Mag. Karin Fuhrmann berät primär in den Bereichen Immobilienwirtschaft, Bauherrenmodelle, Investitions- und Finanzierungsmodelle sowie Umgründungen und Strukturierung von Transaktionen bei in- und ausländischen Unternehmen mit Immobilienbesitz bzw Bauträgern und Entwicklern. Fuhrmann ist zudem Mitherausgeberin der neu im Linde Verlag erscheinenden Fachzeitschrift „immo aktuell – Steuern – Immobilien – Recht“. Nach der Präsentation des ersten Hefts baten wir sie zum Interview.
BFGjournal: Das erste Heft vom immo aktuell ist inhaltlich breit gefächert. Es behandelt Immobilien und Steuern, den Lagezuschlag, Airbnb und die Wiener Bauordnung. Auch die aktuelle Rechtsprechung wird kommentiert. Welche Themen werden Sie als Mitherausgeberin schwerpunktmäßig abdecken?
Karin Fuhrmann: Gemeinsam mit meinem Kollegen MMag. Florian Petrivkovic bin ich hauptsächlich fĂĽr die Bereiche GrundÂerwerbsteuer, GebĂĽhren, aber auch Immobilien im BetriebsÂvermögen sowie fĂĽr alle im Zusammenhang mit Investitionsthemen entstehende Steuerfragen zuständig.
BFGjournal: Demnächst veröffentlicht das BMF eine Info zur steuerlichen Behandlung von fĂĽr AnteilsÂinhaber angeschaffte bzw hergestellte Immobilien. Die aktuelle VwGH-Rechtsprechung im Zusammenhang mit Gebäuden, die von KapitalÂgesellschaften oder Stiftungen errichtet und Gesellschaftern, BegĂĽnstigten oder Stiftern ĂĽberlassen bzw vermietet werden, macht eine Ăśberarbeitung von Rz 637 und 638 KStR 2013 (PrĂĽfungsschema WurzelÂausschĂĽttung, Markt-/RenditeÂmiete) notwendig. Wie beurteilen Sie die Info aus Sicht der Praxis? Sind die in der Info behandelten Luxuswohnungen tatsächlich ein steuerÂrechtliches Thema von allgemeinem Interesse oder bleiben diese auf wenige, „exotische“ Fälle beschränkt?
Karin Fuhrmann: Es ist sehr positiv zu beurteilen, dass das BMF die Zeit bis zur nächsten RichtlinienwÂartung mit dieser BMF-Info ĂĽberbrĂĽckt. Tatsächlich ist dieses Thema fĂĽr die Praxis von groĂźer Bedeutung, weil es nicht immer nur um besonders luxuriöse oder extravagante Immobilien geht und viele GrĂĽnde dafĂĽr sprechen können, eine Immobilie – auch wenn diese dann an den Gesellschafter vermietet wird – nicht im PrivatÂvermögen anzuschaffen. Da sich die Judikatur in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren in eine positive Richtung verändert hat, wird diese BMF-Info zur Rechts- und Planungssicherheit beitragen.
BFGjournal: Ăśber die Besteuerung privater GrundstĂĽcksÂgeschäfte wird seit Inkrafttreten des 1. StabilitätsÂgesetzes 2012, mit dem die Besteuerung von ImmobilienveräuĂźerungen im EinkommenÂsteuerrecht umfassend neu geregelt wurde (ImmobilienertragÂsteuer), diskutiert. Warum ist das so und hätten Sie Vorschläge? Ist das aktuelle Flat-Tax-System aus Ihrer Sicht gerecht?
Karin Fuhrmann: Die ImmobilienertragÂsteuer hat mit ihrer EinfĂĽhrung natĂĽrlich viele Fragen aufgeworfen, die sich in der Vergangenheit nicht gestellt hatten, weil bis dahin die VeräuĂźerung von Immobilien im PrivatÂvermögen nach Ablauf der SpekulationsÂfrist steuerfrei war. Wird nun eine gänzlich neue Steuer eingefĂĽhrt, ergeben sich naturgemäß viele Fragen – angefangen vom Umfang von Befreiungen bis hin zur Ermittlung der SteuerÂbemessungsgrundlage. Erfreulicherweise nimmt die Anzahl an Entscheidungen durch das BFG und den VwGH zu, sodass auch hier wichtige Klarstellungen erfolgen.
