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NACHHALTIGKEITSBERICHTERSTATTUNG | Update zur EU-Taxonomie

(Bild: © iStock/DutchScenery)

Huber Katharina  |  Vrba Maria

Das Ziel der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung hin zu mehr „Nachhaltigkeit“ nimmt bereits seit Längerem – auf globaler Ebene – einen besonders hohen Stellenwert ein. Zur Erreichung dieses Ziels sollen insbesondere Veranlagungs- und Finanzierungsentscheidungen besser auf Nachhaltigkeitsaspekte Rücksicht nehmen und somit Gelder von nachhaltigkeitsschädlichen hin zu nachhaltigkeitswirksamen Wirtschaftsaktivitäten gelenkt werden. Darüber hinaus will man eine bestmögliche Transparenz über die Nachhaltigkeitsleistungen der Marktteilnehmer schaffen. In diesem Zusammenhang hat bereits die im April 2021 vorgelegte Entwurfsfassung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD) einen wesentlichen Betrag geleistet, um Nachhaltigkeit als zentrales Thema für europäische Unternehmen zu definieren. Darüber hinaus sind seit 1.1.2022 diverse Berichtspflichten gemäß Art. 8 der EU-Taxonomie-VO zu beachten. Ziel dieser Verordnung ist es, das Ausmaß zu identifizieren, in welchem ein Unternehmen nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten erbringt und damit zum Ziel einer nachhaltigen Entwicklung beiträgt. Im nachfolgenden Beitrag möchten wir Ihnen die Grundlagen und aktuelle Entwicklungen im Bereich der „EU-Taxonomie“ etwas näher bringen.


Über die neuen EU-rechtlichen Berichterstattungspflichten für Unternehmen, die einerseits auf der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung („Corporate Sustainability Reporting Directive“ – CSRD) und andererseits auf der sog. „EU-Taxonomie“ (insb. Artikel 8 Taxonomie-VO) basieren, haben wir Sie im Rahmen unseres Newsletters bereits mehrmals informiert:

Im folgenden Beitrag möchten wir Ihnen ein weiteres Update zu aktuellen Entwicklungen bzw Änderungen im Bereich der EU-Taxonomie geben:
 

​​​​​​​Allgemeines zur Taxonomie-VO


​​​​​​​In der Taxonomie-VO definiert die EU-Kommission nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten sowie diesbezügliche technische Prüfkriterien. Die Berichterstattungspflicht dazu ist in Artikel 8 Taxonomie-VO geregelt. Demnach sind Angaben zu machen, inwieweit die unternehmerischen Tätigkeiten als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten iS Artikel 3 und 9 der VO anzusehen sind.

Von der Berichtspflicht nach der Taxonomie-Verordnung sind sämtliche Unternehmen betroffen, die verpflichtet sind, nichtfinanzielle Angaben nach § 243b und § 267a UGB zu veröffentlichen. Weiters auch Unternehmen, welche künftig zusätzlich unter die Berichtspflicht gemäß CSRD fallen, zumal es sich bei der Referenzierung der Rechtsgrundlagen in der Taxonomie-VO um einen dynamischen Verweis handelt.

Die Taxonomie-VO trat bereits im Juli 2020 in Kraft, wird jedoch derzeit noch im Detail weiter ausgearbeitet. Seit 1. Jänner 2022 sind bereits die Berichtspflichten zu den ersten zwei Umweltzielen – Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel – anzuwenden.

Darüber hinaus wurde im Juli 2021 der delegierte Rechtsakt (EU) 2021/2178 zu Artikel 8 der Taxonomie-VO veröffentlicht, der darauf abzielt, Anforderungen für Unternehmen festzulegen, um über taxonomierelevante Informationen zu berichten.

Zusätzlich hat die Europäische Kommission als Begleitdokument für die Anwendung des Artikel 8 Taxonomie-VO zwei FAQ-Dokumente veröffentlicht, in denen an die EU adressierte Fragen geklärt und eine Guidance für die berichtspflichtigen Angaben gegeben werden sollen.

Systematik der EU-Taxonomie


​​​​​​​Die EU-Taxonomie umfasst insgesamt sechs Umweltziele, wovon bislang nur zu den ersten beiden Zielen nähere Details veröffentlicht wurden. Inhalte zu den vier weiteren Umweltzielen wurden hingegen bis dato noch nicht publik gemacht. Nach derzeitigem Stand soll die Anwendbarkeit hiefür ab dem Geschäftsjahr 2022 oder 2023 gelten. Der konkrete Anwendungszeitraum wurde noch nicht festgelegt. Die sechs Umweltziele wurden wie folgt definiert:

  1. Klimaschutz (55 % CO2-Reduktion bis 2030)
  2. Anpassung an den Klimawandel (Aufbau von Kapazitäten und Erhöhung der Widerstandsfähigkeit)
  3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung und Kontrolle von Umweltverschmutzung
  6. Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen

Die Einteilung der Wirtschaftsaktivitäten eines Unternehmens im Sinne der Taxonomie-VO hat folgendermaßen zu erfolgen:
 

Prüfung der Taxonomie-Fähigkeit

Zunächst muss eine Einstufung der Wirtschaftstätigkeit in „taxonomiefähig“ („eligible“) oder „nicht taxonomiefähig“ („non-eligible“) erfolgen. Dazu sollte am Beginn eine Identifizierung des Unternehmensprofils und der Geschäftsaktivität des Unternehmens erfolgen. Nützliche Quellen stellen hier beispielsweise die Firmenwebsite bzw. Geschäftsberichte dar.

