Dr. Andrei Bodis ist stellvertretender Leiter der Abteilung für Einkommen- und KörperschaftÂsteuer im BMF. Bodis hat an zahlreichen legistischen Arbeiten und Richtlinienprojekten der letzten Jahre mitgewirkt. Anlässlich seines Vortrags beim 18. SWK-SteuerÂrechtstag am 16. 11. 2017 baten wir ihn zum Interview.
BFGjournal: Demnächst referieren Sie am 18. SWK-SteuerÂrechtstag zu Praxisfragen aus der EinkommenÂsteuer. Was haben Sie in einem Jahr nahezu ohne Legistik konkret vorbereitet?
Andrei Bodis: Der Hinweis auf die fehlende Legistik klingt fast ein wenig vorwurfsvoll. In den vergangenen Jahren ist gerade die zunehmende Geschwindigkeit der teilweise einschneidenden Änderungen beklagt worden – sowohl von Seiten der beratenden Berufe als auch innerhalb der FinanzÂverwaltung. Aus meiner Sicht ist diese „Ruheperiode“ daher zu begrüßen: Die geringe Anzahl von legistischen Änderungen im laufenden Jahr hat es ermöglicht, den Fokus auf andere Projekte zu lenken, insbesondere die Wartung der zahlreichen Richtlinien.
Was den SWK-SteuerÂrechtstag betrifft haben wir – ich darf gemeinsam mit Frau Professor Kanduth-Kristen vortragen – dennoch keine Schwierigkeiten bei der Themensuche gehabt. Wir haben drei Themenbereiche ausgewählt, die eine hohe Praxisrelevanz haben und zu denen es auch immer wieder interessante Judikatur gibt: Schuldzinsenabzug und Fremdwährungsverbindlichkeiten, Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen sowie Verluste und VerlustÂverwertung im ErtragÂsteuerrecht.
BFGjournal: In einem Vortrag im September haben Sie die aktuelle BFG-Entscheidung RV/5101768/2014 vom 18. 8. 2017 zur Ablöse eines WohnungsgebrauchsÂrechts im Zusammenhang mit der entgeltlichen Übertragung einer Liegenschaft kommentiert und erwähnt, dass Sie die Entscheidung in den EinkommenÂsteuerrichtlinien-WartungsÂerlass aufnehmen werden. Können Sie uns das näher erläutern?
Andrei Bodis: Im entscheidungsgegenständlichen Sachverhalt wurde zunächst ein Grundstück von einer natürlichen Person veräußert, wobei die erhaltene GegenÂleistung (zivilÂrechtlich) aus drei Komponenten bestand: einer EinmalÂzahlung, einer monatlichen Leibrente und einem Wohnrecht des Veräußerers. In der Folge hat sich herausgestellt, dass die GegenÂleistung nicht einmal den halben VerkehrsÂwert des veräußerten Grundstücks erreicht hat. Um eine Anfechtung des Kaufvertrags wegen laesio enormis zu vermeiden, leistete der Erwerber eine zusätzliche Zahlung an den Veräußerer und dieser verzichtete im Gegenzug auf sein vorbehaltenes Wohnrecht.
Das Finanzamt qualifizierte die Zahlung für den Verzicht auf das Wohnrecht (wegen fehlender WirtschaftsÂguteigenschaft) als sonstige Einkünfte gemäß § 29 Z 3 EStG. Das BFG hingegen stufte die Zahlung als nachträgliche GegenÂleistung für die Grundstücksübertragung ein und somit als nachträgliche AnschaffungsÂkosten beim Erwerber bzw nachträglichen Veräußerungserlös beim Veräußerer. Diese Entscheidung war aus Sicht des BMF nicht überraschend, weswegen wir uns in der Abteilung gegen die Erhebung einer Amtsrevision entschieden haben. Die dieser Sichtweise zugrunde liegende Systematik wurde bereits vom VwGH in seinem Erkenntnis vom 4. 9. 2014, 2011/15/0039, aufgegriffen. Sie beruht auf der Sichtweise, wonach bei Tatbeständen, die eine steuerliche Erfassung angelaufener stiller Reserven bezwecken, nicht nur der „ursprüngliche“ Kaufpreis als Veräußerungserlös anzusehen ist, sondern sämtliche GegenÂleistungen, die für die Übertragung des WirtschaftsÂguts gewährt werden. Im Ergebnis erhält somit der Erwerber den vollen „MarktÂwert“ des WirtschaftsÂguts. Mit dem kommenden EinkommenÂsteuerrichtlinien-WartungsÂerlass wird diese Sichtweise auch von uns übernommen.
