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DREIECKSSACHVERHALTE | Wie man triangulare DBA-Fälle richtig löst!

(Bild: © iStock/Fabian Montano)

Bendlinger Stefan  |  Bendlinger Valentin

Wer sich intensiv mit abkommensrechtlichen Fragen beschäftigt, stellt schnell fest, dass Dreieckssachverhalte zur Herausforderung werden können. Schon die Frage auf welches DBA sich Steuerpflichtige berufen können, ist durchaus komplex. Dieser fallorientierte Leitfaden soll als Hilfestellung dienen, um komplexe Dreieckssachverhalte leichter lösen zu können.

Beispiel: Zinszahlungen zwischen Betriebsstätten

Eine Gesellschaft ist in Staat A ansässig. Sie unterhält eine Betriebstätte in Staat B. Diese Betriebsstätte zahlt Zinsen an eine Gesellschaft, die im Staat C ansässig ist. Die Zinsen sind einer Betriebsstätte in Staat D zurechenbar. Alle Staaten besteuern Zinsen, unabhängig davon, ob diese an unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtige Personen fließen. Alle Staaten haben untereinander DBA abgeschlossen, die dem OECD-Musterabkommen folgen und wenden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Zinsen die Anrechnungsmethode an. Fraglich ist, nach welchem DBA eine Entlastung von Abzugssteuern im Quellenstaat möglich ist. 

Welche DBA sind anwendbar?

Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit von DBA ist das Vorliegen einer ansässigen Person. Eine Person ist gemäß Art 4 OECD MA dann ansässig, wenn sie in einem Staat nicht bloß mit Einkünften aus in diesem Staat gelegenen Quellen steuerpflichtig ist. Im Wesentlichen erfordert die Ansässigkeit also eine unbeschränkte Steuersubjektivität. 

Im vorliegenden Sachverhalt gibt es zwei ansässige Personen. Den in Staat A ansässigen Schuldner der Zinsen und den in Staat C ansässigen Einkünfteempfänger. Betriebsstätten sind schon deshalb keine ansässigen Personen, weil sie zum einen (i) im Betriebsstättenstaat eben nur mit Einkünfte aus Quellen innerhalb dieses Staates besteuert werden und zum anderen (ii) abkommensrechtlich nicht als “Person” gelten. Betriebsstätten sind ein unselbständiger Teil einer “ansässigen Personen”. Eine Ansässigkeit einer Betriebsstätte scheidet daher von vornherein aus, sodass das zwischen den Staaten B und D bestehende DBA nicht angewandt werden kann. Aber welche DBA sind nun anwendbar?

DBA verteilen Besteuerungsrechte zwischen zwei Vertragsstaaten. Wenn eine Betriebsstätte eines Steuerpflichtigen Zinsen an eine Betriebsstätte eines anderen Steuerpflichtigen entrichtet, gibt es potentiell zwei ansässige Personen: Den Steuerpflichtigen der die Zinsen schuldet und jenen der sie empfängt. Nachdem stets der Einkünfteempfänger aufgrund eines DBA zu entlasten ist, ist für die abkommensrechtliche Analyse nur die Ansässigkeit des Einkünfteempfängers relevant. Im konkreten Fall ist der Einkünfteempfänger in Staat C ansässig. Für die Lösung obigen Sachverhalts sind sohin sämtliche vom Staat C abgeschlossenen DBA einschlägig:

  • DBA A-C
  • DBA B-C
  • DBA D-C

Wer darf was besteuern?

Unabhängigkeit und Wechselwirkung von DBA

Alle drei DBA bestehen unabhängig voneinander und nebeneinander und beschneiden jeweils die Besteuerungsrechte der Vertragsstaaten. Die Wechselwirkung zwischen den einzelnen DBA wird dabei häufig unterschätzt: Jedes DBA weist das Besteuerungsrecht unabhängig von den Regelungen in anderen DBA zu. Nur weil ein konkretes DBA einem Staat das Besteuerungsrecht überlässt, bedeutet das nicht noch nicht, dass ein anderes DBA das Besteuerungsrecht an denselben Einkünften nicht doch beschneiden könnte. Die Verteilung der Besteuerungsrechte ist daher für jedes einzelne DBA anhand des OECD MA gesondert zu prüfen. Wie sich zeigen wird, können allerdings Dreieckssachverhalte trotz bestehender DBA zu Doppel- und Mehrfachbesteuerung führen.

