Prof. Dr. Stefan Bendlinger ist Universitätslektor und stellvertretender Leiter der Arbeitsgruppe „Internationales Steuerrecht“ des Fachsenats für Steuerrecht der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. 2015 wurde er in der Kategorie Internationales Steuerrecht zum Steuerberater des Jahres gewählt. Bendlinger ist in facheinschlägigen Gremien in Österreich und im Ausland vertreten, so zB im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) in Frankfurt oder im Business and Industry Advisory Committee der OECD (BIAC) in Paris. Er beschäftigt sich mit internationalem Steuerrecht im Allgemeinen und der Besteuerung von Betriebsstätten, Auslandsentsendungen sowie der Steuerplanung und -gestaltung im Besonderen. Wir baten den vielfachen Fachautor und Vortragenden zum Interview.
BFGjournal: Als Experte im (internationalen) Konzernsteuerrecht richtet sich meine erste Frage an Sie auf die Digitalisierung im Konzernsteuerrecht,1 und zwar auf die Besteuerungsmöglichkeit digitaler Betriebsstätten. Wie könnte eine solche aussehen, und wie stehen die Chancen, dass sie sich doch noch durchsetzen wird?
Stefan Bendlinger: Die OECD hat sich bereits vor mehr als 20 Jahren anlässlich der Ministerkonferenz in Ottawa mit Fragen rund um die Besteuerung der digitalen Wirtschaft auseinandergesetzt. Damals kam man noch zum Schluss, dass digitale Geschäfte nicht anders besteuert werden sollten als traditionelle Geschäftsmodelle. Seither hat sich vieles verändert. Die vor einigen Jahren öffentlich bekannt gewordenen (legalen, aber fiskalpolitisch unerwünschten) GAFA-Steuervermeidungsstrategien 2 global tätiger – vorwiegend US-amerikanischer – IT-Konzerne haben Steuerzahler in Aufruhr versetzt und den Ruf nach mehr Steuergerechtigkeit laut werden lassen. Im Auftrag der G20 musste die OECD im Rahmen des BEPS-Projekts Maßnahmen entwickeln, um die Digital Economy effektiv besteuern zu können. Aufgrund der Schwerfälligkeit dieses Prozesses auf OECD-Ebene, die konkrete Empfehlungen erst 2020 abgeben will bzw kann, hat die EU in atemberaubender Geschwindigkeit im März 2018 zwei Richtlinienvorschläge 3 und eine Empfehlung 4 mit einem Vorschlag zur Ergänzung des DBA-rechtlichen Betriebsstättentatbestandes um eine „signifikante digitale Präsenz“ vorgelegt, die eine Besteuerung der digitalen Wirtschaft innerhalb der EU sicherstellen sollten. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass das Konzept einer digitalen Betriebsstätte nicht umsetzbar war. Auch der als Zwischenlösung angedachte Richtlinienvorschlag einer Digitalsteuer 5 ist trotz intensiver Bemühungen während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft und der Reduzierung des Anwendungsbereichs auf „zielgerichtete Werbung“ im März 2019 am Widerstand wichtiger EU-Mitgliedstaaten gescheitert.
Zielsetzung der Staatengemeinschaft ist es, die Gewinne digitalisierter Unternehmen zu besteuern. Maßnahmen der EU sind dazu nicht ausreichend, zumal die steuerliche Begierden der Hochsteuerländer auslösenden Unternehmen vor allem in Drittstaaten (USA, Indien, China) ansässig sind. Das erfordert einen Paradigmenwechsel in der internationalen Unternehmensbesteuerung, insbesondere im DBA-Recht. Insofern erwarte ich mit Spannung den für 2020 angekündigten Abschlussbericht der OECD und die in Aussicht gestellte konkrete Handlungsempfehlung. 6
BFGjournal: Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Effizienz des in Österreich geplanten Digitalsteuergesetzes 2020 (DiStG)?
Stefan Bendlinger: Der rechtspolitische Wille, auf Unternehmensgewinne ausländischer Unternehmen ohne physische Inlandspräsenz zuzugreifen, stößt auf rechtsdogmatische Grenzen, zu deren Überwindung bislang kein internationaler Konsens gefunden werden konnte. Nationale Alleingänge, wie sie nun auch Österreich durch das DiStG setzen wird, sind die unausweichliche Folge. Die ab 2020 auf Online-Werbeleistungen von Großkonzernen mit signifikantem digitalem Fußabdruck in Österreich (weltweiter Umsatz von zumindest 750 Mio Euro und Online-Werbeumsatz in Österreich von 10 Mio Euro) erhobene 5%ige Digitalsteuer ist aber nichts anderes als eine Ergänzung der bisherigen Werbeabgabe, die wiederum nicht den Werbeanbieter, sondern das werbende österreichische Unternehmen belasten wird. Insofern wurde das Ziel verfehlt. Die im DiStG vorgesehene Evaluierungsverpflichtung lässt jedoch darauf schließen, dass das BMF im Endausbau an einer international akkordierten Lösung interessiert ist.
BFGjournal: Wie gehen andere Staaten mit diesem Thema um?
