In gleich drei Entscheidungen hat der OGH die gerichtliche
Geltendmachung von DSGVO-Betroffenenrechten als zulässig beurteilt. Die
dadurch eröffnete Wahlmöglichkeit für Betroffene, im Fall von
Datenschutzverletzungen die Gerichte oder die Datenschutzbehörde (DSB)
anzurufen, wirft jedoch weitere Fragen auf.
Datenverwendung im Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren
In dem der Entscheidung des OGH vom 20.12.2018, 6 Ob 131/18k
zugrunde liegenden Sachverhalt wurde in einem Obsorge- und
Kontaktrechtsverfahren der einvernehmlich geschiedenen Streitteile die
Erstellung eines Familiengutachtens beauftragt. Zu diesem Zweck übergab
der Kindesvater der Gutachterin einen Ordner mit E‑Mails, schriftlichen
Aufzeichnungen, Chat-Protokollen und elektronischen Notizen der
Kindesmutter. Darin enthalten waren unter anderem Angaben über die
Gesundheit und das Sexualleben bzw Eheprobleme der Kindesmutter.
Nach Abschluss des Obsorge- und Kontaktrechtsverfahrens brachte die
Kindesmutter eine auf Datenschutz- und Persönlichkeitsrechtsverletzung
gestützte Klage beim Landesgericht Salzburg gegen den Kindesvater ein.
Sie forderte darin von ihm die Unterlassung der Vervielfältigung
und/oder Weitergabe sowie der Verbreitung von ihren in den E-Mails,
schriftlichen Aufzeichnungen und Chat-Protokollen enthaltenen
personenbezogenen, sensiblen Daten, die Löschung dieser Daten und die
Vernichtung bereits angefertigter Ausdrucke sowie Schadenersatz für die
erlittene Kränkung. Der beklagte Kindesvater wendete ein, dass die
Vorlage dieser Unterlagen im Pflegschaftsverfahren unbedingt
erforderlich war.
Die ersten beiden Instanzen gaben jeweils dem Unterlassungs- und Beseitigungs-, nicht jedoch dem Schadenersatzbegehren statt. Der OGH hingegen sah nur das Beseitigungsbegehren als gerechtfertigt an. Wesentlich ist dabei, dass er vorliegend von einer Verarbeitung „sensibler“ Daten im Sinn von Art 9 DSGVO ausging; überhaupt sei die DSGVO im Revisionsverfahren beachtlich, auch wenn die Vorinstanzen noch auf Basis der Rechtslage nach dem DSG 2000 entschieden hätten.
Der OGH hielt fest, dass der Löschungsanspruch nach Art 17 Abs 1 lit a DSGVO auch gerichtlich geltend gemacht werden kann, und zwar unabhängig von der Übergangsbestimmung des § 69 Abs 4 DSG (dazu gleich unten): Nach Art 79 Abs 1 DSGVO habe jede betroffene Person unbeschadet eines verfügbaren verwaltungsrechtlichen oder außergerichtlichen Rechtsbehelfs einschließlich des Rechts auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf, wenn sie der Ansicht ist, dass sie aufgrund der ihr nach der DSGVO zustehenden Rechte verletzt ist.
Gerichtliche Zuständigkeit kraft Übergangbestimmung
Hintergrund der Entscheidung des OGH vom 23.5.2019, 6 ObA 1/18t
war ein arbeitsrechtliches Verfahren, in dem der klagende Arbeitnehmer
von der beklagten Arbeitgeberin die Zahlung einer
Kündigungsentschädigung begehrte, dies aufgrund behaupteter
ungerechtfertigter Entlassung. Die Entlassung stützte sich auf eine
behauptete dienstvertragswidrige nebenberufliche Tätigkeit des Klägers;
in diesem Verfahren hatte die Beklagte Honorarnoten und E-Mails
vorgelegt, die bei einer Auswertung von Daten des Firmenlaptops des
Klägers durch die Beklagte rekonstruiert worden waren.
Der entlassene Arbeitnehmer klagte daraufhin die Arbeitgeberin auf
Unterlassung der Verwendung der ihn betreffenden personenbezogenen
Daten, die aus dem Laptop ermittelt wurden sowie von privaten E-Mails
des Klägers, auf Löschung solcher Daten, auf Widerruf des Vorbringens im
arbeitsgerichtlichen Verfahren, das auf die behauptete
Datenschutzverletzung zurückzuführen sei sowie auf Zahlung von
EUR 7.000,00 für die erlittene persönliche Kränkung.
