In der am 08. November 2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlichten Nicht-Klimaschädliche Infrastrukturprojekte-Verordnung wird geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein den allgemeinen Anforderungen des § 12a Abs 9 KStG entsprechendes Infrastrukturprojekt nicht klimaschädlich und damit für Zwecke der Zinsschranke bei Ermittlung des Zinsüberhangs bzw. des steuerlichen EBITDA nicht zu berücksichtigen ist. Die Verordnung ist erstmals auf Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen anzuwenden.
Mit dem Covid-19-Steuermaßnahmengesetz wurde die sogenannte „Zinsschranke“ nach den EU-rechtlichen Vorgaben des Art 4 ATAD (Anti Tax Avoidance Directive) in § 12a KStG eingeführt, der mit 1. Jänner 2021 in Kraft getreten ist. Die Zinsschrankenregelung des damals neu eingeführten § 12a KStG beschränkt die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen (konkret den Nettozinsüberhang) auf bis zu 30% des steuerlichen EBITDA, wobei zur Abfederung neben anderen Ausnahmeregelungen insbesondere ein Freibetrag von EUR 3 Mio. vorgesehen ist. Hier finden Sie eine Zusammenfassung der gesetzlichen Grundlagen der Zinsschranke in Österreich.
Eine der in § 12a KStG vorgesehenen Ausnahmen stellt § 12a Abs 9 KStG dar, wonach Zinsaufwendungen zur Finanzierung langfristiger öffentlicher Infrastrukturprojekte innerhalb der Europäischen Union, die von allgemeinem öffentlichem Interesse sind, von der Zinsschranke ausgenommen sind. Derartige Zinsaufwendungen sind bei der Ermittlung des steuerlichen EBITDA nicht zu neutralisieren. Korrespondierend bleiben auch die mit derartigen Infrastrukturprojekten im Zusammenhang stehenden Einkünfte außer Ansatz.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung (KStR, Rz 1309 cl) kommen die folgenden Infrastrukturprojekte für die Befreiung des § 12a Abs 9 KStG in Betracht:
Verkehrsinfrastrukturprojekte, wie Eisenbahnstraßen- und Gleisbau, Bahnhöfe und Güterterminals, Straßen- und Tunnelbau, Wasserstraßen und Häfen, Flughäfen;
Energieversorgungsprojekte, wie Kanal-, Wasser-, Gas- oder Fernwärmenetz, Errichtung von Kraftwerken (ausgenommen Atomkraftwerke);
Kommunikationsinfrastrukturprojekte wie Telefon- und Glasfaserleitungen;
Umweltspezifische Einrichtungen wie Wasseraufbereitung oder Müllentsorgung;
Dagegen sind Atomkraftwerke und klimaschädliche Infrastrukturprojekte von der Befreiung für Zinsaufwendungen zur Finanzierung langfristiger öffentlicher Infrastrukturprojekte ausgenommen. Was unter einem nicht klimaschädlichen Infrastrukturprojekt konkret zu verstehen ist, wird in der nun veröffentlichten Verordnung geregelt.
Eckpunkte der Verordnung:
Laut Verordnung ist ein Infrastrukturprojekt für Zwecke des § 12a Abs 9 KStG nur dann nicht klimaschädlich, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
Das Infrastrukturprojekt ist nicht für den Transport oder die Lagerung fossiler Brennstoffe bestimmt.
Das Infrastrukturprojekt wird einer Klimaanpassungsprüfung nach den geeigneten Verfahren zur Sicherung der Klimaverträglichkeit unterzogen, zu der die Berücksichtigung der CO2-Bilanz (Carbon Footprinting) sowie eindeutig definierte Schattenkosten der CO2-Emissionen gehören. Das Carbon Footprinting soll sich auf die Scope-1-, Scope2- und Scope-3-Emissionen erstrecken und den Nachweis erbringen, dass sich durch das Infrastrukturprojekt im Sinne des § 12a Abs 9 KStG die relativen Treibhausgasemissionen – berechnet auf der Grundlage konservativer Annahmen, Werte und Verfahren – nicht erhöhen.