Stefan Bendlinger: Alle nationalen Lösungen sind vom Bestreben gekennzeichnet, GAFAs zu besteuern, gleichzeitig aber nicht mit internationalen Steuerverträgen in Konflikt zu kommen. Vorreiter war Großbritannien mit seiner Diverted Profits Tax, auch als Google-Tax bezeichnet, die aus britischer Sicht nicht als DBA-rechtlich geregelte Steuer gilt. 7 Indien hat eine Equalisation Levy eingeführt, 8 auch Australien, Frankreich, Israel, Italien und Ungarn haben aus deren Sicht DBA-rechtlich unbedenkliche indirekte Steuern auf bestimmte Formen digitaler Leistungen eingeführt. Einen progressiven Besteuerungsversuch hat jüngst die bayrische Betriebsprüfung gestartet, indem Vergütungen für Online-Werbung als quellensteuerpflichtige Lizenzgebühren qualifiziert werden sollten. Das deutsche BMF hat jedoch Anfang April klargestellt, dass Vergütungen ausländischer Plattformbetreiber und Internetdienstleister für die Platzierung oder Vermittlung elektronischer Werbung nicht als abzugsteuerpflichtige Einkünfte aus der Überlassung eines Rechts qualifiziert werden können. 9 Das zeigt, dass internationale Vorgaben dringend vonnöten sind, weil nationale Alleingänge exponentiell zunehmen.
BFGjournal: In Ihrem 2013 erschienen Buch „Steueroasen und Offshore-Strukturen“ zeigen Sie Möglichkeiten internationaler Steuerplanung, aber auch die im österreichischen und internationalen Steuerrecht gesetzten Grenzen auf. Was hat sich seither, etwa nach Wegfall der Anonymität und Diskretion sowie der Erweiterung der internationalen Zusammenarbeit, verändert?
Stefan Bendlinger: Seit dem Erscheinen der ersten Auflage des Steueroasen-Buchs bei Linde hat sich in Sachen Transparenz und Informationsaustausch vieles getan. So hat Österreich inzwischen mit 130 Staaten die Möglichkeit umfassender Amtshilfe, 10 das Gemeinsame Meldestandard-Gesetz (GMSG) lässt innerhalb der EU den automatischen Informationsaustausch von Kontodaten zu, 11 das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz (KontRegG) zeigt der Finanzverwaltung, wer welche Konten bei welcher Bank hat, und ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen die Öffnung dieser Konten, wodurch alle Kontobewegungen und der Kontostand ersichtlich sind. Durch das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) sollen die hinter Gesellschaften, Stiftungen oder Trusts stehenden wirtschaftlichen Eigentümer identifiziert werden können, um auf diese Weise Zugang zu den für die zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nötigen Informationen zu bekommen. Durch das EU-Meldepflichtgesetz, das bereits im Entwurf vorliegt, wird die Richtlinie (EU) 2018/822 12 – kurz DAC 6 – in österreichisches Recht transformiert. Dadurch werden sogenannte Intermediäre, das sind Steuerberater, Rechtsanwälte, Notare oder Banken, bzw subsidiär „relevante Steuerpflichtige“ genötigt, dem Amt für Betrugsbekämpfung die darin umschriebenen „aggressiven“ Steuerplanungsmodelle zu melden, die über eine Plattform mit anderen EU-Mitgliedstaaten auszutauschen sind. Die Welt hat auch für den Fiskus keine Grenzen mehr.
BFGjournal: Stichwort Auslandsentsendungen bzw Arbeitskräfteüberlassung: Welche Probleme sind hier insbesondere aufgrund der VwGH-Rechtsprechung bzw der dementsprechenden Rechtsansicht des BMF vorrangig zu nennen? Gibt es aus legistischer Sicht Anpassungsbedarf?
Stefan Bendlinger: Im Mai 2013 hat der VwGH 13 festgestellt, dass bei der grenzüberschreitenden Überlassung von Arbeitskräften (Personalleasing) aus DBA-rechtlicher Sicht nicht das überlassende ausländische Gestellungsunternehmen, sondern der inländische Beschäftiger als Arbeitgeber zu qualifizieren ist. Die Finanzverwaltung folgte dem Erkenntnis. 14 Im Ausland ansässige, nach Österreich überlassene Arbeitskräfte sind deshalb – ungeachtet der in Art 15 Abs 2 lit a OECD-MA vorgesehenen Schonfrist von 183 Tagen – mit jedem inländischem Tätigkeitstag in Österreich steuerpflichtig. Die Besteuerung hat entweder durch eine lohnsteuerliche Erfassung der Arbeitnehmer (wozu der ausländische Überlasser derzeit jedoch nicht verpflichtet ist) oder durch den besonderen Steuerabzug gemäß § 98 Abs 1 Z 3 TS 5 EStG iVm § 99 Abs 1 Z 5 EStG zu erfolgen. Steuersubjekt dieser 20%igen Quellensteuer ist aber das überlassende Unternehmen, wenngleich – wie in § 98 Abs 1 Z 4 letzter Satz EStG zum Ausdruck kommt – wirtschaftlich betrachtet der ausländische Arbeitnehmer besteuert werden soll. Das führt in den Ansässigkeitsstaaten der Arbeitnehmer zu Irritationen, weil die österreichische Quellensteuer nicht als eine Einkommensteuer des Arbeitnehmers anerkannt und damit die Entlastung von Doppelbesteuerung verweigert wird. Im Übrigen dürfte Österreich – wenn das überlassende Unternehmen in Österreich keine Betriebsstätte unterhält (was in der Regel der Fall ist) – nur den in der Gestellungsvergütung enthaltenen Lohnanteil besteuern. Dieser Systembruch und die dadurch bewirkte Doppelbesteuerung haben bereits dazu geführt, dass sich ausländische Arbeitskräftegesteller vom österreichischen Markt zurückgezogen haben, obwohl aufgrund des nach wie vor bestehenden Fachkräftemangels Arbeitskräfte fehlen. Der Gesetzgeber muss meines Erachtens dringend handeln. Der Fachsenat für Steuerrecht der KWT hat dem BMF bereits Möglichkeiten einer Neuregelung unterbreitet.
BFGjournal: Kürzlich erschien ein kritischer Beitrag von Ihnen zur Rückzahlung österreichischer Abzugsteuer nach dem Jahressteuergesetz 2018 (JStG 2018). 15 Warum gestaltet sich das so kompliziert, und sehen Sie hier Verbesserungspotenzial?
