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Roland Macho im BFGjournal zu Gast

„Die Verrechnungspreisspirale dreht sich immer schneller.“ – Mag. Roland Macho ist seit 1. 3. 2018 Fachvorstand der Großbetriebs­prüfung. (Bild: © Linde Verlag) „Die Verrechnungspreisspirale dreht sich immer schneller.“ – Mag. Roland Macho ist seit 1. 3. 2018 Fachvorstand der Großbetriebs­prüfung. (Bild: © Linde Verlag)

Mag. Roland Machos berufliche Laufbahn begann 1982 im Finanzamt für den 1. Bezirk in Wien. Neben seiner Prüfertätigkeit absolvierte er das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien. 1994 wechselte Macho in die Großbetriebs­prüfung, wo er zunächst als Prüfer und ab 2001 als Gruppenleiter bzw Teamleiter tätig war. Zuletzt übte er auch die Funktion des Regionalverantwortlichen für die Region Ost aus. Anlässlich seiner Bestellung zum Fachvorstand der Großbetriebs­prüfung baten wir ihn zum Interview.

BFGjournal: Wie empfinden Sie die Umstellung vom Teamleiter und Regionalverantwortlichen zum Fachvorstand? Sind Sie bei Prüfungen noch „hautnah“ dabei? Was haben Sie sich vorgenommen?

Roland Macho: Es lässt sich nicht vermeiden, dass ich auch in meiner neuen Funktion immer noch „hautnah“ bei Betriebs­prüfungen dabei bin. Zum Glück, denn das bewahrt auch die Einsicht in die Problem­stellungen der täglichen Arbeit eines Betriebsprüfers/einer Betriebsprüferin. Andererseits gibt es abseits der einzelnen Prüfungsfälle aber auch eine Vielzahl von Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. In einer Großbetriebs­prüfung mit ca 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wovon in den letzten Jahren an die 100 Prüferinnen und Prüfer neu aufgenommen wurden und derzeit in Grund- und Funktions­ausbildung sind, gibt es zB gerade im Bereich der Aus- und Weiter­bildung viel zu tun. Ebenso stellt der Fachbereich mit fast 20 Fachexperten, die über das gesamte Bundesgebiet „verstreut“ sind, eine große Herausforderung dar. Aber auch aktuelle Projekte wie die Mitarbeit an der legistischen Umsetzung der begleitenden Kontrolle (Gesetz, Verordnung) erfordern großes Engagement und beanspruchen nicht unbeträchtliche Zeitressourcen.

BFGjournal: Zurzeit wird wieder viel über das Horizontal Monitoring berichtet. 2011 begann es als Pilotprojekt. Wurden die Erwartungen erfüllt? Ist die im Entwurf zum Jahres­steuergesetz 2018 in den §§ 153a ff BAO vorgesehene „Begleitende Kontrolle“ eine konsequente Fortentwicklung? Wird damit die Finanz­verwaltung gleichsam zum „Berater“ von Unternehmen bzw die klassische Betriebs­prüfung obsolet?

Roland Macho: Ja, die Erwartungen wurden erfüllt, teilweise übererfüllt, teilweise gibt es nun aber auch eine andere Sichtweise. So hat sich im Zuge der Evaluation des Horizontal-Monitoring-Projekts herausgestellt, dass einerseits die Rechtssicherheit durch zeitnähere (endgültige) Bescheide – und damit zusammenhängend eine frühere Abgabenentrichtung – gestiegen ist. Andererseits ging dies bisher (noch) nicht mit einer Ressourceneinsparung in der Betriebs­prüfung einher.

Die Überleitung des Pilotprojekts in den Regelbetrieb ist die Fortentwicklung von Horizontal Monitoring unter dem neuen, nunmehr in der BAO geregelten Begriff „Begleitende Kontrolle“. Damit soll klargestellt werden, dass die Unternehmen – zumindest die größeren – die Wahlfreiheit haben, in das neue Modell der Betriebs­prüfung (mit allen Vor- und Nachteilen) zu optieren oder im bestehenden Modell der Außen­prüfung nach § 147 BAO zu verbleiben.

