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Nachhaltigkeit im Blick #3 – November-Update 2022

  1. Die Klimakonferenz 2022

Von 6. bis 21. November 2022 fand die 27. Weltklimakonferenz im ägyptischen Sharm El-Sheikh statt. Die diesjährige Klimakonferenz verfolgte vier Hauptziele: 

  1. Eindämmung: Die Wahrung des Ziels, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. 
  2. Anpassung: Festlegung eines erweiterten globalen Aktionsplans zur Anpassung an den Klimawandel.
  3. Finanzierung: Die Überprüfung des Prozesses zur Bereitsstellung von jährlich 100 Milliarden US-Dollar bis 2025, um die Entwicklungsländer bei der Bewältigung der negativen Auswirkungen des Klimawandels zu unterstützen. 
  4. Zusammenarbeit: Sicherstellung einer angemessenen Vertretung seitens aller einschlägigen Akteur:innen der COP 27, insbesondere gefährdeter Gemeinschaften. 

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Weitere Informationen

Folgendes wurde bei der Klimakonferenz beschlossen:

  • Ein Ausgleichsfonds für Klimaschäden 

Erstmal einigte sich die Klimakonferenz auf einen gemeinsamen Fonds zum Ausgleich von Klimaschäden in ärmeren Ländern. Der neue Ausgleichsfonds soll unabwendbare Folgen der Erderhitzung abfedern wie beispielsweise Dürren, Überschwemmungen und Stürme aber auch den steigenden Meeresspiegel und Wüstenbildung. 

Begünstigt werden sollen Entwicklungsländer, die besonders gefährdet sind, die aber selbst kaum zum Klimawandel beitragen. Es werden allerdings keine Summen genannt und es ist ungeklärt, wer tatsächlich einzahlen muss.

  • Hilfen für ärmere Staaten

Neben dem Fonds für Klimaschäden wurde bereits vor Jahren vereinbart, dass Industriestaaten arme Länder unterstützen. 100 Milliarden US-Doller sollten die Industierstaaten eigentlich seit 2020 jährlich verbindlich an arme Länder zahlen. Doch bis heute sind sie das Geld zu einem großen Teil schuldig geblieben. In der Abschlusserklärung fehlt allerdings ein Plan, ob und bis wann nachgezahlt werden muss. Im Abschlussdokument wurden jedoch weitere Verfahrensschritte vereinbart, hin zu einem neuen Finanzierungsziel für Klimaschutz und Klimaanpassung. Diese sollen 2024 beschlossen werden.

  • Wirtschaftshilfen

Entwicklungsländer sollen beim klimafreundlichen und zugleich sozial verträglichen Umbau ihrer Wirtschaft unterstützt werden.

  • Das 1,5-Grad-Ziel 

Über diesen Punkt wurde heftig diskutiert. Viele Staaten lehnten eine schnellere CO2-Reduktion ab. In der nun verabschiedeten Erklärung wird das Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, immerhin bestätigt. 

  • CO2-Emissionen

Es wurde anerkannt, dass eine sofortige und nachhaltige Senkungen der Treibhausgasemission erforderlich ist. Diese soll bis 2030 um 43 % verglichen mit dem Stand von 2019 sinken. Ein Aktionsprogramm zur Senkung der Emissionen wurde allerdings nicht festgelegt. Auch der Ausbau von erneuerbaren Energien wurde nur vage bestimmt.

  • Keine Abkehr von fossilen Brennstoffen 

Hier gab es große Enttäuschung sowohl bei der EU als auch bei Klimaschützern und Klimaschützerinnen. Ein Abschied von Öl und Gas wird nicht erwähnt, obwohl etliche Staaten dies gefordert hatten, darunter Indien, die EU und auch die USA.

  • Warum muss Biodiversität auf der Agenda eines Unternehmens stehen?

Der Verlust der Biodiversität wird zunehmend als relevantes Unternehmensrisiko angesehen. Unternehmen sollten sich daher die Fragen stellen, wie sich der Verlust der Biodiversität auf ihr Geschäftsmodell auswirken kann und wo es in ihrer Lieferkette Abhängigkeiten von Ökosystemleistungen gibt. 

Biodiversitätsschäden im Sinne von physischen Ereignissen können einzelne Unternehmen, Geschäftszweige aber auch ganze Regionen und Staatsgebiete betreffen. Die Erstellung eines eigenen Biodiversitätsmanagements sollte daher für Unternehmen von großer Bedeutung sein. 