TPA-Tipp:
Bei den zu erfüllenden Voraussetzungen wird zusätzlich auf die Do-No-Significant-Harm (DNSH) Kriterien im Bereich Klimaschutz des 2. Ziels „Anpassung an den Klimawandel“ in Anhang II der delegierten Verordnung zur EU-Taxonomie-Verordnung verwiesen. Sollten daher die DNSH-Kriterien von den oben erwähnten Voraussetzungen der Verordnung abweichen oder darüber hinausgehen, sind diese (gegebenenfalls zusätzlich) zu erfüllen.
Beispielfall: Während im Fall von „klassischen“ Infrastrukturprojekten, wie beispielsweise Infrastruktur für den Straßenverkehr und den öffentlichen Verkehr, die zwei oben genannten Voraussetzungen des Begutachtungsentwurfs grundsätzlich den DNSH-Kriterien der EU-Taxonomie-Verordnung entsprechen, können bei bestimmten Infrastrukturprojekten, wie beispielsweise für die Übertragung und Verteilung von Elektrizität oder bei Neubau von Gebäuden über die oben aufgezählten Punkte hinausgehende oder abweichende Kriterien zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigung im Bereich Klimaschutz vorgesehen werden. So ist beispielsweise im Fall der Wirtschaftstätigkeit „Übertragung und Verteilung von Elektrizität“ laut DNSH-Kriterium zum Klimaschutz vorgesehen, dass die Infrastruktur nicht für die Schaffung eines direkten Anschlusses oder den Ausbau eines bestehenden direkten Anschlusses an ein Kraftwerk mit direkten Treibhausgasemissionen von mehr als 270g CO2-Äq/kWh bestimmt sein darf. Damit das Infrastrukturprojekt in diesem Fall als nicht klimaschädlich einzustufen ist, muss diese von den oben beschriebenen Voraussetzungen abweichende DNSH-Bestimmung erfüllt werden. Dementsprechend ist für Zwecke des § 12a Abs 9 KStG immer zu prüfen, ob nach den DNSH-Kriterien im Bereich Klimaschutz der EU-Taxonomie-Verordnung über die oben erwähnten hinausgehende oder davon abweichende Voraussetzungen erfüllbar sind.
Soweit die Ausnahmeregelung für Infrastrukturprojekte in Anspruch genommen wird und die Zinsaufwendungen für die Berechnung des Zinsüberhangs außer Acht gelassen werden, hat der Steuerpflichtige gem § 1 Abs 3 der Verordnung der Körperschaftsteuererklärung ein Gutachten anzuschließen, mit dem gegenüber der Abgabenbehörde glaubhaft gemacht wird, dass es sich um kein klimaschädliches Infrastrukturprojekt handelt.
Das Gutachten hat gem § 1 Abs 4 der Verordnung dem relevanten Stand der Technik und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu entsprechen und ist von einem
Ziviltechniker oder Ingenieursbüro mit einschlägigem Fachgebiet,
einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen mit einschlägigem Fachgebiet,
von der Umweltbundesamt GmbH oder
einem unabhängigen, staatlich anerkannten Wissenschaftler zu erstellen.
TPA-Tipp:
Um dem Finanzamt eine übersichtliche Grundlage bereitzustellen, muss die Beurteilung, ob eine Klimaschädlichkeit vorliegt, verständlich dokumentiert und zusammengefasst werden. Durch die Erstellung des Gutachtens können sich für Zwecke der Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen auch weitere Synergieeffekte ergeben.
