Zur Parteifähigkeit und den Rechten des Betriebsrats
Karin Burger-Ehrnhofer *
In seiner Entscheidung 17.1.2025, 6 ObA 2/23x,[1] hatte der OGH zwei spannende Fragen zu klären. Zum einen war im gegenständlichen Verfahren strittig, inwieweit die Parteifähigkeit eines mit Erfolg angefochtenen Betriebsrats während eines anhängigen Verfahrens, in dem angesprochener Betriebsrat Kläger war, erhalten bleibt bzw ein etwaiger Mangel der Parteifähigkeit während des laufenden Verfahrens geheilt werden kann. Zum anderen musste die Frage beantwortet werden, ob ein Betriebsrat Anspruch darauf hat, dass ihm die privaten E-Mail-Adressen der Mitarbeitenden des Betriebs übermittelt werden. In diesem Beitrag werden die Aussagen und Begründungen des OGH zu diesen Fragen beleuchtet und kommentiert.
1. Sachverhalt
Der Arbeitgeber betreibt einen Essenszustelldienst mit Fahrradboten. Am 14.9.2019 fand an einem der Wiener Standorte eine Betriebsratswahl statt. Diese Wahl wurde vom Arbeitgeber nach § 59 Abs 2 ArbVG mit der Begründung angefochten, dass es sich beim Standort nicht um einen selbständigen Betrieb handle. Diese Anfechtungsklage wurde zurückgezogen, da seitens des angefochtenen Betriebsrats bestätigt wurde, dass dieser Betriebsrat zu bestehen aufgehört habe.
Am 12.10.2020 fand am selben Standort eine neuerliche Betriebsratswahl statt, die wiederum seitens des Arbeitgebers mangels Vorliegens eines selbständigen Betriebs gemäß § 59 Abs 2 ArbVG angefochten wurde. Das dieser Anfechtungsklage stattgebende Urteil des ASG Wien vom 4.7.2022, 11 Cga 135/20g, das den Parteien am 31.1.2023 zugestellt wurde, erwuchs per 28.2.2023 in Rechtskraft. Laut OGH endete zu diesem Zeitpunkt die Tätigkeitsdauer des Betriebsrats gemäß § 62 Z 5 ArbVG vorzeitig.
Am 11.5.2022 – also während des laufenden Anfechtungsverfahrens und damit vor dem vorzeitigen Ende der Tätigkeitsdauer des Betriebsrats – brachte eben dieser Betriebsrat eine Klage auf Zurverfügungstellung sämtlicher dem Arbeitgeber vorliegender E-Mail-Adressen und Telefonnummern der von diesem Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer sowie auf Zurverfügungstellung eines E-Mail-Verteilers, in dem die E-Mail-Adressen der vertretenen Arbeitnehmer enthalten und für den Betriebsrat ersichtlich sind, hilfsweise nur enthalten sind, ein. Darüber hinaus begehrte der Betriebsrat die Feststellung, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, diese E-Mail-Adressen und Telefonnummern binnen 14 Tagen ab Kenntnis zu aktualisieren sowie die E-Mail-Adressen und Telefonnummern von neu eintretenden Arbeitnehmern zu übermitteln und in den E-Mail-Verteiler aufzunehmen. Diesbezüglich hielt der OGH fest, dass den Arbeitnehmern keine dienstlichen E-Mail-Adressen zur Verfügung gestellt werden und sie vom Arbeitgeber angehalten sind, private E-Mail-Adressen sowie private Telefonnummern bekannt zu geben, die auch jeweils aktuell zu halten sind und über die dann jede weitere dienstliche Kontaktaufnahme erfolgt. Darüber hinaus gibt es keinen Ort, an dem sich alle Arbeitnehmer regelmäßig aufhalten und an dem eine regelmäßige Information der Arbeitnehmer möglich wäre. Nur rund die Hälfte aller Arbeitnehmer beginnt und beendet den Dienst an der als „Hub“ bezeichneten Arbeitsstätte, die eine Garage, Lagerplätze für Betriebsmittel, Spinde und einen Aufenthaltsraum umfasst.
Noch während des zu diesen Ansprüchen anhängigen Verfahrens wurde von 3. bis 8.4.2023 eine erneute Betriebsratswahl, diesmal für alle österreichischen Arbeitsstätten des Arbeitgebers durchgeführt. Der dabei gewählte Betriebsrat hat sich am 10.4.2023 konstituiert, seine Wahl wurde auch nicht innerhalb der Anfechtungsfrist angefochten.
2. Zur Parteifähigkeit des Betriebsrats und deren Heilung
Wird – so wie im gegenständlichen Fall – eine Betriebsratswahl gemäß § 59 Abs 2 ArbVG erfolgreich angefochten, endet die Tätigkeitsdauer des Betriebsrats gemäß § 62 Z 5 ArbVG iVm § 61 Abs 1 Z 5 ASGG bereits mit der Zustellung des ersten Urteils der ersten Instanz an die Parteien. Aufgrund der im Sachverhalt festgestellten Umstände wäre das – anders als der OGH in Rz 35 festgestellt hat – nicht der 28.2.2023, sondern bereits der 31.1.2023. Auf den Eintritt der Rechtswirksamkeit des Urteils kommt es nämlich für die vorläufige Vollstreckbarkeit eines ersten Urteils der ersten Instanz in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten, zu denen auch ein Anfechtungsverfahren nach § 59 ArbVG zählt (vgl § 61 Abs 1 Z 5 iVm § 50 Abs 2 ASGG), nach § 61 Abs 1 ASGG nicht an.[2]

Zur Sicherstellung einer weiteren Vertretung der Belegschaft sieht allerdings § 61 Abs 2 ArbVG in diesem Fall vor, dass ein früherer Betriebsrat, dessen Tätigkeitsdauer bereits geendet hat, die laufenden Geschäfte für maximal drei Monate übernimmt. Diese Übernahme der laufenden Geschäfte erfordert aber, dass die Tätigkeitsdauer eines früheren Betriebsrats „normal“ gemäß § 61 Abs 1 ArbVG und damit grundsätzlich nach Ablauf von fünf Jahren nach der Konstituierung geendet hat. Eine vorzeitige Beendigung der Tätigkeitsdauer dieses früheren Betriebsrats nach § 62 ArbVG steht einer Übernahme der laufenden Tätigkeiten entgegen.
