Wien (APA) – Auf die Pläne des deutschen Finanzministers Olaf Scholz (SPD) für eine EU-weite Finanztransaktionssteuer hatte Österreich umgehend skeptisch reagiert – man wolle eine möglichst breite Bemessungsgrundlage. Nun liegt auch eine Studie von WU-Professor Stefan Pichler für das Ministerium vor: Derzufolge würde die Steuer Österreich jährlich nur 33 Mio. Euro bringen, die Banken aber 50 Mio. Euro kosten.
Pichler kommt zum Schluss, dass die von Scholz vorgelegte Aktiensteuer-Variante für Österreich „eindeutig abzulehnen“ sei. Es sei „davon auszugehen, dass keines der vorgegebenen Ziele erreicht wird“.
So würde etwa eine Beteiligung der Banken an den Kosten der Finanzkrise nicht erreichen, was ursprünglich eine Absicht bei der erstmals 2011 präsentierten Idee war. Auch würden Spekulationen nicht verhindert, sondern sogar verstärkt – weil laut Scholz-Vorschlag der Derivatehandel, der Intradayhandel und der Hochfrequenzhandel verschont blieben.
Die angestrebte Förderung der Realwirtschaft zulasten der Spekulationswirtschaft würde laut Pichler ins Gegenteil verkehrt, weil Eigenkapitalbeschaffung gegenüber Fremdfinanzierung benachteiligt werde.
Durch die Ausnahmen für Intradayhandel und Derivatehandel würden „genau jene Teile des Finanzmarktes bevorzugt, die man gemeinhin der ‚Spekulationswirtschaft‘ zurechnen würde“, heißt es in der 50-seitigen Studie des Finanzprofessors der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU), über die am Montag „Die Presse“ berichtete und die auch der APA vorliegt.
voestalpine wäre am stärksten betroffen
Nicht nur werde „dieses Ziel ganz klar nicht erreicht“: „Es ist sogar von einer Schwächung der Realwirtschaft im Vergleich zur ‚Spekulationswirtschaft‘ auszugehen“, betont Pichler. Es würden nicht nur die Kapitalkosten der Unternehmen hochgetrieben, sondern tendenziell auch ihr Verschuldungsgrad erhöht. Am stärksten in Österreich betroffen wäre von höheren Eigenkapitalkosten in Österreich demnach die voestalpine.
Der Scholz-Vorstoß sieht eine Besteuerung des Aktien-Erwerbs – in Höhe von 0,2 Prozent – vor, allerdings erstens von Titeln „großer“ Unternehmen (mit mehr als einer Milliarde Euro Börsenwert) und auch nur aus den zehn Ländern, die sich zuletzt überhaupt noch für eine Finanztransaktionssteuer begeistern konnten – außer Österreich noch Belgien, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Portugal, Slowenien, Slowakei und Spanien.
Apple- oder Google-Aktien zum Beispiel könnte man weiter steuerfrei erwerben, ebenso wie die Papiere kleinerer ATX-Unternehmen wie Schoeller-Bleckmann, ATS, DoCo, FACC, so „Die Presse“ vorige Woche.
Für die übrigen 16 der 20 ATX-Wert käme die Steuer laut Scholz-Idee sehr wohl zum Tragen, auch für sämtliche DAX-Titel. Auch außerhalb des ATX gibt es Firmen mit über einer Milliarde Euro Börsenwert, derzeit etwa Strabag, Mayr-Melnhof, EVN, Flughafen, Agrana, Amag, Palfinger.
In allen zehn Ländern zusammen wären rund 500 Unternehmen betroffen, so der Bericht. Ob auch private Altersvorsorgeprodukte besteuert werden, soll laut Scholz jedes Land selbst entscheiden.
Voraussichtliche Einnahmen von 3,45 Mrd. Euro pro Jahr
Ins Gespräch gebracht worden war eine Finanztransaktionssteuer nach der Finanzkrise 2008 als mögliches Instrument gegen Spekulanten. Erste Pläne sahen Einnahmen von fast 60 Mrd. Euro pro Jahr vor.
Nach und nach sprangen aber immer mehr Staaten ab, am Ende blieben nur „die zehn Willigen“ übrig. Für die Gruppe samt dem mittlerweile ausgeschiedenen Estland ging man noch von 31 Mrd. Euro Steuerertrag aus, wovon Österreich 500 Mio. Euro im Jahr lukrieren sollte. Die jetzige Variante würde gerade noch 3,45 Mrd. Euro bringen, davon 33 Mio. Euro für Österreich.
Im Oktober hatten die EU-Finanzminister Scholz gebeten, einen Vorschlag vorzulegen. Über den zeigte sich das Finanzministerium in Wien wenig begeistert: Man habe sich für eine möglichst breite Bemessungsgrundlage eingesetzt – diesen Standpunkt vertrete Österreich nach wie vor und werde das auch in der nächsten Sitzung tun.
Pichler resümiert in seinem Gutachten abschließend, es gebe „eine Vielzahl weiterer zu erwartender negativer Effekte und Gefahren“ im Zusammenhang mit der von Scholz vorgeschlagenen Finanztransaktionssteuer (FTT), „denen gegenüber kein einziger Effekt identifiziert werden konnte, der eindeutig für die spricht“.