Ziele und Maßnahmen müssen bereits zum jetzigen Zeitpunkt gesetzt werden. Ein Zuwarten der Unternehmen kann Problematiken mit Geldgeber:innen; Kund:innen sowie der Regulatorik hervorrufen. Im Sinne der EU-Taxonomie wird auch im Bereich der Biodiversität, die Berichtspflicht Einzug finden. Eine Auseinandersetzung mit der CSRD wird daher empfohlen. Für einen ersten Einstieg in die Thematik, gibt es durch die GRI und die CDP die Möglichkeit, eine Berichterstattung auszuprobieren, um Kenntnis über mögliche Defizite und Problematiken zu erlangen. 

  • CSRD: Vorgaben für das Nachhaltigkeitsreporting von morgen 

Der Entwurf wurde am 10. November 2022 im  Europäischen Parlament mit großer Mehrheit angenommen. Nach Verabschiedung auf EU-Ebene muss die Richtlinie innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umgesetzt werden. 

Der Europäische Rat und das Europäische Parlament setzen nun folgendes Stufenmodell der Berichtspflicht um: 

  • am 1. Jänner 2024: Unternehmen die bereits der NFRD unterliegen (erster Bericht 2025),
  • am 1. Jänner 2025: Große Unternehmen die derzeit nicht der NFRD unterliegen (erster Bericht 2026),
  • am 1. Jänner 2026: Börsennotierte KMU sowie kleine und nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen (erster Bericht 2027 mit einer Opt-Out-Möglichkeit bis 2028). 

Betroffene Unternehmen:

  • Nun sollen alle großen Unternehmen ab 250 Mitarbeiter:innen unabhängig von einer Kapitalmarktorientierung berichten. Die weiteren Schwellen für große Unternehmen liegen weiterhin bei einer Bilanzsumme von über EUR 20 Millionen  und einem Umsatz von über EUR 40 Millionen. Zwei dieser drei Größenmerkmale müssen überschritten werden.
  • Alle kapitalmarktorientierten klein und mittleren Unternehmen, mit der Ausnahme von Kleinstunternehmen. Unternehmen gelten nach Richtlinie 2013/34/EU ab einer Überschreitung von zwei der drei folgenden Merkmale als kein:
  • 10 Beschäftigte,
  • EUR 350.000,- Bilanzsumme,
  • EUR 700.000,- Nettoumsatzerlös.
  • Ab 2028 werden auch nicht europäische Unternehmen, die in der EU einen Nettoumsatz von mehr als EUR 150 Millionen erzielen und mindestens eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in der EU haben, zur Vorlage eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet. 

Zu berichtende Informationen:

  • Beschreibung des Geschäftsmodells und der Strategie, 
  • Beschreibung der Ziele und Fortschritte, die sich das Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeitsbelangen gesetzt hat,
  • Beschreibung der Rolle der Verwaltungs-, Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane in Bezug auf Nachhaltigkeitsbelangen,
  • Beschreibung der Unternehmensrichtlinien in Bezug auf Nachhaltigkeitsbelangen,
  • Beschreibung des Due-Diligence-Verfahrens das in Bezug auf Nachhaltigkeitsbelange durchgeführt wurde und Beschreibung des Principal Adverse Impacts,
  • Beschreibung der wichtigsten Risiken für das Unternehmen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsbelangen.

Organisationen sollen nicht mehr wählen können, wo Informationen veröffentlicht werden. Die geforderten Angaben sollen zukünftig im Lagebericht des Geschäftsberichts enthalten sein. Dieser soll spätestens vier Monate nach Geschäftsjahresende erscheinen. Es besteht eine Pflicht zur externen Prüfung der Nachhaltigkeitsinformationen. Kommt ein berichtpflichtiges Unternehmen der Pflicht zur Veröffentlichung der Informationen nicht nach, legt der Vorschlag der Kommission Mindeststrafarten und Prozessvorgaben bei der Strafermittlung fest: 

  • eine öffentliche Erklärung in der die verantwortliche natürliche oder juristische Person und die Art des Verstoßes genannt werden,
  • eine Anordnung mit der die verantwortliche natürliche oder juristische Personen aufgefordert wird, das den Verstoß darstellende Verhalten einzustellen und von einer Wiederholung dieses Verhaltens abzusehen,
  • behördliche Bußgelder.

Der aktuelle Entwurf von EU-Rat und EU-Parlament enthält keinen Absatz zu einheitlichen Strafen. Sanktionen für Verstöße werden daher von den Mitgliedsländern festgelegt.

