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Einigung auf eine globale Mindestbesteuerung für internationale Konzerne

(Bild: © iStock/hqrloveq) (Bild: © iStock/hqrloveq)

Alles über die neue globale Mindestbesteuerung für Konzerne

Am 1.7.2021 haben sich die Vertreter von rund 130 OECD-Staaten und am 10.7.2021 die Finanzminister der zwanzig führenden Industrieländer (G20) nach langwierigen Verhandlungen auf eine historische Steuerreform für Großkonzerne geeinigt. Die finale Zustimmung der Staatsoberhäupter der G20-Staaten soll nach Klärung der letzten inhaltlichen Fragen Ende Oktober 2021 erfolgen. Die Reform soll 2023 in Kraft treten.

 „Two-Pillar-Konzept“

Das globale Abkommen zur internationalen Steuerreform soll sicherstellen, dass multinationale Unternehmen mit einem Umsatz ab EUR 20 Mrd und einem Gewinn von mindestens 10 % in jenen Ländern, in denen sie tätig sind, mehr Steuern zahlen. Das Abkommen basiert auf einem „Zwei-Säulen (Pillars)“-Konzept der OECD aus 2020.

 „Pillar One“

Die Maßnahmen der ersten Säule zielen auf eine Neuverteilung von Besteuerungsrechten der einzelnen Staaten ab. Die Anpassungen sollen der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle Rechnung tragen, die es den Unternehmen erlauben, auch ohne physische Präsenz in einem Gebiet Umsätze zu generieren. Der Fokus liegt insbesondere auf

  • hoch automatisierten, digitalen Dienstleistungen,
  • die durch große multinationale Konzerne
  • an eine große Anzahl von Kunden oder Nutzern

erbracht werden.

Im Ergebnis soll ein Teil des globalen Residualgewinnes der multinationalen Unternehmensgruppe, der derzeit auf Ebene des Strategieträgers (tendenziell niedrig) besteuert wird, in Zukunft den jeweiligen Markt- bzw. Nutzerstaaten zur Besteuerung zugewiesen werden.

Entsprechend der Eckpunkte der Steuerreform soll es zu einer Umverteilung von 20 % bis 30 % aller Gewinne eines multinationalen Unternehmens kommen, die die Gewinnschwelle von 10 % des Umsatzes überschreiten.

 „Pillar Two“

Die Maßnahmen der zweiten Säule (Pillar Two) zielen auf die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung ab. Dabei sollen große, multinationale Konzerne einer konzernweiten Mindestbesteuerung von 15 % unterliegen, und zwar unabhängig davon, in welchen Ländern sie ihre Geschäftstätigkeit ausüben. Vom Konzept der Mindestbesteuerung sollen alle Gesellschaften und Betriebsstätten umfasst werden, die nach anerkannten Rechnungslegungsvorschriften in den Konsolidierungskreis eines großen Konzerns einzubeziehen sind. Vom Anwendungsbereich der globalen Mindestbesteuerung ausgenommen sind unter anderem Investment- und Pensionsvermögen sowie internationale Organisationen und Non-Profit-Organisationen.

Zur Umsetzung der Mindestbesteuerung liegen aktuell die folgenden Konzepte vor:

Die „GloBE Rules“: Die GloBE-Regelungen zielen darauf ab, die Besteuerung von niedrigbesteuerten Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten innerhalb von großen, multinationalen Konzernen zumindest auf ein vorgegebenes Mindestniveau hochzuschleusen:

  • „Income Inclusion Rule“: Ausländische, niedrigbesteuerte Einkünfte von Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten sollen auf Konzernebene mit dem Mindeststeuersatz von 15 % besteuert werden, indem das Einkommen der niedrig besteuerten Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft zugerechnet und auf das Mindestbesteuerungsniveau angehoben wird. Das Konzept entspricht im Wesentlichen den bereits bekannten CFC- bzw. Hinzurechnungsbesteuerungsregimen (in Österreich vergleichbar mit der bestehenden Regelung des § 10a KStG)
  • Switch-over rule – SOR“: Im jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen soll sichergestellt werden, dass auf niedrig besteuerte Gewinne von ausländischen Betriebsstätten, die Anrechnungsmethode unter Anwendung des Mindeststeuersatzes anstelle der Freistellungsmethode angewendet wird. (Über das MLI wurde bereits aktuell beispielsweise im DBA Österreich/Polen für bestimmte Konstellationen eine SOR eingeführt.)
  • „Undertaxed Payment Rule – UPR“: Sie sieht im Wesentlichen ein Abzugsverbot für grenzüberschreitende Zahlungen vor, die auf Ebene des konzernzugehörigen Empfängers nicht hinreichend besteuert werden. Die UPR soll als nachrangiger Auffangmechanismus gelten. (in Österreich vergleichbar mit der bestehenden Regelung des § 12 Abs 1 Z 10 KStG)

Die „Subject to tax rule“ wird nicht unter den GloBE-rules geführt, da sich ihre Geltung nicht auf große, multinationale Konzerne beschränken soll: Die Quellenbesteuerungsrechte jenes Staates, aus dem eine steuerlich abzugsfähige Zahlung abfließt, sollen auf die Mindestbesteuerungshöhe (nach oben) angepasst werden, sofern die Zahlungen im Ansässigkeitsstaat des Zahlungsempfängers nicht oder niedrig besteuert werden. Vom sachlichen Anwendungsbereich der Subject to tax rule sollen insbesondere abzugsfähige Zins- und Lizenzzahlungen sowie Mietzahlungen und Garantieentgelte umfasst sein.

Ziele der globalen Mindestbesteuerung

Sowohl die Vertreter der rund 130 OECD-Staaten, die derzeit die Steuerreform unterstützen, als auch die Finanzminister der G20-Staaten erhoffen sich durch die Einführung einer globalen Mindeststeuer vor allem die Steuersatzunterschiede zwischen den einzelnen Staaten zu verringern, die Verschiebung von Gewinnen in nicht oder niedrig besteuernde Staaten zu verhindern und den Steuerwettbewerb zwischen den Staaten einzudämmen.

Durch die Einführung der globalen Mindeststeuer iHv 15 % sollen laut OECD Schätzungen weltweit jährlich zwischen USD 150 Mrd. und USD 200 Mrd. an zusätzlichen Steuereinnahmen generiert werden.

Fazit

Ersten Schätzungen zufolge sind von der Einführung einer globalen Mindestbesteuerung rund 100 Unternehmen weltweit betroffen, allen voran die großen US-Tech-Riesen Apple, Facebook, Google, Microsoft und Amazon.

Die eigentliche Arbeit an der exakten Umsetzung der Steuerreform steht jedoch noch aus, da bislang lediglich Eckpunkte auf globaler Ebene beschlossen wurden. Zahlreiche Fragen sind weiterhin offen, insbesondere bleibt völlig unklar, auf welche Bemessungsgrundlage die Mindeststeuer erhoben werden soll.

Zudem werden die Pläne einer globalen Mindestbesteuerung nicht von allen Staaten gutgeheißen. Insbesondere Staaten, wie Estland, Ungarn und Irland, die ihre Standortattraktiviät mittels vergleichsweise niedriger Ertragsbesteuerung ankurbeln wollen, sehen offenbar in der Einführung einer globalen Mindeststeuer einen Angriff auf deren nationale Souveränität. Es bleibt daher weiter abzuwarten, wie sich die endgültige Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung gestaltet.

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Yasmin Wagner

Steuerberaterin | Partnerin Leiterin des TPA KompetenzCenters „Internationales Steuerrecht“, Lektorin für internationales Steuerrecht an der FH Wien.

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