Aus den Feststellungen im Sachverhalt kann geschlossen werden, dass höchstwahrscheinlich § 62 Z 4 ArbVG für die vorzeitige Beendigung der Tätigkeitsdauer des früheren Betriebsrats einschlägig war, weil dieser seinen Rücktritt beschlossen hat. Denkbar wäre aber auch die Annahme eines Falls des § 62 Z 2 ArbVG, also eine vorzeitige Beendigung der Tätigkeitsdauer wegen dauernder Funktionsunfähigkeit des Betriebsrats. Der Grund für den Eintritt der Funktionsunfähigkeit kann einerseits in einer nicht fristgerechten Konstituierung im Anschluss an die Wahl im September 2019 begründet sein. Haben sich die Betriebsratsmitglieder nicht spätestens zwölf Wochen nach der Durchführung der Betriebsratswahl zu einer ersten konstituierenden Sitzung zusammengefunden, bewirkt das das Ende der Betriebsratstätigkeit gemäß § 62 Z 2 ArbVG, weil alle Mitgliedschaften zum Betriebsrat nach § 64 Abs 3 ArbVG erlöschen.[3] Andererseits könnte eine allfällige faktische Einstellung der Betriebsratsarbeit als Rücktritt aller bzw zumindest eines wesentlichen Teils der Betriebsratsmitglieder iSd § 64 Abs 1 Z 2 ArbVG verstanden werden. Für die Annahme einer derartigen bloß schlüssigen Willenserklärung ist nach der hL allerdings eine strenge Prüfung anzulegen, weshalb aus dem Gesamtverhalten der betreffenden Betriebsratsmitglieder kein vernünftiger Zweifel am Rücktrittsgrund bestehen darf.[4]
Für die Frage der allfälligen Übernahme der laufenden Geschäfte gemäß § 61 Abs 2 ArbVG ist aber der Grund für das vorzeitige Ende der Tätigkeitsdauer unerheblich; sie ist in jedem der in § 62 ArbVG genannten Fälle unterbunden. Der entsprechenden Feststellung des OGH, dass es im gegenständlichen Fall zu keiner Verlängerung der Tätigkeitsdauer des früheren Betriebsrats gemäß § 61 Abs 2 ArbVG gekommen ist (Rz 36), ist daher vollinhaltlich zuzustimmen. Dass der OGH diese Frage im gegebenen Zusammenhang allerdings überhaupt erörtert, lässt darauf schließen, dass auch die (wenn auch auf maximal drei Monate begrenzte) Weiterführung eines bereits anhängigen Verfahrens eine Aufgabe des nach § 61 Abs 2 ArbVG „wiederbelebten“ Betriebsrats im Rahmen der „Übernahme der laufenden Geschäfte“ sein kann.[5] Eine Anwendung des § 61 Abs 2a ArbVG, der die vorübergehende Weiterführung der Tätigkeitsdauer des von der Anfechtungsklage betroffenen Betriebsrats vorsehen würde, kann im gegenständlichen Fall ebenfalls ausgeschlossen werden, da die Anfechtung der Betriebsratswahl mit einem Anfechtungsgrund nach § 59 Abs 2 ArbVG begründet wurde (ebenso der OGH in Rz 36).[6]
Mit dem Ende der Tätigkeitsdauer endet grundsätzlich auch die dem Betriebsrat gemäß § 53 Abs 1 ASGG zuerkannte Parteifähigkeit.[7] Eine über das Ende der Tätigkeitsdauer hinaus bestehende Verlängerung der Parteifähigkeit gemäß § 62a ArbVG kann im gegenständlichen Fall nur für das Anfechtungsverfahren bezüglich der mangelhaften Betriebsratswahl angenommen werden. Dazu normiert § 62a letzter Satz ArbVG, dass die Parteifähigkeit bis zum Abschluss des Anfechtungsverfahrens bestehen bleibt. Das wäre in diesem Verfahren bis zum 28.2.2023, also bis zum Eintritt der Rechtskraft des klagsstattgebenden Urteils im Anfechtungsverfahren. Für das der Entscheidung des OGH zugrunde liegende Verfahren rund um den Anspruch des Betriebsrats auf Zurverfügungstellung der privaten E-Mail-Adressen der Mitarbeitenden (siehe dazu Pkte 3. ff) hat aber auch der OGH zurecht festgestellt, dass § 62a ArbVG nicht einschlägig ist (Rz 37). Außerhalb von Anfechtungsverfahren verlängert § 62a ArbVG die Parteifähigkeit eines Betriebsrats, dessen Tätigkeitsdauer während des Verfahrens endet, nämlich nur dann, wenn die Tätigkeitsdauer aus einem der folgenden Gründe endet (vgl § 62a Abs 1 ArbVG):[8]
a.
Die fünfjährige Tätigkeitsdauer des § 61 Abs 1 ArbVG endet.
b.
Die in § 61 Abs 2 ArbVG angeordnete höchstens dreimonatige Frist für die Übernahme der laufenden Geschäfte durch einen früheren Betriebsrat endet.
c.
Die in § 61 Abs 2a ArbVG angeordnete Weiterführung der Tätigkeit eines Betriebsrats, dessen Wahl „bloß“ nach § 59 Abs 1 ArbVG angefochten wurde, endet.
d.
Der Betrieb wird dauernd eingestellt.
e.
Der Betriebsrat wird dauernd funktionsunfähig.
Die in lit a. bis c. sowie e. angeführten Voraussetzungen für eine Verlängerung der Parteifähigkeit sind beim Betriebsrat, der am 12.10.2020 gewählt wurde und dessen Wahl wegen eines Anfechtungsgrunds nach § 59 Abs 2 ArbVG (schlussendlich auch rechtswirksam) für ungültig erklärt wurde, nicht gegeben. Auch eine dauernde Betriebseinstellung hat der OGH im gegenständlichen Verfahren verneint und zur während des laufenden Verfahrens erfolgten Umwandlung gemäß § 5 UmwG festgestellt, dass es sich bei dieser Betriebsänderung nach § 5 Abs 5 iVm § 2 Abs 2 Z 1 UmwG um eine Übertragung der Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gehandelt hat (Rz 2). Der damit verbundene Wechsel des Betriebsinhabers bzw der Rechtform des Betriebs hat auf die Tätigkeitsdauer des Betriebsrats keinen Einfluss, weshalb es dadurch weder zu einer vorzeitigen Beendigung der Tätigkeitsdauer wegen dauernder Betriebseinstellung nach § 62 Z 1 ArbVG gekommen ist (Rz 4) noch die Rechtsstellung des zum Zeitpunkt der Übertragung bereits gewählten Betriebsrats beeinflusst wurde (Rz 34).
