvergabe“ wurde das Problem der Vergabe von Bagatellaufträgen, d.h. jene Aufträge, deren geringes Auftragsvolumen ein aufwendiges Vergabeverfahren nicht rechtfertigt, gelöst. Bei der Direktvergabe wird eine Leistung formfrei unmittelbar von einem ausgewählten Unternehmer gegen Entgelt bezogen (§ 25 Abs. 10 BVergG). Der Vertragsabschluss kommt entsprechend den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln zustande.
Die Direktvergabe ist bei allen Arten von Aufträgen grundsätzlich lediglich bei einem Auftragswert unter EUR 40.000,00 (exkl USt) zulässig, wobei auf Grund der Schwellenwerteverordnung 2009 (BGBl II 125/2009 idF BGBl II 455/2010) für bis 31. Dezember 2011 eingeleitete Vergabeverfahren eine Direktvergabe zulässig ist, wenn der geschätzte Auftragswert EUR 100.000,00 (exkl USt) nicht erreicht. In diesem Zusammenahng ist zu beachten, dass bei der Berechnung des Schwellenwertes nicht der Zweck verfolgt werden darf, die Anwendung der Vorschriften des BVergG zu umgehen, was insbesondere bei zusammengehörigen oder gleichartigen Aufträgen zu beachten ist (Verbot des Auftragssplittens). Da die Ermittlung des Auftragswertes von den Vergabekontrollbehörden für die Zulässigkeit der Verfahrenswahl vertieft geprüft wird, ist öffentlichen Auftraggebern jedenfalls anzuraten, den sachkundig geschätzten Auftragswert entsprechend zu dokumentieren.
Darüber hinaus ist die Direktvergabe im gesamten Unterschwellenbereich ohne Betragsbegrenzung zulässig, wenn es sich um ein aus Gemeinschaftsmitteln kofinanziertes Projekt handelt, sofern eine Einladung zur Vorlage von Projekten oder Projektideen im Wege einer öffentlichen Interessenssuche erfolgte, oder transnationale Lenkungsgremien eingerichtet wurden bzw. mehrere Mitgliedsstaaten an der Verwirklichung des Projektes beteiligt sind, oder diese Projekte von der Kommission nach Durchführung eines Auswahlverfahrens akzeptiert wurden. Im Falle einer derartigen Direktvergabe ist in die Vergabedokumentation ein kurzer Hinweis auf das gegebenenfalls bereits stattgefundene Verfahren aufzunehmen.
Entsprechend der gesetzlichen Diktion ist das Verfahren völlig „formfrei“, sodass die Vergabe auch bloß mündlich erfolgen kann; einer Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung bedarf es ebenso wenig wie eines Auftragsschreibens, Bestellscheins oder Schlussbriefes. So bedarf es nicht einmal eines formalisierten Vergabevermerkes, sondern ist lediglich der Gegenstand und Wert des Auftrages sowie der Name des Auftragnehmers festzuhalten, sofern der Dokumentationsaufwand wirtschaftlich vertretbar ist. Die bei der Durchführung einer Direktvergabe gegebenenfalls eingeholten unverbindlichen Preisauskünfte sind aber entsprechend zu dokumentieren.
Auch bei der Direktvergabe darf die Leistung nur von einem befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmer bezogen werden. Die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit muss spätestens zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegen. An Unternehmer, gegen die ein Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren, ein gerichtliches Ausgleichsverfahren, ein Vergleichsverfahren oder ein Zwangsausgleich eingeleitet wurde oder die sich in Liquidation befinden oder ihre gewerbliche Tätigkeit einstellen, können jedoch Aufträge im Wege der Direktvergabe gem. § 41 Abs 2 Z 1 BVergG vergeben werden, wenn ihre Leistungsfähigkeit dazu hinreicht.
Der Unterschied zwischen einer Direktvergabe und einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung besteht darin, dass bei letzterem der Auftraggeber zwingend verbindliche Angebote im Rahmen eines formalisierten Verfahrens einzuholen hat (Heid in Heid/Preslmayr Handbuch Vergaberecht³ Rz 339). So können bei der Direktvergabe Verhandlungen über den gesamten Auftragsinhalt mitunter gänzlich entfallen.
