Täglich werden in Österreich im Schnitt mehr als 100 Unternehmen gegründet. Etwa ein Fünftel der Unternehmen in Österreich sind Kapitalgesellschaften. Ohne größere Beachtung in den Medien ist es seit 1.1.2018 möglich, eine GmbH durch eine digitale Gründung bzw. „Online-Gründung“ zu errichten. Dabei gibt es jedoch einige Einschränkungen, die diese bürokratische Erleichterung dann doch nicht so einfach machen.
Im Vergleich zu ähnlichen Rechtsformen in anderen Ländern sind die Auflagen für die Gründung einer GmbH in Österreich sehr streng. Das ergibt sich genauso wie das vergleichsweise hohe Mindeststammkapital aus einem starken Gläubigerschutzgedanken im österreichischen Unternehmensrecht. An diesen Vorschriften ändert auch der erleichterte Gründungsprozess nichts.
Voraussetzungen für die „Online-GmbH“
Die vereinfachte Gründung ist nur dann zulässig, wenn es sich um eine sogenannte „Ein-Personen-GmbH“ handelt. Das heißt, dass der einzige Gesellschafter eine natürliche Person ist, die zugleich auch als einziger Geschäftsführer bestellt wird. Weiters muss die Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft („Gesellschaftsvertrag“) einen standardisierten, weitestgehend vorgegebenen Inhalt aufweisen. Der Gründer muss außerdem über eine elektronische Signatur (Bürgerkarte oder Handy-Signatur) verfügen.
Das Stammkapital einer GmbH beträgt grundsätzlich EUR 35.000, wovon die Hälfte in Bar eingezahlt werden muss. Durch Inanspruchnahme der Gründungsprivilegierung kann das Stammkapital auf anfangs EUR 10.000 reduziert werden, wovon ebenfalls die Hälfte in Bar einbezahlt werden muss. Ein von diesen beiden Optionen abweichendes Stammkapital ist bei „Online-Gründung“ nicht zulässig.
Wie viel „Online“ steckt in der „Online-Gründung“ wirklich?
In einem ersten Schritt sucht der Gründer ein Kreditinstitut auf, das ihm die Bankbestätigung über die Einzahlung des Stammkapitals ausstellt, identifiziert sich dort mit einem amtlichen Lichtbildausweis, zahlt die Stammeinlage zumindest im notwendigen Umfang ein und zeichnet mit seiner Musterunterschrift. Dieser Termin ist auch bei „Online-Gründung“ unbedingt notwendig.
Die Unterlagen werden vom Kreditinstitut direkt an das Firmenbuchgericht übermittelt. Der weitere Gründungsprozess wird durch den Unternehmer über das Unternehmensserviceportal (USP) und Identifizierung mittels Handysignatur abgeschlossen. Was jedenfalls entfällt ist der ansonsten notwendige Notariatsakt. Nach Abschluss der „Online-Gründung“ werden die Angaben durch das zuständige Gericht geprüft und sofern kein Verbesserungsauftrag erteilt wird im Firmenbuch eingetragen.
Fazit
In Österreich ist die Möglichkeit der Online-Gründung bis 31.12.2020 befristet. Grundsätzlich ist die digitale Abbildung des Gründungsprozesses im USP jedenfalls positiv zu beurteilen, aktuell jedoch nur sehr beschränkt umgesetzt. Nach Ende der dreijährigen „Test-Phase“ bleibt abzuwarten, ob eine Verlängerung erfolgt. Eine vollständige Gründung „aus dem Wohnzimmer“ ist im österreichischen Rechtsrahmen aktuell nicht möglich und würde wohl umfassendere Änderungen des Gesellschaftsrechts benötigen.
Im Wesentlichen entfällt durch die Online-Gründung der GmbH der Weg zum Notar, was durchaus Gründungskosten und Aufwand reduziert. Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte, die eine GmbH Gründung mit sich bringt, sind nach wie vor zu beachten. Auch der laufende Verwaltungsaufwand wie etwa die Führung einer doppelten Buchhaltung und die Erstellung eines Jahresabschlusses, bleibt trotz der vereinfachten Gründung.
Tipp
Um zu entscheiden, ob eine GmbH-Gründung überhaupt vorteilhaft ist, ist die Beratung durch einen Steuerberater jedenfalls zu empfehlen. Eine praxisorientierte Hilfestellung zur Überprüfung der aktuellen Rechtsform Ihres Unternehmens und zum Vergleich mit anderen Rechtsformen bietet der TPA-Rechtsformrechner, den Sie unter https://www.tpa-group.at/de/rechtsformrechner/ finden.
Zum Autor:
Christian Oberkleiner ist Experte für Rechtsformgestaltung und nationale und internationale Umgründungen von Unternehmen und verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich Konzernsteuerrecht, M&A und Due Diligence.
2 Kommentare zu “Die „digitale“ GmbH: Online zur eigenen Kapitalgesellschaft!”