Nach Abweisung des Klagebegehrens durch die Vorinstanzen hielt der OGH fest, dass zwar – ähnlich wie in seiner Entscheidung zu 6 Ob 131/18k – dem Löschungsbegehren stattzugeben sei. Zur Zuständigkeit zog sich der OGH – anders als in der Entscheidung zu 6 Ob 131/18k – aber auf die Übergangsbestimmung des § 69 Abs 4 DSG zurück, wonach bei der Datenschutzbehörde oder den ordentlichen Gerichten zum DSG 2000 anhängige Verfahren nach den Bestimmungen des DSG und der DSGVO fortzuführen seien, dies mit der Maßgabe, dass die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte aufrecht bleibt.
Die Vorinstanzen hatten (auch hier) noch auf der Grundlage des DSG 2000 zu entscheiden, wonach etwa Ansprüche wegen Verletzung der Rechte einer Person auf Geheimhaltung, Richtigstellung oder Löschung gegen Anspruchsgegner, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, grundsätzlich auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen waren. Der OGH argumentierte die gerichtliche Zuständigkeit des Löschungsbegehrens in dieser Entscheidung somit ausschließlich mit der Übergangsbestimmung des § 69 Abs 4 DSG, nicht jedoch mit der unmittelbaren Geltung der DSGVO, insbesondere mit deren Art 79 Abs 1.
Änderung des Klagebegehrens nach Geltung der DSGVO
Anders gelagert war die Konstellation in der Entscheidung des OGH zu 6 Ob 91/19d, ebenfalls vom 23.5.2019:
In diesem Verfahren war das In-Geltung-Treten der DSGVO am 25.5.2018
Anlass für den Kläger vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien,
sein ursprüngliches – unter anderem auf Unterlassung und Auskunft
gestütztes – Klagebegehren einer Modifikation zuzuführen, die von den
Vorinstanzen als Klagsänderung beurteilt wurde.
Diese Sichtweise wurde vom OGH bestätigt. Da die Klage erst nach dem 25.5.2018 modifiziert worden war, käme dem Kläger die Übergangsregelung des § 69 Abs 4 DSG jedoch nicht zugute. Vielmehr sei die Klagsänderung als neue Klage anzusehen, die einer eigenen zuständigkeitsrechtlichen Beurteilung zu unterziehen ist. In Verweis auf seine Entscheidung zu 6 Ob 131/18k hielt der OGH fest, dass der Löschungsanspruch unabhängig von der Übergangsregelung auch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden könne.
Das Höchstgericht argumentierte dabei auch mit der weitgehenden Bejahung der Doppelgleisigkeit der Rechtsschutzmöglichkeiten in der Literatur. Eine entgegenstehende Erläuterung im Bericht des Verfassungsausschusses (AB 1761 BlgNR 25. GP, 30: „Neue Klagen können bei den ordentlichen Gerichten […] ab dem 25. Mai 2018 generell nicht mehr eingebracht werden; stattdessen ist der Antrag an die Datenschutzbehörde zu richten.“) ändere daran nichts.
Probleme der Doppelgleisigkeit
Somit hat der OGH in unterschiedlichen Konstellationen die gerichtliche Zuständigkeit in Bezug auf datenschutzrechtliche Betroffenenrechte sowohl für Übergangsfälle als auch für neu geltend gemachte Ansprüche bejaht.
Er erkannte in der zuletzt genannten Entscheidung zu 6 Ob 91/19d jedoch sehr wohl, dass aus Art 94 Abs 1 B-VG das Gebot abzuleiten sei, eine Angelegenheit zur Vollziehung entweder gänzlich den Gerichten oder den Verwaltungsbehörden zuzuweisen. Zulässig sei es aber, einen Lebenssachverhalt in mehrere Aspekte aufzuspalten.
Anders als das DSG 2000, das eine Abgrenzung und ausdrücklich keine Parallelzuständigkeit von Datenschutzbehörde und Gerichten vorgesehen hat, regle § 24 Abs 1 DSG, dass jede betroffene Person das Recht auf Beschwerde bei der Datenschutzbehörde hat, wenn sie der Ansicht ist, dass die Datenverarbeitung gegen die DSGVO oder § 1 oder Art 2, erstes Hauptstück DSG verstößt.
Allerdings komme dem EU-Recht auch Vorrang vor der Verfassung der Mitgliedstaaten zu: Das Offenstehen von gegebenenfalls mehreren Rechtsschutzmöglichkeiten bei verschiedenen Stellen stelle auch keine Verletzung des unverzichtbaren Kerns des österreichischen Verfassungsrechts dar.