Selbst im Anwendungsbereich des § 62a ArbVG endet allerdings die verlängerte Parteifähigkeit des Betriebsrats mit der Konstituierung eines neu gewählten Betriebsrats. Wie auch der OGH im vorliegenden Fall erneut hervorstreicht, liegt der vornehmliche Zweck des § 62a ArbVG darin, das mit einem Wegfall der Parteifähigkeit verbundene Prozesshindernis der fehlenden Parteifähigkeit zu verhindern und für den Fall, dass die Belegschaft keinen neuen Betriebsrat wählt, sicherzustellen, dass bereits anhängige Verfahren dennoch in der Sache entschieden und nicht wegen eines Wegfalls der Parteifähigkeit aufgehoben werden müssen, sofern die Parteifähigkeit zumindest zu Beginn des Verfahrens bestand (Rz 32 f).[9] § 62a ArbVG ergänzt somit die verfahrensrechtliche Regelung des § 53 ASGG.[10] Mit der Konstituierung eines neuen Betriebsrats fällt dieser Bedarf weg, da dann dieser neue Betriebsrat das anhängige Verfahren weiterführt. Im Anwendungsbereich des § 62a ArbVG führt das zu einer nahtlosen „Übergabe“ der Parteifähigkeit auf den neu gewählten Betriebsrat, der das anhängige Verfahren weiterführt.[11]
Im gegenständlichen Fall klafft mangels Anwendbarkeit des § 62a ArbVG allerdings eine zeitliche Lücke zwischen dem Ende der Tätigkeitsdauer bzw der Parteifähigkeit des Betriebsrats und der Wahl bzw Konstituierung eines neuen Betriebsrats. Mit Hinweis auf die hL[12] und die Rsp[13] nimmt der OGH allerdings an, dass eine mangelnde Parteifähigkeit heilt, sofern die Parteifähigkeit bis zur gerichtlichen Entscheidung über deren Vorliegen (wieder)erlangt wird (Rz 33). Daraus schließt das Höchstgericht mE überzeugend, dass dann, wenn die Parteifähigkeit eines Betriebsrats zu Beginn des Verfahrens gegeben ist, während des Verfahrens zuerst verloren geht und dann aber wiedererlangt wird, das Verfahren nicht für nichtig erklärt werden kann, sondern in der Sache selbst zu entscheiden ist (Rz 42). Im gegenständlichen Fall wird daher die – aufgrund der in erster Instanz erfolgreichen Anfechtung der Betriebsratswahl, die dann auch rechtkräftig wurde – weggefallene Parteifähigkeit des Betriebsrats als Vertreter der Belegschaft mit der Konstituierung eines neu gewählten Betriebsrats (im gegenständlichen Sachverhalt also am 10.4.2023) geheilt, da dieser neu gewählte Betriebsrat, wiederum als Vertreter der Belegschaft, die ja die eigentliche Trägerin der im ArbVG enthaltenen Mitwirkungsrechte ist (so auch der OGH in Rz 21 f),[14] das zum Zeitpunkt der Konstituierung noch anhängige Verfahren im Namen der Belegschaft weiterführt.
3. Zu den geltend gemachten Mitwirkungsrechten der Belegschaft
Im Rahmen der in §§ 89 ff ArbVG zweiseitig zwingend geregelten Mitwirkungsrechte des Betriebsrats stellt der OGH unter Verweis auf die L[15] fest, dass jedes Betriebsratsmitglied das Recht hat, mit einzelnen Arbeitnehmern aktiv Kontakt aufzunehmen, die Arbeitnehmer zu informieren und mit ihnen Angelegenheiten zu besprechen, die deren soziale, wirtschaftliche, kulturelle und gesundheitliche Interessen berühren bzw sich deren Anfragen und Interventionen anzuhören. Das „Wie“ der Ausübung dieser Rechte fällt dabei in die autonome Selbstverwaltung des Betriebsrats (Rz 54).
Im gegenständlichen Verfahren ging es konkret um die Frage, ob der Betriebsrat verlangen kann, die privaten E-Mail-Adressen der von ihm vertretenen Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt zu bekommen. Das diesbezüglich bejahte Recht hat der OGH – anders als das Berufungsgericht (vgl Rz 12) – vor allem auf § 72 ArbVG gestützt, da dessen Zweck darin besteht, den Betriebsrat dazu zu befähigen, seine im ArbVG vorgesehenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen.[16] Was als in § 72 ArbVG angesprochene Kanzlei- und Geschäftserfordernisse zu verstehen ist, muss dabei dynamisch interpretiert werden, dh der Umfang des Rechts auf Zurverfügungstellung von für die Vertretungsarbeit des Betriebsrats erforderlichen Geschäftserfordernissen muss sich auch an technologische Entwicklungen anpassen (Rz 44). Im 21. Jhd umfasst der Anspruch des Betriebsrats nach § 72 ArbVG daher etwa auch den Zugang zu einem betriebsinternen Kommunikationsnetz (Rz 46).[17] Aber auch aus anderen, in §§ 89 ff ArbVG geregelten Mitwirkungsrechten lässt sich nach Ansicht des Höchstgerichts das Erfordernis der Ermöglichung der Kontaktaufnahme des Betriebsrats mit einzelnen Arbeitnehmern ableiten, etwa im Rahmen der Mitwirkungsrechte bei Kündigungen nach § 105 ArbVG (Rz 52).