Im nächsten Schritt hat eine Identifizierung der taxonomiefähigen Aktivitäten des Unternehmens durch Zuordnung der Unternehmenstätigkeiten zu den Anforderungen der Taxonomie unter Verwendung der Tätigkeitsbeschreibung anhand der NACE-Codes zu erfolgen. Dazu wurde im bereits erwähnten delegierten Rechtsakt ein „Technical Annex“ veröffentlicht, der eine diesbezügliche Hilfestellung sein soll. Dieser enthält Rubriken auf Sektorebene und die zugehörigen NACE-Codes, auf die man sich bei der Bewertung stützen kann.

Sodann ist der Beitrag zu den Umweltzielen zu prüfen. Dieser Beitrag kann auf der eigenen Leistung der Aktivität beruhen oder aber auch Verbesserungen in anderen Bereichen ermöglichen.

Ist die durch das Unternehmen betriebene Wirtschaftstätigkeit in der Taxonomie-VO geregelt, ist die „Taxonomie-Fähigkeit“ gegeben.
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Prüfung der Taxonomie-Konformität

Wurde eine Wirtschaftstätigkeit als taxonomiefähig eingestuft, so hat in einem nächsten Schritt die Prüfung der Taxonomie-Konformitätzu erfolgen. Dazu dient der nachfolgend beschriebene „Drei-Level-Test“:

1.  Wesentlicher Beitrag:

Die Wirtschaftsaktivität muss einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der sechs aufgezählten Umweltziele leisten. Dabei wird mittels Screening-Test festgestellt, ob die konkrete Aktivität tatsächlich einen wesentlichen Beitrag zu einem Unternehmensziel beisteuert. Als Grundlage für diese Tests werden verschiedene aktivitätsspezifische Kriterien herangezogen, die wiederum in den Annexen des delegierten Rechtsaktes zu den Unternehmenszielen enthalten sind.

​​​​​​​2.  ​​​​​​​​​​​​​​Do no significant harm („DNSH“):

In Stufe zwei gilt es zu beurteilen, ob die Wirtschaftsaktivität eine erhebliche Beeinträchtigung der übrigen Umweltziele bewirkt. Diese Prüfung stellt sicher, dass Fortschritte in Bezug auf einige Ziele nicht auf Kosten anderer erzielt werden. Die Bewertungskriterien finden sich auch hier in den Annexen der delegierten Rechtsakte zu den Umweltzielen.

3.  Erfüllung von Minimumstandards:

Hier gilt es zu überprüfen, dass die Wirtschaftstätigkeit bestimmte Mindeststandards in Bezug auf soziale und Governance-Aspekte einhält (zB OECD Guidelines). Dazu bedarf es einer entsprechenden Sorgfaltsprüfung, um eine Verletzung sozialer Mindeststandards zu vermeiden. 

Wenn alle drei Stufen ein positives Ergebnis zeitigen, so entspricht die betreffende Wirtschaftstätigkeit auch dem Kriterium der „Taxonomie-Konformität“.
 

Berichterstattung gemäß Taxonomie-Verordnung – KPI-Reporting


Für die Berichtsperiode des Geschäftsjahres 2021 wurden den betroffenen Unternehmen noch einige Erleichterungen zugestanden. Dabei musste hinsichtlich der jeweiligen Wirtschaftstätigkeit zunächst nur eine Einstufung in „taxonomiefähig“ („eligible“) oder „nicht taxonomiefähig“ („non-eligible“) für die ersten zwei Umweltziele vorgenommen werden. In den Folgejahren sind jedoch umfangreichere Berichtspflichten vorgesehen.

Um die Wirksamkeit der getroffenen Regularien zu erhöhen, enthält die Taxonomie-VO Regelungen zur Berichterstattung über das Ausmaß, in dem die Wirtschaftsaktivitäten mit dem verfolgten Nachhaltigkeitsverständnis konform gehen. Diesbezüglich hat ein Reporting über die nachfolgend erläuterten Indikatoren (KPIKey Performance Indicators) zu erfolgen:

Umsatz

Zur Berechnung dieses KPI werden die Nettoumsatzerlöse aus taxonomiekonformen Tätigkeiten durch die gesamten Nettoumsatzerlöse iS IAS 1.82 (a) dividiert.