Stefan Bendlinger: Die dargestellte Problematik der Inbound-Arbeitskräfteüberlassung wurde durch § 240a BAO idF JStG 2018 zusätzlich verschärft. Will ein ausländischer Unternehmer zu Unrecht einbehaltene österreichische Abzugsteuern (zB auf DBA-rechtlicher Grundlage) rückfordern, bedarf es eines zweistufigen Verfahrens: im ersten Schritt einer Vorausmeldung in elektronischer Form und im zweiten Schritt eines in der Folge in Papierform (!) zu stellenden Rückerstattungsantrags. Im Übrigen ist die Vorausmeldung erst nach Ablauf des Jahres der Einbehaltung zulässig. Temporäre Doppelbesteuerung und entsprechende Liquiditätsnachteile für Steuerausländer sind die Folge, die letztlich die Geschäftsbeziehungen mit dem österreichischen Auftraggeber belasten. Es ist unverständlich, warum Anträge auf Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener Abzugsteuern nicht zeitnah gestellt werden können. Um eine Antragsflut zu vermeiden, wäre es auch möglich gewesen, unterjährige Anträge erst ab einem bestimmten Mindestbetrag zuzulassen. 16
BFGjournal: Im Buch „Praxisbeispiele zur Einkommensteuer“17 beleuchten und beantworten Sie (mit weiteren Autorinnen und Autoren) Fragen zur Einkommensteuer. Was erwarten Sie vom EStG 2020? Wird es einfacher werden? Werden sich so manche Probleme lichten?
Stefan Bendlinger: Es wäre an der Zeit, das Einkommensteuerrecht zu vereinfachen. Man hört ja schon aus dem BMF, dass etwa betriebliche Einkunftsarten zusammengefasst werden sollen. Ich würde mir eine Entrümpelung wünschen, gewisse Steuerbefreiungen, Steuerfrei- und Absetzbeträge sollten eliminiert werden, verbunden mit einer Senkung des Tarifs. So ist der Spitzensteuersatz von 55 %, der zwar erst ab Einkünften von mehr als 1 Mio Euro greift und nur wenige Spitzenverdiener trifft, in internationalen Vergleichen, die meist nur auf den Tarif abstellen, standortpolitisch ein katastrophales Signal. Leider wird im Zuge der Steuerreform 2020 dieser ursprünglich bis 2020 befristete Satz unbefristet verlängert. Auch die Tatbestände zur beschränkten Steuerpflicht sollten durchforstet werden und mit dem DBA-Recht in Einklang gebracht werden.
BFGjournal: Sie sind Mitglied des Business and Industry Advisory Committee der OECD (BIAC). Bitte skizzieren Sie uns kurz die Arbeit dieser Organisation. Welche Auswirkungen und Einflüsse ergeben sich daraus in der Praxis?
Stefan Bendlinger: Das BIAC wurde 1962 gegründet und ist die Stimme der Industrie bei der OECD. Österreichischer Vertreter beim BIAC ist die Industriellenvereinigung. Das Tax Committee der BIAC verfolgt sehr aufmerksam die Arbeiten der OECD im Steuerbereich, koordiniert die Interessen ihrer Mitglieder und gibt zu Discussion Drafts des OECD-Steuerausschusses international akkordierte Stellungnahmen ab, die von der OECD auch berücksichtigt und im Zuge von Hearings in Paris erörtert werden. So hat zum Beispiel der Erstentwurf der Leitlinien zur Betriebsstätten-Ergebnisabgrenzung aus dem Jahr 2016, 18 der im Gefolge von BEPS-Aktionspunkt 7 erarbeitet werden musste, nicht zuletzt durch den Input der Industrie völlig anders ausgesehen als dessen Endfassung aus dem Jahr 2018 19 und wurde „praxistauglicher“.
BFGjournal: Sie waren über ein Jahrzehnt in einem großen österreichischen Industriekonzern beschäftigt, zuletzt als Leiter der internationalen Steuerabteilung. Wie war der Umstieg in die Selbständigkeit? Wie betrachten Sie die berufliche Veränderung rückwirkend?
Stefan Bendlinger: Ich übe meinen Steuerberaterberuf seit 25 Jahren sehr gerne und mit Leidenschaft aus. Die elf Jahre, die ich in der Steuerabteilung eines Industriekonzerns verbracht habe, möchte ich aber nicht missen. Nicht zuletzt hat unser Unternehmen seine Wurzeln in dieser Steuerabteilung. Ich hatte während meiner Tätigkeit in der Wirtschaft die Möglichkeit, die Welt in steuerlicher Mission zu bereisen, musste die Auslandsgeschäfte meines damaligen Arbeitgebers von der Angebotslegung bis zur Endabwicklung steuerlich begleiten und für eine Optimierung der Gesamtsteuerbelastung sorgen. So konnte ich internationales Steuerrecht in freier Wildbahn unmittelbar am Objekt lernen. Und das nicht nur in „zivilisierten“ Steuerjurisdiktionen. Als Tax Manager in der Industrie konnte ich mich allerdings nicht darauf zurückziehen, aufzuzeigen, welche Möglichkeiten es bei der Gestaltung von Auslandsgeschäften gäbe, sondern musste klare Handlungsempfehlungen abliefern und dafür geradestehen. Diesen Ansatz habe ich in die ICON mitübernommen. Wir zeigen unseren Mandanten nicht nur Alternativen auf, sondern bieten Lösungen an.
BFGjournal: Ihr Sohn ist als Universitätsassistent am Institut für Finanzrecht, Steuerrecht und Steuerpolitik der JKU bzw als Fachautor20 in ihre Fußstapfen getreten. Haben Sie ihn dazu motiviert, ebenfalls in diesem Metier tätig zu werden, oder ist er von selbst auf den Geschmack gekommen?
