Mit 1.7.2021 treten weitgehende Änderungen der Exekutionsordnung (EO) in Kraft. Sie bilden den (vorläufigen) Abschluss der Reformen des Exekutionsrechts, die mit der Exekutionsordnungsnovelle 1991 begonnen haben.
Durch die nunmehrige Novelle des Exekutionsrechts soll die Effizienz von Exekutionsverfahren zur Hereinbringung von Forderungen gesteigert werden. Das zu diesem Zweck neu geschaffene (erweiterte) „Exekutionspaket“ soll das Spezialitätsprinzip, wonach der betreibende Gläubiger in seinem Exekutionsantrag das Exekutionsmittel und das Exekutionsobjekt auszuwählen hat, weiter zurückdrängen und die Anzahl von Exekutionsanträgen verringern. Ein weiteres wichtiges Ziel des Reformpakets betrifft u.a. die Schnittstellen zwischen Exekutions- und Insolvenzrecht.
Die Änderungen im Detail
- (Erweitertes) Exekutionspaket – erleichterte Exekution auf Forderungen und Vermögensrechte
Neu ist, dass von einer beantragten Exekution, die nicht explizit bestimmte Exekutionsmittel nennt, künftig ex lege Fahrnisexekution, Gehaltsexekution und die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses umfasst sind (sogenanntes „Exekutionspaket“). Damit trägt die Reform der gängigen Praxis Rechnung. Gleichzeitig sollen dadurch die immer wieder auftretenden Abgrenzungsprobleme zwischen den verschiedenen Exekutionsarten vermieden werden.
Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der Exekution auf Forderungen und andere Vermögensrechte bestand bisher darin, dass der betreibende Gläubiger bereits im Exekutionsantrag die Exekutionsobjekte anzugeben hatte. In den meisten Fällen erlangte er von diesen Vermögenswerten (insbesondere Forderungen gegen unbekannte Drittschuldner, wie z.B. Bankguthaben) aber erst durch das Vermögensverzeichnis des Verpflichteten Kenntnis. Bis zur Pfändung, die bislang einen neuerlichen Antrag voraussetzte, waren die betreffenden Forderungen/Vermögenswerte jedoch häufig nicht mehr vorhanden oder es war für den betreibenden Gläubiger nur schwer einschätzbar, ob die Forderungen seines Schuldners gegen den Dritten überhaupt durchsetzbar sind.
Zur Vermeidung solcher Konstellationen müssen betreibende Gläubiger die Vermögensobjekte in Zukunft nicht mehr im Exekutionsantrag anführen. Vielmehr wird nunmehr im Rahmen des erweiterten Exekutionspakets amtswegig ein Verwalter bestellt, dem die Ermittlung der Vermögensobjekte, die Auswahl der geeigneten Objekte und die Durchführung des Verfahrens samt Verwertung obliegen. Damit wird das bewährte Modell der Verwertung durch einen Masseverwalter im Insolvenzverfahren auf die Exekution anderer Vermögenswerte entsprechend übertragen. Die Exekution auf Liegenschaften muss allerdings – wie bisher – gesondert beantragt werden.
Wie schon bisher bei der Fahrnisexekution soll künftig auch die Exekution auf Forderungen bis zur Befriedigung des betreibenden Gläubigers fortgeführt werden, sofern dieser die Exekution nicht explizit auf konkrete Forderungen beschränkt. Wird die Exekution auf Bezüge bei einem (vom Dachverband der Sozialversicherungsträger zu erhebenden) Drittschuldner geführt, wird sie nun auch bei einem Wechsel des Drittschuldners bis zur Befriedigung des betreibenden Gläubigers fortgesetzt.
- Konzentration der Zuständigkeit
Alle Verfahren zur Hereinbringung von Geldforderungen, die auf das bewegliche Vermögen gerichtet sind, werden in Zukunft beim allgemeinen Gerichtsstand (Wohnsitz) des Verpflichteten zusammengefasst.