CapEx

Hier wird der Anteil der gesamten Investitionen (CapEx – Capital Expenditures), die sich auf Vermögenswerte oder Prozesse iZm taxonomiekonformen Aktivitäten beziehen, ins Verhältnis zu den Zugängen bei den diesbezüglichen Sachanlagen und immateriellen Vermögenswerten gesetzt.

OpEx

Beim OpEx wird der Anteil der Betriebskosten (OpEx – Operational Expenditures), die sich auf Vermögenswerte oder Prozesse iZm taxonomiekonformen Aktivitäten beziehen (Zähler), ins Verhältnis zu den gesamten Betriebsausgaben (OpEx nach Definition der EU-Taxonomie) gesetzt (Nenner).

Beim taxonomiekonformen OpEx (Zähler) sind auch Schulungen und sonstige Anpassungserfordernisse bei den Arbeitskräften zu berücksichtigten. Darüber hinaus werden auch Betriebsausgaben, die Teil des CapEx-Plans zur Ausweitung von taxonomiekonformen Wirtschaftstätigkeiten sind, in die Berechnung dieses Indikators einbezogen.

Das Gesamt-OpEx (Nenner) umfasst direkte, nicht kapitalisierte Kosten in Bezug auf:

  • Forschung und Entwicklung (inkl. direkt zuordenbare Personalkosten)
  • Wartung und Reparatur (inkl. direkt zuordenbare Personalkosten)
  • Kurzfristiges Leasing
  • Gebäudesanierungsmaßnahmen
  • Andere direkte Ausgaben im Zusammenhang mit der täglichen Wartung

NICHT inkludiert sind dabei Abschreibungen, Amortisation und Wertminderung sowie generelle Personal-, Rohstoff-, Vertriebs- und Verwaltungskosten.

Für jeden der drei KPIs ist zudem ein Meldebogen, welcher in der delegierten Verordnung (EU) 2021/2178 vom 6. Juli 2021 abgebildet ist, zu befüllen. Für 2021 war noch eine verkürzte Darstellung erlaubt. Ab 2022 ist der Anteil der taxonomiefähigen und -konformen Aktivitäten anzugeben und hat eine Zuordnung zum jeweiligen Umweltziel zu erfolgen. Darüber hinaus muss eine transparente Darstellung der DNSH angegeben werden.
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Berichterstattung gemäß Taxonomie-Verordnung – Qualitative Angaben


Zusätzlich zu den obigen quantitativen Angaben hat auch eine Berichterstattung über qualitative Bereiche zu erfolgen. Artikel 8 Abschnitt 1.2 des delegierten Rechtsakts definiert diese ergänzenden Angaben. Dabei handelt es sich vor allem um Spezifikationen der Angabenzu den KPI. Nachfolgend findet sich eine beispielhafte Aufzählung der qualitativen Berichtspflichten:

  • Es sind die Grundlagen, auf welcher der taxonomie-konforme Umsatz, CapEx und OpEx berechnet wurden, einschließlich eines Assessments zu deren Ermittlung, die auf mehrere Tätigkeiten aufgeteilt wurden, zu erläutern. Hier könnte beispielsweise eine Prozessbeschreibung der Datenerhebung erfolgen.
  • Angabe von Verweisen, in welchen Jahresabschlussposten die KPIs enthalten sind.
  • Beschreibung der als taxonomiefähig identifizierten Tätigkeiten inklusive einer Erläuterung, wie eine Doppelzählung vermieden wird.
  • Erläuterung und Darstellung der wesentlichen Bestandteile des Zählers für alle KPI. Hiefür wäre etwa eine Beschreibung der wesentlichen Tätigkeiten innerhalb der drei berichteten Kennzahlen möglich. 

FAZIT


​​​​​​​Der Umfang der laut Taxonomie-VO geltenden Berichtspflichten ist bereits jetzt sehr umfassend. Die Komplexität der Taxonomie wird jedoch in den kommenden Jahren noch erheblich zunehmen. Neben der bereits bestehenden Taxonomie für die vorhandenen Umweltziele ist eine Ergänzung um weitere Kategorien (Soziales und Governance) zu erwarten.

Auf Grund dieser Entwicklungen sollten sich betroffene Unternehmen zeitgerecht darauf einstellen, dass taxonomierelevante Informationen nicht nur für die Berichterstattung, sondern vor allem auch für ihre Strategie und Unternehmenssteuerung immer wichtiger werden.

Gerne werden wir Sie im Rahmen unseres Newsletters auch weiterhin über die weiteren Entwicklungen zu diesem Themenkomplex informieren.

Für weitere Fragen stehen Ihnen die Verfasserinnen sowie auch die übrigen ExpertInnen der Service Line „Audit“​​​​​​​ gerne zur Verfügung!

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