Der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Peter Bartos ist Partner und Geschäftsführer einer internationalen Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und seit 1. 1. 2017 neuer Präsident der Landesstelle Wien der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT). Anlässlich einer gemeinsamen Veranstaltung der KWT mit der Wirtschaftsuniversität Wien zum internationalen Steuerrecht, bei dem er die Moderation übernahm, baten wir ihn zum Interview.
BFGjournal: Zunächst einmal eine Frage zu Ihrer neuen Funktion als Landespräsident: Wie legen Sie das Amt an? Was haben Sie sich vorgenommen?
Peter Bartos: Wir leben in bewegten Zeiten. Einerseits wird das Steuerrecht immer komplexer, andererseits stellt die Digitalisierung auch unseren Berufsstand vor große Herausforderungen. Zusätzlich sind die regulatorischen Anforderungen, besonders in der Wirtschaftsprüfung, enorm. Größere Kanzleien können diese Herausforderungen aufgrund ihrer Inhouse-Ressourcen aus eigener Kraft bewältigen, kleine und mittlere Kanzleien stoßen aber sehr rasch an ihre Grenzen. Als Kammer sehen wir uns daher in erster Linie als Serviceeinrichtung für diese Berufskollegen. Weiters bringen wir uns intensiv in die Gesetzwerdungsprozesse ein, denn möglichst klare Gesetze sind ein wichtiger Faktor für den Wirtschaftsstandort Österreich.
BFGjournal: Vor Kurzem ist das neue Berufsrecht beschlossen worden (WTBG 2017): Der bisherige Stufenbau Steuerberater – Wirtschaftsprüfer wird aufgehoben. Wie sehen Sie diese Neuordnung der Berufsgruppen?
Peter Bartos: Das neue WTBG sieht eine Änderung beim Berufszugang für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer vor. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sind zwei Berufe geworden, die ein besonders hohes Maß an Spezialisierung und Fortbildung im jeweiligen Fachbereich erfordern. Bei allen Gemeinsamkeiten, die es weiterhin geben wird, wird es jedoch künftig einen getrennten Zugang zu den beiden Berufsgruppen geben.
Konkret besteht jetzt die Möglichkeit, die Wirtschaftsprüferbefugnis zu erwerben, ohne zuvor oder gleichzeitig die Steuerberaterprüfung ablegen zu müssen. Der getrennte Zugang für die beiden Berufsgruppen ist eine längst notwendige Anpassung an internationale Standards.
BFGjournal: Wird sich dieser Trend auch auf Ihre Kammer auswirken?
Peter Bartos: Dieser Trend wird auch Auswirkungen auf unsere Kammer haben, die ja zukünftig nicht mehr Kammer der Wirtschaftstreuhänder, sondern Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer heißen wird. Die neue Kammerbezeichnung nimmt damit Bezug auf die Neuausrichtung der beiden Berufsgruppen und transportiert aussagekräftiger, dass künftig der Steuerberater der Spezialist für Steuerrecht und die Parteienvertretung sein wird und sich der Wirtschaftsprüfer auf Prüfungsleistungen konzentriert.
„Beide Berufsgruppen werden weiterhin unter einem gemeinsamen Dach in einer Kammer bleiben.“
Das ändert aber nichts daran, dass es zwischen Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern weiterhin große inhaltliche Überschneidungen gibt und viele Berufsberechtigte auch zukünftig beide Befugnisse haben werden. Deshalb werden beide Berufsgruppen auch weiterhin unter einem gemeinsamen Dach in einer Kammer bleiben.
BFGjournal: Außerdem dürfen zukünftig (nicht ganz zur Freude der Interessenvertretung von Rechtsanwälten) Steuerberater zB Dienstverträge erstellen, und auch die Vertretungsbefugnis wurde erweitert. Können Sie diese Änderungen kurz skizzieren? Welche Vorteile bringen sie?
Die Gangart der Behörden wird immer schärfer, und das Phänomen BEPS ist ohne Zweifel das bestimmende Thema in der aktuellen internationalen steuerpolitischen Diskussion.
