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Gesetzesentwurf des HinweisgeberInnenschutzgesetzes (HschG)

(Bild: © iStock/oxinoxi) (Bild: © iStock/oxinoxi)

Durch die EU-Whistleblower-Richtlinie (RL 2019/1937/EU) wurden einheitliche und branchenübergreifende Mindeststandards zum Schutz von Hinweisgebern geschaffen. Entsprechend der EU-Richtlinie können Hinweisgeber Rechtsverstöße entweder intern im Unternehmen, oder extern an die zuständige Behörde, bzw. als ultima ratio auch an die Öffentlichkeit melden. Sofern ein Hinweisgeber dabei redlich handelt, darf er in weiterer Folge keinen Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt werden.

Österreich ist derzeit mit der Umsetzung der EU-Richtlinie säumig, da die EU-Whistleblower-Richtlinie schon bis zum 17.12.2021 umzusetzen gewesen wäre. Mit einiger Verspätung wurde nunmehr ein Ministerialentwurf vorgelegt. Der Gesetzestitel lautet „Bundesgesetz über das Verfahren und den Schutz bei Hinweisen auf Rechtsverletzungen in bestimmten Rechtsbereichen (HinweisgeberInnenschutzgesetz – HSchG)“. Die Begutachtungsfrist endete bereits am 15.07.2022; das Gesetz kann erst nach der Sommerpause des Nationalrats – somit im kommenden Herbst – beschlossen werden.

Verpflichtung zur Einrichtung eines internen Hinweisgebersystems

Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Rechts müssen künftig ein internes Meldesystem einrichten, wobei die Verpflichtung abhängig von der Arbeitnehmeranzahl ist:

  • Über 250 Arbeitnehmer: Grundsätzliche Verpflichtung ab dem Inkrafttreten des HSchG, wobei jedoch eine sechsmonatige Übergangsfrist vorgesehen ist
  • 50 bis 249 Arbeitnehmer: Umsetzung bis spätestens zum 18.12.2023
  • Unter 50 Arbeitnehmer: Keine Verpflichtung

In Unternehmen und juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit wechselnder, insbesondere mit saisonal schwankender Anzahl der Beschäftigten, ist die Mindestanzahl aufgrund der durchschnittlichen Anzahl der Beschäftigten während jener drei Monate des vorangegangenen Kalenderjahres zu ermitteln, in denen der höchste Beschäftigtenstand gegeben war. Es sind auch Teilzeitbeschäftigte und befristet Beschäftigte sowie überlassene Arbeitskräfte in die Berechnung miteinzubeziehen.

Die Funktionsweise des internen Hinweisgebersystems gestaltet sich wie folgt: Die eingerichteten Stellen sind mit den notwendigen finanziellen und personellen Mitteln zur Erfüllung ihrer Aufgaben auszustatten. Hinweise müssen mündlich und/oder schriftlich erteilt werden können. Die zuständigen Stellen müssen bei der Bearbeitung der Hinweise unparteilich agieren und sind bei dieser Aufgabenerfüllung weisungsfrei. Nach Entgegennahme der Hinweise sind diese auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen; gegebenenfalls sind erforderliche Folgemaßnahmen zu setzen und spätestens drei Monate nach Abgabe des Hinweises ist dem Hinweisgeber eine Rückmeldung zu geben.

Schutz des Hinweisgebers

Wie eingangs bereits erwähnt, ist der vorrangige Zweck des HSchG der Schutz des Hinweisgebers, der zur Anwendung kommt, sofern zum Zeitpunkt der Hinweiserteilung hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, dass der Hinweis wahr ist und in den sachlichen Geltungsbereich des HSchG fällt (§ 3 Abs 2 bis 5 HSchG). Dazu zählen Hinweise zu Verstößen gegen Unionsrechtsakte und damit in Zusammenhang stehende Rechtsgebiete (Geldwäsche, Umweltschutz, Verbraucherschutz, Datenschutz, etc.) sowie Korruption. Nicht erfasst sind allerdings arbeitsrechtliche Verstöße, zB Arbeitszeitverletzungen oder Mobbing. Der Schutz umfasst ausdrücklich auch anonyme Hinweisgeber, falls ihre Identität dann doch bekannt werden sollte (§ 6 Abs 3 HSchG).

Der Schutz des Hinweisgebers umfasst folgende Maßnahmen:

  • Verbot des Ergreifens von Vergeltungsmaßnahmen, zB Kündigung, Entlassung, Versetzung, Entgeltminderung (§ 20 HSchG)
  • Befreiung von Geheimhaltungsverpflichtungen (§ 22 Abs 2 HSchG)
  • Keine Haftung für rechtliche oder tatsächliche Folgen einer berechtigten Hinweiserteilung (§ 22 Abs 1 HSchG)
  • Schutz der Identität (§ 7 Abs 1 HSchG)

Werden hingegen unberechtigt Hinweise erteilt, können sowohl arbeitsrechtliche Sanktionen als auch zivilrechtliche Schadenersatzansprüche drohen.

Betriebliche Umsetzung

Obwohl der Anwendungsbereich des HSchG arbeitsrechtliche Verstöße Großteiles nicht umfasst, könnten derartige Hinweise dennoch in das interne Meldesystem einbezogen werden, um relevante Themen alsbald aufzugreifen, bevor sie an externe Stellen gelangen und publik werden. Wichtig ist, im Betrieb klar zu kommunizieren, welche Bereiche vom Hinweisgebersystem umfasst sind, damit eine effiziente Nutzung des Systems möglich ist. Es kann daher die Erstellung einer unternehmensinternen Richtlinie zur Handhabung des Hinweisgebersystems geboten sein.

Aus betriebsverfassungsrechtlicher Sicht gilt ein Whistleblowing-System grundsätzlich als Kontrollmaßnahme, die die Menschenwürde berührt (§ 96 Abs 1 Z 3 ArbVG), weshalb der Abschluss einer Betriebsvereinbarung notwendig ist. Die Zustimmung des Betriebsrates kann nicht durch eine Entscheidung der Schlichtungsstelle ersetzt werden. Der Gesetzesentwurf sieht hierzu ebenso keine Erleichterungen vor, weshalb weiterhin von der verpflichteten Zustimmung des Betriebsrates auszugehen ist. In betriebsratslosen Betrieben ist demgegenüber die Zustimmung jedes einzelnen Arbeitnehmers einzuholen.

Strafbestimmungen des HSchG

Der Gesetzesentwurf enthält zudem Strafbestimmungen für folgende Handlungen (§ 24 HSchG):

  • Behinderung von Personen im Zusammenhang mit einer Hinweiserteilung
  • Setzung von Vergeltungsmaßnahmen
  • Verletzung der Vertraulichkeit
  • Wissentliche Erteilung eines falschen oder irreführenden Hinweises

Im Fall einer solchen Verwaltungsübertretung droht eine Geldstrafe von bis zu EUR 20.000,-, im Wiederholungsfall bis zu EUR 40.000,-. Bemerkenswert ist, dass das Unterlassen der Einrichtung eines internen Hinweisgebersystems jedoch nicht unter Strafe gestellt wurde. Es bleibt abzuwarten, ob sich im finalen Gesetz hierzu noch Änderungen ergeben.

Trotz der Zeit, die bis zur tatsächlichen Umsetzungsfrist bleibt, sollten sich Unternehmen bereits jetzt mit der Thematik auseinandersetzen, da die Auswahl eines geeigneten Systems, ebenso wie eine notwendige Einbeziehung des Betriebsrates und der Entwurf einer entsprechenden Betriebsvereinbarung eine gewisse Vorlaufzeit in Anspruch nimmt.