- Weitergeltung exekutionsrechtlicher Entscheidungen im Insolvenzverfahren
Wenn auf das Arbeitseinkommen einer Person Exekution geführt wird, muss immer der unpfändbare Betrag (Existenzminimum) bestimmt werden. Mit Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erlöschen zwar die Pfändungen am Arbeitseinkommen; dem Schuldner verbleibt allerdings auch im Insolvenzverfahren das Existenzminimum. Nach der derzeit geltenden Rechtslage muss die Bestimmung des Freibetrags im Insolvenzverfahren neuerlich getroffen werden. Dies wird nunmehr dahingehend geändert, dass die in einem Exekutionsverfahren getroffene Entscheidung über die Konkretisierung des Existenzminimums auch bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens weitergilt.
- Abbruch des Exekutionsverfahrens bei offenkundiger Zahlungsunfähigkeit
Die Neuregelung der Zuständigkeit und Zusammenfassung der Verfahren mehrerer Gläubiger beim allgemeinen Gerichtsstand des Verpflichteten ermöglichen eine erleichterte Feststellung, ob der Verpflichtete insolvent ist. Das ist auch deshalb wesentlich, weil Gläubiger Zahlungen, die sie nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erhalten haben, bei späterer Eröffnung eines Insolvenzverfahrens unter Umständen wieder zurückerstatten müssen. Bei offenkundiger Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ist das Exekutionsverfahren abzubrechen. Betreibende Gläubiger können einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen; Schuldner sind dazu verpflichtet.
- Anpassung des Schuldenregulierungsverfahrens
Die neu geschaffenen Regelungen zum Abbruch des Exekutionsverfahrens bei offenkundiger Zahlungsunfähigkeit werden nach Einschätzung des Gesetzgebers zu vermehrten Anträgen der Gläubiger auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens führen. Daher bedarf es einer Klärung, wie mit vertraglich begründeten Schulden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens umzugehen ist. Weiters wird das Insolvenzverfahren um Elemente des Exekutionsverfahrens ergänzt, wie die wiederholte Prüfung, ob der Schuldner zu Vermögen gelangt ist, und wird die Hereinbringung von Forderungen im Insolvenzverfahren genauer geregelt.
- Erweiterte Einsicht in bestimmte Exekutionsdaten
Während die Abfrage von exekutionsrechtlichen Daten bisher nur zur Beurteilung zulässig war, ob die Führung eines Zivil- oder Exekutionsverfahrens zweckmäßig ist, besteht diese Abfragemöglichkeit zukünftig auch zur Prüfung, ob ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden soll. Schuldner können über einen Vertreter (Rechtsanwalt, Notar oder eine Schuldenberatungsstelle) kostenfrei eine Abfrage durchführen und ihre Entschuldung vorbereiten.
Während bei den bisherigen Reformen der Exekutionsordnung nur punktuelle Änderungen vorgenommen wurden, wird die nunmehrige Gesamtreform des Exekutionsrechts auch zum Anlass genommen, für einen übersichtlicheren und systematischeren Aufbau der Regelungen sowie eine zeitgemäße und verständlichere Sprache zu sorgen. Dadurch sollen eine leichtere Lesbarkeit und Anwendbarkeit des teilweise noch in der Urfassung aus dem Jahr 1896 in Kraft stehenden Gesetzestextes ermöglicht werden. Neben allgemeinen sprachlichen Anpassungen (z.B. „Exekution“ statt „Execution“) werden insbesondere die Bestimmungen über die einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und Stalking in ihrem Aufbau übersichtlicher gestaltet. Schließlich werden durch die Gesamtreform des Exekutionsrechts die Bestimmungen der Anfechtungsordnung und des Vollzugsgebührengesetzes nunmehr in die EO integriert.
Resümee
Mit der Gesamtreform des Exekutionsrechts nimmt der Gesetzgeber wichtige und notwendige Änderungen vor. Hervorzuheben ist dabei die Umgestaltung der Exekutionsverfahren zur Hereinbringung von Forderungen. Neben der Schaffung von Exekutionspaketen sind vor allem die materiellen Änderungen im Bereich der Exekution auf Forderungen und andere Vermögensrechte zu begrüßen. Wie die in diesem Zusammenhang neu geschaffene Position des Verwalters von der Praxis angenommen wird, bleibt abzuwarten. Positiv hervorzuheben sind zudem die Regelungen zur Wahrnehmung offenkundiger Zahlungsunfähigkeit im Exekutionsverfahren, die einerseits dazu beitragen werden, dass künftig ergebnislose Exekutionsverfahren (und damit weitere Verfahrenskosten) vermieden werden, sowie andererseits eine schnelle Entschuldung des Schuldners ermöglichen.
