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Paul Heissenberger im BFGjournal zu Gast

(Bild: © Linde Verlag)

Mag. Paul Heissenberger begann nach dem Studium in einer kleinen Steuerberatungskanzlei, in der er für die Betreuung von Ein-Personen-Unternehmen sowie Klein- und Mittelbetriebe verantwortlich war. In einer international tätigen Steuerberatungskanzlei sammelte er auch Erfahrung in der Beratung und Betreuung internationaler Konzerne. Im Jahr 2010 gründete Heissenberger seine eigene Steuerberatungskanzlei. 2014 wurde er zum Präsidenten der Landesstelle Niederösterreich der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW) gewählt. Nach einer Fortbildungsveranstaltung an der Wirtschaftsuniversität Wien zu Digitalisierung, die Heissenberger moderierte, baten wir ihn zum Interview.

Das Interview auf YouTube

BFGjournal: Die Fortbildungsveranstaltung war sehr gut besucht. Können Sie uns mehr über gemeinsame Veranstaltungen bzw Kooperationen der KSW mit der WU Wien und anderen Universitäten erzählen?

Paul Heissenberger: Unsere Fortbildungsabende sind für unseren Berufsstand schon seit vielen Jahren eine stark nachgefragte Möglichkeit, sich weiterzubilden. Die Themen orientieren sich an den Anforderungen, mit denen sich Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in ihrem beruflichen Alltag auseinanderzusetzen haben. Daher haben wir für die Veranstaltungen in Wien, Niederösterreich und Burgendland langjährige Partnerschaften mit der WU Wien und der Universität Wien geschlossen, um hier den Kolleginnen und Kollegen auch die neuesten Erkenntnisse aus Forschung und Wissenschaft anbieten zu können. Gleichzeitig liefern die Rückmeldungen des Berufsstandes relevanten Input aus der Praxis.

BFGjournal: 2017 kam es zu Änderungen beim Berufszugang für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und zur Umbenennung der Kammer. So werden zB Verfahrens­recht und Finanzstraf­recht erstmals schriftlich geprüft. Wie sieht die Neuordnung des Prüfungswesens aus und welche Ziele werden damit verfolgt?

Paul Heissenberger: Ziel der Neuordnung des Prüfungswesens war es, zwei Berufsgruppen auf Augenhöhe zu schaffen. Vor der Neuordnung musste die Steuerberater­prüfung positiv absolviert werden, um die Prüfung zum Wirtschaftsprüfer ablegen zu können – oder es mussten beide Prüfungen auf einmal abgelegt werden. Weiters finde ich, dass die Ermöglichung des ersten Prüfungsantritts bereits nach 1,5 Jahren Berufsanwärterzeit – anstatt wie bisher erst nach drei Jahren – Vorteile für alle Seiten bringt. Da sich in den letzten Jahren/Jahrzehnten die Anforderungen an unseren Berufstand geändert haben, war es notwendig, das Verfahrens­recht und das Finanzstraf­recht verstärkt in unsere Ausbildung aufzunehmen.

BFGjournal: Wie sehen Sie die Chancen und Risiken sowie die neue Rolle des Steuerberaters im Zeitalter der Digitalisierung?

Paul Heissenberger: Die Risiken sehe ich darin, dass man nicht rechtzeitig auf den Zug der Digitalisierung aufspringt. Ich hoffe aber, gerade durch die mediale Aufbereitung des Themas, dass allen bewusst ist, dass es sich nicht um ein Schreckgespenst der Zukunft handelt, sondern um Möglichkeiten und Anforderungen hier und jetzt. Von der KSW wurden zu diesem Thema Case Studies durchgeführt, auch die Akademie der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bietet hierzu ein maßgeschneidertes Ausbildungsprogramm an.

Trotz Digitalisierung bin ich aber davon überzeugt, dass uns die Arbeit auch in Zukunft nicht ausgehen wird; dies aufgrund der Komplexität der Steuer­gesetzgebung und weil der Steuerberater weiterhin der Sparringsp­artner für seine Kunden bleiben wird. Wir werden auch zukünftig erster Ansprechp­artner bei Gründungen, Investitions- und Finanzierungsfragen, gesellschafts­rechtlichen Fragen sowie im Arbeits- und Sozial­versicherungsrecht sein.

BFGjournal: Wird es durch die Digitalisierung große Veränderungen in Steuerberatungskanzleien geben?

Paul Heissenberger: Aus meiner Sicht hat das Thema Digitalisierung in unserem Berufstand hohe Priorität. Auf der einen Seite gilt es, die Workflows innerhalb der Kanzleien zu digitalisieren und zu automatisieren, auf der anderen Seite wird die Nachfrage nach digitaler Kommunikation mit dem Mandanten, wie etwa Belegan­lieferung, immer größer. Auch die Kommunikation mit den Behörden wird zunehmend digital. So kann eine große Anzahl an Anbringen bereits über Finanzonline beim Finanzamt eingebracht werden. Daher werden sich bzw haben sich bereits viele Arbeitsweisen in unseren Kanzleien deutlich geändert.

Dr. Angela Stöger-Frank, die Leiterin des Evidenzbüros des BFG, im Interview mit Paul Heissenberger. (Bild: © Linde Verlag)

BFGjournal: Wo sehen Sie die Vorteile und Nachteile einer „kleinen“ Kanzlei gegenüber einer Großkanzlei mit mehreren Partnern und Standorten?