Ein Vorschlag von mir wäre zB, dass die FinanzÂverwaltung nicht starr an der Grenze von 1.000 m 2 fĂĽr GrundstĂĽcke im Zusammenhang mit der HauptwohnsitzÂbefreiung festhält, weil der VwGH hier von VerkehrsĂĽblichkeit gesprochen hat.
„Die Rechtsprechung zu Liebhabereifragen hat sich in der jüngeren Vergangenheit durchaus positiv entwickelt“
Ob die ImmobilienertragÂsteuer als solche gerecht ist, möchte ich nicht beurteilen. Der Gesetzgeber hat durch die Pauschalregelung fĂĽr Altfälle versucht, fĂĽr Immobilien, die schon lange im Besitz sind, Erleichterungen zu schaffen, was besonders wichtig war.
BFGjournal: Die HauptwohnsitzÂbefreiung bei derartigen GrundstĂĽckstransaktionen beschäftigte zuletzt mehrfach den VwGH (zB befreiter GrundÂanteil, Mietkaufmodelle, ToleranzÂfristen etc). Sind die Probleme nun beseitigt oder rechnen Sie mit weiteren Erkenntnissen?
Karin Fuhrmann: Die bisherige Judikatur hat mit Sicherheit viel Klarheit geschaffen, allerdings wird es definitiv noch weitere Entscheidungen geben, weil immer neue Sachverhalte auftreten, die von der Judikatur noch nicht umfasst sind. Auch die EinkommenÂsteuerrichtlinien 2000 decken nicht alle im echten Leben vorkommenden Fallkonstellationen ab, obwohl diese bereits sehr detailliert ausgearbeitet sind.
BFGjournal: Im Zusammenhang mit der Bewertung von Liegenschaften verwendet der SteuerÂgesetzgeber Begriffe wie gemeiner Wert, Teilwert und fiktive AnschaffungsÂkosten als BewertungsmaĂźstab, nicht aber den im LiegenschaftsÂbewertungsgesetz verwendeten Begriff des VerkehrsÂwerts. Wäre eine Vereinheitlichung wĂĽnschensÂwert?
Karin Fuhrmann: Eine Vereinheitlichung wäre sicherlich wĂĽnschensÂwert, obwohl bei den genannten Begriffen aufgrund der Judikatur eine klare Abgrenzung möglich ist. Sofern der Gesetzgeber den Begriff des VerkehrsÂwerts ĂĽbernehmen wird, mĂĽsste sich dieser wohl mit jenem im LiegenschaftsÂbewertungsgesetz decken. Gutachter definieren bei Gutachten fĂĽr steuerliche Zwecke regelmäßig den VerkehrsÂwert nach dem LiegenschaftsÂbewertungsgesetz. Der VwGH bzw das BFG verwirft solche Gutachten aber dann, weil das LiegenschaftsÂbewertungsgesetz fĂĽr das SteuerÂrecht keine Relevanz hat. Dieses Problem wäre mit der Vereinheitlichung und Implementierung der MaĂźgeblichkeit des LiegenschaftsÂbewertungsgesetzes sofort gelöst.
BFGjournal: DiskussionswĂĽrdig ist auch die Aufteilung von AnschaffungsÂkosten von MietwohngrundstĂĽcken auf Grund und Boden und Gebäuden, die durch das SteuerreformÂgesetz 2015/2016 grundlegend novelliert wurde. Sind die aktuellen Ansätze der auf § 16 Abs 1 Z 8 EStG beruhenden GrundÂanteilverordnung, die auf objektiven Größen wie der Anzahl an Einwohnern je Gemeinde, der Anzahl an vermieteten Einheiten im Mietobjekt, aber auch auf unbestimmten Gesetzesbegriffen wie den durchschnittlichen AnschaffungsÂkosten baureifer GrundstĂĽcke basiert, sachgeÂrecht? 1
Karin Fuhrmann: SachgeÂrecht ist ein groĂźes Wort. Es ist zu begrĂĽĂźen, dass der Gesetzgeber mit der Verordnung die Möglichkeit geschaffen hat, auch vom Gesetz abweichende Prozentsätze zu verwenden, und dies anhand relativ eindeutiger Kriterien.