Der Vorteil der Direktvergabe liegt in der höchstmöglichen Flexibilität für den öffentlichen Auftraggeber. Gerade darin begründet sich aber eine mangelnde Transparenz des Verfahrens, worin sich auch die Nachteile für Bieter manifestieren. So ist der Auftraggeber nicht einmal an bestimmte Auswahl- oder Zuschlagskriterien gebunden. Dies führt letztlich auch dazu, dass Unternehmer, die im Wege der Direktvergabe nicht beauftragt wurden, im laufenden Verfahren lediglich die Entscheidung über die Wahl des Vergabeverfahrens gesondert anfechten können.
Dies ist bei Vergabekontrollverfahren vor dem Bundesvergabeamt (BVA) bis zur Zuschlagserteilung, längstens aber binnen 7 Tagen ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von der gesondert anfechtbaren Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können möglich. Nach Zuschlagserteilung ist das BVA für die Feststellung zuständig, ob ein Vergabeverfahren rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde.
Dahingehende Feststellungsanträge sind in der Regel binnen 6 Monaten ab dem auf die Zuschlagserteilung folgenden Tag einzubringen. Das BVA kann den abgeschlossenen Vertrag für absolut nichtig erklären, soweit Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertminderung rückstellbar sind, und wenn die festgestellte Vorgangsweise des Auftragsgebers aufgrund der vergaberechtlichen Bestimmungen offenkundig unzulässig war, oder eine Geldbuße in Höhe von bis zu 10 % der Auftragssumme über den Auftraggeber verhängen.
3. Verhandlungsverfahren
3.1. Allgemeines
Verhandlungsverfahren können einstufig (Aufforderung zur Angebotsabgabe ohne Auswahlverfahren, dh direkte Angebots- und Verhandlungsphase) oder zweistufig (erste Stufe: Bekanntmachung, Bewerberauswahl; zweite Stufe: Angebotsphase, Verhandlungsphase) durchgeführt werden. Ein Verhandlungsverfahren mit mehreren Bietern kann in verschiedenen aufeinander folgenden Phasen (mehrere Verhandlungsrunden) erfolgen.
Der Auftraggeber kann die Anzahl der Angebote anhand der bekanntgegebenen Zuschlagskriterien verringern. Der Auftraggeber hat jene Bieter, deren Angebote nicht weiter berücksichtigt werden, unverzüglich von dieser Entscheidung zu verständigen. Die vom Auftraggeber gewählte Vorgangsweise ist in der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder in den Ausschreibungsunterlagen bekannt zu geben.
In der Schlussphase eines Verhandlungsverfahrens mit mehreren Bietern müssen, sofern eine ausreichende Anzahl von geeigneten Bietern verbleibt, noch so viele Angebote vorliegen, dass ein echter Wettbewerb gewährleistet ist. Sofern auf Grund der Verringerung der Anzahl der Angebote nur ein geeigneter Bieter verbleibt, sind Verhandlungen mit nur einem Bieter in der Schlussphase des Verhandlungsverfahrens zulässig.
Der Auftraggeber hat, sofern nicht entsprechende Festlegungen bereits in den Ausschreibungsunterlagen erfolgt sind, dem bzw. den Verhandlungsverfahren teilnehmenden Bieter bzw. Bietern den Abschluss der Verhandlungen vorab bekannt zu geben. Dies kann dadurch geschehen, dass eine Verhandlungsrunde als letzte Verhandlungsrunde bekanntgegeben wird oder dass der oder die verbliebenen Bieter zu einer letztmaligen Abgabe eines Angebotes aufgefordert werden.
Bei der Durchführung von Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Oberschwellenbereich und bei der Durchführung von Verhandlungsverfahren im Unterschwellenbereich kann sich der Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen vorbehalten, dass er im Fall der Abgabe von vollständig ausgearbeiteten und vergleichbaren Angeboten Verhandlungen nur mit dem Bieter des bestgereihten Angebotes führt und er mit den übrigen Bietern Verhandlungen nur dann führt, wenn die Verhandlungen mit dem Bieter des bestgereihten Angebotes nicht erfolgreich abgeschlossen werden.
An den bekanntgegebenen Zuschlagskriterien darf, sofern in den Ausschreibungsunterlagen nichts Anderes festgelegt wurde, während des Verhandlungsverfahrens keine Änderung vorgenommen werden. Anzahl und Namen der zur Angebotsabgabe aufgeforderten Unternehmer sind bis zur Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung geheim zu halten.
