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GRACE-PERIOD-GESETZ | Rechtssicherheit bei Betriebsübergaben!

(Bild: © iStock/VectorInspiration)

Beniaminov Efim  |  Heidrich Gerhard

Sowohl das Zivilrecht als auch das Öffentlichen Recht sehen für den Unternehmenskauf Haftungsbestimmungen vor (Erwerberhaftung). Mit dem Grace-Period-Gesetz (BGBl I 2024/56) wurde nun im Bereich des Abgabenrechts die Möglichkeit der „Begleitung einer Unternehmensübertragung“ geschaffen, um übernahmewilligen Nachfolgern im Familienverband eine größtmögliche Rechts- und Planungssicherheit zu garantieren. Zudem wurden mit dem Grace-Period-Gesetz Erleichterungen im Bereich der Gewerbeordnung und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes geschaffen.

Hintergrund der Neuregelung

Im Zusammenhang mit Unternehmenserwerben (insbesondere Asset Deals) sehen sowohl das Zivilrecht als auch das Öffentliche Recht eigene Haftungsbestimmungen vor, die für Erwerber von Unternehmen erhebliche Risiken mit sich bringen können. Im Bereich des Abgabenrechts ist hier insbesondere auf die Erwerberhaftung nach § 14 BAO hinzuweisen. Anhand dieser Bestimmung haftet der Erwerber eines Unternehmens für betriebsbezogene Abgabenschulden und Abzugsbeträge, die im letzten Jahr vor der Übertragung entstanden sind. Der Erwerber haftet nicht für Abgabenschulden, die er weder kannte noch kennen musste oder für jenen Teil der Schulden, die den Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte übersteigen. In der Praxis lässt sich die Haftungsbestimmung des § 14 BAO durch eine sorgfältig durchgeführte Tax Due Diligence ausschließen.

Durch die mit dem “Grace-Period-Gesetz” geschaffene Begleitung von Unternehmensübertragungen durch die Steuerbehörden können Risiken aus der Erwerberhaftung nach § 14 BAO weitgehend reduziert bzw. faktisch ausgeschlossen werden. Allerdings steht dieses neue Instrumentarium der Bundesabgabenordnung nur für Unternehmensübertragungen im Familienverband zur Verfügung.

Begleitung einer Unternehmensübertragung

Antragsstellung

Die Neuregelungen der §§ 153h ff BAO ermöglichen es Antragstellern bei der Übertragung eines Unternehmens durch die Abgabenbehörde begleitet zu werden. Während des Übergabeprozesses können noch nicht geprüfte Zeiträume des übergebenden Betriebes einer Außenprüfung unterzogen werden und es besteht die Möglichkeit, Auskünfte über verwirklichte und noch nicht verwirklichte Sachverhalte einzuholen. Dies soll für die übernahmewilligen Unternehmer eine größtmögliche Rechts- und Planungssicherheit garantieren.

Antragsberichtigt sind nur natürliche Personen, die erklären, dass sie innerhalb der nächsten 2 Jahre einen Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil iSd § 24 EStG an Personen aus dem Kreis ihrer Angehörigen übertragen wollen. Bei einer geplanten Übertragung an Dritte liegt somit keine Antragsberechtigung vor. Zudem ist vorgesehen, dass sowohl beim Antragssteller als auch beim voraussichtlichen Erwerber die Zuständigkeit für die Erhebung der Umsatzsteuer bzw. der Einkommensteuer beim Finanzamt Österreich liegen muss. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn das Unternehmen Umsatzerlöse größer 10 MEUR erzielt.

Die Antragstellung hat unter Verwendung eines amtlichen elektronischen Formulars über FinanzOnline zu erfolgen. Zusätzlich sind vom Antragsteller und allen voraussichtlichen Erwerbern Erklärungen abzugeben, dass sie an der Begleitung der Unternehmensübertragung mitwirken und soweit erforderlich, Informationen, die der abgabenrechtlichen Geheimhaltung unterliegen, gegenüber der Abgabenbehörde offenlegen.

