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Peter Haunold im BFGjournal zu Gast

„Im Steuer­recht ist der Zug zur internationalen Transparenz nicht mehr aufzuhalten“ - Dr. Peter Haunold ist Geschäftsführer und Partner einer international tätigen Wirtschafts­prüfungs- und Steuerberatungs­gesellschaft in Wien. (Bild: © Linde Verlag) „Im Steuer­recht ist der Zug zur internationalen Transparenz nicht mehr aufzuhalten“ - Dr. Peter Haunold ist Geschäftsführer und Partner einer international tätigen Wirtschafts­prüfungs- und Steuerberatungs­gesellschaft in Wien. (Bild: © Linde Verlag)

Dr. Peter Haunold über das Country-by-Country-Reporting, die Katz- und Mausjagd zwischen Unternehmen und Finanzbehörden und das Forum Alpbach.

Das Interview auf YouTube

Als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ist Peter Haunold vorwiegend in der Konzern­steuerberatung, bei der Beratung von High Net Worth Individuals, M&A-Transaktionen, Umgründungen, Umstrukturierungen und Ausgliederungen tätig. Anlässlich des Symposions „Transparenz und Informationsaustausch – Der gläserne Steuer­pflichtige“ an der WU Wien baten wir ihn zum Interview.

BFGjournal: Die Tagung an der WU Wien war sehr gut besucht. Die Teilnehmer, vorwiegend Studierende und Steuerberater, stellten sehr viele kritische Fragen zum automatischen Austausch von Tax Rulings, zu BEPS oder etwa dem Country-by-Country-Reporting. Bleiben wir bei letzterem, dem CbC-Reporting für bestimmte multinationale Unternehmen, also Unternehmen mit über 750 Mio Euro Umsatz. Ein Urteil des französischen Verfassungs­gerichts stellte fest, das CbC-Reporting gebe zu tiefe Einblicke in die Unternehmensstrukturen und widerspreche daher der französischen Verfassung. Ein schwerwiegendes Urteil. Welche Folgen sind damit verbunden?

Peter Haunold: Beim CbC-Reporting ist zu unterscheiden: Durch die EU-Gesetzgebung und die verpflichtende Umsetzung dieser Vorgaben in allen Mitgliedstaaten der EU müssen die betroffenen Großunternehmen erstmals für 2016 bestimmte länderspezifische Angaben an die Finanzbehörden übermitteln, die diese dann – unter bestimmten Voraussetzungen – international automatisch austauschen. Daneben wird die EU-weite Einführung eines öffentlichen CbC-Reportings diskutiert, mit dem länderspezifische Angaben nicht nur den Finanzbehörden, sondern der gesamten Öffentlichkeit zugänglich wären. Damit soll nach den Vorstellungen der OECD der Druck auf Unternehmen erhöht werden, sich „steuerehrlich“ zu verhalten. Das Urteil des französischen Verfassungs­gerichts betrifft nur das öffentliche CbC-Reporting, das nach Ansicht des französischen Verfassungs­gerichts als unverhältnismäßiger Eingriff in die unternehmerische Freiheit eingestuft wurde. Ein öffentliches CbC-Reporting ist in der EU noch nicht verpflichtend, sondern existiert derzeit nur als Vorschlag der EU-Kommission.

Das mittlerweile gesetzlich verpflichtende CbC-Reporting gegenüber den Finanzbehörden wird die Transparenz in grenzüberschreitenden steuerlichen Fragen sicherlich erhöhen, wenngleich abzuw­arten ist, welche Schlüsse die Finanzbehörden aus den übermittelten Daten ziehen werden. Der automatische Austausch dieser Daten zwischen den Finanzbehörden verschiedener Länder ist aber aus guten Gründen daran geknüpft, dass die ausgetauschten Daten auch nur von den Finanzbehörden verwendet werden und schon gar nicht an die Öffentlichkeit gelangen dürfen. Die Wahrung des Steuer­geheimnisses ist also eine Grund­voraussetzung für diesen Informationsaustausch.

Es ist zu hoffen, dass die EU ein öffentliches CbC-Reporting nicht einführt. Dadurch drohen Wettbewerbsnachteile.

Anders wäre das bei einem öffentlichen CbC-Reporting. Dieses würde die Gefahr in sich bergen, dass Unternehmen aufgrund von in der Öffentlichkeit vermuteten Steuervermeidungen oder gar -hinterziehungen an den Pranger gestellt werden, was zu einer Vorverurteilung zumindest in der Öffentlichkeit führen könnte. Behördliche oder gerichtliche Verfahren könnten in weiterer Folge beeinflusst werden, was dem Objektivitätsgebot zuwiderläuft. Wir erleben das bereits jetzt in den medial bekannten Fällen wie Google, Starbucks, Apple etc. Durch die rasante Entwicklung der Social Media, mit denen Ansichten und Meinungen Einzelner innerhalb von Sekunden an eine Vielzahl von potenziellen Lesern verbreitet werden können, verschärft sich das Problem einer möglichen Vorverurteilung in der Öffentlichkeit noch.