Inkrafttreten & Ausblick
Die inzwischen veröffentlichte Verordnung ist erstmals (rückwirkend) auf Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember2020 beginnen. Soweit ein Steuerpflichtiger in einem vor dem 01.01.2023 begonnenen Wirtschaftsjahre Zinsaufwendungen aufgrund von § 12a Abs 9 KStG bei der Ermittlung des Zinsüberhangs außer Ansatz gelassen hat, hat der Steuerpflichtige ein Sachverständigengutachten nach Maßgabe von § 1 Abs 3 und Abs 4 dem zuständigen Finanzamt bis spätestens 30. Juni 2024 zu übermitteln. Wurden hingegen Zinsaufwendungen bei der Ermittlung des Zinsüberhangs außer Ansatz gelassen, gilt die Übermittlung des Gutachtens als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO.
Wenn Sie Fragen zur Zinsschranke haben, kontaktieren Sie bitte unsere Experten!
In der am 08. November 2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlichten Nicht-Klimaschädliche Infrastrukturprojekte-Verordnung wird geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein den allgemeinen Anforderungen des § 12a Abs 9 KStG entsprechendes Infrastrukturprojekt nicht klimaschädlich und damit für Zwecke der Zinsschranke bei Ermittlung des Zinsüberhangs bzw. des steuerlichen EBITDA nicht zu berücksichtigen ist. Die Verordnung ist erstmals auf Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen anzuwenden.
Mit dem Covid-19-Steuermaßnahmengesetz wurde die sogenannte „Zinsschranke“ nach den EU-rechtlichen Vorgaben des Art 4 ATAD (Anti Tax Avoidance Directive) in § 12a KStG eingeführt, der mit 1. Jänner 2021 in Kraft getreten ist. Die Zinsschrankenregelung des damals neu eingeführten § 12a KStG beschränkt die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen (konkret den Nettozinsüberhang) auf bis zu 30% des steuerlichen EBITDA, wobei zur Abfederung neben anderen Ausnahmeregelungen insbesondere ein Freibetrag von EUR 3 Mio. vorgesehen ist. Hier finden Sie eine Zusammenfassung der gesetzlichen Grundlagen der Zinsschranke in Österreich.
Eine der in § 12a KStG vorgesehenen Ausnahmen stellt § 12a Abs 9 KStG dar, wonach Zinsaufwendungen zur Finanzierung langfristiger öffentlicher Infrastrukturprojekte innerhalb der Europäischen Union, die von allgemeinem öffentlichem Interesse sind, von der Zinsschranke ausgenommen sind. Derartige Zinsaufwendungen sind bei der Ermittlung des steuerlichen EBITDA nicht zu neutralisieren. Korrespondierend bleiben auch die mit derartigen Infrastrukturprojekten im Zusammenhang stehenden Einkünfte außer Ansatz.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung (KStR, Rz 1309 cl) kommen die folgenden Infrastrukturprojekte für die Befreiung des § 12a Abs 9 KStG in Betracht:
Dagegen sind Atomkraftwerke und klimaschädliche Infrastrukturprojekte von der Befreiung für Zinsaufwendungen zur Finanzierung langfristiger öffentlicher Infrastrukturprojekte ausgenommen. Was unter einem nicht klimaschädlichen Infrastrukturprojekt konkret zu verstehen ist, wird in der nun veröffentlichten Verordnung geregelt.
Eckpunkte der Verordnung:
Laut Verordnung ist ein Infrastrukturprojekt für Zwecke des § 12a Abs 9 KStG nur dann nicht klimaschädlich, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
TPA-Tipp:
Bei den zu erfüllenden Voraussetzungen wird zusätzlich auf die Do-No-Significant-Harm (DNSH) Kriterien im Bereich Klimaschutz des 2. Ziels „Anpassung an den Klimawandel“ in Anhang II der delegierten Verordnung zur EU-Taxonomie-Verordnung verwiesen. Sollten daher die DNSH-Kriterien von den oben erwähnten Voraussetzungen der Verordnung abweichen oder darüber hinausgehen, sind diese (gegebenenfalls zusätzlich) zu erfüllen.
