In seiner Entscheidung vom 21.10.2021 zu 3 Ob 78/21y beschäftigt sich der OGH erstmalig mit der Frage nach dem Anwendungsbereich von § 1104 ABGB auf Zeiträume, in welchen Bestandobjekte aufgrund COVID-19 bedingter Einschränkungen unbenutzbar waren.
Der relevante Sachverhalt
Die beklagte Bestandnehmerin betreibt in den vermieteten Geschäftsräumlichkeiten ein Sonnenstudio. Das Bestandverhältnis unterliegt dem MRG. Vereinbarte Verwendungszwecke sind „Sonnenstudio und artverwandte Tätigkeiten samt atypischen Nebenbereichen wie Getränkeausschank, Verkauf von Zubehör und Pflegeartikeln“. Aufgrund der behördlich angeordneten Ausgangsbeschränkungen war die Bestandnehmerin im April 2020 nicht im Geschäftslokal.
Abgesehen von der Einrichtung, insbesondere den Sonnenbetten und einigen dekorativen Gegenständen, befanden sich im April 2020 keine Fahrnisse der Bestandnehmerin im Bestandobjekt. Der Betrieb wurde weder für eine Haupt- oder Nebentätigkeit noch für den Verkauf von Getränken oder Lagerung von Gegenständen benutzt.
Rechtliche Beurteilung des OGH
Mit den verschiedenen schon bestehenden Meinungen in der Literatur auseinandersetzend, führt der OGH letztlich aus, dass „außerordentliche Zufälle“ iSd § 1104 ABGB elementare Ereignisse darstellen, die von Menschen nicht beherrschbar sind, sodass für deren Folgen im Allgemeinen von niemandem Ersatz erwartet werden kann; diese Elementarereignisse treffen stets einen größeren Personenkreis auf eine Weise, die durch eine gesetzliche Regelung über Ersatzansprüche nicht ausgeglichen werden kann.
Zu den von § 1104 ABGB u.a. ausdrücklich genannten Elementarereignissen gehört die „Seuche“ und daher unzweifelhaft auch COVID-19. Daraus folgt laut dem Höchstgericht, dass das Bestandobjekt im April 2020 infolge eines in § 1104 ABGB ausdrücklich genannten Elementarereignisses zur Gänze nicht gebraucht werden konnte. Die gesetzlich unmittelbar angeordnete Rechtsfolge ist, dass kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten ist.
Bedauerlicherweise hat sich der OGH nicht (und dies auch nicht obiter dictum) mit folgenden, durchwegs interessanten Fragenkomplexen beschäftigt:
- Sind in diesen Fällen auch Betriebskosten von der Mietzinsbefreiung umfasst?
- Welche konkreten Konsequenzen hat die teilweise Benutzbarkeit des Bestandobjekts?
- Ist der Mieter dazu verpflichtet, erhaltene, staatliche Unterstützungsleistungen (Fixkostenzuschüsse, diverse Ausfallsboni etc.) an den Vermieter weiterzureichen?
Dahingehende Entscheidungen bleiben mit Spannung zu erwarten.
Zum Autor
Mag. Matthias Stipanitz ist Rechtsanwaltsanwärter bei Preslmayr Rechtsanwälte.
Siehe zum Thema auch den dazu bereits erschienen Artikel Staatliche Unterstützungsleistungen und COVID-19-bedingte Mietzinsminderungen von Matthias Stipanitz.
In seiner Entscheidung vom 21.10.2021 zu 3 Ob 78/21y beschäftigt sich der OGH erstmalig mit der Frage nach dem Anwendungsbereich von § 1104 ABGB auf Zeiträume, in welchen Bestandobjekte aufgrund COVID-19 bedingter Einschränkungen unbenutzbar waren.
Der relevante Sachverhalt
Die beklagte Bestandnehmerin betreibt in den vermieteten Geschäftsräumlichkeiten ein Sonnenstudio. Das Bestandverhältnis unterliegt dem MRG. Vereinbarte Verwendungszwecke sind „Sonnenstudio und artverwandte Tätigkeiten samt atypischen Nebenbereichen wie Getränkeausschank, Verkauf von Zubehör und Pflegeartikeln“. Aufgrund der behördlich angeordneten Ausgangsbeschränkungen war die Bestandnehmerin im April 2020 nicht im Geschäftslokal.
Abgesehen von der Einrichtung, insbesondere den Sonnenbetten und einigen dekorativen Gegenständen, befanden sich im April 2020 keine Fahrnisse der Bestandnehmerin im Bestandobjekt. Der Betrieb wurde weder für eine Haupt- oder Nebentätigkeit noch für den Verkauf von Getränken oder Lagerung von Gegenständen benutzt.
Rechtliche Beurteilung des OGH
Mit den verschiedenen schon bestehenden Meinungen in der Literatur auseinandersetzend, führt der OGH letztlich aus, dass „außerordentliche Zufälle“ iSd § 1104 ABGB elementare Ereignisse darstellen, die von Menschen nicht beherrschbar sind, sodass für deren Folgen im Allgemeinen von niemandem Ersatz erwartet werden kann; diese Elementarereignisse treffen stets einen größeren Personenkreis auf eine Weise, die durch eine gesetzliche Regelung über Ersatzansprüche nicht ausgeglichen werden kann.
Zu den von § 1104 ABGB u.a. ausdrücklich genannten Elementarereignissen gehört die „Seuche“ und daher unzweifelhaft auch COVID-19. Daraus folgt laut dem Höchstgericht, dass das Bestandobjekt im April 2020 infolge eines in § 1104 ABGB ausdrücklich genannten Elementarereignisses zur Gänze nicht gebraucht werden konnte. Die gesetzlich unmittelbar angeordnete Rechtsfolge ist, dass kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten ist.
Bedauerlicherweise hat sich der OGH nicht (und dies auch nicht obiter dictum) mit folgenden, durchwegs interessanten Fragenkomplexen beschäftigt:
Dahingehende Entscheidungen bleiben mit Spannung zu erwarten.
Zum Autor
Mag. Matthias Stipanitz ist Rechtsanwaltsanwärter bei Preslmayr Rechtsanwälte.
Siehe zum Thema auch den dazu bereits erschienen Artikel Staatliche Unterstützungsleistungen und COVID-19-bedingte Mietzinsminderungen von Matthias Stipanitz.