Ablauf der Begleitung einer Unternehmensübertragung

Sofern die Antragsvoraussetzungen erfüllt sind, hat das Finanzamt Österreich eine Außenprüfung durchzuführen. Diese Außenprüfung umfasst die letzten fünf Jahre vor Antragstellung, soweit für diesen Zeitraum bereits eine Abgabenerklärung abgegeben und noch keine Außenprüfung vorgenommen wurde. Die Außenprüfung umfasst grds alle anfallenden Abgaben, ausgenommen jene Abgaben, die von der Lohnsteuerprüfung nach § 86 EStG umfasst sind (insb LSt, DB und DZ).

Während der laufenden Begleitung der Unternehmensübertragung treffen dem Antragsteller und den voraussichtlichen Erwerbern erhöhte Offenlegungspflichten gegenüber dem Finanzamt. Alle Umstände, die für die abgabenrechtliche Würdigung der Übertragung relevant sind und hinsichtlich derer ein ernsthaftes Risiko einer abweichenden Beurteilung durch die Abgabenbehörde bestehen könnte, sind offen zu legen. Zur Klärung abgabenrechtlicher Fragen können mehrfach Besprechungen zwischen der Abgabenbehörde, dem Antragsteller und den voraussichtlichen Erwerbern stattfinden.

Während der Begleitung des Unternehmensübergangs haben die voraussichtlichen Erwerber gegenüber dem Finanzamt Österreich ein Auskunftsrecht über Sachverhalte, die in einem inhaltlichen Zusammenhang mit der Unternehmensübertragung stehen und bei denen nicht die Beantragung eines Auskunftsbescheids gem § 118 BAO zulässig ist. Dabei kann es sich sowohl um verwirklichte und als auch um noch nicht verwirklichte Sachverhalte handeln. Dieses Auskunftsrecht gewährleistet voraussichtlichen Erwerbern auch eine Rechts- und Planungssicherheit hinsichtlich etwaiger zukünftiger Steuerrisiken aus der Unternehmensübertragung.

Die Beendigung der Begleitung einer Unternehmensübertragung erfolgt im Wirtschaftsjahr des Abschlusses der Unternehmensübertragung spätestens mit Einlangen der letzten Abgabenerklärung. Eine frühere Beendigung der Begleitung ist auf Antrag der voraussichtlichen Erwerber nach Abschluss der Außenprüfung möglich. Ebenso kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Beendigung von Amts wegen erfolgen.

Inkrafttreten

Die neuen Bestimmungen über die Begleitung der Unternehmensübertragung durch die Abgabenbehörde treten mit 01.12.2024 in Kraft. Eine erstmalige Antragstellung ist frühestens mit 01.01.2025 möglich. Eine Evaluierung hinsichtlich der Auswirkungen in der Finanzverwaltung und deren Kapazitäten ist bis spätestens 31.12.2028 vorgesehen.

FAZIT

Die durch das Grace-Period-Gesetz eingeführte Begleitung einer Unternehmensübertragung durch die Abgabenbehörde soll für die Übertragung von KMU´s im Familienverband eine wesentliche Erleichterung bieten. Insbesondere soll damit für die voraussichtlichen Erwerber eine erhöhte Planungs- und Rechtssicherheit geschaffen werden und Haftungsrisiken reduziert bzw. zur Gänze vermieden werden.

Zudem können abgabenrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Übertragung des Betriebes, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils direkt mit der Abgabenbehörde geklärt werden. Damit verbunden ist auch ein Auskunftsrecht über verwirklichte und noch nicht verwirklichte Sachverhalte außerhalb der Tatbestände des § 118 BAO.

Für weitere Fragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasser dieses Beitrags sowie auch die übrigen ExpertInnen der Service Line “MERGERS & ACQUISITIONS”​​​​​​​ gerne zur Verfügung!


Autoren

Beniaminov Efim

Heidrich Gerhard

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