Die Berater brauchen keine Existenzängste zu haben. Die Betriebs­prüfung wird dadurch nicht zum Berater, vielmehr werden die „Problemfelder“ in der begleitenden Kontrolle zeitnah und transparent zwischen dem Unternehmen und der Finanz­verwaltung besprochen und entschieden. Das ist der größte Vorteil von Prüfungen nach § 153a BAO: Die Zeitnähe spart Ressourcen (und oft auch Nerven, weil man nicht über alte, oft vergessene Sacherhalte diskutieren muss) und gibt Sicherheit. Die Prüfung findet in der Gegenw­art statt und ist nicht nur „Vergangenheitsbewältigung“.

Roland Macho arbeitet an zahlreichen internationalen Programmen mit, ist weiters Universitätslektor an der Wirtschaftsuniversität Wien und wissenschaftlicher Leiter der Tax-Management-Studiengänge an der Fachhochschule Campus Wien. Er ist Fachvortragender und Fachautor insbesondere im Bereich des internationalen Steuer­rechts und der Verrechnungspreise. (Bild: © Linde Verlag)
Roland Macho arbeitet an zahlreichen internationalen Programmen mit, ist weiters Universitätslektor an der Wirtschaftsuniversität Wien und wissenschaftlicher Leiter der Tax-Management-Studiengänge an der Fachhochschule Campus Wien. Er ist Fachvortragender und Fachautor insbesondere im Bereich des internationalen Steuer­rechts und der Verrechnungspreise. (Bild: © Linde Verlag)

BFGjournal: Nach dem Jahres­steuergesetz 2018 soll überdies die Möglichkeit, iSd § 118 BAO verbindliche Auskunfts­bescheide („Advance Ruling“) zu erlangen, unter anderem generell auf das „internationale Steuer­recht“ und das Vorliegen von Missbrauch iSd § 22 BAO ausgedehnt werden. Kann dadurch ein höheres Maß an Rechtssicherheit erreicht werden? Sehen Sie die Gefahr, dass diese Auskunftsmöglichkeit für ein „Sanktionieren“ aggressiver Steuerpolitik „ausgenützt“ werden könnte?

Roland Macho: Aggressive Modelle gehören grundsätzlich der Vergangenheit an bzw sehen wir in Betriebs­prüfungen nur (noch) die Auswirkungen der Vergangenheit. Rechtssicherheit ist generell das Thema der „Jetztzeit“, insoweit ist das Jahres­steuergesetz in diesem Bereich eine konsequente Weiterentwicklung, dem Bedarf entsprechend.

Es wird an der Arbeit der Finanz­verwaltung, aber hauptsächlich auch in der Eigenverantwortung von Beratungs­unternehmen und Unternehmen liegen, dass dem Grundgedanken von Rechtssicherheit Folge geleistet wird und aggressive Modellgestaltungen eben gar nicht im Rahmen von „§ 118 Auskunfts­bescheiden“ angefragt bzw positiv beauskunftet werden.

BFGjournal: Mit dem BEPS-Aktionsplan der OECD und dessen Umsetzung in nationales Recht rückt das Thema zur Verhinderung von Steuerausfällen in den Fokus von Finanz­verwaltung und Betriebs­prüfung. Wie sehen Sie die relevanten Vorschriften zu steuer­rechtlichen Verrechnungspreisen etwa im Verrechnungspreisdokumentations­gesetz (VPDG) und die Anwendung von Verrechnungspreis­methoden?

Roland Macho: BEPS stellt die Verrechnungspreise in den Fokus von Unternehmen, Beratern und Finanz­verwaltungen, generell der Öffentlichkeit. Mit dem VPDG hat man dem Rechnung getragen und die Dokumentation der Fremdüblichkeit von Verrechnungspreisgestaltungen legistisch geregelt. Inhaltlich gesehen war das Thema immer „in (Weiter-)Entwicklung“. Dem Trend der Zeit folgend ist die Dynamik jedoch eine viel größere geworden. Dies umso mehr, als durch die Globalisierung der Weltwirtschaft die Anzahl an Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen und somit auch die Volumina an Steuersubstrat, die bewegt wurden, massiv angestiegen sind.

