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Abweichendes Wirtschaftsjahr und seine Vor- und Nachteile

Ertragsteuerlich gilt als Gewinnermittlungszeitraum das Wirtschaftsjahr, das sich grund-sätzlich mit dem Kalenderjahr (Regelwirtschaftsjahr) deckt. Doch sowohl im Steuer- als auch Unternehmensrecht wurde bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen die Möglichkeit geschaffen, ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr zu wählen. Dadurch soll Unternehmern ein gewisser Gestaltungsspielraum in Bezug auf Unternehmenszielsetzungen und organisatorischer sowie wirtschaftlicher Überlegungen ermöglicht werden. Zu beachten ist jedoch, dass die Option des abweichenden Wirtschaftsjahres nicht jedem Steuerpflichtigen zusteht. So können va rechnungslegungspflichtige Gewerbetreibende, insbesondere Kapitalgesellschaften, von dieser Regelung Gebrauch machen.

Stand: Q2/2014

Betriebswirtschaftliche Überlegungen

Bei der Entscheidung für die Änderung des Wirtschaftsjahres sollten unternehmensspezi-fische Aspekte und Optimierungsmaßnahmen im Vordergrund stehen. Durch eine wohl überlegte Wahl des Stichtags können sowohl unternehmerische Abläufe und Prozesse verbessert als auch die Aussagefähigkeit von Jahresabschlüssen erhöht werden. Zudem ist die erforderliche Zustimmung des Finanzamts im Gesetz ausdrücklich an das Vorliegen von „gewichtigen betrieblichen Gründen“ geknüpft. Zu beachten ist, dass entsprechend dem Gesetzeswortlaut die Erzielung von rein steuerlichen Vorteilen (zB Steuerstundung) nicht als gewichtiger betrieblicher Grund gilt.

Bei Saisonbetrieben kann die Aufstellung des Jahresabschlusses zum Kalenderjahresende beispielsweise mitten in die Saison fallen, was zu zeitlichen und/oder personellen Engpässen bei in Zusammenhang mit der Jahresabschlusserstellung anfallenden Tätigkeiten führt. Auf der anderen Seite kann der Stichtag auch zu weit entfernt von der tatsächlichen Saison liegen, sodass der Jahresabschluss ein verzerrtes Bild der Unternehmenssituation liefert, da beispielsweise in einer Saison zusammenhängende Erträge und Aufwendungen durch den Regelstichtag zeitlich in zwei getrennte Perioden fallen.

Folgende beispielhaft und nicht abschließend angeführte Gründe werden in der Literatur regelmäßig als von „gewichtiger betrieblicher Natur“ angesehen. Anzumerken ist jedoch, dass es bei der Beurteilung durch das Finanzamt auf die jeweils individuell vorliegende Unternehmenssituation ankommt:

  1. Geringer Warenbestand zum Abschlussstichtag und die dadurch erleichterte Inventur und Bilanzerstellung
  2. Branchenüblichkeit des Wirtschaftsjahres und dadurch erhöhte Vergleichbarkeit
  3. Vereinheitlichung des Bilanzstichtages innerhalb eines Konzerns
  4. Vermeidung von Personalengpässen

Durch die Abstimmung von natürlicher Geschäftsperiode und Jahresabschlusszeitraum können knappe Ressourcen optimal eingesetzt, Kosten eingespart und die Aussagefähigkeit des Jahresabschlusses erhöht werden.

Steuerliche Aspekte

Neben den bereits erwähnten betrieblichen und organisatorischen Gründen für die Wahl eines abweichenden Wirtschaftsjahres hat diese Entscheidung auch positive Auswirkungen auf diverse steuerliche Aspekte.

So gilt grundsätzlich, dass eine Verlegung des Bilanzstichtags auf einen früheren Zeitpunkt einen Steuerstundungseffekt und somit einen Liquiditätsvorteil für den Unternehmer zur Folge hat.

Durch die Verlegung des Stichtags vom 31. Dezember auf den beispielsweise 31. Jänner kann idealerweise eine Steuerstundung für das Ergebnis von 11 Monaten erreicht werden, da im Veranlagungszeitraum nur das durch die Verlegung des Stichtags entstehende Rumpfwirtschaftsjahr 1. Jänner bis 31. Jänner endet.