  • Der Greenwashing Report von Global 2000

Am 9.11.2022 veröffentlichte Global 2000 ihren Gas-Greenwashing Report 2022. Von Juli 2022 bis September 2022 wurden folgende Unternehmen geprüft:

  • Burgendland Energie AG 
  • Energie AG Oberösterreich 
  • Energie Graz GmbH & Co KG
  • Energie Steiermark AG 
  • EVN AG 
  • Illwerke vkw AG 
  • KELAG-Kärntner Elektritzitäts-AG
  • Linz AG
  • Salzburg AG
  • TIGAS-Erdgas Tirol GmbH/TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG
  • Verbund AG 
  • Wien Energie GmbH/Wiener Stadtwerke GmbH 

Unter Greenwashing werden in dem Report folgende Aktivitäten verstanden:

  • fossiles Erdgas durch Begriffe, Bezeichnungen oder Bilder in ein positives Licht rücken,
  • über grüne Zusatzaktivitäten (Zukauf von CO2-Zertifikaten, Beimengung von Biogas) den Verbrauch von fossilem Erdgas, klimafreundlich erscheinen lassen, 
  • vom notwendigen klimafreundlichen Umbau der Infrastruktur ablenken, indem erklärt wird, dass ein Komplettumstieg auf „grünes Gas“ möglich wäre, ohne Gas-Anwednungen zu reduzieren. 

Die Einteilung der Energieversorger:innen:

  • Kosequente Energiewende-Vorreiter:innen

Diese Energieversorger:innen benennen Erdgas als Problem. Sie haben einen Ausstiegsplan aus Erdgas erstellt und veröffentlicht.

  • Kein:e Energieversorger:in erfüllt derzeit alle diese Bedingungen. 
  • Energiewende-Orientierte mit geringem Greenwashing

In diese Kategorie fallen Energieversorger:innen, welche die Energiewende zur Umstellung von Gas vorantreiben, bei welchen aber einzelne Greenwashing-Aktivitäten weiterhin vorhanden sind, wenn auch nur bei Tochterunternehmen. 

  • Wien Energie, Linz AG, Verbund, Kelag, Burgenland Energie 
  • Anhaltendes Greenwashing von Erdgas

Dieser Kategorie sind Energieversorger:innen zuzuordnen, bei welchen Greenwashing von Erdgas noch anhält: Der Weg zur Umstellung von Gasheizungen und gasbetriebener Fernwärme auf klimafreundliche Optionen bleibt hier aber noch großteils im Unklaren.

  • Energie Steiermark, Energie Graz, Salzburg AG 
  • Blockierer:innen der Energiewende

Bei diesen Energieversorger:innen sind keine oder nur geringfügige Änderungen sichtbar und Greenwashing wird noch in verschiedenen Formen betrieben.

  • EVN, Energie AG und TIGAS

Im Rahmen der Analyse wurden einige positive Entwicklungen seit der Veröffentlichung des Greenwashing-Reports im Jahr 2021 sichtbar:

  • fast alle der untersuchten Energieversorger:innen haben das Erdgas-Greenwashing zumindest reduziert, 
  • fünf der zwölf untersuchten Energieversorger:innen haben eingelenkt und verzichten nun komplett darauf klimaschädliches Erdgas durch Naturbilder oder Bezeichnungen wie „umweltfreundlich“ oder „schadstoffarm“ schönzufärben,
  • fünf Energieversorger:innen haben die finanzielle Förderung von Gasheizungen eingestellt,
  • und ein Teil der Energieversorger:innen erkennen die Erdgas-Problematik mittlerweile an und erarbeiten Ausstiegspläne.

Die Analyse hat allerdings auch gezeigt, dass die Mehrheit der großen österreichischen Energieversorger:innen noch immer versucht, durch unterschiedliche Aktivitäten eine Umstellung von Erdgas auf Alternativen zu blockieren.

  • Schönfärberei von Erdgas durch fälschliche Zuschreibung von Umweltfreundlichkeit.
  • Schönfärberei durch geringe Biogas-Beimengung.
  • Schönfärberei durch Tochterfirmen bzw. Eigenmarken.
  • Finanzielle Förderungen von Gasheizungen.
  • Politisches Lobbying gegen die Umstellung von Gasheizungen.

Erdgas ist ein klimaschädlicher fossiler Energieträger. Anstatt das Problem klar zu benennen und Lösungen zu erarbeiten, trägt Greenwashing dazu bei, dass ein Problembewusstsein erst gar nicht entsteht und wichtige Klimaschutzentscheidungen verspätet oder überhaupt nicht getroffen werden. 