Zum Autor
Dr. Clemens Jenny ist Rechtsanwaltsanwärter bei Preslmayr Rechtsanwälte.
Mit 1.7.2021 treten weitgehende Änderungen der Exekutionsordnung (EO) in Kraft. Sie bilden den (vorläufigen) Abschluss der Reformen des Exekutionsrechts, die mit der Exekutionsordnungsnovelle 1991 begonnen haben.
Durch die nunmehrige Novelle des Exekutionsrechts soll die Effizienz von Exekutionsverfahren zur Hereinbringung von Forderungen gesteigert werden. Das zu diesem Zweck neu geschaffene (erweiterte) „Exekutionspaket“ soll das Spezialitätsprinzip, wonach der betreibende Gläubiger in seinem Exekutionsantrag das Exekutionsmittel und das Exekutionsobjekt auszuwählen hat, weiter zurückdrängen und die Anzahl von Exekutionsanträgen verringern. Ein weiteres wichtiges Ziel des Reformpakets betrifft u.a. die Schnittstellen zwischen Exekutions- und Insolvenzrecht.
Die Änderungen im Detail
Neu ist, dass von einer beantragten Exekution, die nicht explizit bestimmte Exekutionsmittel nennt, künftig ex lege Fahrnisexekution, Gehaltsexekution und die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses umfasst sind (sogenanntes „Exekutionspaket“). Damit trägt die Reform der gängigen Praxis Rechnung. Gleichzeitig sollen dadurch die immer wieder auftretenden Abgrenzungsprobleme zwischen den verschiedenen Exekutionsarten vermieden werden.
Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der Exekution auf Forderungen und andere Vermögensrechte bestand bisher darin, dass der betreibende Gläubiger bereits im Exekutionsantrag die Exekutionsobjekte anzugeben hatte. In den meisten Fällen erlangte er von diesen Vermögenswerten (insbesondere Forderungen gegen unbekannte Drittschuldner, wie z.B. Bankguthaben) aber erst durch das Vermögensverzeichnis des Verpflichteten Kenntnis. Bis zur Pfändung, die bislang einen neuerlichen Antrag voraussetzte, waren die betreffenden Forderungen/Vermögenswerte jedoch häufig nicht mehr vorhanden oder es war für den betreibenden Gläubiger nur schwer einschätzbar, ob die Forderungen seines Schuldners gegen den Dritten überhaupt durchsetzbar sind.
Zur Vermeidung solcher Konstellationen müssen betreibende Gläubiger die Vermögensobjekte in Zukunft nicht mehr im Exekutionsantrag anführen. Vielmehr wird nunmehr im Rahmen des erweiterten Exekutionspakets amtswegig ein Verwalter bestellt, dem die Ermittlung der Vermögensobjekte, die Auswahl der geeigneten Objekte und die Durchführung des Verfahrens samt Verwertung obliegen. Damit wird das bewährte Modell der Verwertung durch einen Masseverwalter im Insolvenzverfahren auf die Exekution anderer Vermögenswerte entsprechend übertragen. Die Exekution auf Liegenschaften muss allerdings – wie bisher – gesondert beantragt werden.
Wie schon bisher bei der Fahrnisexekution soll künftig auch die Exekution auf Forderungen bis zur Befriedigung des betreibenden Gläubigers fortgeführt werden, sofern dieser die Exekution nicht explizit auf konkrete Forderungen beschränkt. Wird die Exekution auf Bezüge bei einem (vom Dachverband der Sozialversicherungsträger zu erhebenden) Drittschuldner geführt, wird sie nun auch bei einem Wechsel des Drittschuldners bis zur Befriedigung des betreibenden Gläubigers fortgesetzt.
Alle Verfahren zur Hereinbringung von Geldforderungen, die auf das bewegliche Vermögen gerichtet sind, werden in Zukunft beim allgemeinen Gerichtsstand (Wohnsitz) des Verpflichteten zusammengefasst.