Die Forschung und wissenschaftliche Befassung mit dem Thema Verrechnungspreise brachte auch eine viel größere Tiefe in die Anwendung der Verrechnungspreis­methoden. Insbesondere die Bedeutung der „Value Chain“ führt zu einem Ansteigen der Profit-Split-Methode, die wohl die komplexeste Methode darstellt.

BFGjournal: Koordinierte bzw gleichzeitige Außen­prüfungen über die Landesgrenze hinweg nehmen zu. In Auslandsfällen gilt gemäß § 115 Abs 1 BAO eine erhöhte Mitwirkungs­pflicht des Abgabe­pflichtigen. Außerdem ermöglicht das EU-Amtshilfe­gesetz (EU-AHG) den Austausch von voraussichtlich erheblichen Informationen in Steuersachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Wie sehen Sie den Rechtsschutz gegen den Informationsaustausch im Spannungsfeld zum Steuer­geheimnis?

Roland Macho: Rechtsschutz ist ein Grundbedürfnis der Gesellschaft, insbesondere unter dem Eindruck der Medienberichte der letzten Monate. Auf der anderen Seite führt dies zu immer längeren und komplizierteren Verfahren. Gerade im Informationsaustausch mit anderen EU-Staaten stellen unterschiedliche Sichtweisen und Gerichts­entscheidungen in den einzelnen Ländern einen beträchtlichen Hinderungsgrund bei multilateralen Kontrollen dar, was zu langer Prüfungsdauer führt bzw führen kann. Dies sollte jeder Abgabe­pflichtige bedenken, wenn er einerseits alle rechtlichen Möglichkeiten bis ins Letzte ausschöpft, andererseits aber die langen Verfahrensdauern reklamiert.

Dr. Angela Stöger-Frank, die Leiterin des Evidenzbüros des BFG, im Interview mit Mag. Roland Macho. (Bild: © Linde Verlag)
Dr. Angela Stöger-Frank, die Leiterin des Evidenzbüros des BFG, im Interview mit Mag. Roland Macho. (Bild: © Linde Verlag)

BFGjournal: International tätige Beratungskanzleien rüsten personell und fachlich immer mehr auf, während die Finanz­verwaltung, trotz zusätzlicher Aufgaben etwa im Bereich des Auskunfts­bescheids oder der begleitenden Kontrolle, durch jahrzehntelange, auch aktuell offenbar angedachte Personaleinsparungen geprägt ist und im Bereich der Fortbildung auf der Bremse steht. Sehen Sie die Gefahr, dass die Finanz­verwaltung, insbesondere im Bereich internationaler Steuerfälle, dadurch zunehmend ins Hintertreffen gerät? Wie kann man dieser Entwicklung im Rahmen des Möglichen entgegenwirken?

Roland Macho: Fakt ist, dass die Großbetriebs­prüfung in den letzten Jahren eine Vielzahl von „Jungprüfern“ aufgenommen hat. Es wäre nicht möglich, ein „Mehr“ an Neuaufnahmen – bei laufendem Betrieb – auszubilden, weil die Grund- und Funktions­ausbildung eines Großbetriebsprüfers mindestens drei Jahre dauert. Anschließend ist auch noch die erforderliche Praxis notwendig, um eine 100%ige Prüfungs­leistung erbringen zu können. Insofern ist in letzter Zeit einiges passiert und vieles in Aufbau (dh in Ausbildung). Auf der anderen Seite sitzt uns in Betriebs­prüfungsbesprechungen eine Viel-(Mehr-)Zahl von Beratern gegenüber.