Stefan Bendlinger: Diese Frage wird mir sehr oft gestellt. Tatsächlich ist Letzteres der Fall. Seine Affinität zur Materie hat möglicherweise damit zu tun, dass Valentin nur zwei Monate vor der Gründung der ICON im Jahr 1993 geboren wurde. Da für mich Privat- und Berufsleben immer eine Symbiose waren und noch immer sind, hat er im Laufe der Jahre natürlich auch Kanzleiluft geschnuppert, durfte geringfügig mitarbeiten und verbrachte viele seiner Lernphasen in der Kanzlei. Vielleicht hat auch das sein Interesse am Wirtschafts- und Steuerrecht geweckt.
1) Mein Ziel für heuer ist?
… so wie bisher mit dem privaten und dem beruflichen Leben höchst zufrieden zu bleiben.
2) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Die Biografie des Apple-Gründers Steve Jobs von Walter Isaacson.
3) Das größte Vergnügen für mich ist …
… mit meiner Frau in entlegene Ecken der Welt zu reisen und Spuren in unberührten kanadischen Champagne-Powder zu ziehen.
4) Welche Persönlichkeit würden Sie gerne näher kennen lernen?
Tenzin Gyatso – den 14. Dalai Lama.
5) Nach der Arbeit …
… werden die Füße hochgelagert … wird im Sommer der Garten gepflegt … schaue ich mit meiner Frau einen Krimi … gehe ich – leider zu selten – eine Runde laufen.
1Mitautor in Kirchmayr/Mayr/Hirschler/Ehrke-Rabel/Kofler (Hrsg), Digitalisierung im Konzernsteuerrecht (2018); Bendlinger, (Un-)Sinn der digitalen Betriebsstätte: Richtlinienpaket der EU zur Besteuerung der Digital Economy, SWI 2018, 268; Bendlinger in Aigner/Kofler/Tumpel (Hrsg), DBA-Kommentar 2 (2019) Art 5 Rz 237 ff.
2GAFA steht für Google, Apple, Facebook und Amazon.
3Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Vorschriften für die Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz vom 21. 3. 2018, COM(2018) 1437 final; Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum gemeinsamen System einer Digitalsteuer auf Erträge aus der Erbringung bestimmter digitaler Dienstleistungen vom 21. 3. 2018, COM(2018) 148 final.
4Europäische Kommission, Empfehlung der Kommission vom 21. 3. 2018 bezüglich der Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz, C(2018) 1650 final.
5Rat der Europäischen Union, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum gemeinsamen System einer Digitalwerbesteuer auf Erträge aus der Erbringung digitaler Werbedienstleistungen vom 1. 3. 2019, 6873/19.
6Kreienbaum, Fortschritte bei der Digitalbesteuerung – Zweisäulenstrategie in der Diskussion, IStR 2019, 121 (123).
7Oppel, Die neue diverted profit tax in Großbritannien – Unilaterale Alternative zu BEPS oder wahlkampfbedingter Schnellschuss? IStR 2015, 333 (340); Kofler/Mayr/Schlager, Digitalisierung und Betriebsstättenkonzept, RdW 2017, 369 (374).
8Sigh, Taxation of Digital Economy: An Indian Perspective, INTERTAX 2017, 467 (475 ff).
9Schreiben des dBMF vom 3. 4. 2019, IV C 5 – S 2411/11/10002.
10BGBl I 163/2015 idF BGBl I 77/2016, BGBl I 118/2016, BGBl I 62/2018; BMF-010221/0002-IV/8/2019 v. 7.1.2019, Umfassende Amtshilfe im Bereich der Steuer vom Einkommen (1. Jänner 2019).
11Richtlinie des BMF vom 12. 12. 2016, BMF-010221/0820-VI/8/2016.
12Richtlinie (EU) 2018/822 des Rates vom 25. 5. 2018 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen, ABl L 139 vom 5. 6. 2018, 1.
14Erlass des vom 12. 6. 2014, BMF-010221/0362-VI/8/2014.
15Bendlinger, Die Rückzahlung österreichischer Abzugsteuer nach dem Jahressteuergesetz 2018, SWI 2019, 198.
16Stellungnahme der KSW an das BMF zum Entwurf des JStG 2018 vom 16. 5. 2018, 40/SN-36/ME 26. GP.
17Renner/Aigner (Hrsg), Praxisbeispiele zur Einkommensteuer (2017).
18OECD, Base Erosion and Profit Shifting (BEPS), Public Discussion Draft, BEPS Action 7, Additional Guidance on the Attribution of Profits to Permanent Establishment (2016); Bendlinger, Die „neue“ Vertreterbetriebsstätte, IStR 2016, 914 (914 ff).
19OECD, Additional Guidance on the Attribution of Profits to Permanent Establishments, BEPS Action 7 (2018); Bendlinger, „Additional Guidance“ der OECD zur Gewinnabgrenzung neuer Betriebsstätten nach BEPS-Aktionspunkt 7, TPI 2018, 53 (53 ff).
20ZB V. Bendlinger/Mühlberger, Direkte Rückerstattung irrtümlich bezahlter und entrichteter Umsatzsteuer in der Insolvenz des Leistungserbringers, SWK 9/2019, 478; V. Bendlinger, Die Besteuerung der Digital Economy – Eine kritische Würdigung, StAW 2018, 113 (113 ff).
Der ganze Artikel (BFGjournal 2019, 194) als PDF und bei Linde Digital.
