Bendlinger Stefan | Pimingstorfer Julia
Am 12.9.2023 hat die Europäische Kommission zwecks Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung innerhalb der Europäischen Union drei Richtlinienvorschläge präsentiert. Zentrales Element ist der Richtlinienvorschlag Business in Europe – Framework for Income Taxation „BEFIT“ , der ein einheitliches Regelwerk zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage von Unternehmensgruppen enthält. Daneben wurde als zweiter Richtlinienvorschlag die Einführung eines Head-Office-Tax-Systems („HOT“) veröffentlicht, der vereinfachte Gewinnermittlungsvorschriften für Kleinst-, Klein und mittelständische Unternehmen vorsieht. Ein dritter Richtlinienvorschlag bezieht sich auf Verrechnungspreise zwischen EU-Gesellschaften.
Business in Europe – Framework for Income Taxation (BEFIT)
Am 12.09.2023 wurde von der Europäischen Kommission der Vorschlag „Unternehmen in Europa – Rahmen für die Unternehmensbesteuerung“, kurz “BEFIT” (COM[2023] 532 final) veröffentlicht. Der Richtlinienvorschlag sieht ein einheitliches Regelwerk zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage von Unternehmensgruppen vor. Ausgangsbasis des Richtlinienvorschlags ist das internationale Steuerabkommen der OECD und der G20 über die globale Mindestbesteuerung (Pillar II), die für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, umgesetzt werden soll. In Anlehnung an das Regelwerk zu Pillar II soll BEFIT auch für jene in der EU tätigen Unternehmensgruppen anwendbar sein, die jährlich einen globalen Konzernumsatz von mindestens 750 Millionen EUR erzielen, und deren Muttergesellschaft an den Geschäftseinheiten mindestens 75 Prozent der Eigentumsrechte oder der Ansprüche auf Gewinnbeteiligung hält. Die Richtlinie soll bis zum 1.1.2028 in nationales Recht der Mitgliedstaaten übernommen werden, und mit 01.07.2028 in Kraft treten.
BEFIT soll die mittlerweile zurückgenommenen Vorschläge zur Schaffung einer “Common Consolidated Corporate Tax Base” (CCCTB) aus 2011 und 2016 ersetzen. Kleinen Unternehmensgruppen, die keinen Gesamtumsatz von EUR 750 Millionen erwirtschaften, sollen unter der Voraussetzung, dass sie einen konsolidierten Jahresabschluss erstellen, auf Anwendung von BEFIT optieren können. Auf Unternehmensgruppen mit Sitz außerhalb der EU soll BEFIT nur anwendbar sein, wenn deren innerhalb der EU erzielten Umsätze 5 % des konsolidierten Gesamtumsatzes oder EUR 50 Mio in mindestens zwei der vorangegangenen vier Jahre überschreiten.
Konkret beinhaltet BEFIT folgende drei Kernelemente:
- Unternehmen derselben Unternehmensgruppe haben künftig ihre Steuerbemessungsgrundlage nach gemeinsamen Regeln zu ermitteln. Dies hat eine einheitliche Berechnung innerhalb der Unternehmensgruppe zur Folge.
- Die Steuerbemessungsgrundlage aller Gruppenmitglieder wird in einer einzigen Steuerbemessungsgrundlage zusammengefasst. Das hat einem grenzüberschreitenden Verlustausgleich zur Folge, da Verluste automatisch gegen grenzüberschreitende Gewinne aufgerechnet werden können. Auch die Rechtssicherheit in Bezug auf die Verrechnungspreisgestaltung wird verbessert.
- Für jedes Mitglied der BEFIT-Gruppe wird ein prozentualer Anteil an der aggregierten Steuerbemessungsgrundlage berechnet, der auf dem Durchschnitt der zu versteuernden Ergebnisse der drei vorangegangenen Steuerjahre basiert.
