Die Europäische Union hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. „Klimaneutral“ bedeutet, dass nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden, als durch natürliche oder technische Prozesse gebunden werden. Im Wesentlichen bedeutet das, dass in der EU im Jahr 2050 keine fossilen Energieträger mehr verwendet werden dürfen.
Denn Treibhausgase führen zu immer höheren weltweiten Temperaturen und sind verantwortlich für die steigende Zahl an Unwettern, Dürren und Waldbränden. Um die Klimakatastrophe abzuwenden, muss ihre Emission radikal eingeschränkt werden. Daher ist schon seit geraumer Zeit die Verringerung der Emissionen von Treibhausgasen einwichtiges politisches Ziel der Union. Dabei beschreitet sie zwei Wege: Diejenigen Treibhausgase, die aus großen Industrieanlagen stammen, werden durch ein einheitliches europäisches System beschränkt – durch den Emissionshandel. Er wird nach seiner englischen Bezeichnung „emission trading system“ oft als „ETS“ abgekürzt. Diejenigen Treibhausgase hingegen, die nicht aus diesen großen Industrieanlagen stammen und daher vom Emissionshandel nicht erfasst sind, müssen von den 27 Mitgliedstaaten durch nationale Maßnahmen verringert werden.
Treibhausgase: Von welchen Gasen sprechen wir?
Treibhausgase sind Gase, die in der Atmosphäre vorkommen und die Abstrahlung von Wärme in das Weltall behindern. Mit steigender Konzentrationen an Treibhausgasen in der Atmosphäre wird die Erdatmosphäre wärmer. Das wichtigste Treibhausgas ist Kohlendioxid, chemisch CO2, weshalb die Menge an Treibhausgasen in Tonnen CO2-Äquivalent gemessen wird.
Für jede Tonne CO2, die ein Unternehmen ausstößt, muss dieses ein Zertifikat haben, also gewissermaßen einen Berechtigungsschein. Der EU-weite Emissionshandel wirkt dadurch, dass jedes Jahr nur eine begrenzte Zahl solcher Zertifikate vergeben wird.
Dadurch kann nur die entsprechende Gesamtmenge an Treibhausgasen pro Jahr ausgestoßen werden. Diese jährliche Gesamtmenge an Zertifikaten – auf Englisch auch als Cap bezeichnet – sinkt von Jahr zu Jahr.
Besitzt ein Unternehmen mehr Zertifikate, als es emittiert hat, so kann es die überschüssigen verkaufen, und zwar an Unternehmen, die zu wenig Zertifikate haben. Dieser Handel zwischen den Unternehmen ist neben der Obergrenze das zweite wesentliche Element des Emissionshandels. Auf Englisch wird ein solches System als „Cap and Trade“-System bezeichnet.
Der Tag der Abrechnung kommt für die ETS-Unternehmen jedes Jahr am 30. April. Spätestens an diesem Tag müssen sie der zuständigen Behörde – in Österreich dem Klimaministerium – so viele Zertifikate abgeben, wie sie im vorherigen Kalenderjahr emittiert haben. Diese Menge müssen sie nach genau vorgegebenen Regeln ermitteln und von einer unabhängigen Stelle überprüfen lassen. Die abgegebenen Zertifikate werden aus dem System gelöscht.
Wie kommen die Unternehmen zu den Zertifikaten?
Im Wesentlichen funktioniert die Ausgabe der Zertifikate über Auktionen, die an der Energiebörse EEX in Leipzig zumindest wöchentlich abgehalten werden. Dabei wird – über das Jahr verteilt – die Menge an Zertifikaten für das jeweilige Jahr versteigert. Die Details der Versteigerung sind in einer eigenen EU-Verordnung geregelt.
Allerdings gibt es eine wichtige Ausnahme vom Prinzip der Versteigerung: Bestimmte Unternehmen erhalten einen Teil der Zertifikate gratis. Grund dafür ist folgende Befürchtung: Wenn Unternehmen in der EU für CO2-Emissionen höhere Kosten tragen müssen, kann das für sie ein Anreiz sein, ihren Produktionsstandort in Drittstaaten – also in Länder außerhalb der EU – zu verlagern, wo derartige Kosten nicht zu zahlen sind. Eine derartige Unternehmensverlagerung wegen der CO2-Kosten wird als Carbon Leakage bezeichnet.
