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LOHNABGABEN | Ist Verzicht auf Regress beim Dienstnehmer ein lohnwerter Vorteil?

(Bild: © iStock/Yutthana Gaetgeaw)

Kesen Ayse  |  Winkler Harald

Als Folge von GPLB (Prüfung von Lohnabgaben) werden bei nicht ordnungsgemäßer Versteuerung von lohnwerten Vorteilen oder generell von Bezügen, die Dienstnehmern zugewendet werden, Nachforderungen für Lohnsteuer, Sozialversicherung und Lohnnebenabgaben erhoben.

Hinsichtlich der Lohnsteuernachforderungen und der Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung stellt sich immer wieder die Frage, ob der Arbeitgeber sich an seinen Dienstnehmern regressieren kann, da diese bei ordnungsgemäßer Abrechnung auch von dem an den Dienstnehmer ausbezahlten Bezug in Abzug gebracht worden wären.

Verzichtet der Arbeitgeber auf einen solchen Regress beim Dienstnehmer, wird bei Folgeprüfungen (hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge) häufig die Frage aufgeworfen, ob dieser Verzicht auf den Regress ein erneuter lohnwerter Vorteil ist, für den der Arbeitgeber Lohnnebenabgaben zu entrichten hat.

Eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzgerichts bringt hinsichtlich der vom Dienstgeber getragenen Dienstnehmerbeiträge Rechtssicherheit. Ein solcher Verzicht führt NICHT zu erneuten Lohnnebenkosten.

1. Lohnsteuernachforderungen

Bei der Lohnsteuer ist der Dienstnehmer Steuerschuldner. Es liegt lediglich eine gesetzliche Anordnung vor, dass der Dienstgeber die Lohnsteuer durch Abzug vom Arbeitslohn einbehalten und für den Dienstnehmer an das Finanzamt entrichten muss.

Der Dienstgeber haftet dem Bund gemäß § 82 EStG für die ordnungsgemäße Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer.

Da es sich bei der Lohnsteuer somit um eine Schuld des Dienstnehmers handelt, ist der Dienstgeber bei Nachforderungen in der Regel auch berechtigt, sich bei seinem Dienstnehmer zu regressieren (Ausnahmefälle mit Einwendung des gutgläubigen Verbrauchs). 

Verzichtet der Arbeitgeber freiwillig auf einen solchen Regress, so greift die Bestimmung des § 86 Abs. 3 EStG, in welcher geregelt ist, dass Lohnsteuernachforderungen auf Grund der Haftung des Arbeitgebers, für die der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht in Anspruch nimmt, NICHT als Vorteil aus dem Dienstverhältnis anzusehen sind.

2. Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen

Gemäß § 60 Abs. 1 ASVG ist der Arbeitgeber berechtigt, den Anteil der Sozialversicherungsbeiträge, der auf den Arbeitnehmer entfällt, direkt vom Gehalt abzuziehen. Dieses Recht muss bei sonstigem Verlust spätestens bei der auf die Fälligkeit des Beitrages nächstfolgenden Entgeltzahlung ausgeübt werden, es sei denn, dass die nachträgliche Entrichtung der vollen Beiträge oder eines Teiles dieser vom Dienstgeber nicht verschuldet ist.

Dies bedeutet, dass die Regressmöglichkeiten des Dienstgebers gegenüber dem Dienstnehmer hinsichtlich der Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung stark eingeschränkt sind und der Dienstgeber Beitragsschuldner für die gesamten Sozialversicherungsbeiträge ist.

Ein freiwilliger Verzicht auf den Regress von Dienstnehmeranteilen liegt somit nicht vor, da ein solcher Regress in der Regel rechtlich nicht durchsetzbar ist. Der Verzicht auf den Regress bedeutet daher folgerichtig, dass der Verzicht auf den Regress nicht als weitere Zuwendung eines Vorteils gewertet werden kann.​​​​​​​

​​​​​​​3. Lohnnebenabgaben von nicht regressierten Dienstnehmeranteilen zur Sozialversicherung

In dem vom Bundesfinanzgericht entschiedenen Anlassfall (BFG vom 20.10.2023, RV/3100505/2019)  der Jahre 2008 bis 2010 wurde festgestellt, dass der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft in einem Dienstverhältnis gestanden hat und dem Dienstgeber wurden Sozialversicherungsbeiträge (Dienstgeber- und Dienstnehmeranteile) vorgeschrieben. Diese Beiträge wurden im Jahr 2012 vom Dienstgeber nachentrichtet und es erfolgte selbstverständlich kein Regress beim Dienstnehmer hinsichtlich der Dienstnehmeranteile.

Die nachfolgende Abgabenprüfung hat die durch den Dienstgeber übernommenen Dienstnehmerbeiträge im Jahr 2012 als weiteren Vorteil eingestuft und wiederum Lohnnebenabgaben vorgeschrieben.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) entschied[2], dass nachgezahlte Dienstnehmerbeiträge, die vom Arbeitgeber übernommen werden, keinen lohnwerten Vorteil darstellen. Dies basiert auf der Auffassung, dass die gesamten Sozialversicherungsbeiträge eine Verpflichtung des Arbeitgebers sind und nicht als vorweggenommene Leistung für den Arbeitnehmer betrachtet werden dürfen.

FAZIT

Bei Dienstnehmeranteilen zur Sozialversicherung, die im Zuge von Abgabenprüfungen nachverrechnet werden, besteht in der Regel kein rechtlich durchsetzbarer Regressanspruch des Dienstgebers gegenüber dem Dienstnehmer. Dies bedeutet aber auch, dass die Nichteinforderung der Dienstnehmeranteile beim Dienstnehmer auch NICHT  als Zuwendung eines Vorteils gewertet werden kann und es dürfen für die vom Dienstgeber getragenen Dienstnehmeranteile keine Lohnnebenabgaben festgesetzt werden.

Die in der bisherigen Praxis häufig anzutreffende Vorgangsweise der Behörden, bei Nachfolgeprüfungen beinahe automatisiert von den nicht eingeforderten Dienstnehmeranteilen der letzten Prüfung Lohnnebenabgaben vorzuschreiben, sollte durch diese klare Rechtsprechung beendet sein.

Für weiteren Fragen zu diesem Thema stehen Ihnen die Verfasser bzw. auch die übrigen Ansprechpartner der Service Line „Corporate Tax“ gerne zur Verfügung. 

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