Für die folgenden 11 Monate wird eine Verschiebung der Besteuerung um ein Jahr erreicht, da das Ergebnis dieses Zeitraums erst im nächsten Veranlagungsjahr Berücksichtigung findet und für die Steuerbemessung herangezogen wird.

Ähnliches gilt auch für die Erstellung bzw Abgabe der Steuererklärung. Grundsätzlich ist die Steuererklärung bis zum 30. April bzw bei elektronischer Übermittlung bis zum 30. Juni des auf das Veranlagungsjahr folgenden Jahres einzureichen (auf die verlängerte Abgabefrist durch Steuerberater aufgrund der Quotenvereinbarung wird nicht näher eingegangen).

Da das Ergebnis des abweichenden Wirtschaftsjahres für jenes Kalenderjahr zu berücksichtigen ist, in dem das Wirtschaftsjahr endet, ist auch bei abweichendem Wirtschaftsjahr der Veranlagungszeitraum das Kalenderjahr.

Für die Abgabe der Steuererklärung macht es somit keinen Unterschied, ob das Wirtschaftsjahr am 31. Jänner oder 31. Dezember endet. In beiden Fällen sind die zugehörigen Erklärungen im April des darauf folgenden Kalenderjahres abzugeben. Durch das vorgezogene Ende des Wirtschaftsjahres entsteht dadurch auch ein zeitlicher Vorteil in Bezug auf die Erstellung der Steuererklärung.

Die Höhe der vierteljährlichen Vorauszahlungen basiert auf den erfolgten Veranlagungen. So wird beispielsweise für die Berechnung der Vorauszahlungen für das Wirtschaftsjahr 2014 das um 9% erhöhte steuerliche Einkommen aus dem Wirtschaftsjahr 2012 herangezogen.

Die Vorauszahlungen sind jeweils am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu leisten und bleiben von einem Stichtagswechsel unberührt. Da bei Rumpfwirtschaftsjahren der für die Steuerbemessung heranzuziehende Gewinn aufgrund des kürzeren Zeitraums des Wirtschaftsjahres in der Regel niedriger ist, können auch die darauf basierenden Vorschreibungen zur Vorauszahlung nach Veranlagung des Rumpfwirtschaftsjahres entsprechend geringer ausfallen, wodurch wiederum eine Steuerstundung erzielt wird. Anzumerken ist jedoch, dass bei Bekanntwerden von Umständen, die auf eine höhere Steuerfestsetzung schließen lassen, das Finanzamt von Amts wegen eine Anpassung der Vorauszahlungen vornehmen kann.

Weiters können vorgeschriebene zu hohe Vorauszahlungen auf Antrag bis zum 30. September eines Kalenderjahres herabgesetzt werden, wobei der Anpassungsbedarf glaubhaft zu machen ist. Endet nun ein abweichendes Wirtschaftsjahr vor dieser Frist, ist die Glaubhaftmachung relativ leicht zu erbringen, da durch den Ablauf des Wirtschaftsjahres die tatsächliche Steuerbelastung bereits genau ermittelt werden kann. Je früher der Stichtag festgesetzt ist, desto eher kann bei zu hohen Vorauszahlungen ein Herabsetzungsantrag eingebracht und dadurch wiederum Liquiditätsvorteile erzielt werden.

Stellt sich bei Ermittlung des steuerlichen Ergebnisses bei einem beispielsweise am 31. Jänner endenden Wirtschaftsjahres heraus, dass die aktuellen Vorauszahlungen zu niedrig festgesetzt wurden, besteht wiederum keine Verpflichtung, dem Finanzamt vorzeitig die Umstände der höheren Steuerschuld für das aktuelle Veranlagungsjahr offenzulegen.

Da keine Anpassung der Vorauszahlungen erfolgt und auch die Abgabe der Steuererklärung, wie bereits erwähnt, nicht von der Änderung des Wirtschaftsjahres beeinflusst wird, führen zu niedrig angesetzte Vorauszahlungen bis zum Zeitpunkt der Anspruchsverzinsung (ab 1. Oktober des dem Veranlagungsjahr folgenden Jahres bis zur tatsächlichen Festsetzung der Steuer durch Veranlagung) zu einem zinsfreien Kredit.