Die Befugnisse der Belegschaftsvertretung erfordern daher zwingend, dass dieser auch eine effiziente, den betrieblichen Gepflogenheiten entsprechende Kontaktaufnahme mit den von ihr vertretenen Arbeitnehmern möglich sein muss. Da es sich im gegenständlichen Fall bei den privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer um das auch vom Arbeitgeber primär genutzte Mittel der Kommunikation mit den Arbeitnehmern handelt, hat auch der Betriebsrat gemäß dem Zweck der Einrichtung des Betriebsrats als Belegschafts(vertretungs)organ und seiner Mitwirkungsbefugnisse einen Anspruch auf die Mitteilung eben jener dem Arbeitgeber bekannt gegebener privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer (Rz 58). Damit bestätigt der OGH, dass der vom Arbeitgeber gesetzte Kommunikationsstandard der Maßstab für den Teilhabeanspruch des Betriebsrats iSd § 72 ArbVG ist.[18]
3.1. Datenschutzrechtliche Fragen
Die Befugnisse des Betriebsrats im Rahmen seiner im ArbVG verbrieften Mitwirkungsrechte werden aus Sicht des OGH auch durch das Datenschutzrecht nicht berührt. Der zur Rechtslage nach dem DSG 2000 ergangene Befund, dass im Bereich der Pflichtkompetenzen des Betriebsrats eine datenschutzrechtliche Interessenabwägung nicht erforderlich ist (Rz 55),[19] hat der OGH in der vorliegenden Entscheidung erneut auch für die Rechtslage nach Inkrafttreten der DSGVO bestätigt (Rz 56).[20] Damit ist aus Sicht des Höchstgerichts weiterhin klargestellt, dass dort, wo das ArbVG dem Betriebsrat ein von der individuellen Zustimmung des Arbeitnehmers unabhängiges Einsichtsrecht zuweist, eine solche individuelle Zustimmung nicht aus datenschutzrechtlichen Erwägungen verlangt werden darf. Die im ArbVG für Mitglieder des Betriebsrats vorgesehenen Verschwiegenheitspflichten (§ 115 Abs 4 ArbVG) samt der an einen Verstoß gegen diese Pflichten geknüpften Konsequenz eines Entlassungsgrunds im Rahmen des besonderen Bestandschutzes für Betriebsratsmitglieder (§ 122 Abs 1 Z 4 ArbVG) sind nach Ansicht des OGH auch nach Inkrafttreten der DSGVO (Daten-)Schutz genug (Rz 55). Somit lässt sich – selbst wenn eine ausdrückliche gesetzliche Klarstellung des Verhältnisses von Datenschutz- und Arbeitsverfassungsrecht fehlt (dies wohl vor allem, weil die Frage, ob das ArbVG als speziellere Vorschrift iSd § 88 DSGVO gilt, nicht abschließend beantwortet scheint)[21] – aus den Ausführungen des OGH schließen, dass er im Bereich der Pflichtkompetenzen des Betriebsrats von einer Datenverarbeitungserlaubnis nach Art 6 Abs 1 lit c DSGVO ausgeht, also in den entsprechenden betriebsrätlichen Mitwirkungsrechten des ArbVG eine entsprechende rechtliche Verpflichtung zur Datenverarbeitung durch den Betriebsrat sieht (Rz 56 f).
Eine solche die Datenverarbeitung gemäß Art 6 Abs 1 lit c DSGVO erlaubende Verpflichtung kann sich dabei sowohl aus dem Unionsrecht als auch aus dem Recht eines Mitgliedstaats ergeben. Auf nationaler Ebene sind darunter neben Gesetzen (wie eben dem ArbVG) und Verordnungen übrigens auch Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen zu subsumieren.[22] Vornehmliches Ziel des Erlaubnistatbestands des Art 6 Abs 1 lit c DSGVO ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch Private, die dazu auf Grundlage einer öffentlichen Rechtsvorschrift verpflichtet sind. Die Verarbeitungstätigkeit eines Betriebsrats im Zuge der Ausübung von laut ArbVG vorgesehenen Pflichtaufgaben des Betriebsrats fällt daher mE auch genauso unter diesen Erlaubnistatbestand wie bestimmte Verarbeitungspflichten der Arbeitgeber aufgrund von Vorgaben aus dem Sozialversicherungs- oder Steuerrecht.[23]
Geht dies aber auch so weit, dass dem Betriebsrat die privaten E-Mail-Adressen der Beschäftigten zur Verfügung gestellt werden müssen, oder stehen dem doch datenschutzrechtliche Bedenken entgegen? Im gegenständlichen Fall hat der Betriebsrat das Erfordernis der Zurverfügungstellung der privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer auf das Erfordernis der Ermöglichung einer proaktiven Kontaktaufnahme mit den Arbeitnehmern gestützt. Das zählt laut OGH allerdings nicht zwingend zu den Pflichtkompetenzen des Betriebsrats; der Erlaubnistatbestand des Art 6 Abs 1 lit c DSGVO scheidet daher für diesen Verarbeitungszweck in Bezug auf die privaten Kontaktdaten aus.
Eine Datenverarbeitung kann hier nach Ansicht des Höchstgerichts allerdings auf Art 6 Abs 1 lit f DSGVO gestützt werden, da die in diesem Zusammenhang vorgesehene dreigliedrige Interessenabwägung zugunsten der Interessen des Betriebsrats ausgeht (Rz 59 ff). Einerseits hat der Betriebsrat laut Ansicht des OGH ein berechtigtes Interesse daran, mit den Arbeitnehmern des Betriebs in einer effizienten, den gegenwärtigen technischen Entwicklungen entsprechenden und vor allem betriebsüblichen Form zu kommunizieren (Rz 61). Andererseits ist in diesem konkreten Fall die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Arbeitnehmer durch den Betriebsrat erforderlich, da innerhalb des Betriebs ausschließlich die privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer für jegliche betriebliche Belange verwendet werden. Damit im Zusammenhang wird dann aus Sicht des Höchstgerichts auch das Grundrecht der Wahrung der Privatsphäre auf Seiten der Arbeitnehmer durch die Datenverarbeitung des Betriebsrats nicht überwiegend berührt, da eben die privaten E-Mail-Adressen hier grundsätzlich auch für berufliche Zwecke (Kontakt mit dem Arbeitgeber) verwendet werden (Rz 62).
Ziel der beim Erlaubnistatbestand des Art 6 Abs 1 lit f DSGVO erforderlichen dreistufigen Interessenabwägung ist die Prüfung, ob die betroffene Person zum Zeitpunkt der Erhebung der Daten und angesichts der Umstände, unter denen die Datenerhebung erfolgt ist, vernünftigerweise absehen kann, dass möglicherweise eine Verarbeitung für diesen Zweck erfolgen wird.[24] Dabei muss die subjektive Erwartung der betroffenen Person objektiv legitim sein.[25] Umgelegt auf den vom OGH zu entscheidenden Sachverhalt wird es für die Arbeitnehmer absehbar sein, dass ihre privaten E-Mail-Adressen, die sie dem Arbeitgeber für die berufliche Kommunikation zur Verfügung stellen, in einem betriebsratspflichtigen Betrieb mit Betriebsrat auch von der Belegschaftsvertretung für Zwecke der Belegschaftsvertretung im Rahmen des ArbVG verwendet werden. Solange sich die Verwendung dieser personenbezogenen Daten durch den Betriebsrat daher auf dessen Vertretungstätigkeit im beruflichen Kontext begrenzt, kann auch mE keine Grundrechtsverletzung angenommen werden. Gemeinsam mit dem OGH muss daher neben dem Anspruch des Betriebsrats auf Übermittlung der privaten E-Mail-Adressen der vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer auch der Anspruch des Betriebsrats auf Bekanntgabe der E-Mail-Adressen der neu eintretenden Arbeitnehmer sowie allfälliger Aktualisierungen von bereits einmal übermittelten E-Mail-Adressen bejaht werden (Rz 63).