Anwendung des DBA zwischen den Staaten A und C 

Das Besteuerungsrecht an Zinseinkünften wird primär in Art 11 OECD MA geregelt. Art 11 OECD MA setzt aber voraus, dass Zinsen aus einem Vertragsstaat stammen und in einen anderen Vertragsstaat gezahlt werden. Unter welchen Voraussetzungen Zinsen aus einem Vertragsstaat stammen, definiert Art 11 Abs 5 OECD MA. Nach der Grundregel des ersten Satzes dieser Bestimmung, gelten Zinsen dann aus einem Vertragsstaat stammend, wenn der Schuldner in dem Vertragsstaat ansässig ist. In gegenständlichem Sachverhalt ist der Schuldner im Staat A ansässig. Allerdings heißt es im zweiten Satz von Art 11 Abs 5 OECD MA:

Hat aber der Schuldner der Zinsen, ohne Rücksicht darauf, ob er in einem Vertragsstaat ansässig ist oder nicht, in einem Vertragsstaat eine Betriebsstätte und ist die Schuld, für die die Zinsen gezahlt werden, für Zwecke der Betriebsstätte eingegangen worden und trägt die Betriebsstätte die Zinsen, so gelten die Zinsen als aus dem Staat stammend, in dem die Betriebsstätte liegt“.

Im konkreten Fall werden die Zinsen von einer im Staat B gelegenen Betriebsstätte des Schuldners gezahlt. Die Betriebsstätte des Schuldners liegt sohin, aus Sicht des DBA A-C nicht in einem der beiden Vertragsstaaten. Die Zinsen gelten nach dem DBA A-C damit als aus A stammend. Folglich kommt Art 11 DBA A-C zur Anwendung, wonach Staat A eine 10 %ige Quellensteuer erheben. Staat C darf ebenfalls besteuern, muss jedoch gemäß  Art 23 DBA A-C die 10 %ige Quellensteuer anrechnen. 

Anwendung des DBA zwischen den Staaten B und C

Auf Grundlage des DBA B-C ist zu prüfen, ob Art 11 DBA B-C zur Anwendung kommen kann. In diesem Fall ist  Art 11 Abs 5 DBA B-C relevant. Zwar ist der Schuldner in Staat A und damit in keinem der beiden Vertragsstaaten ansässig, allerdings hat der Schuldner in Staat B eine Betriebsstätte die die Zinsen an eine in Staat C ansässige Person bezahlt. Folglich kommt auch nach diesem DBA dem Quellenstaat, als dem Staat B, ein 10 %iges Quellenbesteuerungsrecht zu. Staat C darf wiederum besteuern, muss nach Art 23 DBA A-B aber 10 % Quellensteuer anrechnen.

Anwendung des DBA zwischen den Staaten D und C 

Die Verteilungsnorm für Zinsen des DBA D-C  ist nicht anwendbar, weil die Zinsen aus keinem der beiden Vertragsstaaten stammen. Der Schuldner ist weder in Staat D noch im Staat C ansässig und unterhält in keinem der beiden Staaten eine Betriebsstätte. Folglich ist nur Art 7 DBA D-C einschlägig, wonach Einkünfte einer Betriebsstätte im Betriebsstättenstaat D besteuert werden dürfen. C muss etwaige im Staat D erhobene Steuern anrechnen.

Zusammenspiel der anwendbaren DBA

Im Ergebnis erheben die Staaten A und B auf die Zinsen eine 10 %ige Quellensteuer. Staat D besteuert die Zinseinkünfte der Betriebsstätte und Staat C könnte die Betriebsstättengewinne zwar in die Bemessungsgrundlage einbeziehen, muss aber die in Staat D erhobene Steuer anrechnen. Mangels Steuerbelastung in C, wird die Anrechnung der von Staat A und B erhobenen 10 %igen Quellensteuer nicht möglich sein. Obwohl Staat D als Betriebsstättenstaat nicht Ansässigkeitsstaat des Einkünfteempfängers ist, gebietet das Betriebsstätten-Diskriminierungsverbot in Art 24 Abs 3 DBA D-C, dass Staat D der Betriebsstätte eine Anrechnung der in Staat B erhobenen Quellensteuer nach dem (fiktiv) anwendbaren DBA B-D gewähren muss. 

FAZIT

Dieser Leitfaden soll aufzeigen zu welchen Komplexitäten Dreieckssachverhalte im Recht der DBA führen können. Dennoch lassen sich auch solche Steuerfälle lösen, indem von der Ansässigkeit des Einkünfteempfängers ausgegangen wird. DBA sind nur auf ansässige Personen anwendbar, nicht jedoch auf (beschränkt steuerpflichtige) Betriebsstätten. Eine Entlastung in den jeweiligen Quellenstaaten kann jeweils nur auf Grundlage eines auf ansässige Personen anwendbaren DBA erfolgen, nicht aber auf Basis eines DBA, das zwischen zwei Betriebsstättenstaaten besteht.

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