Prof. Dr. Stefan Bendlinger ist Universitätslektor und stellvertretender Leiter der Arbeitsgruppe „Internationales Steuerrecht“ des Fachsenats für Steuerrecht der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. 2015 wurde er in der Kategorie Internationales Steuerrecht zum Steuerberater des Jahres gewählt. Bendlinger ist in facheinschlägigen Gremien in Österreich und im Ausland vertreten, so zB im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) in Frankfurt oder im Business and Industry Advisory Committee der OECD (BIAC) in Paris. Er beschäftigt sich mit internationalem Steuerrecht im Allgemeinen und der Besteuerung von Betriebsstätten, Auslandsentsendungen sowie der Steuerplanung und -gestaltung im Besonderen. Wir baten den vielfachen Fachautor und Vortragenden zum Interview.
BFGjournal: Als Experte im (internationalen) Konzernsteuerrecht richtet sich meine erste Frage an Sie auf die Digitalisierung im Konzernsteuerrecht, 1 und zwar auf die Besteuerungsmöglichkeit digitaler Betriebsstätten. Wie könnte eine solche aussehen, und wie stehen die Chancen, dass sie sich doch noch durchsetzen wird?
Stefan Bendlinger: Die OECD hat sich bereits vor mehr als 20 Jahren anlässlich der Ministerkonferenz in Ottawa mit Fragen rund um die Besteuerung der digitalen Wirtschaft auseinandergesetzt. Damals kam man noch zum Schluss, dass digitale Geschäfte nicht anders besteuert werden sollten als traditionelle Geschäftsmodelle. Seither hat sich vieles verändert. Die vor einigen Jahren öffentlich bekannt gewordenen (legalen, aber fiskalpolitisch unerwünschten) GAFA-Steuervermeidungsstrategien 2 global tätiger – vorwiegend US-amerikanischer – IT-Konzerne haben Steuerzahler in Aufruhr versetzt und den Ruf nach mehr Steuergerechtigkeit laut werden lassen. Im Auftrag der G20 musste die OECD im Rahmen des BEPS-Projekts Maßnahmen entwickeln, um die Digital Economy effektiv besteuern zu können. Aufgrund der Schwerfälligkeit dieses Prozesses auf OECD-Ebene, die konkrete Empfehlungen erst 2020 abgeben will bzw kann, hat die EU in atemberaubender Geschwindigkeit im März 2018 zwei Richtlinienvorschläge 3 und eine Empfehlung 4 mit einem Vorschlag zur Ergänzung des DBA-rechtlichen Betriebsstättentatbestandes um eine „signifikante digitale Präsenz“ vorgelegt, die eine Besteuerung der digitalen Wirtschaft innerhalb der EU sicherstellen sollten. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass das Konzept einer digitalen Betriebsstätte nicht umsetzbar war. Auch der als Zwischenlösung angedachte Richtlinienvorschlag einer Digitalsteuer 5 ist trotz intensiver Bemühungen während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft und der Reduzierung des Anwendungsbereichs auf „zielgerichtete Werbung“ im März 2019 am Widerstand wichtiger EU-Mitgliedstaaten gescheitert.
Zielsetzung der Staatengemeinschaft ist es, die Gewinne digitalisierter Unternehmen zu besteuern. Maßnahmen der EU sind dazu nicht ausreichend, zumal die steuerliche Begierden der Hochsteuerländer auslösenden Unternehmen vor allem in Drittstaaten (USA, Indien, China) ansässig sind. Das erfordert einen Paradigmenwechsel in der internationalen Unternehmensbesteuerung, insbesondere im DBA-Recht. Insofern erwarte ich mit Spannung den für 2020 angekündigten Abschlussbericht der OECD und die in Aussicht gestellte konkrete Handlungsempfehlung. 6
BFGjournal: Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Effizienz des in Österreich geplanten Digitalsteuergesetzes 2020 (DiStG)?
Stefan Bendlinger: Der rechtspolitische Wille, auf Unternehmensgewinne ausländischer Unternehmen ohne physische Inlandspräsenz zuzugreifen, stößt auf rechtsdogmatische Grenzen, zu deren Überwindung bislang kein internationaler Konsens gefunden werden konnte. Nationale Alleingänge, wie sie nun auch Österreich durch das DiStG setzen wird, sind die unausweichliche Folge. Die ab 2020 auf Online-Werbeleistungen von Großkonzernen mit signifikantem digitalem Fußabdruck in Österreich (weltweiter Umsatz von zumindest 750 Mio Euro und Online-Werbeumsatz in Österreich von 10 Mio Euro) erhobene 5%ige Digitalsteuer ist aber nichts anderes als eine Ergänzung der bisherigen Werbeabgabe, die wiederum nicht den Werbeanbieter, sondern das werbende österreichische Unternehmen belasten wird. Insofern wurde das Ziel verfehlt. Die im DiStG vorgesehene Evaluierungsverpflichtung lässt jedoch darauf schließen, dass das BMF im Endausbau an einer international akkordierten Lösung interessiert ist.
BFGjournal: Wie gehen andere Staaten mit diesem Thema um?
Stefan Bendlinger: Alle nationalen Lösungen sind vom Bestreben gekennzeichnet, GAFAs zu besteuern, gleichzeitig aber nicht mit internationalen Steuerverträgen in Konflikt zu kommen. Vorreiter war Großbritannien mit seiner Diverted Profits Tax, auch als Google-Tax bezeichnet, die aus britischer Sicht nicht als DBA-rechtlich geregelte Steuer gilt. 7 Indien hat eine Equalisation Levy eingeführt, 8 auch Australien, Frankreich, Israel, Italien und Ungarn haben aus deren Sicht DBA-rechtlich unbedenkliche indirekte Steuern auf bestimmte Formen digitaler Leistungen eingeführt. Einen progressiven Besteuerungsversuch hat jüngst die bayrische Betriebsprüfung gestartet, indem Vergütungen für Online-Werbung als quellensteuerpflichtige Lizenzgebühren qualifiziert werden sollten. Das deutsche BMF hat jedoch Anfang April klargestellt, dass Vergütungen ausländischer Plattformbetreiber und Internetdienstleister für die Platzierung oder Vermittlung elektronischer Werbung nicht als abzugsteuerpflichtige Einkünfte aus der Überlassung eines Rechts qualifiziert werden können. 9 Das zeigt, dass internationale Vorgaben dringend vonnöten sind, weil nationale Alleingänge exponentiell zunehmen.
