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Dr. Katharina Kubik im BFGjournal zu Gast

Dr. Katharina Kubik ist seit 2011 bei Freshfields Bruckhaus Deringer im Bereich Steuer­recht tätig und wurde mit 1. 5. 2019 zur Principal Associate ernannt. Davor war sie drei Jahre als Assistentin an der WU Wien am Institut für Österreichisches und Internationales Steuer­recht tätig, wo sie weiterhin als Lektorin in der Lehre mitwirkt.

Sie studierte Rechtswissenschaften und internationale Betriebswirtschaft in Wien und Warschau. Dr. Katharina Kubik ist im Unternehmens­steuerrecht, internationalen Steuer­recht sowie im Bereich internationaler Verrechnungspreisstreitigkeiten tätig. Der Fokus ihrer rechtsanwaltlichen Tätigkeit liegt auf der Begleitung nationaler und internationaler Mandanten bei Transaktionen sowie im streitigen Abgaben­verfahren.

Sie ist Autorin zahlreicher Publikationen, zuletzt vor allem im Bereich der internationalen Steuerstreitbeilegung. Dr. Katharina Kubik ist Mitglied des Herausgeberteams der AVR, der neuen Zeitschrift im Linde Verlag zum Abgaben­verfahren und Rechtsschutz. 1

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BFGjournal: Zu Beginn möchte ich auf die neue Fachzeitschrift eingehen. Wie läuft die Zusammenarbeit im Redaktionsteam? Haben Sie untereinander die Themen aufgeteilt? Wer kümmert sich um die aktuelle Judikatur zum Abgaben­verfahrensrecht?

Katharina Kubik : Das Herausgeberteam setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Beratungspraxis, Verwaltung, Gerichtsbarkeit und Wissenschaft zusammen. Damit wollen wir sicherstellen, dass wir mit der AVR das Abgaben­verfahrensrecht und den Rechtsschutz aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten und aktuelle Themen zeitnah aufgreifen. Denn jede/jeder von uns nimmt aufgrund des jeweiligen beruflichen Hintergrunds unterschiedliche abgaben­verfahrensrechtliche Frage­stellungen wahr und wir können damit den Leser*innen einen umfassenden Einblick und Überblick über aktuelle Entwicklungen bieten. Gemeinsam können wir die einzelnen Themen aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten, und dieser „ganzheitliche Ansatz“ hat sich in unserer bisherigen Arbeit durchaus bestätigt. Einzig im Bereich der Judikatur haben wir uns darum bemüht, Autorinnen und Autoren zu gewinnen, die die abgaben­rechtliche Judikatur regelmäßig sichten und über verfahrens­rechtliche Besonderheiten berichten. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit und Mitarbeit in einem so hochkarätigen Herausgeberteam. Und wer gerne im Bereich des Abgaben­verfahrensrechts publiziert, ist jederzeit herzlich willkommen.

BFGjournal: Können Sie uns schon verraten, welcher Inhalt uns im ersten Heft erwartet?

Katharina Kubik : Bereits die Erstausgabe zeigt das breite und vielfältige Spektrum des Abgaben­verfahrensrechts, wobei wir mit dem Zeitschriftentitel „Abgaben­verfahren und Rechtsschutz“ den Bogen möglicher Beiträge bewusst weit gespannt haben. So finden sich im ersten Heft zB Abhandlungen über Erfahrungen mit Datenschutz- und Aufbewahrungs­pflichten aus Beraterperspektive, Melde­verpflichtungen für steuerliche Gestaltungen unter dem EU-Melde­pflichtgesetz und die Vereinbarkeit von Schieds­verfahren mit dem Rechtsstaat. Sowohl die ab Juli 2020 geltenden Melde­verpflichtungen als auch das schieds­verfahrensrechtliche Thema, vor dem Hintergrund des seit 1. 9. 2019 geltenden EU-Besteuerungsstreitbeilegungs­gesetzes, behandeln hochaktuelle Frage­stellungen. Neben Themen, die laufend in der alltäglichen Praxis auftreten können, bie Seite 52 ten wir somit einen Überblick über jüngste Entwicklungen und zeigen damit verbundene mögliche Problembereiche und Lösungswege auf. Ich denke, dass die Erstausgabe sehr gelungen ist und den Lesern eine spannende Lektüre bereiten wird.

