Bendlinger Valentin | Mitterlehner Matthias
Hybride Gesellschaften gehörten lange zum klassischen Kanon der internationalen Steuerplanung. Die unterschiedliche steuerliche Einordnung von Rechtspersonen, entweder als steuerlich transparent oder intransparent jeweils im Ansässigkeitsstaat der Rechtsperson und jenem der Gesellschafter kann allerdings wirtschaftliche Doppelbesteuerung bewirken und ein vermeintlich lukratives Steuergestaltungsmodelle in eine wahre Steuerfalle verwandeln. Da DBA für wirtschaftliche Doppelbesteuerung regelmäßig keine Entlastung gewähren, bleibt als letzter Ausweg häufig nur eine Entlastung nach § 48 Abs 5 BAO, die allerdings im Ermessen der Behörde liegt. Wie das BFG aber erst kürzlich entschieden hat, bedeutet Ermessen gerade nicht, dass der Bundesminister für Finanzen steuerliche Fehlplanungen und unterlassene Mitwirkungspflichten sanieren muss.
Eine turbulente Vorgeschichte
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden Bf) hatte Wohnsitze sowohl in Liechtenstein als auch Österreich und erzielte neben Penisonseinkünften auch Einkünfte und Zuwendungen aus einer liechtensteinischen Anstalt und einer weiteren liechtensteinischen Stiftung, deren Mittel aus versteuerten Einkünften ihres im Jahr 1994 verstorbenen Mannes stammten. Im Jahr 2008 kam es in der Folge einer Selbstanzeige zu einer Außenprüfung betreffend der Einkommensteuer zwischen 2000 und 2007. Bereits in der Selbstanzeige behauptete die Bf, ihr Mittelpunkt der Lebensinteresse sei in Liechtenstein. Für gegenständliche Kapitaleinkünfte habe Österreich nach dem DBA kein Besteuerungsrecht. Als Beweise für Ihre Ansässigkeit in Liechtenstein legte sie KFZ-Rechnungen, die KFZ-Zulassung ihres in Liechtenstein zugelassenen PKW und ihre liechtensteinische Aufenthaltsbewilligung vor.
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Das Finanzamt vertrat daraufhin die Auffassung, die Bf habe keine hinreichenden Beweise für ihre Ansässigkeit in Liechtenstein vorgebracht und bestritt die Abschirmwirkung beider Gesellschaften. Beide Themenblöcke waren schließlich Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens. Nahezu zeitgleich wurde auf Grundlage von Art 25 DBA Liechtenstein ein Verständigungsverfahren eingeleitet. Das BFG erkannte in seiner Entscheidung vom 7.3.2016, RV/1100089/2012 letztlich, dass die Bf ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen in Liechtenstein nicht ausreichend darlegen konnte, vielmehr wurde die Abgabenbehörde “vorsätzlich im Dunkeln gelassen”; “der Tatbestand einer Abgabenhinterziehung […] [gar] in Kauf genommen”.
Auch die vom BFG durchgeführten Typenvergleiche sollten der Bf zum Nachteil gereichen: Während die liechtensteinische Stiftung einem Typenvergleich nicht standhalten konnte und folglich als transparent eingestuft wurde, wurde die Anstalt als einer österreichischen Körperschaft vergleichbar angesehen. Liechtensteinisches Steuerrecht behandelte beide Vehikel genau gegenteilig; während die Anstalt nach liechtensteinischem Steuerrecht transparent besteuert wurde, wurde die Stiftung als eigenes Steuersubjekt erfasst. Die anschließende erhobene außerordentliche Revision wurde vom VwGH (siehe VwGH 29.05.2018, Ra 2016/15/0062) nicht zugelassen.