BFGjournal: Können Sie uns Inhaltsschwerpunkte der nächsten Wartungserlässe verraten?
Andrei Bodis: Wir haben heuer die schon thematisierte „legistikfreie“ Zeit genutzt, um zu konsolidieren und ausständige Wartungserlässe noch vor der RegierungsÂbildung vorzubereiten. Bei allen kommenden Wartungserlässen wird die Einarbeitung der legistischen Änderungen einer der größten Schwerpunkte sein. Bei den EinkommenÂsteuerrichtlinien sind ja seit der letzten Wartung knapp zwei Jahre vergangen, und dementsprechend groß ist der Anpassungsbedarf. Daneben bildet wie gewohnt die Einarbeitung der höchstÂgerichtlichen Judikatur einen weiteren Schwerpunkt. In inhaltlicher Hinsicht gibt es allerdings keine besonders brisanten Themen.
BFGjournal: Gibt es zur ImmobilienertragÂsteuer neue Entwicklungen? Der VwGH hat ja heuer zwei Grundsatzerkenntnisse zur HauptwohnsitzÂbefreiung (befreite Grundstücksgröße ToleranzÂfrist) gefällt. Sind damit alle Unklarheiten beseitigt?
Andrei Bodis: Klare Antwort: Nein. Der VwGH hat gerade erst begonnen, die mit dem StabilitätsÂgesetz 2012 eingeführte „neue“ Rechtslage zu rezipieren und eine Judikaturlinie zu entwickeln. Ich bin sicher, uns erwarten noch etliche Überraschungen. Aus meiner Sicht ändert das aber nichts daran, dass mit der neuen GrundstücksÂbesteuerung ein Meilenstein geschaffen wurde, der die nächsten Jahre (Jahrzehnte?) Bestand haben wird.
BFGjournal: BemerkensÂwert ist auch, dass die durch das EU-AbgabenÂänderungsgesetz 2016 kreierte Steuerfreiheit von „Parteifesten“ vor dem VfGH Bestand hatte. 3 Haben Sie damit gerechnet? Diese Regelung war ja keine Idee des BMF, sondern eine der Politik (InitiativÂantrag von zwei Nationalratsabgeordneten), und von Beginn an heftig umstritten.
Andrei Bodis: Es ist keine Besonderheit, dass Vorschläge für legistische Änderungen von außerhalb des Finanzressorts kommen. Die Regelung der steuerlichen Rahmenbedingungen für „Parteifeste“ im KörperschaftÂsteuergesetz war eine rechtspolitische Entscheidung, die entsprechend umgesetzt wurde. Aus Sicht der FinanzÂverwaltung ist es jedenfalls begrüßensÂwert, wenn klare gesetzliche Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der Abgabenbehörden geschaffen werden. Jede andere Situation ist aus rechtsstaatlicher Sicht nicht befriedigend und birgt sowohl für die Mitarbeiter in der FinanzÂverwaltung als auch für die betroffenen SteuerÂpflichtigen zum Teil erhebliche Risiken.
Die Entscheidung des VfGH hat mich nicht überrascht. Sie entspricht der Judikaturlinie der vergangenen Jahre, wonach der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gerade im Bereich steuerlicher Sonderbestimmungen – von der Systematik der ErtragsÂbesteuerung abweichende Bestimmungen, etwa Abzugsverbote – als sehr hoch angesehen wird, sofern entsprechende sachlich rechtfertigende Gründe gegeben sind. Im Ergebnis ist es selbstverständlich immer eine WertungsÂentscheidung des HöchstÂgerichts, ob angeführte Gründe als sachlich angesehen werden oder nicht.
