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Großes Entlastungspaket: Kurzfristige und dauerhafte Maßnahmen zur Abfederung der Teuerungen

(Bild: © iStock/Yellow Man)

Aufgrund der nachhaltig problematischen Preisentwicklung in immer mehr Bereichen und der daraus resultierenden hohen Inflationsraten, hat die Bundesregierung Mitte Juni ein Maßnahmenpaket gegen die Teuerung zur Stärkung der Kaufkraft aller Menschen und auch Unternehmen sowie zur Vermeidung sozialer Härten in Österreich angekündigt. Mit diesem umfangreichen 3. Maßnahmenpaket sollen kurzfristig wirksame Maßnahmen bereits für das laufende Jahr 2022 eine Entlastung von rund EUR 6 Mrd bringen und wird das Gesamtvolumen bis zum Jahr 2026 mit über EUR 28 Mrd angegeben.

Die nachfolgend dargelegten Eckdaten finden sich in dem Ministerratsvortrag MR 22/14 vom 15.6.2022, auf welchem der am 15.6.2022 gefasste Regierungsbeschluss im Ministerrat basiert und der auch die Grundlage für die legistische Umsetzung darstellt. Laut diesem Vortrag an den Ministerrat ist grundsätzlich ein dreistufiger Prozess wie folgt geplant:

  • Sommer 2022: Im ersten Schritt: Entlastung der am stärksten von der Teuerung betroffenen Menschen, nämlich Personen mit geringem Einkommen und Familien;
  • Herbst 2022: Entlastung soll in der Breite der Bevölkerung greifen, zumal die Teuerung auch bereits im Mittelstand deutlich spürbar ist.
  • Ab Jahresbeginn 2023: Strukturelle Entlastungen für eine dauerhafte Stärkung der Kaufkraft.

Kurzfristig wirksame Maßnahmen ab 2022

  • Entlastung für vulnerable Gruppen (rund EUR 240 Mio)

Bezieher:innen von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Ausgleichszulage, Studienbeihilfe, Übergangsgeld sowie Rehabilitations-, Kranken- und Wiedereingliederungsgeld sollen – zusätzlich zu den bereits erfolgten Zahlungen in Höhe von jeweils EUR 150 – einen weiteren Teuerungsausgleich in Höhe von EUR 300erhalten (Auszahlung ab September). Darüber hinaus soll der bestehende Wohnschirm zur Unterstützung bei steigenden Wohnkosten und zur Verhinderung von Delogierungen um EUR 60 Mio aufgestockt werden.

  • Teuerungsabsetzbetrag zur Entlastung für kleine und mittlere Einkommen (rund EUR 1,5 Mrd)

Entlastung von Erwerbstätigen und Pensionist:innen mit niedrigen Einkommen durch einen einmaligen Teuerungsabsetzbetrag in Höhe von bis zu EUR 500 für das Jahr 2022. Entsprechende Erhöhung der begrenzten Rückerstattung von SV-Beiträgen (bei Arbeitnehmer:innen einmalig von 55 % auf 70 % und bei Pensionist:innen von 80 % auf 100 %), wodurch bei einem monatlichen Bruttoeinkommen zwischen EUR 1.100 und EUR 1.800 die volle Höhe des Teuerungsabsetzbetrages geltend gemacht werden kann (mit Einschleifregelung für höhere und niedrigere Einkommen).

  • Verschiebung der CO2-Bepreisung

Aufgrund der gegenwärtigen Preissteigerungen fossiler Kraftstoffe soll die mit der ökosozialen Steuerreformbeschlossene Einführung einer Bepreisung auf CO2 von 1.7.2022 auf nunmehr 1.10.2022 verschoben werden und damit erst zeitnahe zur Auszahlung des – für 2022 zudem deutlich erhöhten – Klimabonusschlagend werden.