BFGjournal: Was ist das Schwierige am Abgaben­verfahrensrecht? Die Begeisterung an der BAO hält sich bei den Studentinnen und Studenten in Grenzen. Viele Gerichts­entscheidungen enden allerdings verfahrens­rechtlich und nicht, wie gewollt, materiell-rechtlich.

Katharina Kubik : Das Schwierige am Abgaben­verfahrensrecht ist nicht der Inhalt per se – der, einmal rein auf die BAO bezogen, natürlich auch eine spannende Komplexität enthält –, sondern vielmehr die Breite des Rechtsgebiets. Gerade in der „interdisziplinären“ Diskussion zeigt sich, wie weit man das Abgaben­verfahrensrecht eigentlich verstehen kann. Daneben sind es aber natürlich auch die kleinen, feinen, der Materie geschuldeten Unterschiede im Vergleich zu anderen Verfahrensregimen, wie zB unterschiedliche Fristenläufe und Zuständigkeiten. Zu Unrecht wird das Abgaben­verfahrensrecht oft als wenig attraktiv oder „verstaubt“ dargestellt oder empfunden und von der Lehre manchmal stiefmütterlich behandelt. Auch diesbezüglich hoffe ich, dass wir mit der AVR einen positiven Beitrag leisten und das Abgaben­verfahrensrecht in ein noch besseres Licht rücken können.

BFGjournal: Sollte bei der Ausbildung in den rechtsberatenden Berufen mehr Wert auf Verfahrens­recht gelegt werden?

Katharina Kubik : Ja, unbedingt, insbesondere natürlich im Bereich des Abgaben­verfahrensrechts. Schließlich ist das Verfahren – die Vertretung vor Behörden und Gerichten – eine der rechtsanwaltlichen Kerntätigkeiten. Ich selber nehme es mir in meinem Unterricht an der WU Wien bewusst vor, die Bedeutung des Abgaben­verfahrensrechts stärker zu unterstreichen und die Darstellung weg von einem schematisch-systematisch, trockenen Zugang hin zu einer lebendigen Materie zu bringen. Denn in Zeiten von BEPS, ATAD und den Entwicklungen auf OECD-Ebene zeigt sich immer deutlicher, dass das Abgaben­verfahren – sei es bei der Begleitung von Betriebs­prüfungen, dem tatsächlich streitigen Verfahren oder im Bereich der alternativen Streitbeilegung – immer wichtiger wird. Gerade für die Beratungspraxis wird es aus meiner Sicht daher zukünftig noch wichtiger sein, im Abgaben­verfahrensrecht sattelfest zu sein, um den Mandanten einen guten Überblick über die möglichen Verfahrensschritte und -arten sowie eine strategische Beratung bieten zu können.

BFGjournal: Als Anwältin arbeiten Sie im internationalen Steuer­recht. Ich habe von Ihnen zahlreiche Publikationen gesichtet. Sehr intensiv haben Sie sich zuletzt mit dem EU-Besteuerungsstreitbeilegungs­gesetz und dem darin festgelegten Verfahren beschäftigt. 2 Sind Sie mit dem Inhalt zufrieden?

Katharina Kubik : Das EU-Besteuerungsstreitbeilegungs­gesetz (EU-BStbG) bietet Steuer­pflichtigen seit 1. 9. 2019 eine neue, zusätzliche rechtliche Grundlage zur Beilegung von internationalen Steuerstreitigkeiten. Zusätzlich deshalb, weil das Verfahren nach dem EU-BStbG neben bereits bestehende Verfahrensmöglichkeiten (Verständigungs­verfahren und Schieds­verfahren) nach einschlägigen Doppel­besteuerungsabkommen (verbessert durch das MLI) oder dem EU-Schiedsüber­einkommen tritt. Vorteile des EU-BStbG – die sich in der Praxis allerdings noch beweisen werden müssen – liegen im ver Seite 53 besserten und beschleunigten zeitlichen Verfahrensablauf, in der Einräumung von Rechtsschutzmöglichkeiten für den Steuer­pflichtigen und im für die Staaten verpflichtenden Schieds­verfahren als zweitem Verfahrensschritt. Man darf jedoch nicht außer Acht lassen, dass das Verfahren unter dem EU-BStbG weiterhin ein Verfahren zwischen den betroffenen Staaten ist. Den Steuer­pflichtigen werden neben der Einleitung durch Antrag­stellung zwar gewisse Rechte eingeräumt, sie erlangen aber nie Partei­stellung im Verfahren. Das kann man grundsätzlich als Manko sehen – es setzt jedoch die Verfahrenstradition im Bereich der internationalen Steuerstreitbeilegung fort. Es bleibt abzuw­arten, wie das Verfahren von den Steuer­pflichtigen aufgenommen und genutzt wird. Auch hier gilt: Für die Beratungspraxis ist es wichtig, die unterschiedlichen Verfahrens­arten zu kennen, um dem Mandanten in der Planung und Umsetzung der Verfahrensstrategie zur Seite stehen zu können. Mit der AVR wollen wir den Leserinnen und Lesern auch zu diesem Themengebiet aktuelle Entwicklungen und Erfahrungen näherbringen.