Wenn auf das Arbeitseinkommen einer Person Exekution geführt wird, muss immer der unpfändbare Betrag (Existenzminimum) bestimmt werden. Mit Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erlöschen zwar die Pfändungen am Arbeitseinkommen; dem Schuldner verbleibt allerdings auch im Insolvenzverfahren das Existenzminimum. Nach der derzeit geltenden Rechtslage muss die Bestimmung des Freibetrags im Insolvenzverfahren neuerlich getroffen werden. Dies wird nunmehr dahingehend geändert, dass die in einem Exekutionsverfahren getroffene Entscheidung über die Konkretisierung des Existenzminimums auch bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens weitergilt.
Die Neuregelung der Zuständigkeit und Zusammenfassung der Verfahren mehrerer Gläubiger beim allgemeinen Gerichtsstand des Verpflichteten ermöglichen eine erleichterte Feststellung, ob der Verpflichtete insolvent ist. Das ist auch deshalb wesentlich, weil Gläubiger Zahlungen, die sie nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erhalten haben, bei späterer Eröffnung eines Insolvenzverfahrens unter Umständen wieder zurückerstatten müssen. Bei offenkundiger Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ist das Exekutionsverfahren abzubrechen. Betreibende Gläubiger können einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen; Schuldner sind dazu verpflichtet.
Die neu geschaffenen Regelungen zum Abbruch des Exekutionsverfahrens bei offenkundiger Zahlungsunfähigkeit werden nach Einschätzung des Gesetzgebers zu vermehrten Anträgen der Gläubiger auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens führen. Daher bedarf es einer Klärung, wie mit vertraglich begründeten Schulden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens umzugehen ist. Weiters wird das Insolvenzverfahren um Elemente des Exekutionsverfahrens ergänzt, wie die wiederholte Prüfung, ob der Schuldner zu Vermögen gelangt ist, und wird die Hereinbringung von Forderungen im Insolvenzverfahren genauer geregelt.
Während die Abfrage von exekutionsrechtlichen Daten bisher nur zur Beurteilung zulässig war, ob die Führung eines Zivil- oder Exekutionsverfahrens zweckmäßig ist, besteht diese Abfragemöglichkeit zukünftig auch zur Prüfung, ob ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden soll. Schuldner können über einen Vertreter (Rechtsanwalt, Notar oder eine Schuldenberatungsstelle) kostenfrei eine Abfrage durchführen und ihre Entschuldung vorbereiten.
Während bei den bisherigen Reformen der Exekutionsordnung nur punktuelle Änderungen vorgenommen wurden, wird die nunmehrige Gesamtreform des Exekutionsrechts auch zum Anlass genommen, für einen übersichtlicheren und systematischeren Aufbau der Regelungen sowie eine zeitgemäße und verständlichere Sprache zu sorgen. Dadurch sollen eine leichtere Lesbarkeit und Anwendbarkeit des teilweise noch in der Urfassung aus dem Jahr 1896 in Kraft stehenden Gesetzestextes ermöglicht werden. Neben allgemeinen sprachlichen Anpassungen (z.B. „Exekution“ statt „Execution“) werden insbesondere die Bestimmungen über die einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und Stalking in ihrem Aufbau übersichtlicher gestaltet. Schließlich werden durch die Gesamtreform des Exekutionsrechts die Bestimmungen der Anfechtungsordnung und des Vollzugsgebührengesetzes nunmehr in die EO integriert.
Resümee
Mit der Gesamtreform des Exekutionsrechts nimmt der Gesetzgeber wichtige und notwendige Änderungen vor. Hervorzuheben ist dabei die Umgestaltung der Exekutionsverfahren zur Hereinbringung von Forderungen. Neben der Schaffung von Exekutionspaketen sind vor allem die materiellen Änderungen im Bereich der Exekution auf Forderungen und andere Vermögensrechte zu begrüßen. Wie die in diesem Zusammenhang neu geschaffene Position des Verwalters von der Praxis angenommen wird, bleibt abzuwarten. Positiv hervorzuheben sind zudem die Regelungen zur Wahrnehmung offenkundiger Zahlungsunfähigkeit im Exekutionsverfahren, die einerseits dazu beitragen werden, dass künftig ergebnislose Exekutionsverfahren (und damit weitere Verfahrenskosten) vermieden werden, sowie andererseits eine schnelle Entschuldung des Schuldners ermöglichen.
Zum Autor
Dr. Clemens Jenny ist Rechtsanwaltsanwärter bei Preslmayr Rechtsanwälte.