Dafür spricht auch die Stellungnahme der Artikel-29-Datenschutzgruppe,[26] wonach ein berechtigtes Interesse iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO vorliegt, wenn es rechtmäßig (also dem anwendbaren Unionsrecht und dem einzelstaatlichen Recht entspricht), hinreichend spezifiziert und gegenwärtig vorhanden ist, wohingegen ein bloß spekulativ vorhandenes Interesse nicht ausreicht. In diesem Zusammenhang ist es dann allerdings auch schlüssig, dass der OGH im gegenständlichen Verfahren im Zuge der nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO erforderlichen Interessenabwägung den zusätzlichen Anspruch des Betriebsrats auf die Herausgabe der privaten Telefonnummern der Arbeitnehmer verneint hat. Die Begründung überzeugt, weist doch der OGH zurecht darauf hin, dass der berufliche Kontakt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im betroffenen Betrieb ausschließlich über E-Mail erfolgt, weshalb es nach den Feststellungen im Sachverhalt nicht unbedingt erforderlich ist, dass der Betriebsrat auch noch die privaten Telefonnummern als weitere personenbezogene Daten der Arbeitnehmer verarbeitet (Rz 64). Diese Ansicht des OGH entspricht damit auch einem der wesentlichen Grundsätze der DSGVO, nämlich der Datenminimierung nach Art 5 Abs 1 lit c DSGVO. Mit diesem Grundsatz wird die Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidend begrenzt, da eine Verarbeitung nur zulässig ist, wenn der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden kann.[27]
Zusammengefasst kann daher festgehalten werden, dass einem Betriebsrat auch unter Berücksichtigung der Vorgaben der DSGVO das Recht zusteht, jene personenbezogenen Kontaktdaten der Arbeitnehmer zu verarbeiten, die gewöhnlich im beruflichen Kontext vom Arbeitgeber für die Kommunikation mit den Arbeitnehmern verwendet werden und für die Ausübung der dem Betriebsrat aufgrund des ArbVG grundsätzlich zukommenden Vertretungsrechte erforderlich sind. Für die Bestimmung des konkreten Erlaubnistatbestands nach der DSGVO scheint es aber erforderlich zu sein, zwischen den Pflichtkompetenzen und den sonstigen Rechten des Betriebsrats zu unterscheiden.
Diese Argumentationslinie des OGH erinnert an die Mat des ArbVG,[28] wonach im ArbVG, anders als in der Vorläuferbestimmung BRG, aus systematischen Gründen eine klare Trennung zwischen den Aufgaben des Betriebsrats (also den konkreten Pflichten des Betriebsrats gemäß § 38 ArbVG) und den bloßen Befugnissen des Betriebsrats (gemäß den §§ 89 ff ArbVG) erfolgen sollte. Dieses in den Mat genannte Vorhaben wurde in den §§ 89 ff ArbVG allerdings nicht gänzlich umgesetzt, da auch in den §§ 89 ff ArbVG Aufgaben und damit Verpflichtungen des Betriebsrats festgelegt werden, die § 38 ArbVG konkretisieren.[29] Die hL differenziert bezüglich der einzelnen in den §§ 89 ff ArbVG genannten Mitwirkungsbefugnisse des Betriebsrats daher danach, ob es sich beim entsprechenden Mitwirkungsrecht um eine Pflichtbefugnis (so etwa im Fall des § 89 ArbVG) oder eine Ermessensbefugnis des Betriebsrats handelt (so etwa im Fall der §§ 90 oder 93 ArbVG).[30] Bei Ersteren ist die Datenverarbeitung durch den Betriebsrat mit dem Vorliegen einer rechtlichen Verpflichtung nach Art 6 Abs 1 lit c DSGVO legitimiert; nur bei Letzteren bedarf es einer datenschutzrechtlichen Interessenabwägung nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO.
3.2. Spaßverderber Widerspruchsrecht?
Im Zusammenhang mit dem Erlaubnistatbestand des Art 6 Abs 1 lit f DSGVO ist allerdings an das relative Widerspruchsrecht nach Art 21 DSGVO gegen die an sich rechtmäßige Datenverarbeitung zu denken. Für die Geltendmachung dieses Widerspruchsrechts muss die von der Datenverarbeitung betroffene Person besondere Gründe nachweisen, warum die Datenverarbeitung unzulässig ist. Ein solcher Widerspruch kann dabei mit sämtlichen schutzwürdigen Interessen begründet werden, insb mit Persönlichkeitsrechten und der Privatautonomie.[31] Der die Daten verarbeitende Verantwortliche kann den Widerspruch allerdings ablehnen, wenn er nachweist, dass zwingende schutzwürdige Gründe für die Verarbeitung vorliegen, die die Interessen, Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen überwiegen oder die Verarbeitung der Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen dient.[32]
Im Fall der Verwendung der privaten E-Mail-Adressen durch den Betriebsrat jenes Betriebs, dessen Arbeitnehmer auf Anweisung des Arbeitgebers eben jene privaten E-Mail-Adressen für die berufliche Kommunikation zur Verfügung stellen müssen, wird ein Anspruch der betroffenen Arbeitnehmer auf ein relatives Widerspruchsrecht nach Art 21 Abs 1 DSGVO gegen die Verwendung der privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer durch den Betriebsrat mE nicht angenommen werden können. Einerseits fehlen die für die Geltendmachung des Widerspruchsrechts erforderlichen besonderen persönlichen Umstände auf Seiten der Arbeitnehmer. Andererseits wird der Betriebsrat selbst bei Konstruktion einer solchen eingreifenden Interessenbeeinträchtigung auf Arbeitnehmerseite nachweisen können, dass die Verarbeitung der Geltendmachung von Rechtsansprüchen dient, da es – wie auch vom OGH im gegenständlichen Fall zutreffend ausgeführt wurde – für die Ausübung der in §§ 89 ff ArbVG vorgeschriebenen Mitwirkungsrechte und -pflichten erforderlich ist, dass jedes Betriebsratsmitglied in der Lage ist, mit den vertretenen Arbeitnehmern in Kontakt zu treten. Im konkreten Fall ist dies eben nahezu ausschließlich über die Verwendung der privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer möglich.