BEFIT befasst sich mit Unternehmen, die ihren Sitz oder ihren Ort der Geschäftsleitung innerhalb der EU haben. Jene Unternehmen, die zwar Teil einer der EU zugehörigen Unternehmensgruppe sind, jedoch selbst nicht in der EU tätig sind, sind von dem Regelwerk nicht umfasst und somit kein Teil der BEFIT-Gruppe. Gewinne und Verluste dieser Unternehmen, werden somit auch nicht in die Steuerbemessungsgrundlage der Unternehmensgruppe aufgenommen. Ein grenzüberschreitender Verlustausgleich ist damit nicht möglich. Für Transaktionen zwischen diesen Unternehmen und den Mitgliedern der BEFIT-Gruppe gilt demnach weiterhin der Fremdverhaltensgrundsatz. In diesen Fällen soll ein “BEFIT-Ampelsystem” die Einhaltung der Verrechnungspreisvorschriften vereinfachen.
In der Praxis soll BEFIT so umgesetzt werden, dass ein Mitglied der Unternehmensgruppe beauftragt wird, die Steuerinformationen der gesamten Gruppe bei der Steuerverwaltung eines beliebigen Mitgliedstaates einzureichen. Zu beachten ist, dass Steuerprüfungen und die Streitbeilegung weiterhin auf Ebene der Mitgliedsstaaten erfolgen müssen. Dies hat zur Folge, dass fallbezogen Prüfungen im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften von den Mitgliedsstaaten im Rahmen eines “Joint Audit” durchgeführt werden müssen.
Head-Office-Tax-Systems (HOT)
Ergänzend zu BEFIT veröffentlichte die Europäische Kommission den Vorschlag für eine Richtlinie zur Einführung eines Head-Office-Tax-System (COM[2023] 528 final) für Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Auf Basis der vorgeschlagenen Richtlinie soll es KMU, die grenzüberschreitend ausschließlich durch Betriebsstätten tätig sind, ermöglicht werden, optional die Steuervorschriften des Mitgliedstaats anzuwenden, in dem sich der Hauptsitz, also das Stammhaus befindet. Die Einführung von HOT hat zur Folge, dass eine einheitliche Berechnung des Steuerergebnisses von in verschiedenen Mitgliedsstaaten gelegenen Betriebsstätten erfolgen kann, indem auf eine Anwendung der nationalen Steuervorschriften des Mitgliedsstaats verzichtet werden kann. Die Richtlinie soll mit 01.01.2026 in Kraft treten.
Verrechnungspreis-Richtlinie
Zeitgleich mit der Veröffentlichung von BEFIT und HOT wurde von der Kommission ein Richtlinienvorschlag zu Verrechnungspreisvorschriften (COM[2023] 529 final) herausgegeben, der eine Harmonisierung der Regelungen für Verrechnungspreise innerhalb der EU erwirken soll. Der Richtlinienvorschlag soll eine Senkung des Risikos von Rechtsstreitigkeiten bewirken und Doppelbesteuerung verhindern, indem Steuerpflichtigen die Vornahme korrespondierender Gegenberichtigungen auch außerhalb eines Verständigungs- oder Schiedsverfahrens ermöglicht werden soll. Sofern der vom Rat angenommen wird, soll die Richtlinie mit 1.1.2026 anwendbar sein.
FAZIT
Mit den im September 2023 von der Kommission veröffentlichen Richtlinienvorschlägen setzt die EU wesentliche Schritte in Richtung einheitlicher Bewertungs- und Steuervorschriften. Es handelt sich bereits um den dritten Versuch der Kommission, eine Harmonisierung der Steuerbemessungsgrundlagen für Unternehmen innerhalb der EU zu erwirken. Die ersten beiden Versuche erfolgten bereits 2011 und 2016 durch einen zweistufigen Ansatz zur Harmonisierung der Steuerbemessungsgrundlage und Konsolidierung und formelmäßiger Aufteilung der ermittelten Ergebnisse. Auf Basis des Regelwerks zu Pillar II startet die Europäische Kommission nun einen weiteren Versuch, Bemessungsgrundlagen innerhalb dere EU zu vereinheitlichen. Die weiteren Richtlinien zu Verrechnungspreisen und zu einem “Head-Office-Tax-System” sollen ebenfalls einer Harmonisierung und einer Vereinfachung von Gewinnermittlungsvorschriften sowie Verrechnungspreisen dienen. Sofern die Vorschläge vom Rat angenommen werden, erfolgt eine Anwendung des Vorschlags zur Verrechnungspreisgestaltung und zu HOT mit 01.01.2026 bzw mit 01.07.2023 (BEFIT).