  • Was bedeutet Merit Order? 

Als Merit-Order bezeichnet die Energiewirtschaft die Einsatzreihenfolge der stromproduzierenden Kraftwerke, um die wirtschaftliche Stromversorgung zu gewährleisten. Die Merit Order orientiert sich an den niedrigsten Grenzkosten und ist unabhängig von den Fixkosten einer Stromerzeugungstechnologie. Die Kraftwerke, die fortlaufend sehr preisgünstig Strom produzieren, werden gemäß der Merit Order als erstes an das Netz zugeschaltet. Danach werden so lange Karftwerke mit höheren Grenzkosten hinzugenommen, bis die Nachfrage gedeckt ist. 

An der Strombörse ergeben sich die Börsenpreise aufgrund von Angebot und Nachfrage. Der sogenannte Market-Clearing-Price bzw. Markträumungspreis ist das letzte Angebot, welches einen Zuschlag erhält. Das Kraftwerk mit den teuersten Grenzkosten das sogenannte Grenzkraftwerk, definiert den Börsenpreis für alle eingesetzten Kraftwerke. 

Der Merit-Order-Effekt (MOE): Innerhalb der Merit Order verschieben dauerhaft sinkende Stromproduktionskosten, die herkömmliche Kraftwerksreihenfolge. Ein solcher Effekt lässt sich zurzeit insbesondere durch die wachsende Einspeisung erneuerbarer Energien (Photovoltaik, Windenergie, Biomasse) beobachten. Photovoltaik- und Windkraftwerke mit Grenzkosten nahe bei Null, verdrängen Spitzenlastkraftwerke in der Merit-Order weiter nach hinten. Die Energiewirtschaft bezeichnet dieses Phänomen als Merit-Order-Effekt (MOE) der erneuerbaren Energien. 

In letzter Zeit ist das Merit-Order-Modell vermehrt in Kritik geraten. Bei dem Merit-Order-Modell handelt es sich um ein statisches Beschreibungsmodell, dass für die Darstellung der kurzfristigen Strompreisbildung gut geeignet ist. Um die langfristigen Entwicklungen von Strompreisen kalkulieren zu können, bedarf es eines modifizierten Strommarktmodells. Die hohen Investitions- und Rückbaukosten von Atomkraftwerken, bilden sich im Merit-Order-Modell nicht korrekt ab. Ebenso wie die tatsächlichen Gesamtkosten der erneuerbaren Energien. Das Modell setzt außerdem eine Vermarktung des gesamten Stroms über die Börse voraus, dies ist aber nicht immer der Fall. Das Merit-Order-Modell spiegelt somit keinesfalls vollkommen die Realität wieder. 

  • Update Klimaschutzgesetz: Ein Auszug aus der Plenarsitzung des Nationalrats vom 18.11.2022

Das nach wie vor ausständige neue Klimaschutzgesetz sorgt weiterhin für politische Diskussion:

Die NEOS kritisieren in der Nationalratssitzung am 18.11.2022, dass trotz Dringlichkeit des Themas „Klimaschutz“ in dieser Hinsicht nichts weitergeht. Seit Anfang 2021 gebe es keinen verbindlichen Pfad zur Einsparung der Treibhausgase. Ein von den NEOS eingebrachter Fristsetzungsantrag fand bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit.

Die Regierung habe zahlreiche Einzelmaßnahmen gesetzt, aber es fehle eine konkrete Kontrolle. Bis 2020 hat das Klimaschutzgesetz vorgegeben, in welchen Sektoren wieviel an Einsparung bei Treibhausgasen stattfinden muss. Zudem habe es für die Einrichtung eines Klimaschutzkomitees gesorgt, wo ein Diskurs stattfinden konnte, wenn Klimaziele nicht erreicht wurden. Neben dem Punkt Mobilität sei außerdem das fehlende Klimaschutzgesetz der Grund, dass Österreich im internationalen Ranking nur auf Platz 32 von 60 in diesem Bereich liegt. Cornelia Ecker (SPÖ) kritisierte, dass ein fehlendes Klimaschutzgesetz für die Menschen, die Wirtschaft sowie die Landwirtschaft schlecht sei. Martin Litschauer (Grüne) warf der Opposition vor, bei Maßnahmen wie beispielsweise der CO2-Bepreisung samt Klimabonus zu passen, jedoch ein Klimaschutzgesetz zu verlangen. Litschauer zeigt sich zuversichtlich, das Klimaschutzgesetz zu einem guten Ende zu bringen. 

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