Ergebnis der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung
Ergebnis war, dass – auch aufgrund der Entscheidung des BFG und dem zeitgleich veranlassten Verständigungsverfahren – weder in Bezug auf die Ansässigkeit der Bf noch in Bezug auf die steuerliche Einordnung von Anstalt und Stiftung – eine Einigung zwischen den beiden Staaten erzielt werden konnte. Sowohl Liechtenstein als auch Österreich betrachteten sich als Ansässigkeitsstaat und besteuerten die weltweiten Einkünfte der Bf. Die Einkünfte aus der Stiftung wurden der Bf in Österreich direkt zugerechnet, während sie in Liechtenstein auf Ebene der Stiftung der KöSt unterworfen wurden. Die Einkünfte der Anstalt demgegenüber wurden in Liechtenstein in der Hand der Bf besteuert. In Österreich wurden die Einkünfte hingegen der Anstalt selbst zugeordnet. Aus diesen beiden Qualifikationskonflikten resultierte eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung. Im Jahr 2020 beantragte die Bf in Österreich eine Befreiung der erzielten Einkünfte und in eventu die Anrechnung der zwischen 2000 und 2019 erhobenen liechtensteinischen Steuer iHv etwa CHF 1,5 Mio. Der Bundesminister für Finanzen wies den Antrag ab, wogegen die Bf neuerlich Rechtsmittel erhob.
BFG: Gesetz will keine Anreize für komplexe Steuerplanungs- und Umgehungsstrukturen bieten
Das neuerlich zur Entscheidung berufene BFG (13.03.2024, RV/7100082/2022)hatte sich nunmehr ausschließlich mit der Frage zu befassen, ob eine unilaterale Entlastung nach § 48 Abs 5 BAO zu gewähren war. Die Ausführungen des BFG lassen sich letztlich in zwei Teile gliedern: Zum Ersten befasste sich das BFG mit dem § 48 Abs 5 BAO inhärenten Erfordernis der “Ausgleichung in- und ausländischer Besteuerung” und zum Zweiten mit der in dieser Vorschrift erhaltenen Ermessenskomponenten und deren Grenzen.
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Hinsichtlich des Erfordernisses der “Ausgleichung in- und ausländischer Besteuerung” verweist das BFG auf umfassende Rechtsprechung des VwGH, dass darunter nur juristische oder “echte” Doppelbesteuerung erfasst sei; also dieselben Einkünfte beim selben Steuerpflichtigen mehrfach besteuert sein müssen, um überhaupt grundsätzlich in die Gunst des § 48 Abs 5 BAO kommen zu können. Ein solcher Fall lag nach dem BFG hier allerdings nicht vor, als aufgrund der unterschiedlichen Qualifikation von Anstalt und Stiftung in Österreich und Liechtenstein zwar jeweils dieselben Einkünfte, allerdings auf Ebene unterschiedlicher Steuersubjekte besteuert wurden (keine Subjektidentität).
Die auf § 48 Abs 5 BAO gestützte Entlastung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung widerspricht – so das BFG – der ständigen Rsp des VwGH, der einen “Ausgleich in- und ausländischer Besteuerung” eben nur bei “echter”, also juristischer, Doppelbesteuerung erkennt (siehe dazu etwa unseren Newsletterbeitrag “DOPPELBESTEUERUNG | Steuerrisiken missglückter Auslandsgestaltungen!”). Zudem muss die Angleichung auch “erforderlich” sein. “Erforderlichkeit” kann aber nur dann bestehen, wenn andere Möglichkeiten zur Entlastung fehlen oder von vornherein ausgeschlossen sind. Auch das Vorliegen spezifischer Erforderlichkeit bezweifelt das BFG, als die Bf “weder nachgewiesen [hat], in Liechtenstein Rechtsmittel gegen die (aus österreichischer Sicht) unrechtmäßige liechtensteinische Besteuerung erhoben noch eine unilaterale Entlastungsmaßnahme in Liechtenstein angestrebt zu haben”.
Zum Ermessen hält das BFG zu nächst fest, dass die Grenzen des Ermessens durch § 20 BAO gezogen werden. Dabei sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen, wobei Billigkeit die “berechtigten Interessen der Partei” und die Zweckmäßigkeit “das öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben ” bedeutet. In Bezug auf den Fall der Bf, hält das BFG fest, “dass die wirtschaftliche Doppelbesteuerung zweifellos einen gewissen Grad an Unbilligkeit in sich birgt”, jedoch sei auf die konkreten Umstände der Doppelbesteuerung einzugehen.