  • Boni zur Entlastung der breiten Bevölkerung (rund EUR 2,8 Mrd)

Zunächst soll der Klimabonus – für das Jahr 2022 einmalig beziehungsweise einheitlich – auf EUR 250erhöht werden (pauschale Erhöhung, ohne regionale Staffelung). Zusätzlich sollen alle Bezieher:innen auch einen Anti-Teuerungsbonus in Höhe von ebenfalls EUR 250 erhalten daher in Summe EUR 500. Der Anti-Teuerungsbonus ist zudem bis zur ESt-Tarifstufe von 50 % steuerfrei. Kinder bis zu ihrem 18. Lebensjahr erhalten analog zur Klimabonusregelung 50 % des Gesamtbetrages sohin insgesamt EUR 250 pro Kind. 

  • Steuerfreie Teuerungsprämien von Arbeitgeber:innen (rund EUR 600 Mio)

Zahlen Arbeitgeber:innen an ihre Arbeitnehmer:innen anlässlich der Preissteigerungen zusätzlichen Arbeitslohn, sollen derartige Zahlungen steuerlich begünstigt werden: Solche zusätzlichen Zahlungen sollen – in den Kalenderjahren 2022 beziehungsweise 2023 – als Teuerungsprämie bis zu einem Betrag von insgesamt EUR 3.000 steuer- und sozialversicherungsfrei sein beziehungsweise auch keine weiteren Lohnnebenkosten anfallen. Von diesen maximal EUR 3.000 sind EUR 1.000 Euro an eine entsprechende KV-Regelung (lohngestaltende Vorschrift) gebunden, während EUR 2.000 auch einzelnen Arbeitnehmer:innen gewährt werden können. Allerdings soll die Deckelung von max. EUR 3.000 auch Zahlungen der neuen Mitarbeitergewinnbeteiligung gemäß § 3 Abs 1 Z 35 EStG inkludieren, wobei es aber möglich sein soll, Gewinnbeteiligungen nachträglich in Teuerungsprämien umzuqualifizieren und dadurch die SV- und LNK-Freiheit lukrieren zu können.

  • Strompreiskompensation (rund EUR 235 Mio)

Die starke Strompreiserhöhung in Europa aufgrund des Russland-Ukraine-Konflikts sowie infolge der wirtschaftlichen Entwicklung und der Zertifikatepreise im europäischen Emissionshandel trifft insbesondere energieintensive Unternehmen mit hohem Stromverbrauch, die im internationalen Wettbewerb stehen. Eine „Strompreiskompensation“ im Jahr 2022 soll einen Teil der indirekten CO2-Kosten, die durch die Weitergabe der Kosten von Treibhausgasemissionen über die Strompreise tatsächlich entstehen rückvergüten. Die Mittel zur Bedeckung dieser Förderungen sind mit 75% der Einnahmen aus den Versteigerungserlösen des Jahres 2021 begrenzt.

  • Direktzuschuss für besonders energieintensive Unternehmen (bis zu EUR 500 Mio)

Unternehmen, die aufgrund der hohen Preise besonders unter hohen Energiekosten leiden, sollen für das Jahr 2022 durch einen Zuschuss zu den Mehrkosten in einem Gesamtvolumen von EUR 400 bis 500 Mio für Energie entlastet werden. 

Strukturelle Entlastungen ab 2023

  • Abschaffung der kalten Progression (rund EUR 16 Mrd bis 2026)