BFGjournal: Mag. Peter Bartos, Wiener Landespräsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, war unser InterviewpÂartner im Oktober. Er kritisierte zu komplexe und komplizierte Gesetzesbestimmungen. Beispielsweise sollte das Steuer- und SozialÂversicherungsrecht, so weit wie nur irgendwie möglich, vereinfacht werden. Viele Bestimmungen seien derart kompliziert, dass auch bestens ausgebildete Fachleute keine eindeutigen Auskünfte mehr geben könnten. Nicht sehr gelungen sei auch die Umsetzung der Anti-Lohndumping-Bestimmungen oder – um ein Bespiel aus der letzten Zeit zu nennen – die Neuregelung der sogenannten EinlagenrückÂzahlung und Innenfinanzierung. Ein Absatz im Gesetz, Erlass zur Erklärung der gesetzlichen Bestimmung – und trotzdem noch viele offene Fragen. Das sollte es seiner Meinung nach eigentlich nicht geben. Was meinen Sie dazu?
Andrei Bodis: Die zunehmende Komplexität gesetzlicher Regelungen ist kein österreichisches Spezifikum, sondern entspricht den internationalen Entwicklungen. Es ist – wenn man so möchte – ein Phänomen unserer Zeit und unserer Gesellschaft. Die Gründe dafür sind vielfältig. Dabei darf allerdings auch nicht vergessen werden, dass der Gesetzgeber oft „bloß“ auf Entwicklungen in der Gesellschaft reagiert. Oftmals geben daher auch von einigen wenigen SteuerÂpflichtigen gewählte Steuergestaltungen Anlass für gesetzgeberische Initiativen. Da auch derart spezifische Regelungen im Ergebnis natürlich alle SteuerÂpflichtigen treffen, kommt es zwangsläufig zu einer Erhöhung der Komplexität von Regelungswerken.
Die Thematik der EinlagenrückÂzahlung ist allerdings meiner Ansicht nach kein gutes Beispiel für eine zunehmende Komplexität des SteuerÂrechts. Die dogmatischen Grundlagen der Abgrenzung von Ausschüttungen von EinlagenrückÂzahlungen haben schon vor der jüngsten GesetzesÂänderung nicht zu den leichtesten Fingerübungen im SteuerÂrecht gehört. Auch der bisherige EinlagenrückÂzahlungserlass war – wenn auch weniger umfangreich – für nicht mit der Materie vertraute Rechtsanwender schwer zu verstehen und anzuwenden.
BFGjournal: Ich traue mich ja schon gar nicht mehr fragen, aber wie sieht es mit einem neuen EinkommenÂsteuergesetz aus? Zuletzt war ja von einem 2018 in Begutachtung gehenden Entwurf und einem Erscheinen 2019 die Rede. Oder wird durch die neue Regierung alles anders?
Andrei Bodis: Die Wahrscheinlichkeit, dass wirklich „alles“ anders wird, scheint mir nicht sehr hoch zu sein. Dennoch sind von der neuen Regierung einige interessante und wichtige Impulse im SteuerÂrecht zu erwarten. Ob die Neukodifizierung des EinkommenÂsteuergesetzes dazugehört, wird sich erst weisen. Sollte es dazu kommen, ist aufgrund der umfangreichen Vorarbeiten der letzten Jahre in der Fachabteilung eine solide Grundlage vorhanden, auf die wir aufbauen können.
1) Mein Ziel für heuer ist (beruflich oder privat) …
… so viele berufliche Projekte abzuschließen, dass ich die Zahl der Vorsätze für das neue Jahr auf ein vernünftiges Maß reduzieren kann.
… Ich bringe Superlativen eine gewisse Skepsis entgegen … zB bereitet es mir aber Vergnügen, Zeit mit meiner Familie zu verbringen (insbesondere wenn die Kinder gut gelaunt sind).
4) Welche Persönlichkeit würden Sie gerne näher kennenlernen?
Ehrlich gesagt habe ich noch nie einen derartigen Wunsch gehabt. Ich habe vor allem durch meine berufliche Tätigkeit mit sehr vielen interessanten Menschen zu tun. Es kommt immer wieder vor, dass ich mir bei manchen denke, es wäre interessant, sie näher kennenzulernen.
5) Nach der Arbeit …
… gehe ich in der Regel schlafen (selten vor 23:00 Uhr).
Der ganze Artikel (BFGjournal 2017, 394) als PDF und bei Lindeonline.
Lindeonline:
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.lindeonline.at zu laden.