Peter Bartos: Das WTBG 2017 beinhaltet eine Anpassung der Befugnisse für Steuerberater an langjährige Forderungen der Wirtschaft, vor allem der 400.000 Kleinunternehmen. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer dürfen nun auch standardisierte Dienstverträge erstellen, womit jetzt eine durchgehende Beratung für Unternehmen in der Personalverrechnung gegeben ist. Außerdem dürfen Steuerberater ihre Klienten nun auch gegenüber der Finanzpolizei, in Verwaltungsstrafverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof in Sozialversicherungsangelegenheiten vertreten.
BFGjournal: Kommen wir zu einem weiteren aktuellen Thema. Vergangene Woche erging ein EuGH-Urteil zum Datenschutz. Konkret ging es um die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Behörden, und zwar um die Führung von Personenlisten für Steuererhebungszwecke und zur Bekämpfung von Steuerbetrug. Welche Auswirkungen sehen Sie aufgrund dieses Urteils? Welche Auswirkungen oder Umstellungenbringt die neue Datenschutz-Grundverordnung generell für die Unternehmen, was den Umgang mit Daten anlangt?
Peter Bartos: Bis zum Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung mit 25. 5. 2018 müssen alle Unternehmen ihre Datenschutz-Policy an die neuen Vorgaben anpassen. Unabhängig von der Unternehmensgröße müssen daher in nur kurzer Zeit alle Datenanwendungen und Prozesse im gesamten Bereich des Datenschutzes nach Risikogesichtspunkten überprüft und die existierenden Arbeitsabläufe, Templates, Checklisten und Vertragsdokumente gezielt überarbeitet werden.
Um auf den ersten Teil ihrer Frage zurückzukommen: Gerade im Bereich des internationalen Steuerrechts stehen wir vor gravierenden Veränderungen. Die Gangart der Behörden wird immer schärfer, und das Phänomen BEPS, das für Base Erosion and Profit Shifting oder auf Deutsch für Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung steht, ist ohne Zweifel das bestimmende Thema in der aktuellen internationalen steuerpolitischen Diskussion.
Im Jahr 2014 haben sich auf Initiative der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung alle ihre Mitgliedstaaten sowie viele Entwicklungs- und Schwellenländer dem BEPS-Projekt angeschlossen, das gegen den schädlichen Steuerwettbewerb der Staaten und aggressive Steuerplanungen international tätiger Konzerne vorgehen möchte. Im Herbst 2015 hat die OECD auf insgesamt rund 2.000 Seiten Berichte zu 15 Aktionspunkten veröffentlicht und damit die Ergebnisse ihrer BEPS-Initiative vorgelegt.
Die EU hat einige dieser Themen aufgegriffen und mit der im Sommer 2016 verabschiedeten EU Anti-Missbrauchs-Richtlinie ohne Zweifel einen „Anker“ für die zukünftige Entwicklung zahlreicher wichtiger Themen des Steuerrechts gesetzt. Diese EU-Richtlinie enthält – anders als noch die bloßen Empfehlungen der OECD – „harte“ Umsetzungspflichten für die EU-Mitgliedstaaten und damit auch für Österreich. Bis Ende 2018 muss daher eine Zinsschranke eingeführt, die Wegzugsbesteuerung geändert, die allgemeinen Missbrauchsregelungen müssen überarbeitet und die Controlled Foreign Company Rule muss umgesetzt werden.
„Ein Wermutstropfen ist, dass die Berichtspflicht an den Prüfungsausschuss in Österreich auch auf – in vielen Fällen – Familienunternehmen ausgedehnt wurde.“
Auf unseren Berufsstand wird daher in nächster Zeit wieder einiges zukommen. Um an unserer Position als Steuerberater allerdings auch nicht den geringsten Zweifel aufkommen zu lassen, sage ich in diesem Zusammenhang sehr deutlich, dass wir mit Steuerhinterziehung nichts am Hut haben wollen. Unsere Aufgabe ist es, unsere Klienten im Rahmen der Gesetze optimal zu beraten.