BFGjournal: Im Verlauf des Symposions fiel immer wieder, dass es auf die Verhältnismäßigkeit ankäme. Wie könnte man diese tatsächlich definieren bzw wie sehen Sie das Spannungs­verhältnis zwischen Offenlegung der Unternehmenskennzahlen und „misleading“?

Peter Haunold: Die Verhältnismäßigkeit spielt bei allen Maßnahmen, die eine grenzüberschreitende Steuervermeidung verhindern sollen, eine Rolle. Die diesbezüglichen Regeln, die den Unternehmen dabei aufgebürdet werden, dürfen und sollen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist. Diese Formel zur Verhältnismäßigkeit wendet zB der EuGH in seiner Rechtsprechung regelmäßig an. Dabei geht es darum, dass sich die Verpflichtungen, denen Unternehmen ausgesetzt sind, mit vertretbaren Kosten bewältigen lassen müssen und diese die Unternehmen nicht in ihrer Erwerbsfreiheit behindern oder einschränken dürfen. Aus letzterem Grund hat sich das französische Verfassungs­gericht gegen ein öffentliches CbC-Reporting ausgesprochen, weil es die Erwerbsfreiheit in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt sah, zB weil Betriebs­geheimnisse nicht gewahrt wären oder eine öffentliche Vorverurteilung drohen könnte. Es ist zu hoffen, dass die EU ein öffentliches CbC-Reporting aus den genannten Gründen nicht einführt. Damit könnte Europa gegenüber dem Rest der Welt auch Wettbewerbsnachteile erleiden, die sich letztlich negativ auf die europäische Wirtschaftsentwicklung auswirken könnten. Gerade bei internationalen Steuerfragen ist auf einen gewissen globalen Gleichklang zu achten. Die Übernahme einer Vorreiterrolle kann oft mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen, zB dann, wenn Unternehmen aus Europa abwandern und damit Arbeitsplätze verloren gehen. Zudem könnte sich dadurch ein weiterer Zerfall der EU beschleunigen (Stichwort: Brexit, Frexit etc). In der politischen und wirtschaftlichen Situation, in der sich die EU aktuell befindet, kombiniert mit einer gewissen protektionistischen Entwicklung in den USA sollten neue Bürden für Unternehmen in Europa meines Erachtens vermieden werden.

Der Begriff „misleading“ ist einerseits im Zusammenhang mit dem bereits verpflichtenden CbC-Reporting gegenüber den Finanzbehörden zu sehen. Wir wissen noch nicht, welche Schlüsse die Finanz­verwaltungen verschiedener Länder aus den erhaltenen Informationen ziehen werden. Es gibt zumindest Befürchtungen, dass Länder diese Informationen missverständlich interpretieren und dies zum Anlass nehmen könnten, die Geschäftseinheiten in ihrem Land einer übermäßigeren Besteuerung zu unterziehen, als das nach anerkannten Gewinnaufteilungs­methoden sachge­recht wäre. Daher wird stets betont, dass die Informationen aus dem CbC-Reporting nur der Anfang einer umfassenden Verrechnungspreisanalyse sein können, nicht aber als einzige Grundlage für eine sachge­rechte steuerliche Gewinnaufteilung zwischen den Ländern, in denen die betroffenen Großunternehmen tätig sind, herangezogen werden sollen. Ob diese Richtschnur von den Finanzbehörden in allen Ländern angewendet wird, wird sich erst in der näheren Zukunft zeigen, wenn die ersten Informationen ausgetauscht und diese in Steuer­verfahren verwendet wurden.

Andererseits wäre die Gefahr von „misleading“ bei einem öffentlichen CbC-Reporting noch viel größer, weil sich Unternehmen gegen in der medialen Öffentlichkeit vorgenommene Interpretationen von Einzelnen, die sich einen bestimmten Sachverhalt, der jedoch nicht der Realität entspricht, aus den öffentlich verfügbaren Informationen zusammenreimen, ungleich schwerer wehren können als in einem ordentlichen Besteuerungs­verfahren mit richterlicher Kontrolle.