Die durchschnittlichen AnschaffungsÂkosten baureifer GrundstĂĽcke wurden jĂĽngst durch das BFG dahingehend definiert, dass jene Werte, die die Zeitschrift Gewinn veröffentlicht, herangezogen werden können. DiesbezĂĽglich wäre es wĂĽnschensÂwert, dass das BMF eine geeignete Datenquelle definiert, die ganz Ă–sterreich abdeckt und eben auch den Vorstellungen des BMF entspricht. Dass es nicht die DurchschnittsÂwerte der Statistik Austria sind, wurde klargestellt, allerdings wäre es gut, hier in Abstimmung zwischen der Statistik Austria und dem BMF zu Werten zu gelangen, die auch vom BMF sowie fĂĽr diese Zwecke akzeptiert werden.
BFGjournal: Unter welchen Voraussetzungen wĂĽrden Sie einem Privatanleger die Anschaffung einer Vorsorgewohnung empfehlen?
Karin Fuhrmann: Da die Anlageberatung nicht vom Berufsbild des Steuerberaters umfasst ist, würde ich eine solche Empfehlung nicht aussprechen. Meine Privatmeinung dazu ist, dass die Anschaffung einer Vorsorgewohnung als zusätzliche Säule für die Pensionsvorsorge durchaus geeignet ist, auch wenn die Preisentwicklung die Renditen in der Vergangenheit wesentlich hat sinken lassen. Aufgrund der niedrigen Zinslandschaft können günstige Kredite aufgenommen werden, die eine Finanzierung des Ankaufs auch mit relativ geringen Eigenmitteln ermöglichen.
BFGjournal: Wie beurteilen Sie die Position der Rechtsprechung und der Verwaltungspraxis zum Thema der Liebhaberei bei Vermietungen von Immobilien? Wird der „kleine Vermieter“, der zB lediglich eine Eigentumswohnung vermietet und gemäß § 1 Abs 2 Z 3 LVO liebhabereiverdächtig ist, gegenüber dem Vermieter eines Zinshauses ( § 1 Abs 1 LVO) benachteiligt?
Karin Fuhrmann: Die Rechtsprechung zu Liebhabereifragen hat sich in der jĂĽngeren Vergangenheit durchaus positiv entwickelt. Jedenfalls bieten die LiebhabereiÂverordnung und die LiebhabereiÂrichtlinien 2012 ein hohes MaĂź an Rechtssicherheit, sodass Immobilieninvestments steuerlich gut geplant werden können. Eine Benachteiligung der kleinen Vermietung ist meines Erachtens nicht gegeben. Man darf nicht nur die steuerlichen Rahmenbedingungen sehen, sondern muss auch die rechtlichen Voraussetzungen berĂĽcksichtigen, die auf die wirtschaftliche Betätigung maĂźgeblichen Einfluss haben. Da der Käufer einer neu errichteten Eigentumswohnung keinen Mietzinsbeschränkungen unterliegt, ist der kĂĽrzere BeobachtungsÂzeitraum einerseits machbar und andererseits keine echte Benachteiligung. Hier flieĂźt natĂĽrlich auch der Umstand ein, dass in Abhängigkeit von der privaten Lebenssituation des Investors eine spätere Privatnutzung nie ganz ausgeschlossen werden kann.
BFGjournal: Sie beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit Immobilien und haben zahlreiche Bücher, Handbücher und Kommentare verfasst. Waren die Entwicklungen immer vorhersehbar oder gab es auch Überraschungen?