BFGjournal: Bleiben wir in der EU. Mit dem Ziel, die Qualität von Abschlussprüfungsleistungen weiter zu heben, erließ die Europäische Kommission die EU-Abschlussprüfungsrichtlinie und die EU-Abschlussprüferverordnung. In Österreich erfolgten im Mai 2016 die Umsetzung dieser Richtlinie und Anpassungen des nationalen Rechts an die Verordnung mit dem Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz. Können Sie kurz die Eckpunkte skizzieren, und sind Sie mit der Umsetzung zufrieden?
Peter Bartos: Die wesentlichsten Änderungen gibt es bei der Abschlussprüfung sogenannter Unternehmen von öffentlichem Interesse. Darunter fallen kapitalmarktnotierte Unternehmen sowie die meisten Banken und Versicherungen. Bei diesen Unternehmen muss die Abschlussprüfungsgesellschaft in Zukunft alle zehn Jahre gewechselt werden, und die Erbringung von Nicht-Prüfungsleistungen, wie insbesondere Steuerberatung, ist sowohl inhaltlich als auch honorarmäßig begrenzt.
Weiters wird es zukünftig auch zu einer verstärkten Kommunikation des Abschlussprüfers mit dem Prüfungsausschuss kommen, und der Abschlussprüfer wird dem Prüfungsausschuss in einem ausführlichen Zusatzbericht über den gesamten Ablauf der Prüfung berichten. Gerade die Zusammenarbeit mit dem Prüfungsausschuss ist aus unserer Sicht sehr zu begrüßen und wird zu einer weiteren Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfungen führen. Ein Wermutstropfen ist aus meiner Sicht, dass diese Berichtspflicht an den Prüfungsausschuss in Österreich auch auf sogenannte fünffach große Gesellschaften ausgedehnt wurde. Dabei handelt es sich meistens um klassische Familienunternehmen; eine zusätzliche Bürokratisierung ist hier fehl am Platz. Dazu werden wir daher sicher noch Gespräche führen.
BFGjournal: Im Bereich der Immobilienertragsteuer etc sind in letzter Zeit einige Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs ergangen, die dokumentieren, dass die Bestimmungen der §§ 30 ff EStG in mehreren Bereichen auslegungsbedürftig sind. Sehen Sie hier legistischen Änderungsbedarf?
Peter Bartos: Auslegungsbedarf wird es bei komplizierten Sachverhalten immer geben. Die meisten Diskussionen gibt es bei der Immobilienertragsteuer sicher bei der Hauptwohnsitzbefreiung und in letzter Zeit speziell bei der Frage, bis zu welcher Größe ein Grundstück steuerfrei verkauft werden kann. Die Finanzverwaltung möchte den steuerfreien Verkauf im Rahmen der Hauptwohnsitzbefreiung auf 1.000 m2 begrenzen, der Verwaltungsgerichtshof sieht das etwas differenzierter und stellt auf die üblicherweise erforderliche Bauplatzgröße ab. Alles in allem kommen wir als Steuerberater mit diesen Bestimmungen aber schon zurecht.
BFGjournal: Sehen Sie bei anderen Bestimmungen einen Änderungsbedarf?
Peter Bartos: Das Steuer- und Sozialversicherungsrecht sollte, so weit wie nur irgendwie möglich, vereinfacht werden. Unsere Kammer hat seit Jahrzehnten immer wieder Vorschläge dazu gemacht, und wir meinen das ernst. Viele Bestimmungen sind derart kompliziert, dass auch bestens ausgebildete Fachleute keine eindeutigen Auskünfte mehr geben können.
Ein Absatz im Gesetz, 55 Seiten Erlass zur Erklärung der gesetzlichen Bestimmung – und trotzdem noch viele offene Fragen. Das sollte es eigentlich nicht geben!
Erste Kandidaten sind aus meiner Sicht die Reduktion der Komplexität bei der Lohn- und Gehaltsverrechnung und die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Dienstverhältnissen bzw Werkverträgen. Nicht sehr gelungen sind auch die Umsetzung der Anti-Lohndumping-Bestimmungen oder – um ein Bespiel aus der letzten Zeit zunennen – die Neuregelung der sogenannten Einlagenrückzahlung und Innenfinanzierung. Ein Absatz im Gesetz, 55 Seiten Erlass zur Erklärung der gesetzlichen Bestimmung – und trotzdem noch viele offene Fragen. Das sollte es eigentlich nicht geben!