Überdurchschnittlicher Einsatz und großes Engagement der Mitarbeiter – insbesondere der Ausbildungsprüferinnen und Ausbildungsprüfer; ihnen sei an dieser Stelle ein großes Kompliment ausgesprochen – sowie eine hohe Qualität in der Aus- und Fortbildung werden es ermöglichen, dass wir mit der „Beratungsindustrie“ auf Augenhöhe agieren können. Ebenso wird die zunehmende Spezialisierung auch auf Prüferebene ein zu beachtendes Thema sein.

BFGjournal: Sie sind wissenschaftlicher Leiter der Tax-Management-Studiengänge an der FH Campus Wien. Der Lehrplan wurde von der FH Campus Wien in Kooperation mit dem BMF und der Akademie der Wirtschaftstreuhänder entwickelt. Zu Beginn im Jahr 2009 kam der Großteil der Studierenden noch aus dem BMF, zwischenzeitlich sind solche in der Minderzahl. Wie hat sich das Bachelor- bzw Masterstudium entwickelt? Wie sehen Sie die Abgrenzung zu anderen steuer­rechtlichen Studien, insbesondere zu jenen an der Wirtschaftsuniversität Wien? Wie wirkt sich das Tätigwerden zahlreicher „Praktiker“ aus Beratung, Gerichtsbarkeit und Finanz­verwaltung aus und welche beruflichen Perspektiven ergeben sich für die Absolventen?

Roland Macho: Die Studien haben sich naturgemäß – allein schon durch die „Herkunft“ (und damit auch die einschlägige Vorbildung und Berufspraxis) – weiterentwickelt. Stand anfangs eine punktuelle Vertiefung und Verfestigung von Wissen im Vordergrund, so geht es nun eindeutig in die Richtung eines fundierten Basiswissens in den Kernbereichen des Steuer­rechts. Tax Management stellt das Steuer­recht in den Mittelpunkt und bietet angrenzende Themen wie Betriebswirtschaft, aber auch soziale Kompetenzen sowie Englisch in sehr praxisnaher Art und Weise. In allen anderen Studiengängen hat das Steuer­recht keine derart dominante Stellung. Die Lehrbeauftragten, allesamt Praktiker mit großer Expertise, stammen fast ausschließlich aus den von Ihnen angeführten Bereichen und können somit praxisnahe Wissensv­ermittlung bieten. Wie Rückmeldungen aus dem Berater- und Unternehmensbereich, aber auch von Absolventinnen und Absolventen sowie Kolleginnen und Kollegen aus der Finanz­verwaltung zeigen, sind die Tax Manager universell im „Steuersektor“ einsetzbar und stark nachgefragt. Engagierte Tax Manager haben somit sehr gute Jobaussichten.

BFGjournal: Neben Ihrer neuen Führungsaufgabe bleiben Sie uns nach wie vor als Fachautor und -vortragender erhalten. In Kürze erscheint im Linde Verlag ein neues Buch mit Ihnen als Co-Autor zu den „Verrechnungspreisdokumentations­pflichten“. Verraten Sie uns Ihre nächsten Pläne? Was werden wir von Ihnen in nächster Zukunft hören bzw lesen?

Roland Macho: Da sich – wie bereits erwähnt – die Verrechnungspreisspirale immer schneller dreht, erscheint demnächst die aktualisierte und erweiterte Auflage der Verrechnungspreisdokumentations­pflichten. Auch die begleitende Kontrolle wird von meiner Seite in nächster Zeit schriftstellerisch kommentiert werden.

1) Mein Ziel für heuer ist (beruflich oder privat) …

… doch noch das eine oder andere Bild zustande zu bringen und mich malerisch zu betätigen.

2) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

„The Four“ von Scott Galloway.

3) Das größte Vergnügen für mich ist …

… eine Stunde am Beifahrersitz zu verbringen, mit meinem Sohn am Lenkrad (L17).

4) Welche Persönlichkeit würden Sie gerne näher kennenlernen?

Karl und Rudolf Obauer.

5) Nach der Arbeit …

… kein Telefon, kein Computer und keine sozialen Medien.

Der ganze Artikel (BFGjournal 2018, 134) als PDF und bei Lindeonline.

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