Karin Fuhrmann: Es gab immer wieder Ăśberraschungen. Die größten waren wohl die Abschaffung der SpekulationsÂfrist und die EinfĂĽhrung der ImmobilienertragÂsteuer, mit denen ich ehrlich gesagt nicht gerechnet habe. So hat diesbezĂĽglich auch Deutschland im Vorfeld einige Anläufe genommen und verfĂĽgt noch immer ĂĽber die SpekulationsÂfrist, weil die gesetzlichen Ă„nderungen immer gescheitert sind.
Der ganze Artikel (BFGjournal 2019, 90) als PDF und bei Linde Digital.
Beruflich: … in Erwartung der Steuerreform diese bestmöglich bei unseren Kunden zu implementieren bzw die Strukturen dafür vorzubereiten.
Privat: … etwas öfter den inneren Schweinehund besiegen und mehr Sport treiben.
2) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
„The Invisible Library“ von Genevieve Cogman.
3) Das größte Vergnügen für mich ist …
… ausreichend Zeit mit meiner Familie zu verbringen.
4) Welche Persönlichkeit würden Sie gerne näher kennenlernen?
… Finanzminister Hartwig Löger.
5) Nach der Arbeit …
… entspanne ich mit meiner Familie, lese ich ein gutes Buch oder treibe ich Sport (wenn der innere Schweinehund überwunden ist).
1Vgl BFG 21. 2. 2018, RV/1100449/2017; Bodis/Prodinger, Offene Fragen bei der Ermittlung des GrundÂanteils, SWK 6/2017, 359; Fuhrmann/Kerbl, Das neue AufteilungsÂverhältnis der AnschaffungsÂkosten auf Grund und Boden und Gebäude im auĂźerbetrieblichen Bereich, immolex 2016, 11; Mayr, Grund- und Boden-Anteil bei vermieteten Gebäuden, RdW 2016, 419; Prodinger, GrundÂanteilverordnung – pauschale Ermittlung des GrundÂanteils, SWK 16/2016, 737; Prodinger, Ermittlung des GrundÂanteils – neue Aussage des BMF, SWK 26/2017, 1111; Renner, Aufteilung von AnschaffungsÂkosten bebauter GrundstĂĽcke, SWK 11/2018, 514.
Mag. Karin Fuhrmann berät primär in den Bereichen Immobilienwirtschaft, Bauherrenmodelle, Investitions- und Finanzierungsmodelle sowie Umgründungen und Strukturierung von Transaktionen bei in- und ausländischen Unternehmen mit Immobilienbesitz bzw Bauträgern und Entwicklern. Fuhrmann ist zudem Mitherausgeberin der neu im Linde Verlag erscheinenden Fachzeitschrift „immo aktuell – Steuern – Immobilien – Recht“. Nach der Präsentation des ersten Hefts baten wir sie zum Interview.
BFGjournal: Das erste Heft vom immo aktuell ist inhaltlich breit gefächert. Es behandelt Immobilien und Steuern, den Lagezuschlag, Airbnb und die Wiener Bauordnung. Auch die aktuelle Rechtsprechung wird kommentiert. Welche Themen werden Sie als Mitherausgeberin schwerpunktmäßig abdecken?
Karin Fuhrmann: Gemeinsam mit meinem Kollegen MMag. Florian Petrivkovic bin ich hauptsächlich fĂĽr die Bereiche GrundÂerwerbsteuer, GebĂĽhren, aber auch Immobilien im BetriebsÂvermögen sowie fĂĽr alle im Zusammenhang mit Investitionsthemen entstehende Steuerfragen zuständig.
BFGjournal: Demnächst veröffentlicht das BMF eine Info zur steuerlichen Behandlung von fĂĽr AnteilsÂinhaber angeschaffte bzw hergestellte Immobilien. Die aktuelle VwGH-Rechtsprechung im Zusammenhang mit Gebäuden, die von KapitalÂgesellschaften oder Stiftungen errichtet und Gesellschaftern, BegĂĽnstigten oder Stiftern ĂĽberlassen bzw vermietet werden, macht eine Ăśberarbeitung von Rz 637 und 638 KStR 2013 (PrĂĽfungsschema WurzelÂausschĂĽttung, Markt-/RenditeÂmiete) notwendig. Wie beurteilen Sie die Info aus Sicht der Praxis? Sind die in der Info behandelten Luxuswohnungen tatsächlich ein steuerÂrechtliches Thema von allgemeinem Interesse oder bleiben diese auf wenige, „exotische“ Fälle beschränkt?