Das BFG bezweifelt nämlich, dass es im Sinne der Zweckmäßigkeit “im öffentlichen Interesse liegt, einen Anreiz dafür zu schaffen, komplizierte Steuerplanungs- und Umgehungsstrukturen mit dem Ziel der Verschleierung von Kapitaleinkünften aufzusetzen, um diese Einkünfte in der Folge über den Weg von Selbstanzeige kombiniert mit der Entlastung gemäß § 48 Abs. 5 BAO von der Besteuerung freizustellen”. Auch aufgrund der nachhaltig verletzten Mitwirkungspflicht der Bf erteilte das BFG dem Ansuchen eine klare Absage. Wer eine steuerliche Begünstigung in Anspruch nehmen möchte, muss einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen aller Umstände darlegen, auf die sich die abgabenrechtliche Begünstigung stützen kann. Die Revision, wurde hinsichtlich der Frage, ob § 48 Abs 5 BAO auch Rechtsgrundlage für die Entlastung wirtschaftlicher Doppelbesteuerung sein kann, ausdrücklich zugelassen. Die Revision wurde aber – wohl aufgrund von Aussichtslosigkeit – nicht erhoben.
FAZIT
Die Entscheidung des BFG zeigt deutlich auf, dass eine unilaterale Entlastung nach § 48 Abs 5 BAO nur unter engen Grenzen möglich ist. § 48 Abs 5 BAO ermöglicht es Steuerpflichtigen, in Fällen in denen sich aus unbilligen Umständen – trotz Ausschöpfung sämtlicher rechtlicher Möglichkeiten – eine nicht beseitigbare Doppelbesteuerung ergibt, dennoch eine Entlastung begehren zu können. Wer sich selbst in komplexe und riskante Steuerstrukturen verstrickt und den Sachverhalt bewusst verschleiert, kann sich schwerlich auf die Unbilligkeit einer sich ergebenden Doppelbesteuerung berufen. Die Entscheidung ist uE – zumindest hinsichtlich des Ergebnisses für diesen Fall – überzeugend.
Hervorzuheben ist allerdings, dass eine Einschränkung der Entlastung von § 48 Abs 5 BAO auf bloß juristische Doppelbesteuerung zwar ständiger Rsp entspricht, diese Rsp aber kaum überzeugen kann. Erstens (i) weil nichts im Gesetzeswortlaut darauf hindeutet, dass § 48 Abs 5 BAO nur juristische Doppelbesteuerung erfassen will und (ii) zweitens, wie auch das BFG ausdrücklich hervorgehoben hat, auch die wirtschaftliche Doppelbesteuerung kraft fehlender Subjektidentität unbillig sein kann und in vielen Fällen nicht minder schwerwiegend belastet, als die juristische Doppelbesteuerung.
Bevor Sie grenzüberschreitende Strukturen für Ihre Geschäftstätigkeit einsetzen, sollten Sie jedenfalls steuerrechtlichen Rat suchen. Als Experten für internationales Steuerrecht haben wir regelmäßig auch mit derartigen Fallkonstellationen zu tun und können Ihnen gerne die Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von Auslandsgesellschaften aufzeigen. Alternativ zur bloßen Zwischenschaltung ausländischer Rechtssubjekte könnte ggfs auch der tatsächliche Wegzug aus Österreich eine mögliche Gestaltungsvariante sein. Falls Sie über einen solchen Wegzug nachdenken, können wir Ihnen insbesondere unser Webinar „Wegzug ins Steuerparadies – aber richtig!“ (nächster Termin am 30.1.2025) empfehlen.
Für weitere Fragen zu diesem Themenbereich stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Expert:innen unserer Service Lines „International Tax“ und „Private Clients“ gerne zur Verfügung!
Siehe auch
- Orzechowski-Zölzer, Keine Entlastung gemaß § 48 Abs 5 BAO bei wirtschaftlicher Doppelbesteuerung, BFG Journal 2024, 177ff.