Etwas mehr als die Hälfte der Zertifikate im Emissionshandel wird den Unternehmen gratis zugeteilt. Die „Ausnahme“ ist also eher der Regelfall. Die Gratiszuteilung entsprach bei den Preisen des EU ETS im Jahr 2021 einer Subvention an die europäischen Unternehmen von knapp 30 Milliarden Euro.
Im Wesentlichen gibt es Gratiszuteilungen nur für produzierende Unternehmen, nicht aber für die Kraftwerke, die aus Kohle oder Erdgas Strom erzeugen. An den gesamten Emissionen des ETS-Sektors haben die produzierenden Unternehmen – beispielsweise Stahlwerke, Zementerzeuger, Papierfabriken, Ziegelbrennereien, Produktion chemischer Grundstoffe, Raffinierien etc. – einen Anteil von etwa 40 %. Die meisten von ihnen bekommen einen großen Teil der benötigten Zertifikate gratis, weil bei ihnen angenommen wird, dass das Risiko einer Verlagerung ins Ausland besteht. Wieviel sie gratis bekommen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Unter anderem bekommen Unternehmen mehr Zertifikate gratis, wenn sie bereits besonders energieeffizient produzieren.
Entwicklung des Preises der Zertifikate
Mehrere Jahre, bis 2017, war der Preis der Zertifikate sehr niedrig, bei etwa 5 Euro pro Tonne. Damit war für die Unternehmen der Anreiz gering, ihre Emissionen zu verringern. In dieser Situation lohnen sich Investitionen in Maßnahmen zur Emissionsverringerung kaum, da sie nur zu sehr geringen Kosteneinsparungen führen.
Das lag unter anderem daran, dass auch nach mehreren Jahren noch große Überschüsse an Zertifikaten im System waren, die aus den großzügigen Zuteilungen zu Beginn stammten. Um den Preis anzuheben, einigten sich die Mitgliedstaaten auf Vorschlag der Europäischen Kommission darauf, die Zertifikate zu verknappen und damit den Preis nach oben zu treiben. Dazu wurden ab 2017 Zertifikate in eine Reserve verschoben und standen somit den Marktteilnehmern nicht mehr zur Verfügung.
Diese Reserve wird als Marktstabilitätsreserve bezeichnet.Die Marktstabilitätsreserve wirkte: Der Preis der Zertifikate begann 2018 zu steigen. 2019 lag er durchschnittlich bei 25 Euro. Die Covid-Pandemie hatte zwar einen kurzfristig dämpfenden Effekt auf die Emissionen, aber dennoch blieb der Preis der Zertifikate 2020 relativ stabil.
Mit der wirtschaftlichen Erholung kam es zu einem weiteren deutlichen Preisanstieg auf fast 100 Euro. Dieser wurde durch die Energiekrise und den Angriff Russlands auf die Ukraine gestoppt. Seither ist der Preis wieder gefallen und liegt nun bei etwa 70 Euro pro Tonne.
Wie ihr Name sagt, hat die Marktstabilitätsreserve den Zweck, den Preis der Zertifikate zu stabilisieren. Die immer weitere Verknappung der Zertifikate führt zu einem Ansteigen des Preises. Pauschal gesagt, ergibt sich so eine gewisse Voraussehbarkeit – die sogenannte Planungssicherheit. Für Unternehmen spielt diese eine wichtige Rolle. Denn bei absehbar hohen Preisen für die Emissionen investieren viele Unternehmen in Emissionsminderungen, etwa indem sie auf biogene Energieträger umstellen, die Energieeffizienz verbessern oder Wärme rückgewinnen und wiederverwenden. Auf diese Weise lassen sich Emissionsminderungen mit der Schaffung von Arbeitsplätzen verbinden.
Der EU Emissionshandel ist heute das größte Cap-and-Trade-System der Welt. Er zeigt, dass eine langfristig stabile industrielle Entwicklung mit Innovation, Schaffung von Arbeitsplätzen und Reduktion der Emission von Treibhausgasen in Einklang gebracht werden kann. Wenn er gezielt weiterentwickelt wird, kann er ein Erfolgsmodell darstellen, welches auch für andere Wirtschaftsräume zum Vorbild für die Transformation der Industrie werden kann.