4. Weitere offene Fragen im Verfahren
Das konkret zustehende Ausmaß des Anspruchs auf Zurverfügungstellung der privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer hat der OGH in der vorliegenden Entscheidung nicht abschließend entschieden, sondern die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Frage an das Erstgericht zurückverwiesen. Laut OGH war aus dem Vorbringen nicht ausreichend ersichtlich, ob sich der Anspruch auf die Zurverfügungstellung der E-Mail-Adressen nur auf die vom ursprünglich klagenden Wiener Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer bezieht oder durch den Verfahrenseintritt des im April 2023 österreichweit gewählten Betriebsrats der Anspruch für alle in Österreich beschäftigten Arbeitnehmer geltend gemacht wurde (Rz 65). Nach den bisherigen Feststellungen im Sachverhalt und der vorliegenden Entscheidung des OGH wäre es allerdings schwer nachvollziehbar, wenn der Anspruch des Betriebsrats nicht bezüglich aller vom aufrechten Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer bestehen sollte. Denn gestützt auf den Zweck des § 72 ArbVG wird dieser Anspruch in Bezug auf die Größe des Betriebs und die Bedürfnisse des Betriebsrats zu bejahen sein.
5. Abschließender Blick nach Deutschland
Auch die zuletzt ergangene Entscheidung des BAG[33] wird mE im fortgesetzten Verfahren keine Änderung der Einschätzung der rechtlichen Situation bringen. In dieser Entscheidung hat das BAG ua den Anspruch einer Gewerkschaft auf die Herausgabe betrieblicher E-Mail-Adressen verneint. Nach Ansicht des deutschen Höchstgerichts sind Arbeitgeber zwar verpflichtet, die Nutzung betrieblicher E-Mails durch Gewerkschaften zu dulden, ein Recht der Gewerkschaften auf aktive Aushändigung betrieblicher E-Mail-Adressen lässt sich aber aus der Koalitionsbetätigungsfreiheit des Art 9 Abs 3 GG nicht ableiten.
In Bezug auf die Rechte der Belegschaftsvertretung nach dem BetrVG sagt diese Entscheidung allerdings nichts aus, da dort – ebenso wie nach dem österreichischen ArbVG – die Rechte der Gewerkschaften streng von den Mitwirkungsrechten der im Betrieb gewählten Belegschaftsvertretung zu unterscheiden sind. Blickt man nach Deutschland erscheint im gegebenen Zusammenhang vielmehr die Entscheidung des ArbG Paderborn[34] von Interesse, in der das Gericht festgestellt hat, dass ein Arbeitgeber dem Betriebsrat alle sachlichen Mittel zur Verfügung zu stellen hat, die dieser zur Wahrnehmung seiner Tätigkeit braucht.[35] Darunter fällt dann etwa auch, dem Betriebsrat eine Homepage im Rahmen des betriebsinternen Intranets zur Verfügung zu stellen, wenn die elektronische Kommunikation der Mitarbeitenden zum betrieblichen Alltag gehört. In diesem Sinn ist die aktuellen Rsp des OGH auf einer Linie mit der deutschen Rsp.
Auf den Punkt gebracht
Endet eine zu Beginn eines arbeitsrechtlichen Verfahrens bestehende Parteifähigkeit eines Betriebsrats aufgrund der erfolgreichen Anfechtung der Betriebsratswahl und kommt es auch zu keiner Verlängerung der Parteifähigkeit nach § 62a ArbVG, gilt das durch die zwischenzeitlich weggefallene Parteifähigkeit grundsätzlich bestehende Prozesshindernis mit der Neuwahl eines Betriebsrats als geheilt. Der neu gewählte Betriebsrat führt das anhängige Verfahren als Vertreter der Belegschaft fort, die die eigentliche Trägerin der betriebsverfassungsrechtlichen Mitwirkungsrechte ist. Dieses darf daher nicht für nichtig erklärt werden, sondern muss in der Sache entschieden werden.
In einem Betrieb, in dem der Arbeitgeber darauf besteht, ausschließlich via die privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer mit diesen zu kommunizieren, hat der Betriebsrat auch nach den Vorgaben der DSGVO das Recht auf Übermittlung dieser personenbezogenen Kontaktdaten der Arbeitnehmer sowie die Befugnis, diese zu verarbeiten, soweit dies für die Ausübung der dem Betriebsrat aufgrund des ArbVG grundsätzlich zukommenden Vertretungsrechte erforderlich ist. Die datenschutzrechtliche Verarbeitungserlaubnis für den Betriebsrat stützt sich dabei auf die zugunsten des Betriebsrats ausgehende Interessenabwägung, die das Vorliegen eines berechtigten Interesses zur Datenverarbeitung nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO feststellt. Im Rahmen der Pflichtkompetenzen des Betriebsrats braucht es diese datenschutzrechtliche Interessenabwägung nicht; hier kann sich der Betriebsrat aufgrund des Vorliegens einer rechtlichen Verpflichtung zur Datenverarbeitung auf Art 6 Abs 1 lit c DSGVO berufen.
Autorin
Mag. Karin Burger-Ehrnhofer ist Senior Scientist am Institut für Österreichisches und Europäisches Arbeitsrecht und Sozialrecht der Wirtschaftsuniversität Wien.
Fundstelle(n):
ASoK 2025, 200
HAAAF-82064
Zur Parteifähigkeit und den Rechten des Betriebsrats
Karin Burger-Ehrnhofer *
In seiner Entscheidung 17.1.2025, 6 ObA 2/23x,[1] hatte der OGH zwei spannende Fragen zu klären. Zum einen war im gegenständlichen Verfahren strittig, inwieweit die Parteifähigkeit eines mit Erfolg angefochtenen Betriebsrats während eines anhängigen Verfahrens, in dem angesprochener Betriebsrat Kläger war, erhalten bleibt bzw ein etwaiger Mangel der Parteifähigkeit während des laufenden Verfahrens geheilt werden kann. Zum anderen musste die Frage beantwortet werden, ob ein Betriebsrat Anspruch darauf hat, dass ihm die privaten E-Mail-Adressen der Mitarbeitenden des Betriebs übermittelt werden. In diesem Beitrag werden die Aussagen und Begründungen des OGH zu diesen Fragen beleuchtet und kommentiert.
