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Abzugsfähigkeit von gemischt veranlassten Reisen – Überblick und aktuelle Rechtsprechung

(Bild: © iStock/Rawpixel) (Bild: © iStock/Rawpixel)

Das Verbinden von betrieblich bedingten Geschäfts-, Kongress- oder Studienreisen etc mit privaten Motiven ist in der Praxis weit verbreitet. Die Abzugsfähigkeit dieser Aufwendungen als Betriebsausgaben ist bzw war aufgrund der (in der Vergangenheit) sehr strengen Rechtsprechung iZm dem Aufteilungsverbot derartiger Mischreisen oftmals nicht möglich. Nichtsdestotrotz verfolgt der VwGH seit geraumer Zeit eine neue Linie: So können nun bei klar trennbarer betrieblicher und privater Veranlassung anteilige Fahrtkosten und pauschale Mehraufwendungen für Verpflegung und Nächtigung unter bestimmten Voraussetzungen abgezogen werden.

Stand: Q3/2013

Grundsätzlich besagt § 20 EStG, dass Aufwendungen bzw Ausgaben, die die private Lebensführung berühren, nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Keine Auswirkungen auf das allgemeine Abzugsverbot dieser Regelung hat auch die Tatsache, dass derartige Ausgaben der Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen dienen oder aber auch durch die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen (mit)veranlasst sind. Das daraus abgeleitete Aufteilungsverbot hatte in der Vergangenheit zur Folge, dass gemischte Reisen (mit betrieblichen und privaten Komponenten) zur Gänze nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht werden konnten.

Untrennbare Mischreisen

Unter dieses Aufteilungsverbot fallen insbesondere Kongress-, Studien- und Geschäftsreisen, deren Reiseprogramm häufig sowohl private Erholungs- und Bildungsinteressen mit betrieblichen Interessen derart kombiniert, sodass eine Trennung in privat und betrieblich kaum oder nur schwer möglich und regelmäßig die private Lebensführung des Steuerpflichtigen betroffen ist. Derartige Auslands- oder Studienreisen stellen nur dann abzugsfähige Betriebsausgaben dar, wenn folgende, aus der Rechtsprechung entwickelte Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Planung und Durchführung im Rahmen einer lehrgangsmäßigen Organisation oder in einer Weise, die weitaus überwiegende betriebliche bzw berufliche Bedingtheit erkennen lässt (fast ausschließliche betrieblich bedingte Veranlassung notwendig).
  2. Möglichkeit, auf der Reise Kenntnisse zu erwerben, die eine einigermaßen konkrete Verwertung im Unternehmen zulassen.
  3. Reiseprogramm und Durchführung müssen nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer im Tätigkeitsbereich des Steuerpflichtigen abgeschnitten sein, sodass sie auf andere Teilnehmer keine Anziehungskraft ausüben.
  4. Allgemein interessierende Programmpunkte dürfen nicht mehr Zeit in Anspruch nehmen, als während einer regelmäßigen betrieblichen Betätigung als Freizeit verwendet wird.

Weisen Mischreisen, wie zB bei Studienreisen üblich, eine untrennbare Kombination von privaten und mit der Einkünfteerzielung zusammenhängenden Programmpunkten auf und werden oben angeführte Kriterien nicht erfüllt (oftmals scheitert die Abzugsfähigkeit am dritten Punkt obiger Aufzählung), ist eine Abzugsfähigkeit der Reisekosten als Betriebsausgaben zu untersagen. Aufgrund dieser untrennbaren Verflechtung ist auch trotz der neuerdings toleranteren Rechtsprechung weiterhin gänzlich kein Abzug von Reisekosten als Betriebsausgaben möglich.

Trennbare Mischreisen

Anders verhält es sich nun entsprechend der jüngsten, an der Rechtsansicht des deutschen BFH orientierten Rechtsprechung des VwGH für Mischreisen, die einwandfrei nachvollziehbar in einen privaten und einen betrieblich bedingten Veranlassungsbeitrag aufgeteilt werden können. Wurde in der Vergangenheit auch bei derartigen Mischreisen aufgrund des Aufteilungsverbots gem § 20 EStG der Abzug von Reisekosten untersagt, können nun Betriebsausgaben entsprechend dem jeweiligen Verhältnis von privaten und betrieblichen Anteilen abgezogen werden. Dabei handelt es sich um folgende Kosten:

  1. pauschale Mehraufwendungen für Verpflegung und Nächtigungsaufwendungen für ausnahmslos jene Tage, bei denen eine (beinahe) ausschließliche betriebliche Veranlassung vorliegt (tagesbezogene Betrachtung)
  2. anteilige Hin- und Rückfahrtkosten
  3. anteilige nachgewiesene tatsächliche Kosten, die im direkten Zusammenhang mit der Hin- und Rückfahrt stehen, zB angefallene Nächtigungskosten, Einreisevisum etc

Für die Berechnung des Aufteilungsverhältnisses werden in der Regel die ausschließlich betrieblich veranlassten Tage jenen mit nicht ausschließlich betrieblicher Veranlassung gegenüber gestellt. Dabei bleiben Wochenenden, Feiertage oder Ersatzruhe unberücksichtigt (neutrale Tage). Bei den Tagen der Hin- und Rückfahrt ist zu unterscheiden, ob diese durch die Fahrt als solche geprägt sind. Werden An- und Abreisetag hauptsächlich zu Reisezwecken genutzt, so handelt es sich ebenfalls um neutrale Tage, die nicht in die Berechnung einfließen. Ansonsten sind die Tage der überwiegenden Veranlassung zuzuordnen (Beispiele zur Berechnung finden sich weiter unten).

Untergeordnete betriebliche oder private Veranlassung

Unabhängig von oben angeführter neuer Rechtsprechung des VwGH unterbleibt jedoch weiterhin eine Aufteilung, wenn die betrieblichen oder privaten Aspekte lediglich von untergeordneter Bedeutung sind. Von untergeordneter Bedeutung in zeitlicher Hinsicht wird gesprochen, wenn der abgrenzbare Zeitanteil (zB Aufenthaltstage) nicht mehr als 10% der gesamten Reisedauer entspricht.

Dies hat zur Folge, dass bei bloß untergeordnetem privatem Ausmaß der Reise die Fahrtkosten zur Gänze abzugsfähig sind. Im Umkehrschluss muss somit jedoch auch bei einem im Zuge einer Urlaubsreise nebenbei wahrgenommenen betrieblichen Termin von untergeordneter Bedeutung die Abzugsfähigkeit der Fahrtkosten gänzlich verneint werden.

Eine alleinige Abstellung auf das zeitliche Kriterium des Überwiegens von betrieblichen oder privaten Reiseabschnitten ist jedoch nicht zielführend. Vielmehr hat der VwGH in seiner jüngeren Rechtsprechung das Kriterium der Fremdbestimmtheit einer Reise zu Abgrenzungszwecken entwickelt. Entscheidend für die Abzugsfähigkeit von Fahrtkosten ist hier der für den Reiseantritt unzweifelhafte „auslösende Moment“ (Willensentschluss). Kann zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass der Grund („auslösender Moment“) für den Reiseantritt in der betrieblichen Sphäre des Steuerpflichtigen wurzelt, können Fahrtkosten auch bei nicht nur untergeordnetem (10%) privatem Anteil zur Gänze als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Fremdbestimmtheit iSd VwGH ist an folgende Voraussetzungen gebunden:

  1. außerbetriebliche Einkünfte: Die Reisebewegung des Dienstnehmers erfolgt ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers (zB durch entsprechende Weisung, Befolgung eines Dienstauftrags) oder
  2. betriebliche Einkünfte: Der Steuerpflichtige hat keine zeitliche Dispositionsmöglichkeit hinsichtlich des Reiseantritts (zB Gerichtstermin eines Rechtsanwalts) und
  3. mindestens die Hälfte der Aufenthaltstage dient betrieblichen/ beruflichen Zwecken. Für die Beurteilung der überwiegenden Komponente sind An- und Abreisetag als betrieblich/beruflich zu qualifizieren. In den Reisezeitraum fallende Feiertage, Ersatzruhetage oder das Wochenende sind, wie bereits weiter oben erwähnt, neutral und werden daher nicht in der Berechnung berücksichtigt.

Sind beide Kriterien erfüllt, können Fahrtkosten somit gänzlich als Betriebsausgaben/Werbungskosten (abzüglich vom Arbeitgeber geleistete Aufwandersätze) geltend gemacht werden.

