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Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers II

(Bild: © iStock) (Bild: © iStock)

In der Ausgabe 04/2010 von derunternehmer.at wurde die Haftung des GmbH-Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft erörtert. In Fortsetzung dieser Ausführungen erhalten Sie nun einen kurzen Überblick über die Haftung des GmbH-Geschäftsführers gegenüber Dritten. Die Kenntnis der den Geschäftsführer treffenden Pflichten ist unumgänglich zur Vermeidung nicht unbeträchtlicher Haftungsfolgen.

Stand: Q3/2011

1. Haftung gegenüber einzelnen Gesellschaftern

1.1. Grundsätzlich können Gesellschafter Forderungen der Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer nicht selbst einklagen (sie können allenfalls ihre Gesellschaft auffordern, dies zu tun). Eine unmittelbare Haftung des GmbH-Geschäftsführers gegenüber den Gesellschaftern tritt sohin nur ausnahmsweise ein, und zwar dann wenn vom Geschäftsführer Vorschriften verletzt werden, die den unmittelbaren Schutz des Vermögens der Gesellschafter bezwecken (Schäden, die dem Gesellschafter nur mittelbar dadurch entstehen, dass die Gesellschaft geschädigt wird, kann der Gesellschafter sohin nicht direkt durchsetzen).


1.2. Eine solche ausnahmsweise Haftung gegenüber Gesellschaftern kann sich zum Beispiel aufgrund einer Pflichtverletzung des Geschäftsführers im Zusammenhang mit der Übermittlung von Gesellschafterbeschlüssen ergeben.

Gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG ist der Geschäftsführer verpflichtet, jedem Gesellschafter ohne Verzug nach Abhaltung der Generalversammlung oder nach einer auf schriftlichem Wege erfolgten Abstimmung eine Kopie der gefassten Beschlüsse mittels eingeschriebenen Briefes zuzusenden. Die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Pflicht ist für einen Gesellschafter insofern relevant, als er gemäß § 41 Abs. 4 GmbHG eine allfällige Klage auf Nichtigerklärung eines Gesellschafterbeschlusses binnen einem Monat vom Tag der Absendung der Kopie gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG erheben muss. Erleidet ein Gesellschafter aufgrund einer vom Geschäftsführer verschuldeten Mangelhaftigkeit der Übermittlung einen Schaden, der bei ordnungsgemäßer Übermittlung nicht eingetreten wäre, so haftet ihm der Geschäftsführer direkt für diesen Schaden.


1.3. Eine entsprechende direkte Haftung des Geschäftsführer gegenüber Gesellschaftern kann sich weiters etwa aufgrund der Verletzung der Rechungslegungspflicht (§ 22 Abs. 1 GmbHG), der Auskunftspflicht (§ 22 Abs. 2 GmbHG), der Pflicht keine Zahlungen entgegen § 82 GmbHG vorzunehmen (vgl. derunternehmer.at 04/2010, Seite 10) sowie des Rechtes der Gesellschafter auf Bucheinsicht (§ 22 Abs. 2 und § 93 Abs. 3 GmbhG) ergeben.

2. Haftung gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft

2.1. Gläubiger haben ihre Ansprüche gegenüber der Gesellschaft grundsätzlich natürlich gegen die Gesellschaft selbst durchzusetzen. Eine direkte Haftung des Geschäftsführers für Forderungen der Gläubiger kommt jedoch dann in Betracht, wenn der Geschäftsführer gesetzliche Bestimmungen verletzt, die gerade dem Schutz der Gläubiger dienen (Schutzgesetzverletzung).


2.2. Beispielsweise führt eine Verletzung von strafrechtlichen Bestimmungen des Gläubigerschutzes, etwa der Bestimmungen des § 158 StGB (Begünstigung eines Gläubigers) oder § 159 StGB (grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen), durch den Geschäftsführer zu dessen zivilrechtlicher Haftung gegenüber den geschädigten Gläubigern.

2.3. Weiters ist in diesem Zusammenhang die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Insolvenzantragstellung nach § 69 Abs. 2 Insolvenzordnung (IO) ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber 60 Tage nach Eintritt der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft, relevant (vgl. derunternehmer.at 04/2010, Seite 11). Bei nicht erfolgter oder schuldhaft verzögerter Insolvenzantragstellung haftet der Geschäftsführer nicht nur gegenüber der Gesellschaft, sondern auch den Gläubigern direkt für den Schaden aus der Insolvenzverschleppung.

Dieser Schaden besteht entweder im sog. „Quotenschaden“ (also jenem Nachteil, der darin liegt, dass das Insolvenzverfahren zu spät eingeleitet wurde und daher die Konkursquote für die betreffenden Gläubiger niedriger ausfällt) bzw. im sog. „Vertrauensschaden“ (also jenem Nachteil, der einem allfälligen „neuen“ Vertragspartner der Gesellschaft gar nicht entstanden wäre, wenn er aufgrund der rechtzeitigen Insolvenzantragstellung durch den Geschäftsführer von vornherein überhaupt kein Geschäft mit der Gesellschaft abgeschlossen hätte).

3. Haftung gegenüber Behörden

3.1. Den GmbH-Geschäftsführer trifft gemäß § 9 BAO (Bundesabgabenordnung) auch eine Ausfallhaftung für Steuerschulden der Gesellschaft. Danach haftet der Geschäftsführer neben der Gesellschaft (als eigentlich Abgabepflichtige) für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der dem Geschäftsführer auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Für diese Haftung genügt schon leichte Fahrlässigkeit. Auf die Unkenntnis der verletzten steuerrechtlichen Vorschriften kann sich der Geschäftsführer dabei nicht berufen.