BFGjournal: Ebenso wurden im Zuge der Offenlegung der Daten die Melde­pflichten diskutiert. Die OECD schlägt vor, dass „im Zweifel zu melden ist“. Mag. Robert Rzeszut, Steuerberater in Wien, meinte, die Melde­pflicht bedeute Selbstanzeige und es gehe dabei auch um die Standes­pflichten des Berufsstandes der Steuerberatung sowie die Aufweichung des Berufs­geheimnisses. Können Sie dies für unsere Leser und Leserinnen näher erläutern?

Peter Haunold: Dabei geht es um eine weitere Initiative der OECD bezüglich der Verpflichtung für Unternehmen und/oder Berater, sogenannte „Steuermodelle“ an die Finanz­verwaltung melden zu müssen (BEPS Action 12). In Ländern wie beispielsweise den USA, dem Vereinigten Königreicht oder Kanada existieren solche Verpflichtungen bereits. In der EU wird eine flächendeckende Einführung diskutiert.

Mit einer solchen Verpflichtung wären zumindest nach unserer Rechtstradition mehrere Probleme verbunden. Dies beginnt zunächst einmal damit, dass es schwer, wenn nicht sogar unmöglich ist, den Begriff „Steuermodell“ abstrakt so zu definieren, dass hinreichend klar ist, was unter einem „Steuermodell“ zu verstehen ist. Die damit verbundene Rechtsunsicherheit ist somit enorm, was daher dazu führen wird, dass „im Zweifel“ etwas als „Steuermodell“ gemeldet wird, was vielleicht gar keines ist. Sobald aber ein Sachverhalt als „Steuermodell“ gemeldet wird, haftet auch einer legalen Struktur der Makel der potenziellen Illegalität an.

Univ.-Prof. Dr. Claus Staringer hat in der Diskussion zu diesem Thema daher zu Recht eingewendet, dass eine derartige Verpflichtung angloamerikanisch geprägt ist, weil das Steuer­recht dieser Staaten viel kasuistischer ist als beispielsweise das deutsche oder österreichische, in dem Sachverhalte in der Regel entsprechend ihrem wirtschaftlichen Gehalt interpretiert werden und daher die Einzelfallgestaltung in den Hintergrund tritt. Mit anderen Worten: Eine solche Verpflichtung wäre mit unserer Steuer­rechtstradition nicht vereinbar.

Die Verpflichtung für Unternehmen „Steuermodelle“ an die Finanz­verwaltung melden zu müssen, wäre nach unserer Rechtstradition mit mehreren Problemen verbunden.

Hinzu kommt: Würde Steuerberatern oder auch Rechtsanwälten eine derartige Melde­verpflichtung auferlegt, würde dies im diametralen Widerspruch zur geltenden Verschwiegenheits­verpflichtung dieser Berufsgruppen stehen. Steuerberater und Rechtsanwälte wären damit gleichsam verpflichtet, ihre Mandanten bei den Behörden anzuzeigen, wenn sie ein „Steuermodell“ entweder selbst beraten haben oder ihnen ein solches auch nur zur Kenntnis gelangt. Eine derartige Durchlöcherung der Verschwiegenheits­verpflichtung kann kein Anliegen in einem Rechtsstaat sein, denn diese dient nicht nur dem Vertrauens­verhältnis zwischen dem Mandanten und seinem Steuerberater oder Rechtsanwalt, sondern soll auch eine „Waffengleichheit“ bei behördlichen oder gerichtlichen Auseinandersetzungen sicherstellen.

In konkretem Bezug auf das Steuer­recht, das immer komplexer wird, bedeutet dies, dass sich der rechtsunterworfene Steuer­pflichtige für die Durchsetzung seiner rechtlichen Interessen oder – noch mehr – zu seiner Verteidigung in einem Straf­verfahren eines Beraters bedienen kann, dem er sich anvertrauen kann, ohne fürchten zu müssen, dass die dem Berater gegebenen Informationen gleich an die Behörden weiterge­geben und potenziell gegen ihn verwendet werden könnten. Im Straf­recht kommt dies besonders deutlich dadurch zum Ausdruck, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst zu belasten. Untrennbar mit diesem Recht ist auch die Verschwiegenheits­verpflichtung des Verteidigers verbunden, weil das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen, ansonsten damit umgangen werden könnte, dass der Verteidiger die von seinem Mandanten erhaltenen Informationen an die Behörden weiterzu­geben verpflichtet wäre. Das käme einer Selbstanzeige bzw Selbstbeschuldigung über vom Verteidiger erlangte Informationen gleich. Aus den angeführten Gründen halte ich von einer Verpflichtung zur Meldung von „Steuermodellen“ daher nichts, weil dies rechtsstaatlich bedenklich und aus Gründen des Rechtsschutzes schon gar nicht wünschens­wert wäre.