BFGjournal: Kehren wir wieder zurück zu Ihrer Aufgabe als Landespräsident: Wie sehen Sie die Zukunft der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung?
Peter Bartos: Steuerberater und Wirtschaftsprüfer wird es noch lange geben, wobei die Digitalisierung auch vor uns nicht Halt machen wird. Neben einem profunden Fachwissen im Steuerrecht und in Rechnungslegungsfragen wird der IT-Kompetenz sukzessive eine gleichberechtigte Bedeutung zukommen, da viele Rechnungswesenprozesse zukünftig digital ablaufen werden.
„Ein Absatz im Gesetz, 55 Seiten Erlass zur Erklärung der gesetzlichen Bestimmung – und trotzdem noch viele offene Fragen. Das sollte es eigentlich nicht geben!“
Davon abgesehen stellen sich durch digitale Geschäftsmodelle oder etwa auch die Blockchain-Technologie viele neue Fragen im Hinblick auf deren steuerliche Beurteilung. Um diese Fragen zu beantworten, muss man verstehen, was da eigentlich passiert.
BFGjournal: Wie sieht es mit dem beruflichen Nachwuchs aus, auf den durch das neue Berufsrecht gleichfalls massive Änderungen in der Ausbildung und im Prüfungswesen zukommen? Warum ist es so schwierig, Uni-Absolventen für die Beratungspraxis zu „begeistern“? Liegt das auch am vergleichsweise niedrigen Einstiegsgehalt? Werden die Verkürzung der erforderlichen Berufspraxis und die direkte Antrittsmöglichkeit zum Wirtschaftsprüfer Ihrer Ansicht nach den Beruf attraktiver gestalten?
Peter Bartos: In der Tat steckt unsere Branche bereits voll im War for Talents und kämpft um junge Nachwuchstalente. Offenbar ist es uns bisher nicht gelungen, die Generation Y in ausreichendem Ausmaß von der Faszination unseres Berufs zu überzeugen.
Insbesondere in der Wirtschaftsprüfung haben wir da Nachholbedarf, wie die rückläufige Anzahl der Berufsberechtigten zeigt. Am Gehaltsniveau sollte es meines Erachtens nicht liegen, da die Verdienstmöglichkeiten, wenn man seinen Weg konsequent geht, nach wie vor exzellent sind. Die Möglichkeit, in Zukunft früher in das Prüfungsverfahren einzusteigen und nach bereits drei Jahren Berufspraxis direkt Wirtschaftsprüfer zu werden, wird die Attraktivität sicher etwas verbessern. Aber das alleine wird nicht genügen. Wir müssen sicher besser kommunizieren, was für ein wunderbarer Beruf es ist, Steuerberater und/oder Wirtschaftsprüfer zu sein. Wir sind nach wie vor ein freier Beruf, in dem Selbstbestimmung, Eigenverantwortlichkeit und Flexibilität einen hohen Stellenwert haben. Außerdem haben Steuerberater und Wirtschaftsprüfer im Vergleich zu anderen Branchen durchwegs sehr flache Hierarchien. Alles Themen, die bei der heutigen Generation eigentlich hoch im Kurs stehen.
1) Mein Ziel für heuer ist (beruflich oder privat) …
… dasselbe wie schon in den letzten Jahren: Mehr Sport machen und weniger Essen.
2) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Abgesehen von Fachliteratur habe ich in letzter Zeit abwechselnd wieder einmal in „Führen – Leisten – Leben“ von Fredmund Malik und „Fuck It! Loslassen – Entspannen – Glücklich sein“ von John Parkin hineingelesen. Eine sehr hilfreiche Lektüre, um in allen Lebenslagen gelassen zu bleiben.
3) Das größte Vergnügen für mich ist …
… mit meiner Familie Urlaub zu machen und dabei neue Plätze und Kulturen kennenzulernen.
4) Welche Persönlichkeit würden Sie gerne näher kennenlernen?
Sokrates.
5) Nach der Arbeit …
… gehe ich am liebsten Tennis spielen. Hoffentlich bald öfters gemeinsam mit meinen Söhnen, die schon fleißig trainieren.
Der ganze Artikel (BFGjournal 2017, 350) als PDF und bei Lindeonline.