3.2. Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung
Beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung werden, nachdem eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen aufgefordert wurde, ausgewählte Bewerber zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Danach kann über den gesamten Auftragsinhalt verhandelt werden; im Falle mehrerer Bieter muss über den gesamten Leistungsinhalt verhandelt werden, um das beste Angebot gemäß den bekanntgemachten Zuschlagskriterien zu ermitteln (vgl § 105 Abs 1 BVergG).
3.2.1. Zur Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung
Ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger öffentlicher Bekanntmachung ist gleichermaßen bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen zulässig, wenn
Darüber hinaus ist im Unterschwellenbereich bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger öffentlicher Bekanntmachung immer zulässig.
Bei Bauaufträgen ist ein Verhandlungsverfahren nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung darüber hinaus zulässig, wenn
Bei Dienstleistungsaufträgen ist ein Verhandlungsverfahren nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung außerdem zulässig, wenn die zu erbringenden Dienstleistungen, insbesondere geistige Dienstleistungen wie Bauplanungsdienstleistungen und Dienstleistungen der Kategorie 6 des Anhanges III (finanzielle Dienstleistungen wie Versicherungsleistungen sowie Bankleistungen und Wertpapiergeschäfte) dergestalt sind, dass vertragliche Spezifikationen nicht hinreichend genau festgelegt werden können, dass der Auftrag durch die Wahl des besten Angebotes im offenen oder nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung vergeben werden kann.
3.2.2. Bekanntmachung, Bewerberauswahl und Angebotsphase
Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung sind in den einschlägigen (durch Gesetz und Verordnungen festgelegten) Publikationsmedien bekannt zu machen. Anträge auf Teilnahme können brieflich oder elektronisch gestellt werden. Interessenbekundungen auf Teilnahme können auch telefonisch oder mittels Telefax übermittelt werden. Benötigt der Unternehmer Subunternehmer, um die erforderliche Leistungsfähigkeit oder Befugnis nachzuweisen, so hat er die in Frage kommenden Subunternehmer bereits mit dem Teilnahmeantrag bekannt zu geben. Unternehmern, die auf Grund der Bekanntmachung rechtzeitig Teilnahmeanträge gestellt haben und die als befugt, leistungsfähig und zuverlässig anzusehen sind, ist unter Bedachtnahme auf nachfolgende Bestimmungen Gelegenheit zur Beteiligung am Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zu geben.
Der Auftraggeber darf vom Inhalt der Teilnahmeanträge erst nach Ablauf der Frist für deren Einreichung Kenntnis erhalten. Über die Prüfung der Teilnahmeanträge ist eine Niederschrift zu verfassen, in welcher alle für die Beurteilung der Teilnahmeanträge wesentlichen Umstände festzuhalten sind. Der Bewerber kann in den seinen Teilnahmeantrag betreffenden Teil der Niederschrift Einsicht nehmen. Bei der Gestaltung der Niederschrift ist darauf Bedacht zu nehmen.
Die Anzahl der aufzufordernden Unternehmer ist entsprechend der Leistung festzulegen, darf aber bei Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung bei Existenz einer hinreichenden Anzahl von befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmern nicht unter drei liegen. Die festgelegte Anzahl muss einen echten Wettbewerb gewährleisten und ist in der Bekanntmachung anzugeben. Die objektiven und nicht diskriminierenden Auswahlkriterien haben den besonderen Erfordernissen der zur Ausführung gelangenden Leistung Rechnung zu tragen und sind in der Bekanntmachung bekannt zu geben.
Langen in der Folge mehr Teilnahmeanträge als die vom Auftraggeber festgelegte Anzahl von aufzufordernden Unternehmern ein, so hat der Auftraggeber unter den befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmern anhand der Auswahlkriterien die besten Bewerber auszuwählen. Die maßgeblichen Gründe für die Auswahl sind in nachvollziehbarer Form festzuhalten. Der Auftraggeber hat die nicht zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bewerber von dieser Entscheidung unverzüglich, jedenfalls aber eine Woche, bei der Durchführung eines beschleunigten Verfahrens drei Tage, nach Abschluss der Auswahl unter Bekanntgabe der Gründe für die Nicht-Zulassung zu verständigen. Die Gründe der Nicht-Zulassung sind nicht bekannt zu geben, sofern die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde.