BFGjournal: In Ihrem 2013 erschienen Buch „Steueroasen und Offshore-Strukturen“ zeigen Sie Möglichkeiten internationaler Steuerplanung, aber auch die im österreichischen und internationalen Steuerrecht gesetzten Grenzen auf. Was hat sich seither, etwa nach Wegfall der Anonymität und Diskretion sowie der Erweiterung der internationalen Zusammenarbeit, verändert?
Stefan Bendlinger: Seit dem Erscheinen der ersten Auflage des Steueroasen-Buchs bei Linde hat sich in Sachen Transparenz und Informationsaustausch vieles getan. So hat Österreich inzwischen mit 130 Staaten die Möglichkeit umfassender Amtshilfe, 10 das Gemeinsame Meldestandard-Gesetz (GMSG) lässt innerhalb der EU den automatischen Informationsaustausch von Kontodaten zu, 11 das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz (KontRegG) zeigt der Finanzverwaltung, wer welche Konten bei welcher Bank hat, und ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen die Öffnung dieser Konten, wodurch alle Kontobewegungen und der Kontostand ersichtlich sind. Durch das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) sollen die hinter Gesellschaften, Stiftungen oder Trusts stehenden wirtschaftlichen Eigentümer identifiziert werden können, um auf diese Weise Zugang zu den für die zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nötigen Informationen zu bekommen. Durch das EU-Meldepflichtgesetz, das bereits im Entwurf vorliegt, wird die Richtlinie (EU) 2018/822 12 – kurz DAC 6 – in österreichisches Recht transformiert. Dadurch werden sogenannte Intermediäre, das sind Steuerberater, Rechtsanwälte, Notare oder Banken, bzw subsidiär „relevante Steuerpflichtige“ genötigt, dem Amt für Betrugsbekämpfung die darin umschriebenen „aggressiven“ Steuerplanungsmodelle zu melden, die über eine Plattform mit anderen EU-Mitgliedstaaten auszutauschen sind. Die Welt hat auch für den Fiskus keine Grenzen mehr.
BFGjournal: Stichwort Auslandsentsendungen bzw Arbeitskräfteüberlassung: Welche Probleme sind hier insbesondere aufgrund der VwGH-Rechtsprechung bzw der dementsprechenden Rechtsansicht des BMF vorrangig zu nennen? Gibt es aus legistischer Sicht Anpassungsbedarf?
Stefan Bendlinger: Im Mai 2013 hat der VwGH 13 festgestellt, dass bei der grenzüberschreitenden Überlassung von Arbeitskräften (Personalleasing) aus DBA-rechtlicher Sicht nicht das überlassende ausländische Gestellungsunternehmen, sondern der inländische Beschäftiger als Arbeitgeber zu qualifizieren ist. Die Finanzverwaltung folgte dem Erkenntnis. 14 Im Ausland ansässige, nach Österreich überlassene Arbeitskräfte sind deshalb – ungeachtet der in Art 15 Abs 2 lit a OECD-MA vorgesehenen Schonfrist von 183 Tagen – mit jedem inländischem Tätigkeitstag in Österreich steuerpflichtig. Die Besteuerung hat entweder durch eine lohnsteuerliche Erfassung der Arbeitnehmer (wozu der ausländische Überlasser derzeit jedoch nicht verpflichtet ist) oder durch den besonderen Steuerabzug gemäß § 98 Abs 1 Z 3 TS 5 EStG iVm § 99 Abs 1 Z 5 EStG zu erfolgen. Steuersubjekt dieser 20%igen Quellensteuer ist aber das überlassende Unternehmen, wenngleich – wie in § 98 Abs 1 Z 4 letzter Satz EStG zum Ausdruck kommt – wirtschaftlich betrachtet der ausländische Arbeitnehmer besteuert werden soll. Das führt in den Ansässigkeitsstaaten der Arbeitnehmer zu Irritationen, weil die österreichische Quellensteuer nicht als eine Einkommensteuer des Arbeitnehmers anerkannt und damit die Entlastung von Doppelbesteuerung verweigert wird. Im Übrigen dürfte Österreich – wenn das überlassende Unternehmen in Österreich keine Betriebsstätte unterhält (was in der Regel der Fall ist) – nur den in der Gestellungsvergütung enthaltenen Lohnanteil besteuern. Dieser Systembruch und die dadurch bewirkte Doppelbesteuerung haben bereits dazu geführt, dass sich ausländische Arbeitskräftegesteller vom österreichischen Markt zurückgezogen haben, obwohl aufgrund des nach wie vor bestehenden Fachkräftemangels Arbeitskräfte fehlen. Der Gesetzgeber muss meines Erachtens dringend handeln. Der Fachsenat für Steuerrecht der KWT hat dem BMF bereits Möglichkeiten einer Neuregelung unterbreitet.
BFGjournal: Kürzlich erschien ein kritischer Beitrag von Ihnen zur Rückzahlung österreichischer Abzugsteuer nach dem Jahressteuergesetz 2018 (JStG 2018). 15 Warum gestaltet sich das so kompliziert, und sehen Sie hier Verbesserungspotenzial?