Beispiel Variante 1

Ein selbstständig tätiger Rechtsanwalt A vertritt seinen Mandanten vom 27. bis 29.3. in einem Gerichtsverfahren in X, wobei er anschließend einen sechstägigen Urlaub in X an seine betriebliche Tätigkeit anhängt. Die Aufenthaltstage weisen folgende Merkmale auf:

DatumInhaltAnzahl TageEinordnung
26.3.Anreise1betrieblich
27.-29.3.Gerichtsverhandlung3betrieblich
30.-31.3.Wochenende2neutral
1.-6.4.Urlaub6privat
7.4.Abreise1betrieblich

Unter Anwendung der oben angeführten Kriterien zur Prüfung der Fremdbestimmtheit bei betrieblichen Reisen kommt man zu dem Schluss, dass der uneingeschränkte Abzug von Fahrtkosten in dieser Variante nicht möglich ist. Zwar hat der Rechtsanwalt durch die Gerichtsverhandlung in X keine zeitliche Dispositionsmöglichkeit (erstes Kriterium ist somit erfüllt), doch scheitert die volle Abzugsfähigkeit der Fahrtkosten an dem nicht überwiegenden betrieblichen Anteil iHv 45% (privat: 6 Tage; betrieblich: 5 Tage) der Reise.

Nichtsdestotrotz ist aufgrund der neuen Rechtsprechung des VwGH bei Vorliegen von „aufteilbaren“ Reisen (Voraussetzung: klare und einwandfreie Trennung von privaten und beruflich veranlassten Reiseabschnitten) eine anteilige Geltendmachung von Fahrtkosten möglich. Diesfalls ist jedoch zu beachten, dass bei der Berechnung des Verhältnisses von betrieblichen und privaten Reisetagen die An- und Abreise zusätzlich neutrale Tage darstellen (unter der Annahme, dass An- und Abreisetag überwiegend zu Reisezwecken genutzt werden) und somit nicht in die Berechnung einfließen. In Variante 1 können somit 33% (privat: 6 Tage; betrieblich: 3 Tage) der Fahrtkosten als Betriebsausgaben geltend gemacht werden.

Beispiel Variante 2

Obiger Sachverhalt wird dahingehend geändert, dass der Rechtsanwalt A lediglich 3 Tage Urlaub an die Gerichtsverhandlung anhängt. Das erste Kriterium betreffend die nicht vorhandene zeitliche Dispositionsmöglichkeit des Steuerpflichtigen ist weiterhin erfüllt. Durch den verkürzten Urlaub ändert sich jedoch das Verhältnis von betrieblich zu privat veranlassten Tagen (privat: 3 Tage; betrieblich: 5 Tage) auf 63%. Da nun aufgrund der überwiegend betrieblichen Tätigkeit in Verbindung mit der fehlenden zeitlichen Dispositionsfreiheit des Rechtsanwalts das Kriterium der Fremdbestimmtheit erfüllt ist, können somit die in diesem Zusammenhang angefallenen Reisekosten zu 100% abgezogen werden.

Fazit

Können bei Mischreisen die privaten und beruflichen Aspekte nicht eindeutig separiert werden (untrennbare Verflechtung), kommt das Aufteilungsverbot weiterhin zur Anwendung. Eine Abzugsfähigkeit von Reisekosten ist somit nur bei Erfüllen der strengen Kriterien möglich.

Ist eine klare Trennung von betrieblichen und privaten Reiseabschnitten bei einer Mischreise möglich, so können Fahrtkosten (Reisekosten inkl Visum, Nächtigungen im Zuge der Hin- oder Rückfahrt etc) in Höhe des jeweiligen betrieblich veranlassten Teiles geltend gemacht werden.

Weiters ist bei gänzlich betrieblich veranlassten Tagen einer trennbaren Mischreise die Geltendmachung von pauschalen Aufwendungen für Verpflegung und Nächtigung möglich (Tagesbetrachtung). Die private Veranlassung (getrennter) Reiseabschnitte steht der Abzugsfähigkeit zuvor erwähnter Mehraufwendungen nicht entgegen. In diesem Fall (trennbare Mischreise) ist jedoch die Geltendmachung pauschaler Aufwendungen (Diäten) für die Reisetage nicht möglich (da nicht gänzlich betrieblich veranlasst).

Bei untergeordneter Mitveranlassung (< 10%) durch Lebensführung oder Erwerbstätigkeit richtet sich das steuerliche Schicksal der Fahrtkosten nach der eindeutig dominierenden Veranlassung. Neben dem zeitlichen Kriterium ist für die Beurteilung der untergeordneten Sphäre auch die Fremdbestimmtheit ausschlaggebend.

Weisen Reisen als auslösenden Moment ein fremdbestimmtes betriebliches oder berufliches Merkmal auf, so können Fahrtkosten uneingeschränkt als Betriebsausgaben/Werbungskosten abgezogen werden, auch wenn private Unternehmungen mit dieser Reise verbunden sind.

Autor:

Mag.Lothar Egger, Sonja Kranewitter, LeitnerLeitner, Linz – Wien – Salzburg