BFGjournal: Sie verfolgen die internationalen Entwicklungen und beobachten die Arbeit der OECD. Könnten Sie für uns einen Blick in die Zukunft werfen?

Katharina Kubik : Die OECD hat im letzten Jahr mit ihren Arbeiten zur Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft den Grundstein für eine umfassende Reform der Besteuerung von multinationalen Unternehmen gelegt. Dies geschah in einem bisher noch nie dagewesenen Tempo und mit der Aussicht auf fundamentale Neuerungen. Die Arbeiten gliedern sich dabei in zwei Säulen: Die erste Säule beschäftigt sich mit der Neuaufteilung von Besteuerungs­rechten, unabhängig von der bisher notwendigen physischen Präsenz in einem Staat; die zweite Säule sieht die Einführung einer globalen Mindest­besteuerung mit entsprechenden Begleitmaßnahmen (ua im Recht der Doppel­besteuerungsabkommen) vor. Die Arbeiten sollen noch 2020 fertiggestellt werden. 3 Und selbst wenn die OECD ihre ambitionierten Pläne wider Erwarten nicht umsetzen sollte, so wird die EU sicherlich nicht untätig bleiben. Das Jahr 2020 könnte sich damit als Jahr erweisen, in dem für international tätige Unternehmen aus steuerlicher Sicht kein Stein auf dem anderen bleibt.

BFGjournal: Sie haben sowohl an der WU Wien Internationale Betriebswirtschaft studiert als auch (klassisch) Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Ihr Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften haben Sie wiederum an der WU Wien absolviert. Wie kam es dazu, was waren Ihre Beweggründe?

Katharina Kubik : Die Entscheidung, dass ich mich in meinem Berufsleben mit Steuer­recht beschäftigen möchte, hatte ich im Zeitpunkt meiner Studienwahl bereits getroffen. Allerdings hatte ich damals noch den klassischen Weg in die Steuerberatung vor Augen. Was für meine Entscheidung letztlich ausschlag­gebend war, kann ich heute nicht mehr sagen (nur, dass sie für mich richtig war und ist). An die WU Wien hat es mich primär aufgrund des dortigen tollen Sprachenangebots und der vielfältigen Austauschprogramme gezogen. Rechtswissenschaften hatte ich damals ebenfalls inskribiert, allerdings mit weniger Fokus betrieben. Zum Doktoratsstudium an der WU Wien hat mich dann meine Tätigkeit als Assistentin am Institut für Österreichisches und Internationales Steuer­recht gebracht; die Tätigkeit hatte mich aufgrund der internationalen Bekanntheit der Professoren sowie der Lehrmöglichkeit gereizt. Dass ich auch als Anwältin im Bereich Steuer­recht tätig sein könnte, hat sich für mich nach dem Doktoratsstudium über zahlreiche Gespräche ergeben. Diese Perspektive hat mich dann auch zum Abschluss meines rechtswissenschaftlichen Studiums bewegt. Die gegenseitige Ergänzung der wirtschaftswissenschaftlichen und der juristischen Ausbildung hat sich für mich als sehr Seite 54 hilfreich erwiesen. Diese Kombination sowie die Zulassung zur Anwaltschaft lassen sich heute durch das Studium Wirtschafts­recht natürlich ebenfalls erreichen.