Die Europäische Union hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. „Klimaneutral“ bedeutet, dass nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden, als durch natürliche oder technische Prozesse gebunden werden. Im Wesentlichen bedeutet das, dass in der EU im Jahr 2050 keine fossilen Energieträger mehr verwendet werden dürfen.
Denn Treibhausgase führen zu immer höheren weltweiten Temperaturen und sind verantwortlich für die steigende Zahl an Unwettern, Dürren und Waldbränden. Um die Klimakatastrophe abzuwenden, muss ihre Emission radikal eingeschränkt werden. Daher ist schon seit geraumer Zeit die Verringerung der Emissionen von Treibhausgasen einwichtiges politisches Ziel der Union. Dabei beschreitet sie zwei Wege: Diejenigen Treibhausgase, die aus großen Industrieanlagen stammen, werden durch ein einheitliches europäisches System beschränkt – durch den Emissionshandel. Er wird nach seiner englischen Bezeichnung „emission trading system“ oft als „ETS“ abgekürzt. Diejenigen Treibhausgase hingegen, die nicht aus diesen großen Industrieanlagen stammen und daher vom Emissionshandel nicht erfasst sind, müssen von den 27 Mitgliedstaaten durch nationale Maßnahmen verringert werden.
Treibhausgase: Von welchen Gasen sprechen wir?
Treibhausgase sind Gase, die in der Atmosphäre vorkommen und die Abstrahlung von Wärme in das Weltall behindern. Mit steigender Konzentrationen an Treibhausgasen in der Atmosphäre wird die Erdatmosphäre wärmer. Das wichtigste Treibhausgas ist Kohlendioxid, chemisch CO2, weshalb die Menge an Treibhausgasen in Tonnen CO2-Äquivalent gemessen wird.
Für jede Tonne CO2, die ein Unternehmen ausstößt, muss dieses ein Zertifikat haben, also gewissermaßen einen Berechtigungsschein. Der EU-weite Emissionshandel wirkt dadurch, dass jedes Jahr nur eine begrenzte Zahl solcher Zertifikate vergeben wird.
Dadurch kann nur die entsprechende Gesamtmenge an Treibhausgasen pro Jahr ausgestoßen werden. Diese jährliche Gesamtmenge an Zertifikaten – auf Englisch auch als Cap bezeichnet – sinkt von Jahr zu Jahr.
Besitzt ein Unternehmen mehr Zertifikate, als es emittiert hat, so kann es die überschüssigen verkaufen, und zwar an Unternehmen, die zu wenig Zertifikate haben. Dieser Handel zwischen den Unternehmen ist neben der Obergrenze das zweite wesentliche Element des Emissionshandels. Auf Englisch wird ein solches System als „Cap and Trade“-System bezeichnet.
Der Tag der Abrechnung kommt für die ETS-Unternehmen jedes Jahr am 30. April. Spätestens an diesem Tag müssen sie der zuständigen Behörde – in Österreich dem Klimaministerium – so viele Zertifikate abgeben, wie sie im vorherigen Kalenderjahr emittiert haben. Diese Menge müssen sie nach genau vorgegebenen Regeln ermitteln und von einer unabhängigen Stelle überprüfen lassen. Die abgegebenen Zertifikate werden aus dem System gelöscht.
Wie kommen die Unternehmen zu den Zertifikaten?
Im Wesentlichen funktioniert die Ausgabe der Zertifikate über Auktionen, die an der Energiebörse EEX in Leipzig zumindest wöchentlich abgehalten werden. Dabei wird – über das Jahr verteilt – die Menge an Zertifikaten für das jeweilige Jahr versteigert. Die Details der Versteigerung sind in einer eigenen EU-Verordnung geregelt.
Allerdings gibt es eine wichtige Ausnahme vom Prinzip der Versteigerung: Bestimmte Unternehmen erhalten einen Teil der Zertifikate gratis. Grund dafür ist folgende Befürchtung: Wenn Unternehmen in der EU für CO2-Emissionen höhere Kosten tragen müssen, kann das für sie ein Anreiz sein, ihren Produktionsstandort in Drittstaaten – also in Länder außerhalb der EU – zu verlagern, wo derartige Kosten nicht zu zahlen sind. Eine derartige Unternehmensverlagerung wegen der CO2-Kosten wird als Carbon Leakage bezeichnet.