BFGjournal: Verlieren wir bei all diesen kritischen Diskussionen nicht das ursprüngliche Ziel, nämlich Steuerflucht und Steuer­betrug zu bekämpfen, aus den Augen (Anmerkung: unterschiedliche Steuerniveaus, globale Steuerharmonisierung)?

Peter Haunold: Hier muss man unterscheiden: Ich rede nicht der straf­rechtlich relevanten Steuer­hinterziehung bzw dem Steuer­betrug das Wort. Das ist aber etwas anderes als legale Steuerplanung, deren Bestandteil im internationalen Kontext natürlich auch die Nutzung unterschiedlicher Besteuerungsniveaus bzw Steuersysteme ist. Sie wird es geben, solange es auf der Welt unterschiedliche Besteuerungsniveaus bzw Steuersysteme gibt. Unternehmen sind ihren Eigentümern gegenüber verpflichtet, die Kostenbelastungen so gering wie möglich zu halten. Zu diesen Kosten zählt auch die Steuerbelastung. Das bedeutet, dass Unternehmen verpflichtet sind, auch ihre Steuerbelastung so niedrig wie möglich zu halten und daher auch unterschiedliche Besteuerungsniveaus bzw Steuersysteme zu nutzen, wenn dies legal möglich ist. Die Steuermoral spielt dabei insoweit eine Rolle, als durch legale, aber in den Augen der Öffentlichkeit zu aggressive Steuerplanung ein Image­schaden eintreten kann, der sich ungünstig auf das Unternehmen insgesamt auswirkt und damit die negativen Folgen die positiven der Steuerersparnis überwiegen. Wenn daher die breite Öffentlichkeit der Meinung ist, dass zB Google zu wenig Steuern zahlt, kann jeder von uns darauf reagieren, indem er Google nicht mehr nützt. Mir wäre aber nicht bekannt, dass die Zugriffszahlen auf Google gesunken wären, seitdem Google als „Steuervermeider“ in der Öffentlichkeit am Pranger steht.

An diesem Beispiel sieht man meines Erachtens sehr gut, dass legale Steuerplanung auch in Zukunft nicht gänzlich vermieden werden kann, solange es einen globalen Steuerwettbewerb gibt. Es ist aber zu beobachten, dass die Möglichkeiten zur Erzielung von Steuerersparnissen vor allem durch die verstärkte internationale Zusammenarbeit der Finanzbehörden und die Weiterentwicklung des internationalen Steuer­rechts weniger geworden sind. Man muss jedoch auch festhalten, dass sich aufgrund dieser Entwicklungen protektionistische Tendenzen einzelner Staaten (wie zB aktuell in den USA) wieder verstärken. Ich habe Zweifel, ob das zielführend ist. Alle sollten ein gewisses Augenmaß beim Erfinden neuer Maßnahmen behalten.

BFGjournal: Mag. Florian Rosenberger, mein Interviewp­artner im Märzheft des BFGjournals, schilderte die Folgen von Transparenz- und Compliance-Vorschriften und mit ihr die BEPS-getriebene Compliance sehr drastisch damit, dass mit recht breit streuenden Schrotflinten auf die Jagd gegangen wird und der Kollateral­schaden dementsprechend hoch ausfällt. Teilen Sie diese Ansicht?

Peter Haunold: Das ist sehr drastisch ausgedrückt. Ich verweise aber auf meine bereits geäußerte Meinung, dass ich die Einführung weiterer Maßnahmen für potenziell schädlich halte. Vielmehr sollte nun ein paar Jahre beobachtet werden, wie sich die bereits umgesetzten Maßnahmen in der Praxis bewähren, um dann allenfalls Nachschärfungen vorzunehmen. Aber meiner Ansicht nach ist im Steuer­recht der Zug zur internationalen Transparenz nicht mehr aufzuhalten. Steuer­pflichtige werden daher gläserner, als sie es in der Vergangenheit waren.

BFGjournal: Im Rahmen der Podiumsdiskussion mahnte Univ.-Prof. Dr. DDr. h.c. Michael Lang in Bezug auf den Vorwurf der Verfassungswidrigkeit betreffend die Melde­pflichten zur Vorsicht, die Verfassungskeule zu schwingen. Es gehe hier auch um einen kulturellen Paradigmenwechsel. Wie sehen Sie die Zukunft? Befinden wir uns in einem gesellschaftlichen Wandel?