1. Sachverhalt
Der Arbeitgeber betreibt einen Essenszustelldienst mit Fahrradboten. Am 14.9.2019 fand an einem der Wiener Standorte eine Betriebsratswahl statt. Diese Wahl wurde vom Arbeitgeber nach § 59 Abs 2 ArbVG mit der Begründung angefochten, dass es sich beim Standort nicht um einen selbständigen Betrieb handle. Diese Anfechtungsklage wurde zurückgezogen, da seitens des angefochtenen Betriebsrats bestätigt wurde, dass dieser Betriebsrat zu bestehen aufgehört habe.
Am 12.10.2020 fand am selben Standort eine neuerliche Betriebsratswahl statt, die wiederum seitens des Arbeitgebers mangels Vorliegens eines selbständigen Betriebs gemäß § 59 Abs 2 ArbVG angefochten wurde. Das dieser Anfechtungsklage stattgebende Urteil des ASG Wien vom 4.7.2022, 11 Cga 135/20g, das den Parteien am 31.1.2023 zugestellt wurde, erwuchs per 28.2.2023 in Rechtskraft. Laut OGH endete zu diesem Zeitpunkt die Tätigkeitsdauer des Betriebsrats gemäß § 62 Z 5 ArbVG vorzeitig.
Am 11.5.2022 – also während des laufenden Anfechtungsverfahrens und damit vor dem vorzeitigen Ende der Tätigkeitsdauer des Betriebsrats – brachte eben dieser Betriebsrat eine Klage auf Zurverfügungstellung sämtlicher dem Arbeitgeber vorliegender E-Mail-Adressen und Telefonnummern der von diesem Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer sowie auf Zurverfügungstellung eines E-Mail-Verteilers, in dem die E-Mail-Adressen der vertretenen Arbeitnehmer enthalten und für den Betriebsrat ersichtlich sind, hilfsweise nur enthalten sind, ein. Darüber hinaus begehrte der Betriebsrat die Feststellung, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, diese E-Mail-Adressen und Telefonnummern binnen 14 Tagen ab Kenntnis zu aktualisieren sowie die E-Mail-Adressen und Telefonnummern von neu eintretenden Arbeitnehmern zu übermitteln und in den E-Mail-Verteiler aufzunehmen. Diesbezüglich hielt der OGH fest, dass den Arbeitnehmern keine dienstlichen E-Mail-Adressen zur Verfügung gestellt werden und sie vom Arbeitgeber angehalten sind, private E-Mail-Adressen sowie private Telefonnummern bekannt zu geben, die auch jeweils aktuell zu halten sind und über die dann jede weitere dienstliche Kontaktaufnahme erfolgt. Darüber hinaus gibt es keinen Ort, an dem sich alle Arbeitnehmer regelmäßig aufhalten und an dem eine regelmäßige Information der Arbeitnehmer möglich wäre. Nur rund die Hälfte aller Arbeitnehmer beginnt und beendet den Dienst an der als „Hub“ bezeichneten Arbeitsstätte, die eine Garage, Lagerplätze für Betriebsmittel, Spinde und einen Aufenthaltsraum umfasst.
Noch während des zu diesen Ansprüchen anhängigen Verfahrens wurde von 3. bis 8.4.2023 eine erneute Betriebsratswahl, diesmal für alle österreichischen Arbeitsstätten des Arbeitgebers durchgeführt. Der dabei gewählte Betriebsrat hat sich am 10.4.2023 konstituiert, seine Wahl wurde auch nicht innerhalb der Anfechtungsfrist angefochten.
2. Zur Parteifähigkeit des Betriebsrats und deren Heilung
Wird – so wie im gegenständlichen Fall – eine Betriebsratswahl gemäß § 59 Abs 2 ArbVG erfolgreich angefochten, endet die Tätigkeitsdauer des Betriebsrats gemäß § 62 Z 5 ArbVG iVm § 61 Abs 1 Z 5 ASGG bereits mit der Zustellung des ersten Urteils der ersten Instanz an die Parteien. Aufgrund der im Sachverhalt festgestellten Umstände wäre das – anders als der OGH in Rz 35 festgestellt hat – nicht der 28.2.2023, sondern bereits der 31.1.2023. Auf den Eintritt der Rechtswirksamkeit des Urteils kommt es nämlich für die vorläufige Vollstreckbarkeit eines ersten Urteils der ersten Instanz in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten, zu denen auch ein Anfechtungsverfahren nach § 59 ArbVG zählt (vgl § 61 Abs 1 Z 5 iVm § 50 Abs 2 ASGG), nach § 61 Abs 1 ASGG nicht an.[2]
Zur Sicherstellung einer weiteren Vertretung der Belegschaft sieht allerdings § 61 Abs 2 ArbVG in diesem Fall vor, dass ein früherer Betriebsrat, dessen Tätigkeitsdauer bereits geendet hat, die laufenden Geschäfte für maximal drei Monate übernimmt. Diese Übernahme der laufenden Geschäfte erfordert aber, dass die Tätigkeitsdauer eines früheren Betriebsrats „normal“ gemäß § 61 Abs 1 ArbVG und damit grundsätzlich nach Ablauf von fünf Jahren nach der Konstituierung geendet hat. Eine vorzeitige Beendigung der Tätigkeitsdauer dieses früheren Betriebsrats nach § 62 ArbVG steht einer Übernahme der laufenden Tätigkeiten entgegen.