Da die Inflation voraussichtlich auch in den nächsten Jahren höher als in den vergangenen Jahren sein wird und damit der Effekt konstanter Grenzbeträge der einkommensteuerlichen Progressionsstufen künftig noch stärker auf die Einkommen wirken würde, soll die sogenannte kalte Progression ab 2023 vollständig abgeschafft beziehungsweise das Volumen der kalten Progression den betroffenen Einkommensteuerpflichtigen grundsätzlich in vollem Ausmaß zurückgegeben werden. Ein eigenes Gesetz zur Abschaffung der kalten Progression soll vorsehen, dass Grenzbeträge der Progressionsstufen–mit Ausnahme der höchsten ESt-Tarifstufe von 55 % – sowie negativsteuerfähige Absetzbeträge(Verkehrsabsetzbetrag samt Zuschlag, Pensionisten-, Unterhalts-, Alleinerzieher- und -verdienerabsetzbetrag) automatisch um 2/3 der Inflation im Zeitraum Juli bis Juni jeweils ab 1. Jänner des Folgejahres angehoben werden. Damit soll auch eine höhere soziale Treffsicherheit gewährleistet werden. Um zudem auch auf die sich im Zeitablauf verändernden gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungenreagieren zu können, soll die Bundesregierung weiters gesetzlich verpflichtet werden, jährlich im Ausmaß des restlichen Volumens von 1/3 der Wirkung der kalten Progression dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, worin entsprechende Entlastungsmaßnahmen für Erwerbstätige und/oder Pensionist:innen im verbleibenden Volumen enthalten sind. Das maßgebliche Volumen soll jährlich durch einen wissenschaftlichen Progressionsbericht festgestellt werden. Die Berechnungsmethodik soll durch Studien von WIFO und IHS festgelegt und alle zwei Jahre evaluiert werden. Sowohl die automatische Entlastung durch Anpassung der Tarifstufen als auch die „diskretionäre“ Entlastung sollen ab 1. Jänner jeden Jahres wirken.

Mit der Abschaffung der kalten Progression soll die Steuerentlastung nachhaltig abgesichert und mit dieser Maßnahme zugleich einer der zentralen steuerpolitischen Forderungen der letzten Jahre entsprochen werden.

  • Valorisierung von Sozialleistungen (rund EUR 4 Mrd bis 2026)

Analog zu den Effekten der kalten Progression sinkt die reale Kaufkraft auch bei nicht indexierten Sozialleistungen und anhaltend hohen Inflationsraten. Vor diesem Hintergrund sollen ab 1.1.2023 das Reha-, Kranken- und Umschulungsgeld, die Studien- und Familienbeihilfe sowie der Kinderabsetzbetrag und das Kinderbetreuungsgeld (inkl. Familienzeitbonus) valorisiert werden. Basis für diese jährliche Valorisierung ist wiederum die Inflation im Zeitraum Juli bis Juni.

  • Senkung der Lohnnebenkosten (rund EUR 1,8 Mrd bis 2026)

Um den Wirtschaftsstandort Österreich mittelfristig zu attraktiveren und insbesondere in Zeiten hoher Inflation die Lücke der Abgabenlast zum Nettoeinkommen zu reduzieren, sollen die Lohnnebenkosten dauerhaft um 0,3 %-Punkte gesenkt werden (Absenkung UV-Beitrag um 0,1 %-Punkte, FLAF-Beitrag um 0,2 %-Punkte auf 3,7 %). Die Verminderung des FLAF-Beitrages wird auch als wichtiges Signal für lohngestaltende Maßnahmen in den nächsten zwei Jahren angesehen.

Weitere Vorgangsweise und legistische Umsetzung 

Für die legistische Umsetzung der kurzfristigen Maßnahmen wurden die konkreten Gesetzesentwürfe bereits im Form von zwei Initiativanträgen dem Nationalrat zur parlamentarischen Behandlung zugewiesen, und zwar einerseits das umfangreiche sogenannte Teuerungs-Entlastungspaket (mit dem die betroffenen Gesetze wie EStG, ASVG ua, FLAG, KommStG, Nationales Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 usw. geändert und zwei neue Gesetze (nämlich ein „Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz“ (LWA-G) und ein Gesetz über den Teuerungsausgleich für Studierende) erlassen werden sollen). 

FAZIT

Das prognostizierte Entlastungsvolumen durch dieses umfassende Maßnahmenpaket gegen Teuerung und Inflation (Gesamtvolumen von über EUR 28 Mrd bis zum Jahr 2026) ist wahrlich beachtlich.

Unter den bereits in legistischer Umsetzung befindlichen kurzfristigen Maßnahmen finden sich auch einige, die bereits im Rahmen der ökosozialen Steuerreform konzipiert und nunmehr lediglich die Beträge und/oder Inkrafttretenszeitpunkte geändert werden.

Autoren

Mitterlehner Andreas  |  Panholzer Maximilian

über

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