Während im Fall von „klassischen“ Infrastrukturprojekten, wie beispielsweise Infrastruktur für den Straßenverkehr und den öffentlichen Verkehr, die zwei oben genannten Voraussetzungen des Begutachtungsentwurfs grundsätzlich den DNSH-Kriterien der EU-Taxonomie-Verordnung entsprechen, können bei bestimmten Infrastrukturprojekten, wie beispielsweise für die Übertragung und Verteilung von Elektrizität oder bei Neubau von Gebäuden über die oben aufgezählten Punkte hinausgehende oder abweichende Kriterien zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigung im Bereich Klimaschutz vorgesehen werden. So ist beispielsweise im Fall der Wirtschaftstätigkeit „Übertragung und Verteilung von Elektrizität“ laut DNSH-Kriterium zum Klimaschutz vorgesehen, dass die Infrastruktur nicht für die Schaffung eines direkten Anschlusses oder den Ausbau eines bestehenden direkten Anschlusses an ein Kraftwerk mit direkten Treibhausgasemissionen von mehr als 270g CO2-Äq/kWh bestimmt sein darf. Damit das Infrastrukturprojekt in diesem Fall als nicht klimaschädlich einzustufen ist, muss diese von den oben beschriebenen Voraussetzungen abweichende DNSH-Bestimmung erfüllt werden. Dementsprechend ist für Zwecke des § 12a Abs 9 KStG immer zu prüfen, ob nach den DNSH-Kriterien im Bereich Klimaschutz der EU-Taxonomie-Verordnung über die oben erwähnten hinausgehende oder davon abweichende Voraussetzungen erfüllbar sind.
Soweit die Ausnahmeregelung für Infrastrukturprojekte in Anspruch genommen wird und die Zinsaufwendungen für die Berechnung des Zinsüberhangs außer Acht gelassen werden, hat der Steuerpflichtige gem § 1 Abs 3 der Verordnung der Körperschaftsteuererklärung ein Gutachten anzuschließen, mit dem gegenüber der Abgabenbehörde glaubhaft gemacht wird, dass es sich um kein klimaschädliches Infrastrukturprojekt handelt.
Das Gutachten hat gem § 1 Abs 4 der Verordnung dem relevanten Stand der Technik und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu entsprechen und ist von einem
TPA-Tipp:
Um dem Finanzamt eine übersichtliche Grundlage bereitzustellen, muss die Beurteilung, ob eine Klimaschädlichkeit vorliegt, verständlich dokumentiert und zusammengefasst werden. Durch die Erstellung des Gutachtens können sich für Zwecke der Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen auch weitere Synergieeffekte ergeben.
Inkrafttreten & Ausblick
Die inzwischen veröffentlichte Verordnung ist erstmals (rückwirkend) auf Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember2020 beginnen. Soweit ein Steuerpflichtiger in einem vor dem 01.01.2023 begonnenen Wirtschaftsjahre Zinsaufwendungen aufgrund von § 12a Abs 9 KStG bei der Ermittlung des Zinsüberhangs außer Ansatz gelassen hat, hat der Steuerpflichtige ein Sachverständigengutachten nach Maßgabe von § 1 Abs 3 und Abs 4 dem zuständigen Finanzamt bis spätestens 30. Juni 2024 zu übermitteln. Wurden hingegen Zinsaufwendungen bei der Ermittlung des Zinsüberhangs außer Ansatz gelassen, gilt die Übermittlung des Gutachtens als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO.
Wenn Sie Fragen zur Zinsschranke haben, kontaktieren Sie bitte unsere Experten!
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Gerald Kerbl
Steuerberater | Partner bei TPA Österreich TPA Steuer-Spezialist für Immobilienfonds, Immobilienunternehmen und multinationale Konzerne. Zudem Studienautor, Lektor und Vortragender
Bernhard Winkelbauer
Berufsanwärter | Consultant
Berufsanwärter & Consultant bei TPA in Wien
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