Wien (APA) – Auf die Pläne des deutschen Finanzministers Olaf Scholz (SPD) für eine EU-weite Finanztransaktionssteuer hatte Österreich umgehend skeptisch reagiert – man wolle eine möglichst breite Bemessungsgrundlage. Nun liegt auch eine Studie von WU-Professor Stefan Pichler für das Ministerium vor: Derzufolge würde die Steuer Österreich jährlich nur 33 Mio. Euro bringen, die Banken aber 50 Mio. Euro kosten.
Pichler kommt zum Schluss, dass die von Scholz vorgelegte Aktiensteuer-Variante für Österreich „eindeutig abzulehnen“ sei. Es sei „davon auszugehen, dass keines der vorgegebenen Ziele erreicht wird“.
So würde etwa eine Beteiligung der Banken an den Kosten der Finanzkrise nicht erreichen, was ursprünglich eine Absicht bei der erstmals 2011 präsentierten Idee war. Auch würden Spekulationen nicht verhindert, sondern sogar verstärkt – weil laut Scholz-Vorschlag der Derivatehandel, der Intradayhandel und der Hochfrequenzhandel verschont blieben.
Die angestrebte Förderung der Realwirtschaft zulasten der Spekulationswirtschaft würde laut Pichler ins Gegenteil verkehrt, weil Eigenkapitalbeschaffung gegenüber Fremdfinanzierung benachteiligt werde.
Durch die Ausnahmen für Intradayhandel und Derivatehandel würden „genau jene Teile des Finanzmarktes bevorzugt, die man gemeinhin der ‚Spekulationswirtschaft‘ zurechnen würde“, heißt es in der 50-seitigen Studie des Finanzprofessors der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU), über die am Montag „Die Presse“ berichtete und die auch der APA vorliegt.
voestalpine wäre am stärksten betroffen
Nicht nur werde „dieses Ziel ganz klar nicht erreicht“: „Es ist sogar von einer Schwächung der Realwirtschaft im Vergleich zur ‚Spekulationswirtschaft‘ auszugehen“, betont Pichler. Es würden nicht nur die Kapitalkosten der Unternehmen hochgetrieben, sondern tendenziell auch ihr Verschuldungsgrad erhöht. Am stärksten in Österreich betroffen wäre von höheren Eigenkapitalkosten in Österreich demnach die voestalpine.
Der Scholz-Vorstoß sieht eine Besteuerung des Aktien-Erwerbs – in Höhe von 0,2 Prozent – vor, allerdings erstens von Titeln „großer“ Unternehmen (mit mehr als einer Milliarde Euro Börsenwert) und auch nur aus den zehn Ländern, die sich zuletzt überhaupt noch für eine Finanztransaktionssteuer begeistern konnten – außer Österreich noch Belgien, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Portugal, Slowenien, Slowakei und Spanien.
Apple- oder Google-Aktien zum Beispiel könnte man weiter steuerfrei erwerben, ebenso wie die Papiere kleinerer ATX-Unternehmen wie Schoeller-Bleckmann, ATS, DoCo, FACC, so „Die Presse“ vorige Woche.
Für die übrigen 16 der 20 ATX-Wert käme die Steuer laut Scholz-Idee sehr wohl zum Tragen, auch für sämtliche DAX-Titel. Auch außerhalb des ATX gibt es Firmen mit über einer Milliarde Euro Börsenwert, derzeit etwa Strabag, Mayr-Melnhof, EVN, Flughafen, Agrana, Amag, Palfinger.
In allen zehn Ländern zusammen wären rund 500 Unternehmen betroffen, so der Bericht. Ob auch private Altersvorsorgeprodukte besteuert werden, soll laut Scholz jedes Land selbst entscheiden.
Voraussichtliche Einnahmen von 3,45 Mrd. Euro pro Jahr
Ins Gespräch gebracht worden war eine Finanztransaktionssteuer nach der Finanzkrise 2008 als mögliches Instrument gegen Spekulanten. Erste Pläne sahen Einnahmen von fast 60 Mrd. Euro pro Jahr vor.
Nach und nach sprangen aber immer mehr Staaten ab, am Ende blieben nur „die zehn Willigen“ übrig. Für die Gruppe samt dem mittlerweile ausgeschiedenen Estland ging man noch von 31 Mrd. Euro Steuerertrag aus, wovon Österreich 500 Mio. Euro im Jahr lukrieren sollte. Die jetzige Variante würde gerade noch 3,45 Mrd. Euro bringen, davon 33 Mio. Euro für Österreich.
Im Oktober hatten die EU-Finanzminister Scholz gebeten, einen Vorschlag vorzulegen. Über den zeigte sich das Finanzministerium in Wien wenig begeistert: Man habe sich für eine möglichst breite Bemessungsgrundlage eingesetzt – diesen Standpunkt vertrete Österreich nach wie vor und werde das auch in der nächsten Sitzung tun.
Pichler resümiert in seinem Gutachten abschließend, es gebe „eine Vielzahl weiterer zu erwartender negativer Effekte und Gefahren“ im Zusammenhang mit der von Scholz vorgeschlagenen Finanztransaktionssteuer (FTT), „denen gegenüber kein einziger Effekt identifiziert werden konnte, der eindeutig für die spricht“.