Karin Fuhrmann: Es ist sehr positiv zu beurteilen, dass das BMF die Zeit bis zur nächsten RichtlinienwÂartung mit dieser BMF-Info ĂĽberbrĂĽckt. Tatsächlich ist dieses Thema fĂĽr die Praxis von groĂźer Bedeutung, weil es nicht immer nur um besonders luxuriöse oder extravagante Immobilien geht und viele GrĂĽnde dafĂĽr sprechen können, eine Immobilie – auch wenn diese dann an den Gesellschafter vermietet wird – nicht im PrivatÂvermögen anzuschaffen. Da sich die Judikatur in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren in eine positive Richtung verändert hat, wird diese BMF-Info zur Rechts- und Planungssicherheit beitragen.
BFGjournal: Ăśber die Besteuerung privater GrundstĂĽcksÂgeschäfte wird seit Inkrafttreten des 1. StabilitätsÂgesetzes 2012, mit dem die Besteuerung von ImmobilienveräuĂźerungen im EinkommenÂsteuerrecht umfassend neu geregelt wurde (ImmobilienertragÂsteuer), diskutiert. Warum ist das so und hätten Sie Vorschläge? Ist das aktuelle Flat-Tax-System aus Ihrer Sicht gerecht?
Karin Fuhrmann: Die ImmobilienertragÂsteuer hat mit ihrer EinfĂĽhrung natĂĽrlich viele Fragen aufgeworfen, die sich in der Vergangenheit nicht gestellt hatten, weil bis dahin die VeräuĂźerung von Immobilien im PrivatÂvermögen nach Ablauf der SpekulationsÂfrist steuerfrei war. Wird nun eine gänzlich neue Steuer eingefĂĽhrt, ergeben sich naturgemäß viele Fragen – angefangen vom Umfang von Befreiungen bis hin zur Ermittlung der SteuerÂbemessungsgrundlage. Erfreulicherweise nimmt die Anzahl an Entscheidungen durch das BFG und den VwGH zu, sodass auch hier wichtige Klarstellungen erfolgen.
Ein Vorschlag von mir wäre zB, dass die FinanzÂverwaltung nicht starr an der Grenze von 1.000 m 2 fĂĽr GrundstĂĽcke im Zusammenhang mit der HauptwohnsitzÂbefreiung festhält, weil der VwGH hier von VerkehrsĂĽblichkeit gesprochen hat.
„Die Rechtsprechung zu Liebhabereifragen hat sich in der jüngeren Vergangenheit durchaus positiv entwickelt“
Ob die ImmobilienertragÂsteuer als solche gerecht ist, möchte ich nicht beurteilen. Der Gesetzgeber hat durch die Pauschalregelung fĂĽr Altfälle versucht, fĂĽr Immobilien, die schon lange im Besitz sind, Erleichterungen zu schaffen, was besonders wichtig war.
BFGjournal: Die HauptwohnsitzÂbefreiung bei derartigen GrundstĂĽckstransaktionen beschäftigte zuletzt mehrfach den VwGH (zB befreiter GrundÂanteil, Mietkaufmodelle, ToleranzÂfristen etc). Sind die Probleme nun beseitigt oder rechnen Sie mit weiteren Erkenntnissen?
Karin Fuhrmann: Die bisherige Judikatur hat mit Sicherheit viel Klarheit geschaffen, allerdings wird es definitiv noch weitere Entscheidungen geben, weil immer neue Sachverhalte auftreten, die von der Judikatur noch nicht umfasst sind. Auch die EinkommenÂsteuerrichtlinien 2000 decken nicht alle im echten Leben vorkommenden Fallkonstellationen ab, obwohl diese bereits sehr detailliert ausgearbeitet sind.
