X
Digital
BFG BFGjournal News Rechtsprechung

Vorsteuerkorrektur bei steuerfreien Immobilienverkäufen: Analyse des BFG-Erkenntnisses

(Bild: © iStock/sl-f)

In dem BFG-Erkenntnis vom 8. Jänner 2024 war strittig, ob als Folge der steuerfreien Veräußerung von Immobilien eine Vorsteuerberichtigung für Aufwendungen aus Großreparaturen oder aus anderen Gründen vorzunehmen ist.

Die Beschwerdeführerin ist eine als gemeinnützig anerkannte Kapitalgesellschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr (Mai bis April). Sie errichtete vor dem 30.3.2012 Immobilien (Wohnobjekte und einzelne Mietwohnungen). Für einen Teil der Immobilien wurden umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen (Komplettsanierung der Fassaden (Vollwärmedämmung), Austausch von Fenstern und Türen, Kompletttausch des Dachs, Einbau von Aufzugsanlagen, Erneuerung der Zentralheizungsanlage) durchgeführt und ein Vorsteuerabzug geltend gemacht.

Die Finanzierung dieser Maßnahmen erfolgte zum Teil durch die im Rahmen der monatlichen Mietvorschreibungen eingehobenen und der 10%-igen Umsatzsteuer unterliegenden Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge iSd § 14 WGG. Anschließend wurden in den Jahren 2012 bis 2014 ganze Wohnobjekte und einzelne Mietwohnungen an fremde Dritte unecht umsatzsteuerfrei verkauft.

Die belangte Behörde beanstandete, dass die Verkäufe eine Änderung der Verhältnisse darstellen würden und die durchgeführten Instandsetzungen unter den Begriff der „Großreparaturen“ iSd § 12 Abs 10 UStG zu subsumieren seien, weshalb eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG vorzunehmen sei. Die belangte Behörde erließ daher am 25.3.2021 für die Jahre 2012 und 2013 Bescheide die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend und (neue) Sachbescheide für den Zeitraum 2012 – 2014 mit den vorgenommenen Vorsteuerberichtigungen.

Mit 19.5.2021 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen die Sachbescheide und moniert darin die vorgenommene Vorsteuerberichtigung als unrichtig.

Das BFG konnte der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, wonach die (unecht steuerfreien) Veräußerungen der Liegenschaften keine Änderung der Verhältnisse bewirkt haben sollten, nicht beitreten. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach für die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge ein eigener Rechnungskreis gebildet und die Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten in diesem von den Passiva abgezogen worden seien, würden ausschließlich Fragen des Ertragssteuerrechts tangieren. Dem UStG hingegen sei eine Bestimmung fremd, die eine Vorsteuerkorrektur dann ausschließen würde, wenn die Tragung von Aufwendungen auf Dritte (die Mieter) überwälzt wird. Zu berücksichtigen sei auch, dass es sich bei der Beschwerdeführerin, die die Vorsteuer im eigenen Namen lukrierte und der gegenüber nun die Berichtigung erfolgt, einerseits und den die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge finanzierenden Mietern andererseits um unterschiedliche Rechtspersonen handeln würde, die im Hinblick auf die in Rede stehenden Investitionen in keiner direkten Leistungsbeziehung standen.

Ändern sich bei einem Grundstück (einschließlich der Kosten von Großreparaturen), das der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden 19 Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, so ist nach § 12 Abs 10 UStG eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs durchzuführen. Dies gilt nach Ansicht des BFG auch für die Veräußerung von dem WGG unterliegenden Immobilien, an denen zuvor Umbauarbeiten durchgeführt wurden, und unabhängig davon, ob die Investitionen durch von den Mietern zu tragenden Erhaltungs- und Verbesserungsaufwände iSd § 14 WGG finanziert wurden. Die Beschwerdeführerin verkenne, dass die Vorsteuerberichtigung nicht für die Großreparatur an sich, sondern für das Investitionsgut Gebäude, erfolge.

Das gegenständliche Erkenntnis folgt unseres Erachtens der allgemeinen Systematik der Vorsteuerberichtigung und kommt daher nicht (ganz) überraschend. Zum dargestellten BFG-Erkenntnis ist eine VfGH-Beschwerde zur Zahl E 629/2024 anhängig.

Praxistipp

Erkennt ein Geschäftsführer bzw ein Vorstand einer GBV nachträglich, dass die eingebrachten Umsatzsteuererklärungen nicht oder nicht vollständig den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen haben und dies zu einer Verkürzung von Umsatzsteuer geführt hat, so ist dies gemäß § 139 BAO unverzüglich der zuständigen Abgabenbehörde anzuzeigen. Die Anzeigepflicht besteht allerdings nur so lange, als die Verjährung noch nicht eingetreten ist.

Kontaktieren Sie

Anja Cupal

Wien
Anja Cupal
Steuerberaterin Partnerin bei TPA Österreich

Elisabeth Höltschl

Wien
Elisabeth Höltschl
Steuerberaterin Managerin

Michael Nester

Wien
Michael Nester
Director Steuerberater

Zum Originalartikel