Auch der Umstand, dass die der Gesellschaft zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel zur vollständigen Begleichung aller Verbindlichkeiten nicht ausgereicht haben, entschuldigt den Geschäftsführer nur dann, wenn er nachweisen kann, dass er die zur Verfügung stehenden Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (so auch der Steuerschulden) verwendet hat. Dies gilt insbesondere für die Einkommens- und Umsatzsteuer, nicht aber für die Lohnsteuer. Letzteres wird in der Praxis oft übersehen: Löhne dürfen nur insoweit ausbezahlt werden, als gleichzeitig die dafür anfallende Lohnsteuer in voller Höhe abgeführt wird. Reichen die finanziellen Mittel der Gesellschaft nicht aus, so muss der Geschäftsführer die Löhne entsprechend kürzen, die für die gekürzten Löhne anfallende Lohnsteuer aber in entsprechend voller Höhe einbehalten (vgl. § 78 Abs. 3 EStG). Das Auszahlen von Löhnen ohne vollständiges Abführen der Lohnsteuer macht den Geschäftsführer sohin haftbar.

3.2. Weiters trifft den Geschäftsführer gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) eine Ausfallhaftung für Sozialversicherungsbeiträge. Danach haftet der Geschäftsführer neben der Gesellschaft für die von dieser (als eigentliche Beitragsschuldnerin) geschuldeten Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung insoweit, als diese Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der dem Geschäftsführer auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Wiederum kann sich der Geschäftsführer dabei nicht auf die Unkenntnis der verletzten sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften berufen.

Im Unterschied zur Haftung für Steuerschulden (siehe vorstehend, Punkt 3.1.) trifft den Geschäftsführer nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes diese Haftung selbst dann, wenn die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel der Gesellschaft zur vollständigen Begleichung aller Verbindlichkeiten nicht ausgereicht haben und er die vorhandenen Mittel aber ohnehin anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (so auch der Sozialversicherungsabgaben) verwendet hat.

3.3. Schließlich ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der GmbH-Geschäftsführer gemäß § 9 Abs. 1 VStG (Verwaltungsstrafgesetz) ganz allgemein für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Gesellschaft verantwortlich ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und der Geschäftsführer keinen sogenannten „verantwortlichen Beauftragten“ bestellt hat (dazu sogleich).

In der Praxis ist diese Verantwortlichkeit etwa im Zusammenhang mit der Verletzung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes besonders relevant.

Der Geschäftsführer kann eine diesbezügliche Verantwortlichkeit vermeiden, indem er nachweist, dass ihn hinsichtlich der Verletzung der betreffenden Verwaltungsbestimmung keine Schuld trifft. Dazu hat er nachzuweisen, dass er die bezüglichen Aufgaben einer geeigneten Person – etwa einem oder mehreren qualifizierten und verlässlichen Mitarbeiter(n) – übertragen und diese aber trotzdem laufend persönlich kontrolliert hat. Die Praxis zeigt jedoch, dass es einem Geschäftsführer im Falle einer objektiv festgestellten Verletzung von Verwaltungsvorschriften durch Mitarbeiter der Gesellschaft in der Regel kaum gelingt, sich von seiner eigenen Schuld frei zu beweisen, zumal die Anforderungen an das von ihm zu etablierende „interne Kontrollsystem“ und seine persönlichen Überwachungspflichten von der Rechtssprechung äußerst streng beurteilt werden.

Der Geschäftsführer hat aber die Möglichkeit, seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit durch Bestellung von sogenannten „verantwortlichen Beauftragten“ im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG zu vermeiden. Der Geschäftsführer ist nach dieser Bestimmung berechtigt (und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet) eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt.

Für das gesamte Unternehmen der Gesellschaft können jedoch nur zur Vertretung nach Außen berufene Personen (sohin etwa einer von mehreren Geschäftsführern) bestellt werden. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen (etwa entsprechend geeignete und qualifizierte Mitarbeiter) zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden. Zu beachten ist dabei, dass der verantwortliche Beauftragte vor Begehung der Tat nachweislich seiner Bestellung zugestimmt haben und dieser Zustimmungsnachweis spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens an die zuständige Behörde übermittelt werden muss.

Für die Bestimmung von verantwortlichen Beauftragten betreffend die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen sind zudem die Vorschriften des § 23 Arbeitsinspektionsgesetz zu beachten. Danach wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung des Arbeitsinspektionsgesetzes erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist. Darüber hinaus können Arbeitnehmer nur dann zu verantwortlichen Beauftragten betreffend die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen bestellt werden, wenn sie leitende Angestellte sind, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind.

4. Haftung gegenüber Mitbewerbern der Gesellschaft

4.1. Äußerst praxisrelevant und für den Geschäftsführer problematisch sind schließlich auch Verstöße der Gesellschaft gegen Wettbewerbsrecht (UWG, Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb).

Neben der Gesellschaft kann nämlich auch der Geschäftsführer selbst wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (und zwar auch hinsichtlich wettbewerbswidriger Handlungen von Mitarbeitern), wenn er trotz Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis von der Wettbewerbsverletzung nicht gegen diese eingeschritten ist.

4.2. Grundsätzlich muss diese Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis zwar vom Kläger bewiesen werden. In der Regel liegt es jedoch nahe, dass der Geschäftsführer (insbesondere der einzige Geschäftsführer einer GmbH) vom wettbewerbswidrigen Vorgehen in der von ihm geführten Gesellschaft wissen musste. Faktisch wird ihm sohin der diesbezügliche Entlastungsbeweis aufgebürdet, der in der Praxis aber nur schwer gelingt.

Autor:

RA Mag. Thomas Penzl, Gütlbauer Sieghartsleitner Pichlmair Rechtsanwälte, Wels