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Der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Peter Bartos ist Partner und Geschäftsführer einer internationalen Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und seit 1. 1. 2017 neuer Präsident der Landesstelle Wien der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT). Anlässlich einer gemeinsamen Veranstaltung der KWT mit der Wirtschaftsuniversität Wien zum internationalen Steuerrecht, bei dem er die Moderation übernahm, baten wir ihn zum Interview.
BFGjournal: Zunächst einmal eine Frage zu Ihrer neuen Funktion als Landespräsident: Wie legen Sie das Amt an? Was haben Sie sich vorgenommen?
Peter Bartos: Wir leben in bewegten Zeiten. Einerseits wird das Steuerrecht immer komplexer, andererseits stellt die Digitalisierung auch unseren Berufsstand vor große Herausforderungen. Zusätzlich sind die regulatorischen Anforderungen, besonders in der Wirtschaftsprüfung, enorm. Größere Kanzleien können diese Herausforderungen aufgrund ihrer Inhouse-Ressourcen aus eigener Kraft bewältigen, kleine und mittlere Kanzleien stoßen aber sehr rasch an ihre Grenzen. Als Kammer sehen wir uns daher in erster Linie als Serviceeinrichtung für diese Berufskollegen. Weiters bringen wir uns intensiv in die Gesetzwerdungsprozesse ein, denn möglichst klare Gesetze sind ein wichtiger Faktor für den Wirtschaftsstandort Österreich.
BFGjournal: Vor Kurzem ist das neue Berufsrecht beschlossen worden (WTBG 2017): Der bisherige Stufenbau Steuerberater – Wirtschaftsprüfer wird aufgehoben. Wie sehen Sie diese Neuordnung der Berufsgruppen?
Peter Bartos: Das neue WTBG sieht eine Änderung beim Berufszugang für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer vor. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sind zwei Berufe geworden, die ein besonders hohes Maß an Spezialisierung und Fortbildung im jeweiligen Fachbereich erfordern. Bei allen Gemeinsamkeiten, die es weiterhin geben wird, wird es jedoch künftig einen getrennten Zugang zu den beiden Berufsgruppen geben.
Konkret besteht jetzt die Möglichkeit, die Wirtschaftsprüferbefugnis zu erwerben, ohne zuvor oder gleichzeitig die Steuerberaterprüfung ablegen zu müssen. Der getrennte Zugang für die beiden Berufsgruppen ist eine längst notwendige Anpassung an internationale Standards.
BFGjournal: Wird sich dieser Trend auch auf Ihre Kammer auswirken?
Peter Bartos: Dieser Trend wird auch Auswirkungen auf unsere Kammer haben, die ja zukünftig nicht mehr Kammer der Wirtschaftstreuhänder, sondern Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer heißen wird. Die neue Kammerbezeichnung nimmt damit Bezug auf die Neuausrichtung der beiden Berufsgruppen und transportiert aussagekräftiger, dass künftig der Steuerberater der Spezialist für Steuerrecht und die Parteienvertretung sein wird und sich der Wirtschaftsprüfer auf Prüfungsleistungen konzentriert.
„Beide Berufsgruppen werden weiterhin unter einem gemeinsamen Dach in einer Kammer bleiben.“
Das ändert aber nichts daran, dass es zwischen Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern weiterhin große inhaltliche Überschneidungen gibt und viele Berufsberechtigte auch zukünftig beide Befugnisse haben werden. Deshalb werden beide Berufsgruppen auch weiterhin unter einem gemeinsamen Dach in einer Kammer bleiben.
BFGjournal: Außerdem dürfen zukünftig (nicht ganz zur Freude der Interessenvertretung von Rechtsanwälten) Steuerberater zB Dienstverträge erstellen, und auch die Vertretungsbefugnis wurde erweitert. Können Sie diese Änderungen kurz skizzieren? Welche Vorteile bringen sie?
Die Gangart der Behörden wird immer schärfer, und das Phänomen BEPS ist ohne Zweifel das bestimmende Thema in der aktuellen internationalen steuerpolitischen Diskussion.