Die sich daraus ergebende Wahlmöglichkeit des Rechtsschutzes gegen Datenschutzverletzungen für betroffene Personen sieht Jahnel
einerseits natürlich durchaus von Vorteil: So herrscht etwa im
Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzbehörde das Prinzip der
Selbsttragung der Verfahrenskosten, allerdings ist die Erhebung der
Beschwerde von den Verwaltungsabgaben des Bundes befreit; bei einer
Klage vor einem Zivilgericht hingegen kommt es zum Ersatz von
Verfahrens- und Vertretungskosten, allerdings ist eine Pauschalgebühr
durch den Kläger zu entrichten (Jahnel, Gerichtlicher Rechtsschutz nach der DS-GVO bestätigt – Anmerkungen zu OGH 20. 12. 2018, 6 Ob 131/18k, jusIT 2019, 123).
Andererseits stellt sich die Frage, wie zu verfahren ist, wenn
parallel eine Klage vor dem Zivilgericht und zugleich eine Beschwerde an
die DSB eingebracht wird (Vgl Jahnel, Rechtsschutz, jusIT
2019, 123): Dazu existiert eine (nicht rechtskräftige) Entscheidung der
DSB vom 4.1.2019 (DSB-D123.264/0007-DSB/2018, zusammengefasst in Schmidl,
Die DSGVO in der Spruchpraxis der Datenschutzbehörde – Grundsätzliche
Rechtsfragen und erste Entscheidungen der Datenschutzbehörde seit
25.5.2018, VbR 2019, 44): Hier war nach Einbringung einer Klage vor
einem Zivilgericht auf Löschung personenbezogener Daten eine
entsprechende Beschwerde bei der DSB mit identem Verfahrensgegenstand
erhoben worden, die von der DSB wegen Gerichtsanhängigkeit
zurückgewiesen wurde.
Fazit
Aufgrund der jüngst ergangenen Entscheidungen des OGH zur datenschutzrechtlichen Zuständigkeit ist damit zu rechnen, dass Betroffenenrechte im Sinne der Art 15 ff DSGVO in Österreich künftig vermehrt (auch) vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden.
Inwieweit sich dieser Weg im Vergleich zur Einschaltung der Datenschutzbehörde als praktikabel erweist, wird von der Motivlage der betroffenen Person ebenso abhängen wie vom konkret geltend gemachten Betroffenenrecht. Natürlich wird auch die Frage nach der Kostentragung bzw dem Kostenersatz keine unwesentliche Rolle dabei spielen, für welche der möglichen Rechtswege sich betroffene Personen entscheiden.
In gleich drei Entscheidungen hat der OGH die gerichtliche Geltendmachung von DSGVO-Betroffenenrechten als zulässig beurteilt. Die dadurch eröffnete Wahlmöglichkeit für Betroffene, im Fall von Datenschutzverletzungen die Gerichte oder die Datenschutzbehörde (DSB) anzurufen, wirft jedoch weitere Fragen auf.
Datenverwendung im Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren
In dem der Entscheidung des OGH vom 20.12.2018, 6 Ob 131/18k zugrunde liegenden Sachverhalt wurde in einem Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren der einvernehmlich geschiedenen Streitteile die Erstellung eines Familiengutachtens beauftragt. Zu diesem Zweck übergab der Kindesvater der Gutachterin einen Ordner mit E‑Mails, schriftlichen Aufzeichnungen, Chat-Protokollen und elektronischen Notizen der Kindesmutter. Darin enthalten waren unter anderem Angaben über die Gesundheit und das Sexualleben bzw Eheprobleme der Kindesmutter.
Nach Abschluss des Obsorge- und Kontaktrechtsverfahrens brachte die Kindesmutter eine auf Datenschutz- und Persönlichkeitsrechtsverletzung gestützte Klage beim Landesgericht Salzburg gegen den Kindesvater ein. Sie forderte darin von ihm die Unterlassung der Vervielfältigung und/oder Weitergabe sowie der Verbreitung von ihren in den E-Mails, schriftlichen Aufzeichnungen und Chat-Protokollen enthaltenen personenbezogenen, sensiblen Daten, die Löschung dieser Daten und die Vernichtung bereits angefertigter Ausdrucke sowie Schadenersatz für die erlittene Kränkung. Der beklagte Kindesvater wendete ein, dass die Vorlage dieser Unterlagen im Pflegschaftsverfahren unbedingt erforderlich war.
Die ersten beiden Instanzen gaben jeweils dem Unterlassungs- und Beseitigungs-, nicht jedoch dem Schadenersatzbegehren statt. Der OGH hingegen sah nur das Beseitigungsbegehren als gerechtfertigt an. Wesentlich ist dabei, dass er vorliegend von einer Verarbeitung „sensibler“ Daten im Sinn von Art 9 DSGVO ausging; überhaupt sei die DSGVO im Revisionsverfahren beachtlich, auch wenn die Vorinstanzen noch auf Basis der Rechtslage nach dem DSG 2000 entschieden hätten.
