X
Digital
Erklärvideo Erklärvideos Linde Media Plus+ Steuerrecht + VIDEOS

VIDEO: Ordentliches Rechtsmittel (Beschwerde) – Mario Wegner

In diesem Beitrag möchte ich näher auf das ordentliche Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde im Abgabenverfahren eingehen.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen

Folie 1

Punkt 1) Beschwerdegegenstand und -gründe (§ 243 BAO)

Die Beschwerde steht als Rechtmittel zur Verfügung, um Bescheide von Abgabenbehörden anzufechten.

Beschwerdegründe können sein:

  • die Rechtswidrigkeit des Inhalts (also Fehler in der rechtlichen Beurteilung),

  • die Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde oder

  • die Verletzung von Verfahrensvorschriften (zB bei ergänzungsbedürftiger Sachverhaltsermittlung oder Verletzung von Verfahrensvorschriften).

Im Beschwerdeverfahren besteht kein Neuerungsverbot iSd § 270 BAO, sodass noch nicht vorgebrachte Tatsachen auch erstmalig im Rahmen der Beschwerde oder im Rahmen des Vorlageantrages oder erst bei der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden können. Beschwerden sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten iSd § 85 Abs 1 BAO und daher grundsätzlich schriftlich einzubringen.

Gegen verfahrensleitende Verfügungen ist kein abgesondertes Rechtsmittel zulässig. Verfahrensleitende Verfügungen sind beispielsweise: Prüfungsauftrag, Verweigerung der Akteneinsicht oder Ablehnung eines Fristverlängerungsantrages. Diese können erst mit Bescheidbeschwerde gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid angefochten werden.

Punkt 2) Einbringung der Beschwerde / Frist (§ 245 BAO)

Die Beschwerdefrist beträgt grundsätzlich ein Monat ab Bekanntgabe (idR Zustellung) des Bescheides. Unter berücksichtigungswürdigen Gründen hat die Behörde nach § 245 Abs 3 BAO eine Verlängerung der Beschwerdefrist auf Antrag – auch wiederholt – zu gewähren. Dabei handelt es sich um keine Ermessensentscheidung. Zur Bescheidbeschwerde befugt ist jede Person, an die der Bescheid wirksam ergangen ist. Das sind primär der Abgabepflichtige, Haftende oder Beteiligten an einer Personengemeinschaft.

Fehlt eine Bescheidbegründung oder ist diese unzureichend, kann ein Antrag auf Mitteilung der ganz oder teilweise fehlende Begründung nach § 245 Abs 2 BAO gestellt werden. Dieser Antrag hemmt den Lauf der Beschwerdefrist.

Punkt 3) Einbringung bei der zuständigen Behörde (§ 249 BAO)

Die Bescheidbeschwerde ist bei der Abgabenbehörde einzubringen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. Wird die Beschwerde fristgerecht beim Bundesfinanzgericht eingebracht, so gilt dies ebenfalls als rechtzeitige Einbringung. Das BFG hat die bei ihr eingebrachte Bescheidbeschwerde unverzüglich an die zuständige Abgabenbehörde weiterzuleiten.

Punkt 4) Inhalt der Bescheidbeschwerde (§ 250 BAO)

Folgende Bestandteile hat eine Bescheidbeschwerde zu enthalten:

  • Die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides

  • Die Erklärung, welche Punkte des Bescheides angefochten werden (keine Begrenzung der inhaltlichen Entscheidung)

  • Das Beschwerdebegehren (Antrag), welches festlegt welche Änderungen beantragt werden

  • Die Begründung der Bescheidbeschwerde

Da es sich um ein Anbringen iSd § 85 BAO handelt, ist von der Behörde bei inhaltlichen Mängeln ein Mängelbehebungsauftrag zu erlassen.

Punkt 5) Wirkung – Aussetzung der Einhebung (§ 254 BAO)

Durch Einbringung einer Bescheidbeschwerde wird die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt. Insbesondere wird die Möglichkeit der Einhebung und zwangsweise Einbringung der festgesetzten Abgabe dadurch nicht aufgehalten. Es besteht allerdings die Möglichkeit die Aussetzung der Einhebung strittiger Beträge (§ 212a BAO) zu beantragen. Für den Zeitraum der Aussetzung der Einhebung sind – im Falle einer Zurückweisung oder Abweisung der Beschwerde – Aussetzungszinsen festzusetzen und zu entrichten. Die Aussetzungszinsen betragen 2% über dem Basiszinssatz (aktuell: 1,38%). Diese werden nicht festgesetzt, wenn der errechnete Zinsbetrag EUR 50,00 nicht erreicht.