Peter Bartos: Das WTBG 2017 beinhaltet eine Anpassung der Befugnisse für Steuerberater an langjährige Forderungen der Wirtschaft, vor allem der 400.000 Kleinunternehmen. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer dürfen nun auch standardisierte Dienstverträge erstellen, womit jetzt eine durchgehende Beratung für Unternehmen in der Personalverrechnung gegeben ist. Außerdem dürfen Steuerberater ihre Klienten nun auch gegenüber der Finanzpolizei, in Verwaltungsstrafverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof in Sozialversicherungsangelegenheiten vertreten.
BFGjournal: Kommen wir zu einem weiteren aktuellen Thema. Vergangene Woche erging ein EuGH-Urteil zum Datenschutz. Konkret ging es um die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Behörden, und zwar um die Führung von Personenlisten für Steuererhebungszwecke und zur Bekämpfung von Steuerbetrug. Welche Auswirkungen sehen Sie aufgrund dieses Urteils? Welche Auswirkungen oder Umstellungenbringt die neue Datenschutz-Grundverordnung generell für die Unternehmen, was den Umgang mit Daten anlangt?
Peter Bartos: Bis zum Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung mit 25. 5. 2018 müssen alle Unternehmen ihre Datenschutz-Policy an die neuen Vorgaben anpassen. Unabhängig von der Unternehmensgröße müssen daher in nur kurzer Zeit alle Datenanwendungen und Prozesse im gesamten Bereich des Datenschutzes nach Risikogesichtspunkten überprüft und die existierenden Arbeitsabläufe, Templates, Checklisten und Vertragsdokumente gezielt überarbeitet werden.
Um auf den ersten Teil ihrer Frage zurückzukommen: Gerade im Bereich des internationalen Steuerrechts stehen wir vor gravierenden Veränderungen. Die Gangart der Behörden wird immer schärfer, und das Phänomen BEPS, das für Base Erosion and Profit Shifting oder auf Deutsch für Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung steht, ist ohne Zweifel das bestimmende Thema in der aktuellen internationalen steuerpolitischen Diskussion.
Im Jahr 2014 haben sich auf Initiative der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung alle ihre Mitgliedstaaten sowie viele Entwicklungs- und Schwellenländer dem BEPS-Projekt angeschlossen, das gegen den schädlichen Steuerwettbewerb der Staaten und aggressive Steuerplanungen international tätiger Konzerne vorgehen möchte. Im Herbst 2015 hat die OECD auf insgesamt rund 2.000 Seiten Berichte zu 15 Aktionspunkten veröffentlicht und damit die Ergebnisse ihrer BEPS-Initiative vorgelegt.
Die EU hat einige dieser Themen aufgegriffen und mit der im Sommer 2016 verabschiedeten EU Anti-Missbrauchs-Richtlinie ohne Zweifel einen „Anker“ für die zukünftige Entwicklung zahlreicher wichtiger Themen des Steuerrechts gesetzt. Diese EU-Richtlinie enthält – anders als noch die bloßen Empfehlungen der OECD – „harte“ Umsetzungspflichten für die EU-Mitgliedstaaten und damit auch für Österreich. Bis Ende 2018 muss daher eine Zinsschranke eingeführt, die Wegzugsbesteuerung geändert, die allgemeinen Missbrauchsregelungen müssen überarbeitet und die Controlled Foreign Company Rule muss umgesetzt werden.
„Ein Wermutstropfen ist, dass die Berichtspflicht an den Prüfungsausschuss in Österreich auch auf – in vielen Fällen – Familienunternehmen ausgedehnt wurde.“
Auf unseren Berufsstand wird daher in nächster Zeit wieder einiges zukommen. Um an unserer Position als Steuerberater allerdings auch nicht den geringsten Zweifel aufkommen zu lassen, sage ich in diesem Zusammenhang sehr deutlich, dass wir mit Steuerhinterziehung nichts am Hut haben wollen. Unsere Aufgabe ist es, unsere Klienten im Rahmen der Gesetze optimal zu beraten.