Dr. Andrei Bodis ist stellvertretender Leiter der Abteilung für Einkommen- und KörperschaftÂsteuer im BMF. Bodis hat an zahlreichen legistischen Arbeiten und Richtlinienprojekten der letzten Jahre mitgewirkt. Anlässlich seines Vortrags beim 18. SWK-SteuerÂrechtstag am 16. 11. 2017 baten wir ihn zum Interview.
BFGjournal: Demnächst referieren Sie am 18. SWK-SteuerÂrechtstag zu Praxisfragen aus der EinkommenÂsteuer. Was haben Sie in einem Jahr nahezu ohne Legistik konkret vorbereitet?
Andrei Bodis: Der Hinweis auf die fehlende Legistik klingt fast ein wenig vorwurfsvoll. In den vergangenen Jahren ist gerade die zunehmende Geschwindigkeit der teilweise einschneidenden Änderungen beklagt worden – sowohl von Seiten der beratenden Berufe als auch innerhalb der FinanzÂverwaltung. Aus meiner Sicht ist diese „Ruheperiode“ daher zu begrüßen: Die geringe Anzahl von legistischen Änderungen im laufenden Jahr hat es ermöglicht, den Fokus auf andere Projekte zu lenken, insbesondere die Wartung der zahlreichen Richtlinien.
Was den SWK-SteuerÂrechtstag betrifft haben wir – ich darf gemeinsam mit Frau Professor Kanduth-Kristen vortragen – dennoch keine Schwierigkeiten bei der Themensuche gehabt. Wir haben drei Themenbereiche ausgewählt, die eine hohe Praxisrelevanz haben und zu denen es auch immer wieder interessante Judikatur gibt: Schuldzinsenabzug und Fremdwährungsverbindlichkeiten, Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen sowie Verluste und VerlustÂverwertung im ErtragÂsteuerrecht.
BFGjournal: In einem Vortrag im September haben Sie die aktuelle BFG-Entscheidung RV/5101768/2014 vom 18. 8. 2017 zur Ablöse eines WohnungsgebrauchsÂrechts im Zusammenhang mit der entgeltlichen Übertragung einer Liegenschaft kommentiert und erwähnt, dass Sie die Entscheidung in den EinkommenÂsteuerrichtlinien-WartungsÂerlass aufnehmen werden. Können Sie uns das näher erläutern?
Andrei Bodis: Im entscheidungsgegenständlichen Sachverhalt wurde zunächst ein Grundstück von einer natürlichen Person veräußert, wobei die erhaltene GegenÂleistung (zivilÂrechtlich) aus drei Komponenten bestand: einer EinmalÂzahlung, einer monatlichen Leibrente und einem Wohnrecht des Veräußerers. In der Folge hat sich herausgestellt, dass die GegenÂleistung nicht einmal den halben VerkehrsÂwert des veräußerten Grundstücks erreicht hat. Um eine Anfechtung des Kaufvertrags wegen laesio enormis zu vermeiden, leistete der Erwerber eine zusätzliche Zahlung an den Veräußerer und dieser verzichtete im Gegenzug auf sein vorbehaltenes Wohnrecht.
Das Finanzamt qualifizierte die Zahlung für den Verzicht auf das Wohnrecht (wegen fehlender WirtschaftsÂguteigenschaft) als sonstige Einkünfte gemäß § 29 Z 3 EStG. Das BFG hingegen stufte die Zahlung als nachträgliche GegenÂleistung für die Grundstücksübertragung ein und somit als nachträgliche AnschaffungsÂkosten beim Erwerber bzw nachträglichen Veräußerungserlös beim Veräußerer. Diese Entscheidung war aus Sicht des BMF nicht überraschend, weswegen wir uns in der Abteilung gegen die Erhebung einer Amtsrevision entschieden haben. Die dieser Sichtweise zugrunde liegende Systematik wurde bereits vom VwGH in seinem Erkenntnis vom 4. 9. 2014, 2011/15/0039, aufgegriffen. Sie beruht auf der Sichtweise, wonach bei Tatbeständen, die eine steuerliche Erfassung angelaufener stiller Reserven bezwecken, nicht nur der „ursprüngliche“ Kaufpreis als Veräußerungserlös anzusehen ist, sondern sämtliche GegenÂleistungen, die für die Übertragung des WirtschaftsÂguts gewährt werden. Im Ergebnis erhält somit der Erwerber den vollen „MarktÂwert“ des WirtschaftsÂguts. Mit dem kommenden EinkommenÂsteuerrichtlinien-WartungsÂerlass wird diese Sichtweise auch von uns übernommen.