Paul Heissenberger: Ich denke, dass jede Kanzleigröße ihre Vor- und Nachteile hat. In kleinen Kanzleien trifft man überwiegend Generalisten, während man in Großkanzleien überwiegend auf Spezialisten trifft. Für beide gibt es einen Markt und für beide ist Platz. Im großstädtischen Bereich wird die Spezialisierung weitergehen, außerhalb werden die Generalisten gut daran tun, sich entsprechende Netzwerke aufzubauen, um ihre Kunden vollumfassend und mit höchster Qualität zu beraten.

BFGjournal: Wie stehen Sie als Berater von vorwiegend Klein- und Mittelbetrieben zur begleitenden Kontrolle? Würden Sie sich eine solche auch für Ihre Klienten wünschen?

Paul Heissenberger: Da es sich bei der begleitenden Kontrolle um eine freiwillige Alternative zu einer oftmals erst viele Jahre später stattfindenden Außen­prüfung handelt, ist sie aus meiner Sicht zu begrüßen. Für die Unternehmen gibt es damit die Möglichkeit, eine zeitnahe Planungs- und Rechtssicherheit zu erlangen. Anzumerken ist, dass die begleitende Kontrolle Unternehmen mit über 40 Millionen Euro Umsatzerlös sowie Kreditinstituten und Versicherungs­unternehmen vorbehalten ist. Somit wird keine große Breitenwirkung erzielt werden.

In diesem Zusammenhang finde ich ein in der Planungsphase befindliches Projekt sehr interessant. Für Unternehmen (insbesondere KMU) soll auf freiwilliger Basis die technische Möglichkeit zur Übermittlung der Daten des Rechnungswesens für eine digitale Prüfung geschaffen werden. Nach Abschluss einer solchen freiwilligen Prüfung sollen die normalen Regelungen wie nach einer üblichen Außen­prüfung, wie etwa Rechts- und Planungssicherheit sowie das Wiederholungsverbot, gelten.

BFGjournal: Die Bundesregierung hat einige Maßnahmen im Steuer­recht angestoßen. Wie beurteilen Sie diese?

Paul Heissenberger: Wir fordern seit Jahren Vereinfachungen, vor allem in der Lohnver­rechnung, die in den letzten Jahren zu einer Geheimwissenschaft geworden ist. Von unseren Klienten wissen wir, wo der Schuh drückt. Konkret wünschen wir uns eine Zusammenfassung aller Lohnabgaben zu einer Dienstgeber­abgabe, die Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage von Sozial­versicherung und Lohnsteuer, die Einhebung der Lohnsteuer und Sozial­versicherung durch eine Behörde sowie eine radikale Reduktion der Beitragsgruppen in der Sozial­versicherung. Insofern begrüßen wir alle diesbezüglich geplanten Vorhaben der Bundesregierung. Mit Interesse erwarten wir übrigens auch die angekündigte Großreform der Finanz­verwaltung.

BFGjournal: Auch das EStG soll neu kodifiziert werden. Welche Wünsche haben Sie an ein neues Einkommen­steuergesetz?

Paul Heissenberger: Derzeit ist die heimische Steuer­gesetzgebung ein Fleckerlteppich, die Gesetze haben keine innere Systematik mehr. Will man das Einkommen­steuerrecht von der grünen Wiese neu aufbauen, muss es ans Eingemachte gehen. Derzeit hat zum Beispiel Paragraf 124b EStG mit allen Übergangsbestimmungen Zusätze bis Ziffer 335.

BFGjournal: Was wünschen Sie sich noch von der Politik?

Paul Heissenberger: Wir haben in Österreich nach wie vor eine zu hohe Abgabenquote, im EU-Vergleich rangieren wir auf dem 5. Platz. Wir begrüßen daher den politischen Wunsch, die Abgabenquote unter 40 % zu senken. In diesem Zusammenhang wäre auch die Abschaffung der Bagatell­steuern wünschens­wert und das Bekenntnis, keine neuen Steuern einzuführen.

Der ganze Artikel (BFGjournal 2018, 454) als PDF und bei Lindeonline.

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1) Mein Ziel für 2019 ist?

… einen 14-tätigen Urlaub zu machen und wieder mehr Sport zu betreiben.

2) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Ich lese in der Freizeit oft Bücher, die mich sowohl persönlich interessieren als auch einen Nutzen für die Arbeit bringen. So habe ich erst vor Kurzem das Buch „Kundenverblüffung“ von Daniel Zanetti gelesen.

3) Das größte Vergnügen für mich ist …

… nach einer intensiven Woche mit der Familie entspannt zum Heurigen auf ein gutes Gläschen Wein zu gehen.

4) Welche Persönlichkeit würden Sie gerne näher kennenlernen?

Barack Obama.

5) Nach der Arbeit …

… ziehe ich gerne die Laufschuhe an und versuche, bei einer kleinen Runde den Kopf freizubekommen.

Der Linde Verlag ist tätig im Bereich Recht, Wirtschaft und Steuern. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Steuerrecht. Erfahren Sie hier mehr über die Verlagsgeschichte, die Programmstruktur und die Kooperationspartner des Hauses.