BFGjournal: Im Zusammenhang mit der Bewertung von Liegenschaften verwendet der SteuerÂgesetzgeber Begriffe wie gemeiner Wert, Teilwert und fiktive AnschaffungsÂkosten als BewertungsmaĂźstab, nicht aber den im LiegenschaftsÂbewertungsgesetz verwendeten Begriff des VerkehrsÂwerts. Wäre eine Vereinheitlichung wĂĽnschensÂwert?
Karin Fuhrmann: Eine Vereinheitlichung wäre sicherlich wĂĽnschensÂwert, obwohl bei den genannten Begriffen aufgrund der Judikatur eine klare Abgrenzung möglich ist. Sofern der Gesetzgeber den Begriff des VerkehrsÂwerts ĂĽbernehmen wird, mĂĽsste sich dieser wohl mit jenem im LiegenschaftsÂbewertungsgesetz decken. Gutachter definieren bei Gutachten fĂĽr steuerliche Zwecke regelmäßig den VerkehrsÂwert nach dem LiegenschaftsÂbewertungsgesetz. Der VwGH bzw das BFG verwirft solche Gutachten aber dann, weil das LiegenschaftsÂbewertungsgesetz fĂĽr das SteuerÂrecht keine Relevanz hat. Dieses Problem wäre mit der Vereinheitlichung und Implementierung der MaĂźgeblichkeit des LiegenschaftsÂbewertungsgesetzes sofort gelöst.
BFGjournal: DiskussionswĂĽrdig ist auch die Aufteilung von AnschaffungsÂkosten von MietwohngrundstĂĽcken auf Grund und Boden und Gebäuden, die durch das SteuerreformÂgesetz 2015/2016 grundlegend novelliert wurde. Sind die aktuellen Ansätze der auf § 16 Abs 1 Z 8 EStG beruhenden GrundÂanteilverordnung, die auf objektiven Größen wie der Anzahl an Einwohnern je Gemeinde, der Anzahl an vermieteten Einheiten im Mietobjekt, aber auch auf unbestimmten Gesetzesbegriffen wie den durchschnittlichen AnschaffungsÂkosten baureifer GrundstĂĽcke basiert, sachgeÂrecht? 1
Karin Fuhrmann: SachgeÂrecht ist ein groĂźes Wort. Es ist zu begrĂĽĂźen, dass der Gesetzgeber mit der Verordnung die Möglichkeit geschaffen hat, auch vom Gesetz abweichende Prozentsätze zu verwenden, und dies anhand relativ eindeutiger Kriterien.
Die durchschnittlichen AnschaffungsÂkosten baureifer GrundstĂĽcke wurden jĂĽngst durch das BFG dahingehend definiert, dass jene Werte, die die Zeitschrift Gewinn veröffentlicht, herangezogen werden können. DiesbezĂĽglich wäre es wĂĽnschensÂwert, dass das BMF eine geeignete Datenquelle definiert, die ganz Ă–sterreich abdeckt und eben auch den Vorstellungen des BMF entspricht. Dass es nicht die DurchschnittsÂwerte der Statistik Austria sind, wurde klargestellt, allerdings wäre es gut, hier in Abstimmung zwischen der Statistik Austria und dem BMF zu Werten zu gelangen, die auch vom BMF sowie fĂĽr diese Zwecke akzeptiert werden.
BFGjournal: Unter welchen Voraussetzungen wĂĽrden Sie einem Privatanleger die Anschaffung einer Vorsorgewohnung empfehlen?
Karin Fuhrmann: Da die Anlageberatung nicht vom Berufsbild des Steuerberaters umfasst ist, würde ich eine solche Empfehlung nicht aussprechen. Meine Privatmeinung dazu ist, dass die Anschaffung einer Vorsorgewohnung als zusätzliche Säule für die Pensionsvorsorge durchaus geeignet ist, auch wenn die Preisentwicklung die Renditen in der Vergangenheit wesentlich hat sinken lassen. Aufgrund der niedrigen Zinslandschaft können günstige Kredite aufgenommen werden, die eine Finanzierung des Ankaufs auch mit relativ geringen Eigenmitteln ermöglichen.