Rechtliche Grundlagen & Vorgehensweise

Wie bereits erwähnt, bedarf jeder Wechsel des Wirtschaftsjahres der vorherigen bescheidmäßigen Zustimmung des Finanzamts, ansonsten ist der Stichtagswechsel unzulässig. Zeitlich hat die Antragsstellung unbedingt vor dem neuen Bilanzstichtag zu erfolgen, wobei aus steuerrechtlicher Sicht die Zustimmung des Finanzamts (Bescheid) erst vor tatsächlicher Bilanzerstellung vorliegen muss. Inhaltlich muss der Antrag, wie bereits weiter oben erläutert, gewichtige betriebliche Gründe, die für eine Änderung des Wirtschaftsjahres sprechen, enthalten.

Wurde insbesondere bei Kapitalgesellschaften in ihrer Satzung bzw ihrem Gesellschaftsvertrag im Rahmen der Gründung ein vom Wirtschaftsjahr abweichender Stichtag festgelegt, so ist dieser sowohl unternehmens- als auch abgabenrechtlich ohne Zustimmung des Finanzamts maßgebend.

Bei einer nachträglichen Änderung des Stichtags ist zusätzlich zur Einholung der Zustimmung seitens des Finanzamts eine Änderung der Satzung bzw des Gesellschaftsvertrages und in weiterer Folge die Eintragung des geänderten Stichtags im Firmenbuch durch das Firmenbuchgericht notwendig, da dieser Eintragung konstitutive Wirkung zukommt.

Zu beachten ist, dass sowohl die Beschlussfassung über die Änderung des Stichtags als auch die Einbringung des Antrags auf Eintragung beim Firmenbuchgericht jedenfalls vor Ablauf des neuen Bilanzstichtags zu erfolgen hat. Die noch strengere Ansicht des Obersten Gerichtshofs verlangt zudem bereits die Eintragung des geänderten Stichtags vor Ablauf des neu gewählten Wirtschaftsjahres.

Für die Durchführung der Eintragung wird vom Firmenbuchgericht in der Praxis regelmäßig die vom Finanzamt bescheidmäßig erlassene Zustimmung zur Stichtagsänderung verlangt. Da diese, wie bereits weiter oben erwähnt, nicht bereits zwingend vor Ende des geänderten Wirtschaftsjahres vorliegen muss, für die Eintragung ins Firmenbuch jedoch benötigt wird, können sich möglicherweise zeitliche Schwierigkeiten ergeben.

Neben den steuerlichen und gesellschaftsrechtlichen Aspekten ist bei der Umstellung des Wirtschaftsjahres auch noch die Umsatzsteuer zu erwähnen, die ebenfalls grundsätzlich als Veranlagungszeitraum das Kalenderjahr vorsieht. Folgende Bedingungen müssen vorliegen, damit auch für die Umsatzsteuer das abweichende Wirtschaftsjahr als Veranlagungszeitraum gilt:

  1. Versteuerung der Umsätze nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung)
  2. Keine quartalsmäßige Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen
  3. Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres mit Ablauf eines Kalendermonats.

Bei Erfüllung dieser Voraussetzungen ist eine Zustimmung des Finanzamts zum Wechsel des Wirtschaftsjahres für die Umsatzsteuer nicht mehr notwendig. Der Steuerpflichtige hat lediglich zu Beginn des Veranlagungszeitraums, spätestens jedoch bis zur Abgabe der Voranmeldung für den ersten Voranmeldungszeitraum des vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres, eine schriftliche Erklärung über den Stichtagswechsel an das zuständige Finanzamt abzugeben. In der Praxis wird daher im Antrag über die Verlegung des Bilanzstichtags beim Finanzamt angegeben, dass der neue Stichtag auch für die Umsatzsteuer gilt.

Autor:

Mag. Lothar Egger, Sonja Kranewitter, LeitnerLeitner Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Linz