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Epidemiegesetz: Verdienstentgangsanspruch nur bei erlaubter Tätigkeit

(Bild: © iStock/Nuthawut Somsuk) (Bild: © iStock/Nuthawut Somsuk)

Der VwGH (16.12.2021, Ra 2021/09/0214) hat ausgesprochen, dass eine Entschädigung für den Verdienstentgang nur bei erlaubter Tätigkeit vorgesehen ist. Davon zu unterscheiden sind Ersatzansprüche für den Verdienstentgang von Arbeitnehmern. Das Erkenntnis hat, neben materielle Fragen, auch aus verfahrensrechtlicher Sicht einen interessanten Ausgang genommen.

Im gegenständlichen Fall wurde von der gleichen revisionswerbenden Partei ein Gasthaus mit Gewerbeberechtigung und ein Beherbergungsbetrieb ohne Gewerbeberechtigung betrieben. Durch Corona-Maßnahmen wurde mittels Verordnung der zuständigen Bezirkshauptmannschaft die Schließung derartiger Betriebe angeordnet.

Der Betreiber begehrte daraufhin Ersatz der Entgeltfortzahlung einerseits (§32 Abs 3 EpiG) und Ersatz an entgangenem Einkommen (§32 Abs 4 EpiG) andererseits aus dem betrieb des gewerberechtlich nicht angemeldeten Beherbergungsbetriebs.  Das zuständige Landesverwaltungsgericht wies die Beschwerde, ohne Durchführung einer beantragten mündlichen Verhandlung, als unbegründet ab.

In der erhobenen ao Revision wurde das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben. Begründet hat der Gerichtshof dies damit, dass zwischen den Ansprüchen des Arbeitnehmers und des Ersatzes an diesen über dem Arbeitgeber auf der einen Seite und dem Ersatz des Verdienstentganges des Betreibers auf der anderen Seite unterschieden werden muss.

Die Ansprüche der Arbeitnehmer auf Ersatz des Verdienstentgangs entstehen primär gegen den Bund. Der Arbeitgeber tritt bei Auszahlung des Entgelts lediglich statt dem Arbeitnehmer als Empfänger auf. Dabei ist lediglich darauf abzustellen, ob Entgelte zur Auszahlung kamen, die ersatzfähig sind.

Anders zu beurteilen ist ein Verdienstentgang des Betreibers, der durch behördliche Maßnahmen iSd EpiG begründet sind und es zu einem Vermögensnachteil „[…] ihres Erwerbes […]“ (§32 Abs 1 EpiG) gekommen ist. Dabei ist, lt dem Gerichtshof, diese Bestimmung so zu verstehen, dass es sich um einen Vermögensnachteil aus einem zulässigen Erwerb Handeln muss, was für den Beherbergungsbetrieb offensichtlich nicht zugetroffen hat.

Verfahrensrecht: Unterlassene mündliche Verhandlung ist hier unzulässig

Eine beantragte mündliche Verhandlung darf nur dann nicht stattfinden, wenn die Akten erkennen lassen, dass eine mündliche Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Eine mündliche Verhandlung dient somit nicht nur der Klärung des Sachverhalts, sondern auch dem Rechtsgespräch und der Erörterung der Rechtsfragen im Rahmen des Parteiengehörs.

Da das Verwaltungsgericht hier eine nicht einfache Rechtsfrage zu beurteilen hatte, zu der zudem nicht auf eine bereits ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zurückgegriffen werden konnte, ist die mündliche Verhandlung im fortgesetzten Verfahren beim Verwaltungsgericht nachzuholen. Zudem wurde festgehalten, dass bei einem rechtswidrigen Unterlassen einer nach Art 6 EMRK („Civil rights“ liegen hier bei Ersatzanspruchsfragen vor) erforderlichen mündlichen Verhandlung keine Relevanzprüfung des Verfahrensmangels vorzunehmen ist (VwGH 24.6.2021, Ra 2021/09/0008 mwN).

Mag. Stefan Schuster, LL.M. MBA MSc ist Leiter des Accounting Center of Expertise, Taxes & Investment-Management der A1 Österreich, Lead Group Mobility Management der A1 Group und Steuerberater in Wien.