Der OGH hielt fest, dass der Löschungsanspruch nach Art 17 Abs 1 lit a DSGVO auch gerichtlich geltend gemacht werden kann, und zwar unabhängig von der Übergangsbestimmung des § 69 Abs 4 DSG (dazu gleich unten): Nach Art 79 Abs 1 DSGVO habe jede betroffene Person unbeschadet eines verfügbaren verwaltungsrechtlichen oder außergerichtlichen Rechtsbehelfs einschließlich des Rechts auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf, wenn sie der Ansicht ist, dass sie aufgrund der ihr nach der DSGVO zustehenden Rechte verletzt ist.
Gerichtliche Zuständigkeit kraft Übergangbestimmung
Hintergrund der Entscheidung des OGH vom 23.5.2019, 6 ObA 1/18t war ein arbeitsrechtliches Verfahren, in dem der klagende Arbeitnehmer von der beklagten Arbeitgeberin die Zahlung einer Kündigungsentschädigung begehrte, dies aufgrund behaupteter ungerechtfertigter Entlassung. Die Entlassung stützte sich auf eine behauptete dienstvertragswidrige nebenberufliche Tätigkeit des Klägers; in diesem Verfahren hatte die Beklagte Honorarnoten und E-Mails vorgelegt, die bei einer Auswertung von Daten des Firmenlaptops des Klägers durch die Beklagte rekonstruiert worden waren.
Der entlassene Arbeitnehmer klagte daraufhin die Arbeitgeberin auf Unterlassung der Verwendung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, die aus dem Laptop ermittelt wurden sowie von privaten E-Mails des Klägers, auf Löschung solcher Daten, auf Widerruf des Vorbringens im arbeitsgerichtlichen Verfahren, das auf die behauptete Datenschutzverletzung zurückzuführen sei sowie auf Zahlung von EUR 7.000,00 für die erlittene persönliche Kränkung.
Nach Abweisung des Klagebegehrens durch die Vorinstanzen hielt der OGH fest, dass zwar – ähnlich wie in seiner Entscheidung zu 6 Ob 131/18k – dem Löschungsbegehren stattzugeben sei. Zur Zuständigkeit zog sich der OGH – anders als in der Entscheidung zu 6 Ob 131/18k – aber auf die Übergangsbestimmung des § 69 Abs 4 DSG zurück, wonach bei der Datenschutzbehörde oder den ordentlichen Gerichten zum DSG 2000 anhängige Verfahren nach den Bestimmungen des DSG und der DSGVO fortzuführen seien, dies mit der Maßgabe, dass die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte aufrecht bleibt.
Die Vorinstanzen hatten (auch hier) noch auf der Grundlage des DSG 2000 zu entscheiden, wonach etwa Ansprüche wegen Verletzung der Rechte einer Person auf Geheimhaltung, Richtigstellung oder Löschung gegen Anspruchsgegner, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, grundsätzlich auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen waren. Der OGH argumentierte die gerichtliche Zuständigkeit des Löschungsbegehrens in dieser Entscheidung somit ausschließlich mit der Übergangsbestimmung des § 69 Abs 4 DSG, nicht jedoch mit der unmittelbaren Geltung der DSGVO, insbesondere mit deren Art 79 Abs 1.
Änderung des Klagebegehrens nach Geltung der DSGVO
Anders gelagert war die Konstellation in der Entscheidung des OGH zu 6 Ob 91/19d, ebenfalls vom 23.5.2019: In diesem Verfahren war das In-Geltung-Treten der DSGVO am 25.5.2018 Anlass für den Kläger vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, sein ursprüngliches – unter anderem auf Unterlassung und Auskunft gestütztes – Klagebegehren einer Modifikation zuzuführen, die von den Vorinstanzen als Klagsänderung beurteilt wurde.
Diese Sichtweise wurde vom OGH bestätigt. Da die Klage erst nach dem 25.5.2018 modifiziert worden war, käme dem Kläger die Übergangsregelung des § 69 Abs 4 DSG jedoch nicht zugute. Vielmehr sei die Klagsänderung als neue Klage anzusehen, die einer eigenen zuständigkeitsrechtlichen Beurteilung zu unterziehen ist. In Verweis auf seine Entscheidung zu 6 Ob 131/18k hielt der OGH fest, dass der Löschungsanspruch unabhängig von der Übergangsregelung auch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden könne.