BFGjournal : Können Sie uns Inhaltsschwerpunkte der nächsten Wartungserlässe verraten?
Andrei Bodis: Wir haben heuer die schon thematisierte „legistikfreie“ Zeit genutzt, um zu konsolidieren und ausständige Wartungserlässe noch vor der RegierungsÂbildung vorzubereiten. Bei allen kommenden Wartungserlässen wird die Einarbeitung der legistischen Änderungen einer der größten Schwerpunkte sein. Bei den EinkommenÂsteuerrichtlinien sind ja seit der letzten Wartung knapp zwei Jahre vergangen, und dementsprechend groß ist der Anpassungsbedarf. Daneben bildet wie gewohnt die Einarbeitung der höchstÂgerichtlichen Judikatur einen weiteren Schwerpunkt. In inhaltlicher Hinsicht gibt es allerdings keine besonders brisanten Themen.
BFGjournal: Gibt es zur ImmobilienertragÂsteuer neue Entwicklungen? Der VwGH hat ja heuer zwei Grundsatzerkenntnisse zur HauptwohnsitzÂbefreiung (befreite Grundstücksgröße ToleranzÂfrist) gefällt. Sind damit alle Unklarheiten beseitigt?
Andrei Bodis: Klare Antwort: Nein. Der VwGH hat gerade erst begonnen, die mit dem StabilitätsÂgesetz 2012 eingeführte „neue“ Rechtslage zu rezipieren und eine Judikaturlinie zu entwickeln. Ich bin sicher, uns erwarten noch etliche Überraschungen. Aus meiner Sicht ändert das aber nichts daran, dass mit der neuen GrundstücksÂbesteuerung ein Meilenstein geschaffen wurde, der die nächsten Jahre (Jahrzehnte?) Bestand haben wird.
BFGjournal: BemerkensÂwert ist auch, dass die durch das EU-AbgabenÂänderungsgesetz 2016 kreierte Steuerfreiheit von „Parteifesten“ vor dem VfGH Bestand hatte. 3 Haben Sie damit gerechnet? Diese Regelung war ja keine Idee des BMF, sondern eine der Politik (InitiativÂantrag von zwei Nationalratsabgeordneten), und von Beginn an heftig umstritten.
Andrei Bodis: Es ist keine Besonderheit, dass Vorschläge für legistische Änderungen von außerhalb des Finanzressorts kommen. Die Regelung der steuerlichen Rahmenbedingungen für „Parteifeste“ im KörperschaftÂsteuergesetz war eine rechtspolitische Entscheidung, die entsprechend umgesetzt wurde. Aus Sicht der FinanzÂverwaltung ist es jedenfalls begrüßensÂwert, wenn klare gesetzliche Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der Abgabenbehörden geschaffen werden. Jede andere Situation ist aus rechtsstaatlicher Sicht nicht befriedigend und birgt sowohl für die Mitarbeiter in der FinanzÂverwaltung als auch für die betroffenen SteuerÂpflichtigen zum Teil erhebliche Risiken.
Die Entscheidung des VfGH hat mich nicht überrascht. Sie entspricht der Judikaturlinie der vergangenen Jahre, wonach der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gerade im Bereich steuerlicher Sonderbestimmungen – von der Systematik der ErtragsÂbesteuerung abweichende Bestimmungen, etwa Abzugsverbote – als sehr hoch angesehen wird, sofern entsprechende sachlich rechtfertigende Gründe gegeben sind. Im Ergebnis ist es selbstverständlich immer eine WertungsÂentscheidung des HöchstÂgerichts, ob angeführte Gründe als sachlich angesehen werden oder nicht.