BFGjournal: Wie beurteilen Sie die Position der Rechtsprechung und der Verwaltungspraxis zum Thema der Liebhaberei bei Vermietungen von Immobilien? Wird der „kleine Vermieter“, der zB lediglich eine Eigentumswohnung vermietet und gemäß § 1 Abs 2 Z 3 LVO liebhabereiverdächtig ist, gegenüber dem Vermieter eines Zinshauses ( § 1 Abs 1 LVO) benachteiligt?
Karin Fuhrmann: Die Rechtsprechung zu Liebhabereifragen hat sich in der jĂĽngeren Vergangenheit durchaus positiv entwickelt. Jedenfalls bieten die LiebhabereiÂverordnung und die LiebhabereiÂrichtlinien 2012 ein hohes MaĂź an Rechtssicherheit, sodass Immobilieninvestments steuerlich gut geplant werden können. Eine Benachteiligung der kleinen Vermietung ist meines Erachtens nicht gegeben. Man darf nicht nur die steuerlichen Rahmenbedingungen sehen, sondern muss auch die rechtlichen Voraussetzungen berĂĽcksichtigen, die auf die wirtschaftliche Betätigung maĂźgeblichen Einfluss haben. Da der Käufer einer neu errichteten Eigentumswohnung keinen Mietzinsbeschränkungen unterliegt, ist der kĂĽrzere BeobachtungsÂzeitraum einerseits machbar und andererseits keine echte Benachteiligung. Hier flieĂźt natĂĽrlich auch der Umstand ein, dass in Abhängigkeit von der privaten Lebenssituation des Investors eine spätere Privatnutzung nie ganz ausgeschlossen werden kann.
BFGjournal: Sie beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit Immobilien und haben zahlreiche Bücher, Handbücher und Kommentare verfasst. Waren die Entwicklungen immer vorhersehbar oder gab es auch Überraschungen?
Karin Fuhrmann: Es gab immer wieder Ăśberraschungen. Die größten waren wohl die Abschaffung der SpekulationsÂfrist und die EinfĂĽhrung der ImmobilienertragÂsteuer, mit denen ich ehrlich gesagt nicht gerechnet habe. So hat diesbezĂĽglich auch Deutschland im Vorfeld einige Anläufe genommen und verfĂĽgt noch immer ĂĽber die SpekulationsÂfrist, weil die gesetzlichen Ă„nderungen immer gescheitert sind.
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1) Mein Ziel fĂĽr heuer ist?
Beruflich: … in Erwartung der Steuerreform diese bestmöglich bei unseren Kunden zu implementieren bzw die Strukturen dafür vorzubereiten.
Privat: … etwas öfter den inneren Schweinehund besiegen und mehr Sport treiben.
2) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
„ The Invisible Library“ von Genevieve Cogman.
3) Das größte Vergnügen für mich ist …
… ausreichend Zeit mit meiner Familie zu verbringen.
4) Welche Persönlichkeit würden Sie gerne näher kennenlernen?
… Finanzminister Hartwig Löger.
5) Nach der Arbeit …
… entspanne ich mit meiner Familie, lese ich ein gutes Buch oder treibe ich Sport (wenn der innere Schweinehund überwunden ist).
1 Vgl BFG 21. 2. 2018, RV/1100449/2017; Bodis/Prodinger, Offene Fragen bei der Ermittlung des GrundÂanteils, SWK 6/2017, 359; Fuhrmann/Kerbl, Das neue AufteilungsÂverhältnis der AnschaffungsÂkosten auf Grund und Boden und Gebäude im auĂźerbetrieblichen Bereich, immolex 2016, 11; Mayr, Grund- und Boden-Anteil bei vermieteten Gebäuden, RdW 2016, 419; Prodinger, GrundÂanteilverordnung – pauschale Ermittlung des GrundÂanteils, SWK 16/2016, 737; Prodinger, Ermittlung des GrundÂanteils – neue Aussage des BMF, SWK 26/2017, 1111; Renner, Aufteilung von AnschaffungsÂkosten bebauter GrundstĂĽcke, SWK 11/2018, 514.