Folie 2

Punkt 1) Zurückweisung (§ 260 BAO)

Eine Beschwerde ist durch Beschwerdevorentscheidung (siehe sogleich unten) von der Abgabenbehörde oder durch Beschluss durch das BFG (siehe dazu unten) zurückzuweisen, wenn die Beschwerde nicht zulässig (mangelnde Aktivlegitimation, mangelnde Bescheidqualität, bei Rechtsmittelverzicht) ist oder nicht fristgerecht eingebracht wird.

Punkt 2) Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO)

In der Regel hat die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung über die Bescheidbeschwerde abzusprechen. Dabei handelt es sich um keine Ermessensentscheidung. Die Abgabenbehörde kann den Bescheid in jede Richtung abändern, aufheben oder abweisen. Es gibt kein Verböserungsverbot, sodass auch eine ungünstigere Entscheidung als im Bescheid getroffen werden kann.

In der Bescheidbeschwerde kann der Abgabepflichtige direkt die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht beantragen (Direktvorlage). Dies muss direkt in der Bescheidbeschwerde beantragt werden. Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass die Abgabenbehörde die Beschwerde innerhalb von drei Monaten dem BFG vorlegt – daher (schlüssig) zustimmt.

Punkt 3) Vorlageantrag (§ 264 BAO)

Die Beschwerdevorentscheidung beendet zunächst das Beschwerdeverfahren, es sei denn, ein Vorlageantrag wird rechtzeitig (innerhalb von einem Monat) eingebracht. Die Beschwerde gilt sodann wiederum als unerledigt. Durch den Vorlageantrag „wandert“ der Akt zur Entscheidung zum Bundesfinanzgericht (BFG). Die Abgabenbehörde kann ab diesen Zeitpunkt den Bescheid oder die BVE nicht mehr abändern oder aufheben (§ 300 BAO).

Punkt 4) Entscheidung durch BFG (Erkenntnis, Beschluss)

Das Beschwerdeverfahren vor dem BFG ist in den §§ 269 ff BAO geregelt. Am Ende des Verfahrens trifft das BFG eine Entscheidung über die Beschwerde.

Diese Entscheidung ergeht insbesondere in folgenden Fällen in Beschlussform gemäß § 278 BAO:

  • Bei der Zurückweisung (§ 260 BAO, siehe dazu bereits oben)

  • Bei Aufhebung des angefochtenen Bescheides bzw der Beschwerdevorentscheidung unter Zurückweisung an die Abgabenbehörde. Eine Aufhebung unter Zurückweisung hat zu erfolgen, wenn Ermittlungen unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden können.
    Es liegt im Ermessen des BFG anstelle der Aufhebung und Zurückweisung, den maßgeblichen Sachverhalt selbst festzustellen, wenn dies aus verwaltungsökonomischen Gründen geboten ist.
    Der Zweck ist das BFG zu entlasten und Verfahren zu beschleunigen. Es ist nicht Aufgabe des BFG den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu ermitteln.

Dagegen ergeht die Entscheidung in Form eines Erkenntnisses, wenn das BFG die Entscheidung „in der Sache selbst“ trifft (meritorisch entscheidet). Das BFG kann mit Erkenntnis unterschiedlich über den angefochtenen Bescheid entscheiden. So ist eine ersatzlose Aufhebung des Bescheides möglich (wenn etwa die Abgabenbehörde unzuständig war). Ferner kann das BFG eine Abänderung des Bescheides in jede Richtung durchführen oder die Beschwerde abweisen, wenn diese aus Sicht des BFG als unbegründet erscheint.

Gegen Entscheidungen des BFG stehen unter gewissen Umständen noch außerordentliche Rechtsmittel an die Höchstgerichte des öffentlichen Rechts offen. Dies wären die Revision an den VwGH und die Beschwerde an den VfGH.

Punkt 5) Säumnisbeschwerde

Die Säumnisbeschwerde an das BFG steht der Partei des Abgabenverfahrens zur Verfügung, wenn die Abgabenbehörde ihre Entscheidungspflicht verletzt. Voraussetzung ist insbesondere, dass der Partei nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen des Anbringens bei der Behörde der Bescheid zugestellt wird.

Das BFG hat sodann der Abgabenbehörde aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten (diese Frist ist einmal verlängerbar) zu entscheiden oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.

Die Zuständigkeit zur Entscheidung geht erst dann auf das BFG über, wenn die Frist abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt.

Die Säumnisbeschwerde ist vom BFG zurückzuweisen, wenn sie vor Ablauf der Sechsmonatsfrist eingebracht wird. Abzuweisen ist die Säumnisbeschwerde dann, wenn die Verspätung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Abgabenbehörde zurückzuführen ist.

Autor: Mag. Mario Wegner

Der Linde Verlag ist tätig im Bereich Recht, Wirtschaft und Steuern. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Steuerrecht. Erfahren Sie hier mehr über die Verlagsgeschichte, die Programmstruktur und die Kooperationspartner des Hauses.