Langen in der Folge weniger Teilnahmeanträge von befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmern als die vom Auftraggeber festgelegte Anzahl von aufzufordernden Unternehmern ein, so darf der Auftraggeber im Oberschwellenbereich keine zusätzlichen Unternehmer in das Vergabeverfahren einbeziehen. Im Unterschwellenbereich kann der Auftraggeber zusätzliche Unternehmer in das Vergabeverfahren einbeziehen.
Der Auftraggeber hat die ausgewählten Bewerber gleichzeitig schriftlich zur Angebotsabgabe aufzufordern. Der Aufforderung sind, sofern die Unterlagen nicht im Internet bereitgestellt werden, die Ausschreibungsunterlagen und allfällige zusätzliche Unterlagen beizufügen. Sie hat zumindest die folgenden Angaben zu enthalten:
Sind die zusätzlichen Unterlagen im Sinne der Z 1 nicht beim Auftraggeber verfügbar, so hat die Stelle, bei der die zusätzlichen Unterlagen angefordert werden können, allen ausgewählten Bewerbern, die die Unterlagen rechtzeitig angefordert haben, diese unverzüglich nach Erhalt der Anforderung zu übermitteln.
Die Frist für die Stellung von Teilnahmeanträgen beginnt mit der Absendung der Bekanntmachung und hat im Oberschwellenbereich mindestens 37 Tage und im Unterschwellenbereich mindestens 14 Tage zu betragen.
Im Unterschwellenbereich kann die Frist zur Erstellung von Teilnahmeanträgen in besonders begründeten Fällen (insbesondere aus Gründen der Dringlichkeit) verkürzt werden. Im Oberschwellenbereich kann bei elektronischer Erstellung der Bekanntmachung und der Verwendung des einschlägigen Standardformulars die Frist für die Teilnahmeantragstellung um 7 Tage verkürzt werden. Im Falle besonderer Dringlichkeit kann im Oberschwellenbereich die Teilnahmeantragsfrist auf mindestens 15 Tage und bei Bekanntmachung mittels elektronischem Standardformular auf mindestens 10 Tage verkürzt werden.
3.3. Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung
Beim Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung wird eine beschränkte Anzahl von geeigneten Unternehmern zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Danach kann über den gesamten Auftragsinhalt verhandelt werden.
Mangels transparentem Auswahlverfahren ist diese Verfahrensart nur in eng formulierten Ausnahmetatbeständen zulässig, wobei nach der Rechtssprechung des EuGH der Auftraggeber die Beweislast für das Vorliegen der rechtfertigenden Umstände zu tragen hat. Nach den gesetzlichen Vorgaben hat die Aufforderung zur Angebotsabgabe aber jedenfalls nur an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu erfolgen. Die Auswahl der aufzufordernden Unternehmen hat in nicht diskriminierender Weise stattzufinden. Der Auftraggeber hat die aufzufordernden Unternehmer so häufig wie möglich zu wechseln. Nach Möglichkeit sind insbesondere kleine und mittlere Unternehmer am Vergabeverfahren zu beteiligen. Die Anzahl der aufzufordernden Unternehmer ist entsprechend der Leistung festzulegen. Sie darf bei Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung, sofern nicht die Leistung nur von einem bestimmten Unternehmer erbracht werden kann oder dringliche, zwingende Gründe vorliegen, bei Existenz einer hinreichenden Anzahl von befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmern nicht unter 3 liegen. Von den in Aussicht genommenen Unternehmern sind Angebote einzuholen.
3.3.1. Zur Zulässigkeit eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung
Ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung ist gleichermaßen bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen zulässig, wenn
Bei Bau- und Dienstleistungsaufträgen ist ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung überdies zulässig, wenn
Bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen ist überdies ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung zulässig, wenn
Bei Bauaufträgen kann ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung zudem gewählt werden, wenn der geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer EUR 80.000,00 (gemäß § 1 Z 4 Schwellenwerteverordnung 2009 idgF bis 31.12.2011 sogar mit EUR 100.000,00 exkl USt) nicht erreicht.