Das Höchstgericht argumentierte dabei auch mit der weitgehenden Bejahung der Doppelgleisigkeit der Rechtsschutzmöglichkeiten in der Literatur. Eine entgegenstehende Erläuterung im Bericht des Verfassungsausschusses (AB 1761 BlgNR 25. GP, 30: „Neue Klagen können bei den ordentlichen Gerichten […] ab dem 25. Mai 2018 generell nicht mehr eingebracht werden; stattdessen ist der Antrag an die Datenschutzbehörde zu richten.“) ändere daran nichts.
Probleme der Doppelgleisigkeit
Somit hat der OGH in unterschiedlichen Konstellationen die gerichtliche Zuständigkeit in Bezug auf datenschutzrechtliche Betroffenenrechte sowohl für Übergangsfälle als auch für neu geltend gemachte Ansprüche bejaht.
Er erkannte in der zuletzt genannten Entscheidung zu 6 Ob 91/19d jedoch sehr wohl, dass aus Art 94 Abs 1 B-VG das Gebot abzuleiten sei, eine Angelegenheit zur Vollziehung entweder gänzlich den Gerichten oder den Verwaltungsbehörden zuzuweisen. Zulässig sei es aber, einen Lebenssachverhalt in mehrere Aspekte aufzuspalten.
Anders als das DSG 2000, das eine Abgrenzung und ausdrücklich keine Parallelzuständigkeit von Datenschutzbehörde und Gerichten vorgesehen hat, regle § 24 Abs 1 DSG, dass jede betroffene Person das Recht auf Beschwerde bei der Datenschutzbehörde hat, wenn sie der Ansicht ist, dass die Datenverarbeitung gegen die DSGVO oder § 1 oder Art 2, erstes Hauptstück DSG verstößt.
Allerdings komme dem EU-Recht auch Vorrang vor der Verfassung der Mitgliedstaaten zu: Das Offenstehen von gegebenenfalls mehreren Rechtsschutzmöglichkeiten bei verschiedenen Stellen stelle auch keine Verletzung des unverzichtbaren Kerns des österreichischen Verfassungsrechts dar.
Die sich daraus ergebende Wahlmöglichkeit des Rechtsschutzes gegen Datenschutzverletzungen für betroffene Personen sieht Jahnel einerseits natürlich durchaus von Vorteil: So herrscht etwa im Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzbehörde das Prinzip der Selbsttragung der Verfahrenskosten, allerdings ist die Erhebung der Beschwerde von den Verwaltungsabgaben des Bundes befreit; bei einer Klage vor einem Zivilgericht hingegen kommt es zum Ersatz von Verfahrens- und Vertretungskosten, allerdings ist eine Pauschalgebühr durch den Kläger zu entrichten (Jahnel, Gerichtlicher Rechtsschutz nach der DS-GVO bestätigt – Anmerkungen zu OGH 20. 12. 2018, 6 Ob 131/18k, jusIT 2019, 123).
Andererseits stellt sich die Frage, wie zu verfahren ist, wenn parallel eine Klage vor dem Zivilgericht und zugleich eine Beschwerde an die DSB eingebracht wird (Vgl Jahnel, Rechtsschutz, jusIT 2019, 123): Dazu existiert eine (nicht rechtskräftige) Entscheidung der DSB vom 4.1.2019 (DSB-D123.264/0007-DSB/2018, zusammengefasst in Schmidl, Die DSGVO in der Spruchpraxis der Datenschutzbehörde – Grundsätzliche Rechtsfragen und erste Entscheidungen der Datenschutzbehörde seit 25.5.2018, VbR 2019, 44): Hier war nach Einbringung einer Klage vor einem Zivilgericht auf Löschung personenbezogener Daten eine entsprechende Beschwerde bei der DSB mit identem Verfahrensgegenstand erhoben worden, die von der DSB wegen Gerichtsanhängigkeit zurückgewiesen wurde.
Fazit
Aufgrund der jüngst ergangenen Entscheidungen des OGH zur datenschutzrechtlichen Zuständigkeit ist damit zu rechnen, dass Betroffenenrechte im Sinne der Art 15 ff DSGVO in Österreich künftig vermehrt (auch) vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden.
Inwieweit sich dieser Weg im Vergleich zur Einschaltung der Datenschutzbehörde als praktikabel erweist, wird von der Motivlage der betroffenen Person ebenso abhängen wie vom konkret geltend gemachten Betroffenenrecht. Natürlich wird auch die Frage nach der Kostentragung bzw dem Kostenersatz keine unwesentliche Rolle dabei spielen, für welche der möglichen Rechtswege sich betroffene Personen entscheiden.