Etwas mehr als die Hälfte der Zertifikate im Emissionshandel wird den Unternehmen gratis zugeteilt. Die „Ausnahme“ ist also eher der Regelfall. Die Gratiszuteilung entsprach bei den Preisen des EU ETS im Jahr 2021 einer Subvention an die europäischen Unternehmen von knapp 30 Milliarden Euro.
Im Wesentlichen gibt es Gratiszuteilungen nur für produzierende Unternehmen, nicht aber für die Kraftwerke, die aus Kohle oder Erdgas Strom erzeugen. An den gesamten Emissionen des ETS-Sektors haben die produzierenden Unternehmen – beispielsweise Stahlwerke, Zementerzeuger, Papierfabriken, Ziegelbrennereien, Produktion chemischer Grundstoffe, Raffinierien etc. – einen Anteil von etwa 40 %. Die meisten von ihnen bekommen einen großen Teil der benötigten Zertifikate gratis, weil bei ihnen angenommen wird, dass das Risiko einer Verlagerung ins Ausland besteht. Wieviel sie gratis bekommen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Unter anderem bekommen Unternehmen mehr Zertifikate gratis, wenn sie bereits besonders energieeffizient produzieren.
Entwicklung des Preises der Zertifikate
Mehrere Jahre, bis 2017, war der Preis der Zertifikate sehr niedrig, bei etwa 5 Euro pro Tonne. Damit war für die Unternehmen der Anreiz gering, ihre Emissionen zu verringern. In dieser Situation lohnen sich Investitionen in Maßnahmen zur Emissionsverringerung kaum, da sie nur zu sehr geringen Kosteneinsparungen führen.
Das lag unter anderem daran, dass auch nach mehreren Jahren noch große Überschüsse an Zertifikaten im System waren, die aus den großzügigen Zuteilungen zu Beginn stammten. Um den Preis anzuheben, einigten sich die Mitgliedstaaten auf Vorschlag der Europäischen Kommission darauf, die Zertifikate zu verknappen und damit den Preis nach oben zu treiben. Dazu wurden ab 2017 Zertifikate in eine Reserve verschoben und standen somit den Marktteilnehmern nicht mehr zur Verfügung.
Diese Reserve wird als Marktstabilitätsreserve bezeichnet.Die Marktstabilitätsreserve wirkte: Der Preis der Zertifikate begann 2018 zu steigen. 2019 lag er durchschnittlich bei 25 Euro. Die Covid-Pandemie hatte zwar einen kurzfristig dämpfenden Effekt auf die Emissionen, aber dennoch blieb der Preis der Zertifikate 2020 relativ stabil.
Mit der wirtschaftlichen Erholung kam es zu einem weiteren deutlichen Preisanstieg auf fast 100 Euro. Dieser wurde durch die Energiekrise und den Angriff Russlands auf die Ukraine gestoppt. Seither ist der Preis wieder gefallen und liegt nun bei etwa 70 Euro pro Tonne.
Wie ihr Name sagt, hat die Marktstabilitätsreserve den Zweck, den Preis der Zertifikate zu stabilisieren. Die immer weitere Verknappung der Zertifikate führt zu einem Ansteigen des Preises. Pauschal gesagt, ergibt sich so eine gewisse Voraussehbarkeit – die sogenannte Planungssicherheit. Für Unternehmen spielt diese eine wichtige Rolle. Denn bei absehbar hohen Preisen für die Emissionen investieren viele Unternehmen in Emissionsminderungen, etwa indem sie auf biogene Energieträger umstellen, die Energieeffizienz verbessern oder Wärme rückgewinnen und wiederverwenden. Auf diese Weise lassen sich Emissionsminderungen mit der Schaffung von Arbeitsplätzen verbinden.
Der EU Emissionshandel ist heute das größte Cap-and-Trade-System der Welt. Er zeigt, dass eine langfristig stabile industrielle Entwicklung mit Innovation, Schaffung von Arbeitsplätzen und Reduktion der Emission von Treibhausgasen in Einklang gebracht werden kann. Wenn er gezielt weiterentwickelt wird, kann er ein Erfolgsmodell darstellen, welches auch für andere Wirtschaftsräume zum Vorbild für die Transformation der Industrie werden kann.