Aufgrund des durch die SchwellenwerteVO 2009 idgF angehobenen Schwellenwertes für Direktvergaben auf ebenso EUR 100.000,00 wird dem Verhandlungsverfahren bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis zu diesem Auftragswert derzeit wohl wenig Bedeutung zu kommen.
Bei Lieferaufträgen ist ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung zudem zulässig, wenn
Bei Dienstleistungsaufträgen ist ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung zudem zulässig, wenn
Auftraggeber können Aufträge über geistige Dienstleistungen in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit nur einem Unternehmer vergeben, sofern die Durchführung eines wirtschaftlichen Wettbewerbes auf Grund der Kosten des Beschaffungsvorganges für den Auftraggeber wirtschaftlich nicht vertretbar ist und der geschätzte Auftragswert 50 vH des jeweiligen EU-Schwellenwerts nicht erreicht. Nach der derzeit geltenden VO(EG) Nr. 1177/2009 vom 30.11.2009 können Auftraggeber bis zu einem Auftragswert von EUR 96.500,00 (exkl USt) und zentrale öffentliche Auftraggeber bis zu einem betreffenden Wert von EUR 62.500,00 (exkl USt) dieses Verfahren anwenden.
4. Schlussbemerkungen
Obige Ausführungen gelten grundsätzlich nur für den klassischen Bereich des BVergG, nicht aber für Sektorenauftraggeber (zB Versorger mit Gas, Wärme, Elektrizität, Wasser, etc, siehe §§ 167-172 BVergG), für welche die einschlägigen besonderen Bestimmungen des BVergG zu beachten sind.
Wie obige Ausführungen zeigen, kann es mitunter bereits äußerst schwierig zu beurteilen sein, ob eine Direktvergabe, insbesondere aber ein Verhandlungsverfahren mit oder ohne vorheriger Bekanntmachung zulässig ist.
Die Vorteile einer Direktvergabe für den öffentlichen Auftraggeber liegen auf der Hand: Das Verfahren kann gänzlich formfrei durchgeführt werden, bietet höchstmögliche Flexibilität und es bestehen keinerlei Vorgaben hinsichtlich des Ablaufs oder der Dauer. Für Unternehmen ist dabei wenig befriedigend, dass die Direktvergabe nicht transparent ist und der Auftraggeber nicht einmal an bestimmte Auswahlkriterien bzw. Zuschlagskriterien gebunden ist. Zudem bestehen bei der Direktvergabe auch nur sehr eingeschränkte Rechtsschutzmöglichkeiten für Unternehmer, zumal lediglich die Entscheidung der Wahl des Vergabeverfahrens angefochten werden kann.
Verhandlungsverfahren bieten sowohl Auftraggebern als auch Bietern eine relativ hohe Flexibilität, zumal über den gesamten Leistungsinhalt und damit auch über den Preis verhandelt werden kann. Verhandlungsverfahren sind aber mit einem deutlich höheren Administrativaufwand verbunden als offene oder nicht offene Verfahren und ist auch die Transparenz für beide Seiten erheblich eingeschränkt. Obgleich bei Verhandlungsverfahren keine gesetzlichen Vorgaben für die Angebotsfrist bestehen, ist davon auszugehen, dass ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung in der Regel länger dauert als ein offenes Verfahren, was einerseits in der Frist für die Stellung der Teilnahmeanträge und andererseits in der durchzuführenden Verhandlungsrunde (was die Einräumung einer angemessenen Frist zur Überarbeitung der Angebote impliziert) begründet ist. Dem gegenüber können Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung sicherlich rascher abgeführt werden als jene mit vorheriger Bekanntmachung.
Sowohl öffentlichen Auftraggebern als auch Bietern ist angeraten, bei der Durchführung oder Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren entsprechend fundierte rechtliche Berater beizuziehen, um das für die jeweilige Seite bestmögliche Ergebnis zu erzielen, nämlich rasche und damit kostengünstige sowie vergaberechtskonforme Beschaffungsvorgänge und Vertragsabschlüsse.
Lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben von der unternehmer.at Näheres zur Zulässigkeit und Durchführung der weiteren Arten von Vergabeverfahren.
Autor:
RA Dr. Michael Pichlmair, Gütlbauer Sieghartsleitner Pichlmair Rechtsanwälte, Wels