Ob es gelingt, im Rat die für die Verabschiedung der Richtlinie in Art. 115 AEUV notwendige Einstimmigkeit zu erwirken, bleibt offen. Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass die einstimmige Verabschiedung von Richtlinien im Bereich der Unternehmensbesteuerung angesichts der steuerlichen Souveränität der Mitgliedstaaten politisch sensibel ist, von außersteuerlichen Erwägungen beeinflusst sein kann und von den Mitgliedstaaten – auch angesichts der 2024 anstehenden Europawahlen – verzögert werden könnte.
Bendlinger Stefan | Pimingstorfer Julia
Am 12.9.2023 hat die Europäische Kommission zwecks Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung innerhalb der Europäischen Union drei Richtlinienvorschläge präsentiert. Zentrales Element ist der Richtlinienvorschlag Business in Europe – Framework for Income Taxation „BEFIT“ , der ein einheitliches Regelwerk zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage von Unternehmensgruppen enthält. Daneben wurde als zweiter Richtlinienvorschlag die Einführung eines Head-Office-Tax-Systems („HOT“) veröffentlicht, der vereinfachte Gewinnermittlungsvorschriften für Kleinst-, Klein und mittelständische Unternehmen vorsieht. Ein dritter Richtlinienvorschlag bezieht sich auf Verrechnungspreise zwischen EU-Gesellschaften.
Business in Europe – Framework for Income Taxation (BEFIT)
Am 12.09.2023 wurde von der Europäischen Kommission der Vorschlag „Unternehmen in Europa – Rahmen für die Unternehmensbesteuerung“, kurz “BEFIT” (COM[2023] 532 final) veröffentlicht. Der Richtlinienvorschlag sieht ein einheitliches Regelwerk zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage von Unternehmensgruppen vor. Ausgangsbasis des Richtlinienvorschlags ist das internationale Steuerabkommen der OECD und der G20 über die globale Mindestbesteuerung (Pillar II), die für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, umgesetzt werden soll. In Anlehnung an das Regelwerk zu Pillar II soll BEFIT auch für jene in der EU tätigen Unternehmensgruppen anwendbar sein, die jährlich einen globalen Konzernumsatz von mindestens 750 Millionen EUR erzielen, und deren Muttergesellschaft an den Geschäftseinheiten mindestens 75 Prozent der Eigentumsrechte oder der Ansprüche auf Gewinnbeteiligung hält. Die Richtlinie soll bis zum 1.1.2028 in nationales Recht der Mitgliedstaaten übernommen werden, und mit 01.07.2028 in Kraft treten.
BEFIT soll die mittlerweile zurückgenommenen Vorschläge zur Schaffung einer “Common Consolidated Corporate Tax Base” (CCCTB) aus 2011 und 2016 ersetzen. Kleinen Unternehmensgruppen, die keinen Gesamtumsatz von EUR 750 Millionen erwirtschaften, sollen unter der Voraussetzung, dass sie einen konsolidierten Jahresabschluss erstellen, auf Anwendung von BEFIT optieren können. Auf Unternehmensgruppen mit Sitz außerhalb der EU soll BEFIT nur anwendbar sein, wenn deren innerhalb der EU erzielten Umsätze 5 % des konsolidierten Gesamtumsatzes oder EUR 50 Mio in mindestens zwei der vorangegangenen vier Jahre überschreiten.
Konkret beinhaltet BEFIT folgende drei Kernelemente:
BEFIT befasst sich mit Unternehmen, die ihren Sitz oder ihren Ort der Geschäftsleitung innerhalb der EU haben. Jene Unternehmen, die zwar Teil einer der EU zugehörigen Unternehmensgruppe sind, jedoch selbst nicht in der EU tätig sind, sind von dem Regelwerk nicht umfasst und somit kein Teil der BEFIT-Gruppe. Gewinne und Verluste dieser Unternehmen, werden somit auch nicht in die Steuerbemessungsgrundlage der Unternehmensgruppe aufgenommen. Ein grenzüberschreitender Verlustausgleich ist damit nicht möglich. Für Transaktionen zwischen diesen Unternehmen und den Mitgliedern der BEFIT-Gruppe gilt demnach weiterhin der Fremdverhaltensgrundsatz. In diesen Fällen soll ein “BEFIT-Ampelsystem” die Einhaltung der Verrechnungspreisvorschriften vereinfachen.