BFGjournal: Bleiben wir in der EU. Mit dem Ziel, die Qualität von Abschlussprüfungsleistungen weiter zu heben, erließ die Europäische Kommission die EU-Abschlussprüfungsrichtlinie und die EU-Abschlussprüferverordnung. In Österreich erfolgten im Mai 2016 die Umsetzung dieser Richtlinie und Anpassungen des nationalen Rechts an die Verordnung mit dem Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz. Können Sie kurz die Eckpunkte skizzieren, und sind Sie mit der Umsetzung zufrieden?
Peter Bartos: Die wesentlichsten Änderungen gibt es bei der Abschlussprüfung sogenannter Unternehmen von öffentlichem Interesse. Darunter fallen kapitalmarktnotierte Unternehmen sowie die meisten Banken und Versicherungen. Bei diesen Unternehmen muss die Abschlussprüfungsgesellschaft in Zukunft alle zehn Jahre gewechselt werden, und die Erbringung von Nicht-Prüfungsleistungen, wie insbesondere Steuerberatung, ist sowohl inhaltlich als auch honorarmäßig begrenzt.
Weiters wird es zukünftig auch zu einer verstärkten Kommunikation des Abschlussprüfers mit dem Prüfungsausschuss kommen, und der Abschlussprüfer wird dem Prüfungsausschuss in einem ausführlichen Zusatzbericht über den gesamten Ablauf der Prüfung berichten. Gerade die Zusammenarbeit mit dem Prüfungsausschuss ist aus unserer Sicht sehr zu begrüßen und wird zu einer weiteren Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfungen führen. Ein Wermutstropfen ist aus meiner Sicht, dass diese Berichtspflicht an den Prüfungsausschuss in Österreich auch auf sogenannte fünffach große Gesellschaften ausgedehnt wurde. Dabei handelt es sich meistens um klassische Familienunternehmen; eine zusätzliche Bürokratisierung ist hier fehl am Platz. Dazu werden wir daher sicher noch Gespräche führen.
BFGjournal: Im Bereich der Immobilienertragsteuer etc sind in letzter Zeit einige Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs ergangen, die dokumentieren, dass die Bestimmungen der §§ 30 ff EStG in mehreren Bereichen auslegungsbedürftig sind. Sehen Sie hier legistischen Änderungsbedarf?
Peter Bartos: Auslegungsbedarf wird es bei komplizierten Sachverhalten immer geben. Die meisten Diskussionen gibt es bei der Immobilienertragsteuer sicher bei der Hauptwohnsitzbefreiung und in letzter Zeit speziell bei der Frage, bis zu welcher Größe ein Grundstück steuerfrei verkauft werden kann. Die Finanzverwaltung möchte den steuerfreien Verkauf im Rahmen der Hauptwohnsitzbefreiung auf 1.000 m2 begrenzen, der Verwaltungsgerichtshof sieht das etwas differenzierter und stellt auf die üblicherweise erforderliche Bauplatzgröße ab. Alles in allem kommen wir als Steuerberater mit diesen Bestimmungen aber schon zurecht.
BFGjournal: Sehen Sie bei anderen Bestimmungen einen Änderungsbedarf?
Peter Bartos: Das Steuer- und Sozialversicherungsrecht sollte, so weit wie nur irgendwie möglich, vereinfacht werden. Unsere Kammer hat seit Jahrzehnten immer wieder Vorschläge dazu gemacht, und wir meinen das ernst. Viele Bestimmungen sind derart kompliziert, dass auch bestens ausgebildete Fachleute keine eindeutigen Auskünfte mehr geben können.
Ein Absatz im Gesetz, 55 Seiten Erlass zur Erklärung der gesetzlichen Bestimmung – und trotzdem noch viele offene Fragen. Das sollte es eigentlich nicht geben!
Erste Kandidaten sind aus meiner Sicht die Reduktion der Komplexität bei der Lohn- und Gehaltsverrechnung und die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Dienstverhältnissen bzw Werkverträgen. Nicht sehr gelungen sind auch die Umsetzung der Anti-Lohndumping-Bestimmungen oder – um ein Bespiel aus der letzten Zeit zunennen – die Neuregelung der sogenannten Einlagenrückzahlung und Innenfinanzierung. Ein Absatz im Gesetz, 55 Seiten Erlass zur Erklärung der gesetzlichen Bestimmung – und trotzdem noch viele offene Fragen. Das sollte es eigentlich nicht geben!