Stefan Bendlinger: Die dargestellte Problematik der Inbound-Arbeitskräfteüberlassung wurde durch § 240a BAO idF JStG 2018 zusätzlich verschärft. Will ein ausländischer Unternehmer zu Unrecht einbehaltene österreichische Abzugsteuern (zB auf DBA-rechtlicher Grundlage) rückfordern, bedarf es eines zweistufigen Verfahrens: im ersten Schritt einer Vorausmeldung in elektronischer Form und im zweiten Schritt eines in der Folge in Papierform (!) zu stellenden Rückerstattungsantrags. Im Übrigen ist die Vorausmeldung erst nach Ablauf des Jahres der Einbehaltung zulässig. Temporäre Doppelbesteuerung und entsprechende Liquiditätsnachteile für Steuerausländer sind die Folge, die letztlich die Geschäftsbeziehungen mit dem österreichischen Auftraggeber belasten. Es ist unverständlich, warum Anträge auf Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener Abzugsteuern nicht zeitnah gestellt werden können. Um eine Antragsflut zu vermeiden, wäre es auch möglich gewesen, unterjährige Anträge erst ab einem bestimmten Mindestbetrag zuzulassen. 16
BFGjournal: Im Buch „Praxisbeispiele zur Einkommensteuer“ 17 beleuchten und beantworten Sie (mit weiteren Autorinnen und Autoren) Fragen zur Einkommensteuer. Was erwarten Sie vom EStG 2020? Wird es einfacher werden? Werden sich so manche Probleme lichten?
Stefan Bendlinger: Es wäre an der Zeit, das Einkommensteuerrecht zu vereinfachen. Man hört ja schon aus dem BMF, dass etwa betriebliche Einkunftsarten zusammengefasst werden sollen. Ich würde mir eine Entrümpelung wünschen, gewisse Steuerbefreiungen, Steuerfrei- und Absetzbeträge sollten eliminiert werden, verbunden mit einer Senkung des Tarifs. So ist der Spitzensteuersatz von 55 %, der zwar erst ab Einkünften von mehr als 1 Mio Euro greift und nur wenige Spitzenverdiener trifft, in internationalen Vergleichen, die meist nur auf den Tarif abstellen, standortpolitisch ein katastrophales Signal. Leider wird im Zuge der Steuerreform 2020 dieser ursprünglich bis 2020 befristete Satz unbefristet verlängert. Auch die Tatbestände zur beschränkten Steuerpflicht sollten durchforstet werden und mit dem DBA-Recht in Einklang gebracht werden.
BFGjournal: Sie sind Mitglied des Business and Industry Advisory Committee der OECD (BIAC). Bitte skizzieren Sie uns kurz die Arbeit dieser Organisation. Welche Auswirkungen und Einflüsse ergeben sich daraus in der Praxis?
Stefan Bendlinger: Das BIAC wurde 1962 gegründet und ist die Stimme der Industrie bei der OECD. Österreichischer Vertreter beim BIAC ist die Industriellenvereinigung. Das Tax Committee der BIAC verfolgt sehr aufmerksam die Arbeiten der OECD im Steuerbereich, koordiniert die Interessen ihrer Mitglieder und gibt zu Discussion Drafts des OECD-Steuerausschusses international akkordierte Stellungnahmen ab, die von der OECD auch berücksichtigt und im Zuge von Hearings in Paris erörtert werden. So hat zum Beispiel der Erstentwurf der Leitlinien zur Betriebsstätten-Ergebnisabgrenzung aus dem Jahr 2016, 18 der im Gefolge von BEPS-Aktionspunkt 7 erarbeitet werden musste, nicht zuletzt durch den Input der Industrie völlig anders ausgesehen als dessen Endfassung aus dem Jahr 2018 19 und wurde „praxistauglicher“.
BFGjournal: Sie waren über ein Jahrzehnt in einem großen österreichischen Industriekonzern beschäftigt, zuletzt als Leiter der internationalen Steuerabteilung. Wie war der Umstieg in die Selbständigkeit? Wie betrachten Sie die berufliche Veränderung rückwirkend?
Stefan Bendlinger: Ich übe meinen Steuerberaterberuf seit 25 Jahren sehr gerne und mit Leidenschaft aus. Die elf Jahre, die ich in der Steuerabteilung eines Industriekonzerns verbracht habe, möchte ich aber nicht missen. Nicht zuletzt hat unser Unternehmen seine Wurzeln in dieser Steuerabteilung. Ich hatte während meiner Tätigkeit in der Wirtschaft die Möglichkeit, die Welt in steuerlicher Mission zu bereisen, musste die Auslandsgeschäfte meines damaligen Arbeitgebers von der Angebotslegung bis zur Endabwicklung steuerlich begleiten und für eine Optimierung der Gesamtsteuerbelastung sorgen. So konnte ich internationales Steuerrecht in freier Wildbahn unmittelbar am Objekt lernen. Und das nicht nur in „zivilisierten“ Steuerjurisdiktionen. Als Tax Manager in der Industrie konnte ich mich allerdings nicht darauf zurückziehen, aufzuzeigen, welche Möglichkeiten es bei der Gestaltung von Auslandsgeschäften gäbe, sondern musste klare Handlungsempfehlungen abliefern und dafür geradestehen. Diesen Ansatz habe ich in die ICON mitübernommen. Wir zeigen unseren Mandanten nicht nur Alternativen auf, sondern bieten Lösungen an.
BFGjournal: Ihr Sohn ist als Universitätsassistent am Institut für Finanzrecht, Steuerrecht und Steuerpolitik der JKU bzw als Fachautor 20 in ihre Fußstapfen getreten. Haben Sie ihn dazu motiviert, ebenfalls in diesem Metier tätig zu werden, oder ist er von selbst auf den Geschmack gekommen?
