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VIDEO: Aufbau der Finanzverwaltung Zuständigkeiten – Mario Wegner

Im folgenden Beitrag soll auf den Aufbau der Finanzverwaltung und vor allem auch auf die jüngsten Änderungen durch die Finanz-Organisationsreformgesetze (1. FORG, BGBl I Nr 104/2019 vom 29.10.2019 und 2. FORG, BGBl I Nr 99/2020) eingegangen werden. Mit diesen Gesetzen kommt es zu einer Neuorganisation der Steuer- und Zollverwaltung ab 1.1.2021. Im Zuge dessen werden fünf Ämter mit bundesweiter Zuständigkeit eingerichtet.

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Folie 1

Punkt 1) Derzeitige Struktur

Derzeit wird die Steuer- und Zollverwaltung von:

  • 39 Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenkreis

  • dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel sowie

  • von neun Zollämtern,

  • der Großbetriebsprüfung,

  • der Finanzpolizei und der Steuerfahndung

geführt.

Dabei muss stets neben der sachlichen, auch die örtliche Zuständigkeit für einen abgabenrechtlichen Sachverhalt bestimmt werden.

Punkt 2 bis 5) Drei Abgabenbehörden (neben BMF) mit bundesweiter Zuständigkeit

Im Rahmen der Neuorganisation werden die insgesamt 40 Finanzämter in das Finanzamt Österreich (FAÖ) zusammengefasst. Für Großbetriebe wird das Finanzamt für Großbetriebe (FAG) als eigene Abgabenbehörde eingerichtet. Beide Finanzämter werden bundesweite Zuständigkeit haben. Dennoch sollen weiterhin Standorte in ganz Österreich bestehen.

Neben diesen zwei Finanzämtern wurde noch das Zollamt Österreich als dritte Abgabenbehörde geschaffen, in welchem die bestehenden neun Zollämter zu einer bundesweit zuständigen Behörde zusammengefasst werden.

Das Amt für Betrugsbekämpfung wird die Aufgaben der Finanzpolizei, der Steuerfahndung und der Finanzämter in ihrer bisherigen Funktion als Finanzstrafbehörde wahrnehmen. Aufgabe im Geschäftsbereich der Finanzstrafsachen ist vor allem die Durchführung von Finanzstrafverfahren nach dem Finanzstrafgesetz, soweit diese nicht in die Zuständigkeit der Gerichte fällt.

Hinzu kommt der Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge. Mit dem 2. FORG wurden zusätzlich die Zentralen Services geschaffen. Die Zentralen Services sollen vor allem die einheitliche Rechtsauslegung und Vollziehung der Bundesfinanzverwaltung sicherstellen.

Alle neu eingerichteten Stellen zeichnen sich – wie bereits erwähnt – durch eine bundesweite Zuständigkeit aus. Dies führt zu einem Wegfall der bisher erforderlichen Regelungen über die örtliche Zuständigkeit der Finanz- und Zollämter. Erforderlich sind nur mehr Regelungen der sachlichen Zuständigkeit, welche die Aufgabenbereiche der jeweiligen Abgabenbehörden voneinander abgrenzen. Ein Überblick über die Abgrenzung der sachlichen Zuständigkeit soll im Folgenden zwischen dem FAÖ und dem FAG vorgenommen werden.

Folie 2

Das FAÖ verfügt grundsätzlich über eine umfassende Zuständigkeit gemäß § 60 BAO (in der gültigen Fassung ab 1.1.2021). Das FAÖ ist demnach als Abgabenbehörde zuständig, sofern keine Zuständigkeit des BMF oder des FAG besteht. Ferner ist das FAÖ als Finanzamt zuständig, sofern keine Zuständigkeit des FAG besteht.

Das FAÖ wird insbesondere für die Arbeitnehmerveranlagung und für kleinere Unternehmen umfassend zuständig sein.

Zusätzlich kommen dem FAÖ gewisse Sonderzuständigkeiten zu. Hier sind die Folgenden exemplarisch herauszuheben:

  • Vorsteuererstattungen

  • Erhebung der Umsatzsteuer von nicht in Österreich ansässigen Unternehmen

  • Erhebung der Lohnsteuer auf Bezüge von Arbeitgebern ohne Betriebstätte im Inland

  • Anzeigen zur Begründung der persönlichen Steuerpflicht („Betriebseröffnung“)

  • Anträge auf Vergabe einer UID

  • Anzeige von Schenkungsmeldungen nach § 121a BAO

Ferner wird das FAÖ für die Abgaben zuständig sein, für die bisher das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel zuständig war. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Zuständigkeitsregel, weil das FAG nach § 61 Abs 2 BAO nicht zuständig ist.