- Schmidjell-Dommes, Rechtsprechung zum Internationalen Steuerrecht, SWI 2024, 512ff.
Autoren
Bendlinger Valentin
Mitterlehner Matthias
Zum Originalartikel
Bendlinger Valentin | Mitterlehner Matthias
Hybride Gesellschaften gehörten lange zum klassischen Kanon der internationalen Steuerplanung. Die unterschiedliche steuerliche Einordnung von Rechtspersonen, entweder als steuerlich transparent oder intransparent jeweils im Ansässigkeitsstaat der Rechtsperson und jenem der Gesellschafter kann allerdings wirtschaftliche Doppelbesteuerung bewirken und ein vermeintlich lukratives Steuergestaltungsmodelle in eine wahre Steuerfalle verwandeln. Da DBA für wirtschaftliche Doppelbesteuerung regelmäßig keine Entlastung gewähren, bleibt als letzter Ausweg häufig nur eine Entlastung nach § 48 Abs 5 BAO, die allerdings im Ermessen der Behörde liegt. Wie das BFG aber erst kürzlich entschieden hat, bedeutet Ermessen gerade nicht, dass der Bundesminister für Finanzen steuerliche Fehlplanungen und unterlassene Mitwirkungspflichten sanieren muss.
Eine turbulente Vorgeschichte
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden Bf) hatte Wohnsitze sowohl in Liechtenstein als auch Österreich und erzielte neben Penisonseinkünften auch Einkünfte und Zuwendungen aus einer liechtensteinischen Anstalt und einer weiteren liechtensteinischen Stiftung, deren Mittel aus versteuerten Einkünften ihres im Jahr 1994 verstorbenen Mannes stammten. Im Jahr 2008 kam es in der Folge einer Selbstanzeige zu einer Außenprüfung betreffend der Einkommensteuer zwischen 2000 und 2007. Bereits in der Selbstanzeige behauptete die Bf, ihr Mittelpunkt der Lebensinteresse sei in Liechtenstein. Für gegenständliche Kapitaleinkünfte habe Österreich nach dem DBA kein Besteuerungsrecht. Als Beweise für Ihre Ansässigkeit in Liechtenstein legte sie KFZ-Rechnungen, die KFZ-Zulassung ihres in Liechtenstein zugelassenen PKW und ihre liechtensteinische Aufenthaltsbewilligung vor.
Das Finanzamt vertrat daraufhin die Auffassung, die Bf habe keine hinreichenden Beweise für ihre Ansässigkeit in Liechtenstein vorgebracht und bestritt die Abschirmwirkung beider Gesellschaften. Beide Themenblöcke waren schließlich Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens. Nahezu zeitgleich wurde auf Grundlage von Art 25 DBA Liechtenstein ein Verständigungsverfahren eingeleitet. Das BFG erkannte in seiner Entscheidung vom 7.3.2016, RV/1100089/2012 letztlich, dass die Bf ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen in Liechtenstein nicht ausreichend darlegen konnte, vielmehr wurde die Abgabenbehörde “vorsätzlich im Dunkeln gelassen”; “der Tatbestand einer Abgabenhinterziehung […] [gar] in Kauf genommen”.
Auch die vom BFG durchgeführten Typenvergleiche sollten der Bf zum Nachteil gereichen: Während die liechtensteinische Stiftung einem Typenvergleich nicht standhalten konnte und folglich als transparent eingestuft wurde, wurde die Anstalt als einer österreichischen Körperschaft vergleichbar angesehen. Liechtensteinisches Steuerrecht behandelte beide Vehikel genau gegenteilig; während die Anstalt nach liechtensteinischem Steuerrecht transparent besteuert wurde, wurde die Stiftung als eigenes Steuersubjekt erfasst. Die anschließende erhobene außerordentliche Revision wurde vom VwGH (siehe VwGH 29.05.2018, Ra 2016/15/0062) nicht zugelassen.