BFGjournal: Mag. Peter Bartos, Wiener Landespräsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, war unser InterviewpÂartner im Oktober. Er kritisierte zu komplexe und komplizierte Gesetzesbestimmungen. Beispielsweise sollte das Steuer- und SozialÂversicherungsrecht, so weit wie nur irgendwie möglich, vereinfacht werden. Viele Bestimmungen seien derart kompliziert, dass auch bestens ausgebildete Fachleute keine eindeutigen Auskünfte mehr geben könnten. Nicht sehr gelungen sei auch die Umsetzung der Anti-Lohndumping-Bestimmungen oder – um ein Bespiel aus der letzten Zeit zu nennen – die Neuregelung der sogenannten EinlagenrückÂzahlung und Innenfinanzierung. Ein Absatz im Gesetz, Erlass zur Erklärung der gesetzlichen Bestimmung – und trotzdem noch viele offene Fragen. Das sollte es seiner Meinung nach eigentlich nicht geben. Was meinen Sie dazu?
Andrei Bodis: Die zunehmende Komplexität gesetzlicher Regelungen ist kein österreichisches Spezifikum, sondern entspricht den internationalen Entwicklungen. Es ist – wenn man so möchte – ein Phänomen unserer Zeit und unserer Gesellschaft. Die Gründe dafür sind vielfältig. Dabei darf allerdings auch nicht vergessen werden, dass der Gesetzgeber oft „bloß“ auf Entwicklungen in der Gesellschaft reagiert. Oftmals geben daher auch von einigen wenigen SteuerÂpflichtigen gewählte Steuergestaltungen Anlass für gesetzgeberische Initiativen. Da auch derart spezifische Regelungen im Ergebnis natürlich alle SteuerÂpflichtigen treffen, kommt es zwangsläufig zu einer Erhöhung der Komplexität von Regelungswerken.
Die Thematik der EinlagenrückÂzahlung ist allerdings meiner Ansicht nach kein gutes Beispiel für eine zunehmende Komplexität des SteuerÂrechts. Die dogmatischen Grundlagen der Abgrenzung von Ausschüttungen von EinlagenrückÂzahlungen haben schon vor der jüngsten GesetzesÂänderung nicht zu den leichtesten Fingerübungen im SteuerÂrecht gehört. Auch der bisherige EinlagenrückÂzahlungserlass war – wenn auch weniger umfangreich – für nicht mit der Materie vertraute Rechtsanwender schwer zu verstehen und anzuwenden.
BFGjournal: Ich traue mich ja schon gar nicht mehr fragen, aber wie sieht es mit einem neuen EinkommenÂsteuergesetz aus? Zuletzt war ja von einem 2018 in Begutachtung gehenden Entwurf und einem Erscheinen 2019 die Rede. Oder wird durch die neue Regierung alles anders?
Andrei Bodis: Die Wahrscheinlichkeit, dass wirklich „alles“ anders wird, scheint mir nicht sehr hoch zu sein. Dennoch sind von der neuen Regierung einige interessante und wichtige Impulse im SteuerÂrecht zu erwarten. Ob die Neukodifizierung des EinkommenÂsteuergesetzes dazugehört, wird sich erst weisen. Sollte es dazu kommen, ist aufgrund der umfangreichen Vorarbeiten der letzten Jahre in der Fachabteilung eine solide Grundlage vorhanden, auf die wir aufbauen können.
1) Mein Ziel für heuer ist (beruflich oder privat) …
… so viele berufliche Projekte abzuschließen, dass ich die Zahl der Vorsätze für das neue Jahr auf ein vernünftiges Maß reduzieren kann.
2) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
„Léon und Louise“ von Alex Capus.
3) Das größte Vergnügen für mich ist …
… Ich bringe Superlativen eine gewisse Skepsis entgegen … zB bereitet es mir aber Vergnügen, Zeit mit meiner Familie zu verbringen (insbesondere wenn die Kinder gut gelaunt sind).
4) Welche Persönlichkeit würden Sie gerne näher kennenlernen?
Ehrlich gesagt habe ich noch nie einen derartigen Wunsch gehabt. Ich habe vor allem durch meine berufliche Tätigkeit mit sehr vielen interessanten Menschen zu tun. Es kommt immer wieder vor, dass ich mir bei manchen denke, es wäre interessant, sie näher kennenzulernen.
5) Nach der Arbeit …
… gehe ich in der Regel schlafen (selten vor 23:00 Uhr).
Lindeonline:
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.lindeonline.at zu laden.
Inhalt laden
Sie haben noch kein Abonnement? Sichern Sie sich das BFGjournal als Zeitschrift mit Zugang zu Lindeonline.