Folie 3

Das FAG wird einerseits für bestimmte Abgabenpflichtige zuständig sein (persönlicher Anknüpfungspunkt). Andererseits sind auch sachliche Anknüpfungspunkte zu beachten, die für die Zuständigkeit des FAG entscheidend sind.

Geregelt ist die Zuständigkeit nach persönlichen Anknüpfungspunkten in einer abschließenden Aufzählung in § 61 Abs 1 BAO. Das FAG ist – wie der Name schon sagt – insbesondere für Großbetriebe zuständig, das sind Abgabepflichtige, die einerseits gewisse Größenmerkmale erfüllen. So ergibt sich die Zuständigkeit für

  • Abgabepflichtige, die Umsatzerlösschwelle von 10 Millionen Euro in den letzten beiden Jahren überschritten haben und die einen Gewerbebetrieb, eine Betriebstätte oder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Inland unterhalten wird oder

  • Ferner fallen Körperschaften des öffentlichen Rechts, mit ihren Betrieben gewerblicher Art in die Zuständigkeit des FAG, sofern einer dieser Betriebe die Umsatzgrenze von 10 Millionen Euro überschritten hat.

Weiters ist das FAG zuständig für:

  • Abgabepflichtige, die Teil einer Multinationalen Unternehmensgruppe iSd Verrechnungspreisdokumentationsgesetzes sind,

  • ÖNB

  • Steuerpflichtige, die der Aufsicht der FMA unterliegen (insbesondere Banken und Versicherungen)

  • Steuerpflichtige, die eine bestimmte Rechtsform haben (Privatstiftungen, Stiftungen und Fonds).

  • Gemeinnützige Bauvereinigungen iSd WGG

  • Teile einer Unternehmensgruppe gemäß § 9 KStG sind, wenn ein Unternehmen der Gruppe in die Zuständigkeit des FAG fällt oder seinen Sitz nicht in Österreich hat

  • Mitglieder einer Umsatzsteuerorganschaft im Sinne des § 2 Abs 2 Z 2 UStG

  • Abgabepflichtige, die sich in der „begleitenden Kontrolle“ befinden

Neben dem persönlichen Anwendungsbereich ist für die Zuständigkeit des FAG auch noch ein sachlicher Anwendungsbereich zu beachten. Das FAG ist demnach nämlich nicht für alle (bundesgesetzlich geregelten) Abgaben zuständig, die ein Abgabepflichtiger zu entrichten hat.

Nicht zuständig ist es etwa für jene Abgaben, die bisher vom Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel erhoben wurden. Das sind beispielsweise:

  • Gebühren iSd GebG

  • Grunderwerbsteuer oder

  • Versicherungssteuer.

Diese und weitere in einem Ausnahmekatalog abschließend aufgezählten Abgaben und Gebühren fallen unter die allgemeine Zuständigkeit des FAÖ.

Ausschließlich zuständig ist das FAG hingegen für bestimmte Aufgaben, die bisher als Sonderzuständigkeiten bestimmten Finanzämtern zugeordnet waren, wie beispielsweise:

  • die Rückerstattung von Abgaben aufgrund völkerrechtlicher Verträge (Doppelbesteuerungsabkommen). Diese Aufgabe war bisher dem Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart vorbehalten.

Mit dem 2. FORG wurden dem FAG weitere spezielle Zuständigkeiten übertragen. So ist dieses bspw künftig für die Erhebung der Digitalsteuer zuständig.

Um einen reibungslosen Übergang in die neue Finanz-Organisation zu gewährleisten, sind bis 31.12.2021 Übergangsregelungen vorgesehen. So können

  • Anbringen, die für das FAÖ, FAG oder ABB bestimmt sind, auch unter Verwendung einer falschen Bezeichnung einer dieser drei Ämter eingebracht werden.

  • Anbringen, die für das FAÖ, FAG oder ABB bestimmt sind, auch unter Verwendung der „alten“ Finanzamtsbezeichnungen eingebracht werden.

  • Anbringen, die für das ZAÖ bestimmt sind, auch unter Verwendung der „alten“ Zollamtsbezeichnungen eingebracht werden.

Autor: Mag. Mario Wegner

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