BFGjournal: Es freut mich, dass ich seit zwei Jahren mehr Frauen als Interviewp­artnerinnen habe als noch zu Beginn. Im Jänner war Univ.-Ass. Dr. Elisabeth Steinhauser von der Universität Salzburg mein Gast. 4 Zu meiner Frage nach „Frauen in der Wissenschaft“ bekannte sie, dass trotz der vielen Vorzüge, die ein Arbeitsplatz an der Universität zu bieten hat, es kein „Nine-to-five-Job“ mit klassischen „Feierabenden“ oder Wochenenden ist. Daher hat sie großen Respekt vor Leistungen von Wissenschaftlerinnen, die Karriere und Familie erfolgreich vereinbaren. Ich denke, im Anwaltsberuf läuft es ähnlich. Aber abgesehen vom Arbeitsaufwand: Schaffen es Anwältinnen in die Führungsebene, oder werden nach wie vor Männer bevorzugt?

Katharina Kubik : In den Jahren, die ich nunmehr in der Branche tätig bin, hat sich aus meiner Sicht sehr viel verändert – nicht nur im Anwaltsberuf insgesamt, sondern auch in den Kanzleien. Die Anzahl der Anwärterinnen und Anwältinnen bei uns im Haus lässt sich sehen. Vielleicht ist man noch nicht ganz am Ziel, aber die Richtung passt auf jeden Fall. Eine Bevorzugung von Männern sehen ich aber keinesfalls.

1) Mein Ziel für heuer ist (beruflich oder privat) …

… meine Yoga- und Meditationspraxis durch eine weitere Ausbildung zu vertiefen. Und eventuell eine Reise nach Japan.

2) Was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Arbeit?

Dass kein Tag dem anderen gleicht; weder inhaltlich noch von den Abläufen her. Das kann mitunter stressig sein, bringt aber eine schöne Herausforderung, die ich sehr schätze.

3) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

„The Handmaid‘s Tale“ und „The Testaments“ von Margaret Atwood (zuge­gebenermaßen, nachdem ich die Serie gesehen habe).

4) Welche sozialen Medien nutzen Sie? Was sind Ihre Lieblings-Podcasts? Haben Sie einen Blog?

Ich bin vorrangig auf LinkedIn aktiv. Bei Podcasts lasse ich mich regelmäßig neu inspirieren – sehr gerne höre ich die „Carpe Diem – Zeit zum Zuhören“-Serie, Harvard Business Review „Women at Work“ oder BBC „In the Balance“.

5) Nach der Arbeit …

… gehe ich sehr gerne ins Kino oder genieße ein gutes Essen.

1 Das AVR-Herausgeberteam besteht aus Dr. Katharina Kubik, Dr. Christian Lenneis, Mag. Maria Linzner-Strasser, Univ.-Prof. Dr. Claus Staringer und Dr. Martin Vock, LL.M.

2 Kubik/Turcan, National Report Austria, in Lang/Pistone/Rust/Schuch/Staringer (Hrsg), International Tax Dispute Resolution (2018) in Druck; Kubik, Internationale Streitbeilegung durch Schieds­verfahren – die „neue Hoffnung“? in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg), Symposium Unternehmens­steuerrecht (2019) in Druck; Kubik, Das neue Verfahren zur Beilegung von grenzüberschreitenden Steuerstreitigkeiten innerhalb der EU, SWK 25/2019, 1018; Kubik, Inkrafttreten und zeitlicher Geltungsbereich des EU-BStbG, in Kubik/Schmidjell-Dommes/Staringer (Hrsg), EU-Besteuerungsstreitbeilegungs­gesetz, SWI-Spezial (2019) 74 (76 ff).

3 Siehe das aktuelle Statement des Inclusive Framework vom 31. 1. 2020, abrufbar unter https://www.oecd.org/tax/beps/statement-by-the-oecd-g20-inclusive-framework-on-beps-january-2020.pdf (Zugriff am 10. 2. 2020).

4 BFGjournal 2020, 3.

Der Linde Verlag ist tätig im Bereich Recht, Wirtschaft und Steuern. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Steuerrecht. Erfahren Sie hier mehr über die Verlagsgeschichte, die Programmstruktur und die Kooperationspartner des Hauses.