Peter Haunold: Ja, das Berufsbild des Steuerberaters war vor 20 Jahren sicherlich noch anders. Damals hat man von einem Steuerberater erwartet, dass er hilft, Steuern – natürlich auf legalem Weg – zu sparen. Darauf war der gesamte Fokus gerichtet. Compliance oder auch korrekte Verrechnungspreisgestaltungen waren Nebenthemen bzw Hygiene­faktoren. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 und den daraus resultierenden, zunehmend klammen Staatskassen haben viele Länder die Besteuerungsschrauben deutlich fester angezogen, indem zB das Finanzstraf­recht verschärft wurde und nationale sowie internationale Compliance-Vorschriften wie die berühmten „Schwammerln aus dem Boden geschossen sind“. Das betrifft nicht nur die verstärkte Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen Finanzbehörden verschiedener Ländern, sondern zB auch nationale Maßnahmen wie die Registrierkassen­pflicht, das Kontenregister, die Konteneinschau und Maßnahmen gegen Lohndumping und Sozial­betrug.

BFGjournal: Ist damit nicht ebenso ein Paradigmenwechsel in der Steuerberatung verbunden?

Peter Haunold: Ja. Alle oben angeführten Maßnahmen haben auch das Berufsbild des Steuerberaters gewandelt, von dem deutlich mehr als früher erwartet wird, dass er seinen Mandanten hilft, „alles richtig und gesetzeskonform zu machen“.

BFGjournal: Kommen wir zu einem anderen Thema. Sie sind Experte im internationalen Steuer­recht, für Stiftungen, Umgründungen oder Konzern­steuerrecht. Wie sehen Sie etwa beim Konzern­steuerrecht die Entwicklung?

Peter Haunold: Die Katz- und Mausjagd zwischen Unternehmen und Finanzbehörden hat in den letzten Jahren in Österreich dazu geführt, dass unser Konzern­steuerrecht immer kasuistischer und damit deutlich komplexer geworden ist. Auch in diesem Bereich wäre es angebracht, die Gesetzesflut einzudämmen bzw einzelne legistische Maßnahmen, die dem Standort schaden (wie zB Abzugsverbote für Zins- und Lizenz­zahlungen im Konzern, wenn diese im Ausland mit weniger als zehn Prozent besteuert werden), zurückzunehmen. Rechtsstaatlich besonders problematisch finde ich aber die Richtlinienflut der Finanzbehörden. Neben einem immer dicker werdenden Steuer­rechtskodex sind wir mittlerweile mit ebenso dicken vier Steuer­richtlinienbänden konfrontiert, bei denen man das Gefühl nicht loswird, dass sich die Finanzbehörden fallweise einfach über das Gesetz hinwegsetzen wollen. Bei Steuer­prüfungen wird man dann damit konfrontiert, dass sich die Finanzbeamten an die Richtlinien halten müssen, auch wenn sie im offensichtlichen Widerspruch zum Gesetz stehen. Sein Recht bekommt man dann nur in einem kostspieligen und zeitaufwendigen Rechtsmittel­verfahren, das manche scheuen bzw scheuen müssen, weil sie gar nicht die Mittel dazu haben oder aufbringen wollen. Glücklicherweise betonen das Bundesfinanz­gericht und auch der VwGH immer wieder, dass Richtlinien der Finanz­verwaltung keine Rechtsquelle sind, und wenden diese daher in ihrer Rechtsprechung auch nicht an.

BFGjournal: Sie leiten seit einigen Jahren beim Europäischen Forum Alpbach eine Veranstaltung im Rahmen eines Kamingespräches für den Club Alpbach Niederösterreich. Das Generalthema lautet heuer „Konflikt und Kooperation“. Haben Sie schon ein Thema auserkoren?

Peter Haunold: Ja: „Horizontal Monitoring: Kooperation statt Konflikt im Steuer­recht.“

1) Mein Ziel für heuer ist (beruflich oder privat) …

… meine Mandanten – wie auch die Jahre zuvor – so gut wie möglich zu betreuen und sie durch das immer komplexer werdende Umfeld zu navigieren.

2) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

„Heinrich VIII. – Mein Leben“ von Margarete George.

3) Das größte Vergnügen für mich ist …

… bei einer Reise neue Landschaften, Kulturen und Menschen zu entdecken.

4) Welche Persönlichkeit würden Sie gerne näher kennenlernen?

… ich hätte gerne Helmut Schmidt kennengelernt, leider ist er schon verstorben.

5) Nach der Arbeit …

… verbringe ich gerne Zeit mit meiner Lebensgefährtin oder mit meinen Freunden, höre Musik, lese Bücher (keine Fachliteratur!) oder besuche kulturelle Veranstaltungen.

Der ganze Artikel (BFGjournal 2017, 126) als PDF und bei Linde Digital.

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