Ergebnis der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung
Ergebnis war, dass – auch aufgrund der Entscheidung des BFG und dem zeitgleich veranlassten Verständigungsverfahren – weder in Bezug auf die Ansässigkeit der Bf noch in Bezug auf die steuerliche Einordnung von Anstalt und Stiftung – eine Einigung zwischen den beiden Staaten erzielt werden konnte. Sowohl Liechtenstein als auch Österreich betrachteten sich als Ansässigkeitsstaat und besteuerten die weltweiten Einkünfte der Bf. Die Einkünfte aus der Stiftung wurden der Bf in Österreich direkt zugerechnet, während sie in Liechtenstein auf Ebene der Stiftung der KöSt unterworfen wurden. Die Einkünfte der Anstalt demgegenüber wurden in Liechtenstein in der Hand der Bf besteuert. In Österreich wurden die Einkünfte hingegen der Anstalt selbst zugeordnet. Aus diesen beiden Qualifikationskonflikten resultierte eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung. Im Jahr 2020 beantragte die Bf in Österreich eine Befreiung der erzielten Einkünfte und in eventu die Anrechnung der zwischen 2000 und 2019 erhobenen liechtensteinischen Steuer iHv etwa CHF 1,5 Mio. Der Bundesminister für Finanzen wies den Antrag ab, wogegen die Bf neuerlich Rechtsmittel erhob.
BFG: Gesetz will keine Anreize für komplexe Steuerplanungs- und Umgehungsstrukturen bieten
Das neuerlich zur Entscheidung berufene BFG (13.03.2024, RV/7100082/2022)hatte sich nunmehr ausschließlich mit der Frage zu befassen, ob eine unilaterale Entlastung nach § 48 Abs 5 BAO zu gewähren war. Die Ausführungen des BFG lassen sich letztlich in zwei Teile gliedern: Zum Ersten befasste sich das BFG mit dem § 48 Abs 5 BAO inhärenten Erfordernis der “Ausgleichung in- und ausländischer Besteuerung” und zum Zweiten mit der in dieser Vorschrift erhaltenen Ermessenskomponenten und deren Grenzen.
Hinsichtlich des Erfordernisses der “Ausgleichung in- und ausländischer Besteuerung” verweist das BFG auf umfassende Rechtsprechung des VwGH, dass darunter nur juristische oder “echte” Doppelbesteuerung erfasst sei; also dieselben Einkünfte beim selben Steuerpflichtigen mehrfach besteuert sein müssen, um überhaupt grundsätzlich in die Gunst des § 48 Abs 5 BAO kommen zu können. Ein solcher Fall lag nach dem BFG hier allerdings nicht vor, als aufgrund der unterschiedlichen Qualifikation von Anstalt und Stiftung in Österreich und Liechtenstein zwar jeweils dieselben Einkünfte, allerdings auf Ebene unterschiedlicher Steuersubjekte besteuert wurden (keine Subjektidentität).
Die auf § 48 Abs 5 BAO gestützte Entlastung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung widerspricht – so das BFG – der ständigen Rsp des VwGH, der einen “Ausgleich in- und ausländischer Besteuerung” eben nur bei “echter”, also juristischer, Doppelbesteuerung erkennt (siehe dazu etwa unseren Newsletterbeitrag “DOPPELBESTEUERUNG | Steuerrisiken missglückter Auslandsgestaltungen!”). Zudem muss die Angleichung auch “erforderlich” sein. “Erforderlichkeit” kann aber nur dann bestehen, wenn andere Möglichkeiten zur Entlastung fehlen oder von vornherein ausgeschlossen sind. Auch das Vorliegen spezifischer Erforderlichkeit bezweifelt das BFG, als die Bf “weder nachgewiesen [hat], in Liechtenstein Rechtsmittel gegen die (aus österreichischer Sicht) unrechtmäßige liechtensteinische Besteuerung erhoben noch eine unilaterale Entlastungsmaßnahme in Liechtenstein angestrebt zu haben”.