In der Praxis soll BEFIT so umgesetzt werden, dass ein Mitglied der Unternehmensgruppe beauftragt wird, die Steuerinformationen der gesamten Gruppe bei der Steuerverwaltung eines beliebigen Mitgliedstaates einzureichen. Zu beachten ist, dass Steuerprüfungen und die Streitbeilegung weiterhin auf Ebene der Mitgliedsstaaten erfolgen müssen. Dies hat zur Folge, dass fallbezogen Prüfungen im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften von den Mitgliedsstaaten im Rahmen eines “Joint Audit” durchgeführt werden müssen.
Head-Office-Tax-Systems (HOT)
Ergänzend zu BEFIT veröffentlichte die Europäische Kommission den Vorschlag für eine Richtlinie zur Einführung eines Head-Office-Tax-System (COM[2023] 528 final) für Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Auf Basis der vorgeschlagenen Richtlinie soll es KMU, die grenzüberschreitend ausschließlich durch Betriebsstätten tätig sind, ermöglicht werden, optional die Steuervorschriften des Mitgliedstaats anzuwenden, in dem sich der Hauptsitz, also das Stammhaus befindet. Die Einführung von HOT hat zur Folge, dass eine einheitliche Berechnung des Steuerergebnisses von in verschiedenen Mitgliedsstaaten gelegenen Betriebsstätten erfolgen kann, indem auf eine Anwendung der nationalen Steuervorschriften des Mitgliedsstaats verzichtet werden kann. Die Richtlinie soll mit 01.01.2026 in Kraft treten.
Verrechnungspreis-Richtlinie
Zeitgleich mit der Veröffentlichung von BEFIT und HOT wurde von der Kommission ein Richtlinienvorschlag zu Verrechnungspreisvorschriften (COM[2023] 529 final) herausgegeben, der eine Harmonisierung der Regelungen für Verrechnungspreise innerhalb der EU erwirken soll. Der Richtlinienvorschlag soll eine Senkung des Risikos von Rechtsstreitigkeiten bewirken und Doppelbesteuerung verhindern, indem Steuerpflichtigen die Vornahme korrespondierender Gegenberichtigungen auch außerhalb eines Verständigungs- oder Schiedsverfahrens ermöglicht werden soll. Sofern der vom Rat angenommen wird, soll die Richtlinie mit 1.1.2026 anwendbar sein.
FAZIT
Mit den im September 2023 von der Kommission veröffentlichen Richtlinienvorschlägen setzt die EU wesentliche Schritte in Richtung einheitlicher Bewertungs- und Steuervorschriften. Es handelt sich bereits um den dritten Versuch der Kommission, eine Harmonisierung der Steuerbemessungsgrundlagen für Unternehmen innerhalb der EU zu erwirken. Die ersten beiden Versuche erfolgten bereits 2011 und 2016 durch einen zweistufigen Ansatz zur Harmonisierung der Steuerbemessungsgrundlage und Konsolidierung und formelmäßiger Aufteilung der ermittelten Ergebnisse. Auf Basis des Regelwerks zu Pillar II startet die Europäische Kommission nun einen weiteren Versuch, Bemessungsgrundlagen innerhalb dere EU zu vereinheitlichen. Die weiteren Richtlinien zu Verrechnungspreisen und zu einem “Head-Office-Tax-System” sollen ebenfalls einer Harmonisierung und einer Vereinfachung von Gewinnermittlungsvorschriften sowie Verrechnungspreisen dienen. Sofern die Vorschläge vom Rat angenommen werden, erfolgt eine Anwendung des Vorschlags zur Verrechnungspreisgestaltung und zu HOT mit 01.01.2026 bzw mit 01.07.2023 (BEFIT).
Ob es gelingt, im Rat die für die Verabschiedung der Richtlinie in Art. 115 AEUV notwendige Einstimmigkeit zu erwirken, bleibt offen. Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass die einstimmige Verabschiedung von Richtlinien im Bereich der Unternehmensbesteuerung angesichts der steuerlichen Souveränität der Mitgliedstaaten politisch sensibel ist, von außersteuerlichen Erwägungen beeinflusst sein kann und von den Mitgliedstaaten – auch angesichts der 2024 anstehenden Europawahlen – verzögert werden könnte.