Stefan Bendlinger: Diese Frage wird mir sehr oft gestellt. Tatsächlich ist Letzteres der Fall. Seine Affinität zur Materie hat möglicherweise damit zu tun, dass Valentin nur zwei Monate vor der Gründung der ICON im Jahr 1993 geboren wurde. Da für mich Privat- und Berufsleben immer eine Symbiose waren und noch immer sind, hat er im Laufe der Jahre natürlich auch Kanzleiluft geschnuppert, durfte geringfügig mitarbeiten und verbrachte viele seiner Lernphasen in der Kanzlei. Vielleicht hat auch das sein Interesse am Wirtschafts- und Steuerrecht geweckt.
1) Mein Ziel für heuer ist?
… so wie bisher mit dem privaten und dem beruflichen Leben höchst zufrieden zu bleiben.
2) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Die Biografie des Apple-Gründers Steve Jobs von Walter Isaacson.
3) Das größte Vergnügen für mich ist …
… mit meiner Frau in entlegene Ecken der Welt zu reisen und Spuren in unberührten kanadischen Champagne-Powder zu ziehen.
4) Welche Persönlichkeit würden Sie gerne näher kennen lernen?
Tenzin Gyatso – den 14. Dalai Lama.
5) Nach der Arbeit …
… werden die Füße hochgelagert … wird im Sommer der Garten gepflegt … schaue ich mit meiner Frau einen Krimi … gehe ich – leider zu selten – eine Runde laufen.
1 Mitautor in Kirchmayr/Mayr/Hirschler/Ehrke-Rabel/Kofler (Hrsg), Digitalisierung im Konzernsteuerrecht (2018); Bendlinger, (Un-)Sinn der digitalen Betriebsstätte: Richtlinienpaket der EU zur Besteuerung der Digital Economy, SWI 2018, 268; Bendlinger in Aigner/Kofler/Tumpel (Hrsg), DBA-Kommentar 2 (2019) Art 5 Rz 237 ff.
2 GAFA steht für Google, Apple, Facebook und Amazon.
3 Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Vorschriften für die Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz vom 21. 3. 2018, COM(2018) 1437 final; Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum gemeinsamen System einer Digitalsteuer auf Erträge aus der Erbringung bestimmter digitaler Dienstleistungen vom 21. 3. 2018, COM(2018) 148 final.
4 Europäische Kommission, Empfehlung der Kommission vom 21. 3. 2018 bezüglich der Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz, C(2018) 1650 final.
5 Rat der Europäischen Union, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum gemeinsamen System einer Digitalwerbesteuer auf Erträge aus der Erbringung digitaler Werbedienstleistungen vom 1. 3. 2019, 6873/19.
6 Kreienbaum, Fortschritte bei der Digitalbesteuerung – Zweisäulenstrategie in der Diskussion, IStR 2019, 121 (123).
7 Oppel, Die neue diverted profit tax in Großbritannien – Unilaterale Alternative zu BEPS oder wahlkampfbedingter Schnellschuss? IStR 2015, 333 (340); Kofler/Mayr/Schlager, Digitalisierung und Betriebsstättenkonzept, RdW 2017, 369 (374).
8 Sigh, Taxation of Digital Economy: An Indian Perspective, INTERTAX 2017, 467 (475 ff).
9 Schreiben des dBMF vom 3. 4. 2019, IV C 5 – S 2411/11/10002.
10 BGBl I 163/2015 idF BGBl I 77/2016, BGBl I 118/2016, BGBl I 62/2018; BMF-010221/0002-IV/8/2019 v. 7.1.2019, Umfassende Amtshilfe im Bereich der Steuer vom Einkommen (1. Jänner 2019).
11 Richtlinie des BMF vom 12. 12. 2016, BMF-010221/0820-VI/8/2016.
12 Richtlinie (EU) 2018/822 des Rates vom 25. 5. 2018 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen, ABl L 139 vom 5. 6. 2018, 1.
13 VwGH 22. 5. 2013, 2009/13/0031; ebenso 31. 7. 2013, 2010/13/0003, 26. 3. 2014, 2010/13/0089; BFH 19. 11. 2014, RV/3100049/2011; BFG 25. 3. 2016, RV/7104629/2015; 25. 1. 2017, RV/5100800/2015; 26. 1. 2017, RV/5100801/2015; 6. 4. 2017, RV/7104326/2016; 22. 4. 2017, RV/7106276/2016.
14 Erlass des vom 12. 6. 2014, BMF-010221/0362-VI/8/2014.
15 Bendlinger, Die Rückzahlung österreichischer Abzugsteuer nach dem Jahressteuergesetz 2018, SWI 2019, 198.
16 Stellungnahme der KSW an das BMF zum Entwurf des JStG 2018 vom 16. 5. 2018, 40/SN-36/ME 26. GP.
17 Renner/Aigner (Hrsg), Praxisbeispiele zur Einkommensteuer (2017).
18 OECD, Base Erosion and Profit Shifting (BEPS), Public Discussion Draft, BEPS Action 7, Additional Guidance on the Attribution of Profits to Permanent Establishment (2016); Bendlinger, Die „neue“ Vertreterbetriebsstätte, IStR 2016, 914 (914 ff).
19 OECD, Additional Guidance on the Attribution of Profits to Permanent Establishments, BEPS Action 7 (2018); Bendlinger, „Additional Guidance“ der OECD zur Gewinnabgrenzung neuer Betriebsstätten nach BEPS-Aktionspunkt 7, TPI 2018, 53 (53 ff).
20 ZB V. Bendlinger/Mühlberger, Direkte Rückerstattung irrtümlich bezahlter und entrichteter Umsatzsteuer in der Insolvenz des Leistungserbringers, SWK 9/2019, 478; V. Bendlinger, Die Besteuerung der Digital Economy – Eine kritische Würdigung, StAW 2018, 113 (113 ff).
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