Zum Ermessen hält das BFG zu nächst fest, dass die Grenzen des Ermessens durch § 20 BAO gezogen werden. Dabei sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen, wobei Billigkeit die “berechtigten Interessen der Partei” und die Zweckmäßigkeit “das öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben ” bedeutet. In Bezug auf den Fall der Bf, hält das BFG fest, “dass die wirtschaftliche Doppelbesteuerung zweifellos einen gewissen Grad an Unbilligkeit in sich birgt”, jedoch sei auf die konkreten Umstände der Doppelbesteuerung einzugehen.
Das BFG bezweifelt nämlich, dass es im Sinne der Zweckmäßigkeit “im öffentlichen Interesse liegt, einen Anreiz dafür zu schaffen, komplizierte Steuerplanungs- und Umgehungsstrukturen mit dem Ziel der Verschleierung von Kapitaleinkünften aufzusetzen, um diese Einkünfte in der Folge über den Weg von Selbstanzeige kombiniert mit der Entlastung gemäß § 48 Abs. 5 BAO von der Besteuerung freizustellen”. Auch aufgrund der nachhaltig verletzten Mitwirkungspflicht der Bf erteilte das BFG dem Ansuchen eine klare Absage. Wer eine steuerliche Begünstigung in Anspruch nehmen möchte, muss einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen aller Umstände darlegen, auf die sich die abgabenrechtliche Begünstigung stützen kann. Die Revision, wurde hinsichtlich der Frage, ob § 48 Abs 5 BAO auch Rechtsgrundlage für die Entlastung wirtschaftlicher Doppelbesteuerung sein kann, ausdrücklich zugelassen. Die Revision wurde aber – wohl aufgrund von Aussichtslosigkeit – nicht erhoben.
FAZIT
Die Entscheidung des BFG zeigt deutlich auf, dass eine unilaterale Entlastung nach § 48 Abs 5 BAO nur unter engen Grenzen möglich ist. § 48 Abs 5 BAO ermöglicht es Steuerpflichtigen, in Fällen in denen sich aus unbilligen Umständen – trotz Ausschöpfung sämtlicher rechtlicher Möglichkeiten – eine nicht beseitigbare Doppelbesteuerung ergibt, dennoch eine Entlastung begehren zu können. Wer sich selbst in komplexe und riskante Steuerstrukturen verstrickt und den Sachverhalt bewusst verschleiert, kann sich schwerlich auf die Unbilligkeit einer sich ergebenden Doppelbesteuerung berufen. Die Entscheidung ist uE – zumindest hinsichtlich des Ergebnisses für diesen Fall – überzeugend.
Hervorzuheben ist allerdings, dass eine Einschränkung der Entlastung von § 48 Abs 5 BAO auf bloß juristische Doppelbesteuerung zwar ständiger Rsp entspricht, diese Rsp aber kaum überzeugen kann. Erstens (i) weil nichts im Gesetzeswortlaut darauf hindeutet, dass § 48 Abs 5 BAO nur juristische Doppelbesteuerung erfassen will und (ii) zweitens, wie auch das BFG ausdrücklich hervorgehoben hat, auch die wirtschaftliche Doppelbesteuerung kraft fehlender Subjektidentität unbillig sein kann und in vielen Fällen nicht minder schwerwiegend belastet, als die juristische Doppelbesteuerung.
Bevor Sie grenzüberschreitende Strukturen für Ihre Geschäftstätigkeit einsetzen, sollten Sie jedenfalls steuerrechtlichen Rat suchen. Als Experten für internationales Steuerrecht haben wir regelmäßig auch mit derartigen Fallkonstellationen zu tun und können Ihnen gerne die Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von Auslandsgesellschaften aufzeigen. Alternativ zur bloßen Zwischenschaltung ausländischer Rechtssubjekte könnte ggfs auch der tatsächliche Wegzug aus Österreich eine mögliche Gestaltungsvariante sein. Falls Sie über einen solchen Wegzug nachdenken, können wir Ihnen insbesondere unser Webinar „Wegzug ins Steuerparadies – aber richtig!“ (nächster Termin am 30.1.2025) empfehlen.
Für weitere Fragen zu diesem Themenbereich stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Expert:innen unserer Service Lines „International Tax“ und „Private Clients“ gerne zur Verfügung!
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