BFGjournal: Kehren wir wieder zurück zu Ihrer Aufgabe als Landespräsident: Wie sehen Sie die Zukunft der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung?
Peter Bartos: Steuerberater und Wirtschaftsprüfer wird es noch lange geben, wobei die Digitalisierung auch vor uns nicht Halt machen wird. Neben einem profunden Fachwissen im Steuerrecht und in Rechnungslegungsfragen wird der IT-Kompetenz sukzessive eine gleichberechtigte Bedeutung zukommen, da viele Rechnungswesenprozesse zukünftig digital ablaufen werden.
„Ein Absatz im Gesetz, 55 Seiten Erlass zur Erklärung der gesetzlichen Bestimmung – und trotzdem noch viele offene Fragen. Das sollte es eigentlich nicht geben!“
Davon abgesehen stellen sich durch digitale Geschäftsmodelle oder etwa auch die Blockchain-Technologie viele neue Fragen im Hinblick auf deren steuerliche Beurteilung. Um diese Fragen zu beantworten, muss man verstehen, was da eigentlich passiert.
BFGjournal: Wie sieht es mit dem beruflichen Nachwuchs aus, auf den durch das neue Berufsrecht gleichfalls massive Änderungen in der Ausbildung und im Prüfungswesen zukommen? Warum ist es so schwierig, Uni-Absolventen für die Beratungspraxis zu „begeistern“? Liegt das auch am vergleichsweise niedrigen Einstiegsgehalt? Werden die Verkürzung der erforderlichen Berufspraxis und die direkte Antrittsmöglichkeit zum Wirtschaftsprüfer Ihrer Ansicht nach den Beruf attraktiver gestalten?
Peter Bartos: In der Tat steckt unsere Branche bereits voll im War for Talents und kämpft um junge Nachwuchstalente. Offenbar ist es uns bisher nicht gelungen, die Generation Y in ausreichendem Ausmaß von der Faszination unseres Berufs zu überzeugen.
Insbesondere in der Wirtschaftsprüfung haben wir da Nachholbedarf, wie die rückläufige Anzahl der Berufsberechtigten zeigt. Am Gehaltsniveau sollte es meines Erachtens nicht liegen, da die Verdienstmöglichkeiten, wenn man seinen Weg konsequent geht, nach wie vor exzellent sind. Die Möglichkeit, in Zukunft früher in das Prüfungsverfahren einzusteigen und nach bereits drei Jahren Berufspraxis direkt Wirtschaftsprüfer zu werden, wird die Attraktivität sicher etwas verbessern. Aber das alleine wird nicht genügen. Wir müssen sicher besser kommunizieren, was für ein wunderbarer Beruf es ist, Steuerberater und/oder Wirtschaftsprüfer zu sein. Wir sind nach wie vor ein freier Beruf, in dem Selbstbestimmung, Eigenverantwortlichkeit und Flexibilität einen hohen Stellenwert haben. Außerdem haben Steuerberater und Wirtschaftsprüfer im Vergleich zu anderen Branchen durchwegs sehr flache Hierarchien. Alles Themen, die bei der heutigen Generation eigentlich hoch im Kurs stehen.
1) Mein Ziel für heuer ist (beruflich oder privat) …
… dasselbe wie schon in den letzten Jahren: Mehr Sport machen und weniger Essen.
2) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Abgesehen von Fachliteratur habe ich in letzter Zeit abwechselnd wieder einmal in „Führen – Leisten – Leben“ von Fredmund Malik und „Fuck It! Loslassen – Entspannen – Glücklich sein“ von John Parkin hineingelesen. Eine sehr hilfreiche Lektüre, um in allen Lebenslagen gelassen zu bleiben.
3) Das größte Vergnügen für mich ist …
… mit meiner Familie Urlaub zu machen und dabei neue Plätze und Kulturen kennenzulernen.
4) Welche Persönlichkeit würden Sie gerne näher kennenlernen?
Sokrates.
5) Nach der Arbeit …
… gehe ich am liebsten Tennis spielen. Hoffentlich bald öfters gemeinsam mit meinen Söhnen, die schon fleißig trainieren.
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