Aus den Feststellungen im Sachverhalt kann geschlossen werden, dass höchstwahrscheinlich § 62 Z 4 ArbVG für die vorzeitige Beendigung der Tätigkeitsdauer des früheren Betriebsrats einschlägig war, weil dieser seinen Rücktritt beschlossen hat. Denkbar wäre aber auch die Annahme eines Falls des § 62 Z 2 ArbVG, also eine vorzeitige Beendigung der Tätigkeitsdauer wegen dauernder Funktionsunfähigkeit des Betriebsrats. Der Grund für den Eintritt der Funktionsunfähigkeit kann einerseits in einer nicht fristgerechten Konstituierung im Anschluss an die Wahl im September 2019 begründet sein. Haben sich die Betriebsratsmitglieder nicht spätestens zwölf Wochen nach der Durchführung der Betriebsratswahl zu einer ersten konstituierenden Sitzung zusammengefunden, bewirkt das das Ende der Betriebsratstätigkeit gemäß § 62 Z 2 ArbVG, weil alle Mitgliedschaften zum Betriebsrat nach § 64 Abs 3 ArbVG erlöschen.[3] Andererseits könnte eine allfällige faktische Einstellung der Betriebsratsarbeit als Rücktritt aller bzw zumindest eines wesentlichen Teils der Betriebsratsmitglieder iSd § 64 Abs 1 Z 2 ArbVG verstanden werden. Für die Annahme einer derartigen bloß schlüssigen Willenserklärung ist nach der hL allerdings eine strenge Prüfung anzulegen, weshalb aus dem Gesamtverhalten der betreffenden Betriebsratsmitglieder kein vernünftiger Zweifel am Rücktrittsgrund bestehen darf.[4]
Für die Frage der allfälligen Übernahme der laufenden Geschäfte gemäß § 61 Abs 2 ArbVG ist aber der Grund für das vorzeitige Ende der Tätigkeitsdauer unerheblich; sie ist in jedem der in § 62 ArbVG genannten Fälle unterbunden. Der entsprechenden Feststellung des OGH, dass es im gegenständlichen Fall zu keiner Verlängerung der Tätigkeitsdauer des früheren Betriebsrats gemäß § 61 Abs 2 ArbVG gekommen ist (Rz 36), ist daher vollinhaltlich zuzustimmen. Dass der OGH diese Frage im gegebenen Zusammenhang allerdings überhaupt erörtert, lässt darauf schließen, dass auch die (wenn auch auf maximal drei Monate begrenzte) Weiterführung eines bereits anhängigen Verfahrens eine Aufgabe des nach § 61 Abs 2 ArbVG „wiederbelebten“ Betriebsrats im Rahmen der „Übernahme der laufenden Geschäfte“ sein kann.[5] Eine Anwendung des § 61 Abs 2a ArbVG, der die vorübergehende Weiterführung der Tätigkeitsdauer des von der Anfechtungsklage betroffenen Betriebsrats vorsehen würde, kann im gegenständlichen Fall ebenfalls ausgeschlossen werden, da die Anfechtung der Betriebsratswahl mit einem Anfechtungsgrund nach § 59 Abs 2 ArbVG begründet wurde (ebenso der OGH in Rz 36).[6]
Mit dem Ende der Tätigkeitsdauer endet grundsätzlich auch die dem Betriebsrat gemäß § 53 Abs 1 ASGG zuerkannte Parteifähigkeit.[7] Eine über das Ende der Tätigkeitsdauer hinaus bestehende Verlängerung der Parteifähigkeit gemäß § 62a ArbVG kann im gegenständlichen Fall nur für das Anfechtungsverfahren bezüglich der mangelhaften Betriebsratswahl angenommen werden. Dazu normiert § 62a letzter Satz ArbVG, dass die Parteifähigkeit bis zum Abschluss des Anfechtungsverfahrens bestehen bleibt. Das wäre in diesem Verfahren bis zum 28.2.2023, also bis zum Eintritt der Rechtskraft des klagsstattgebenden Urteils im Anfechtungsverfahren. Für das der Entscheidung des OGH zugrunde liegende Verfahren rund um den Anspruch des Betriebsrats auf Zurverfügungstellung der privaten E-Mail-Adressen der Mitarbeitenden (siehe dazu Pkte 3. ff) hat aber auch der OGH zurecht festgestellt, dass § 62a ArbVG nicht einschlägig ist (Rz 37). Außerhalb von Anfechtungsverfahren verlängert § 62a ArbVG die Parteifähigkeit eines Betriebsrats, dessen Tätigkeitsdauer während des Verfahrens endet, nämlich nur dann, wenn die Tätigkeitsdauer aus einem der folgenden Gründe endet (vgl § 62a Abs 1 ArbVG):[8]
a.
Die fünfjährige Tätigkeitsdauer des § 61 Abs 1 ArbVG endet.
b.
Die in § 61 Abs 2 ArbVG angeordnete höchstens dreimonatige Frist für die Übernahme der laufenden Geschäfte durch einen früheren Betriebsrat endet.
c.
Die in § 61 Abs 2a ArbVG angeordnete Weiterführung der Tätigkeit eines Betriebsrats, dessen Wahl „bloß“ nach § 59 Abs 1 ArbVG angefochten wurde, endet.
d.
Der Betrieb wird dauernd eingestellt.
e.
Der Betriebsrat wird dauernd funktionsunfähig.
Die in lit a. bis c. sowie e. angeführten Voraussetzungen für eine Verlängerung der Parteifähigkeit sind beim Betriebsrat, der am 12.10.2020 gewählt wurde und dessen Wahl wegen eines Anfechtungsgrunds nach § 59 Abs 2 ArbVG (schlussendlich auch rechtswirksam) für ungültig erklärt wurde, nicht gegeben. Auch eine dauernde Betriebseinstellung hat der OGH im gegenständlichen Verfahren verneint und zur während des laufenden Verfahrens erfolgten Umwandlung gemäß § 5 UmwG festgestellt, dass es sich bei dieser Betriebsänderung nach § 5 Abs 5 iVm § 2 Abs 2 Z 1 UmwG um eine Übertragung der Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gehandelt hat (Rz 2). Der damit verbundene Wechsel des Betriebsinhabers bzw der Rechtform des Betriebs hat auf die Tätigkeitsdauer des Betriebsrats keinen Einfluss, weshalb es dadurch weder zu einer vorzeitigen Beendigung der Tätigkeitsdauer wegen dauernder Betriebseinstellung nach § 62 Z 1 ArbVG gekommen ist (Rz 4) noch die Rechtsstellung des zum Zeitpunkt der Übertragung bereits gewählten Betriebsrats beeinflusst wurde (Rz 34).
Selbst im Anwendungsbereich des § 62a ArbVG endet allerdings die verlängerte Parteifähigkeit des Betriebsrats mit der Konstituierung eines neu gewählten Betriebsrats. Wie auch der OGH im vorliegenden Fall erneut hervorstreicht, liegt der vornehmliche Zweck des § 62a ArbVG darin, das mit einem Wegfall der Parteifähigkeit verbundene Prozesshindernis der fehlenden Parteifähigkeit zu verhindern und für den Fall, dass die Belegschaft keinen neuen Betriebsrat wählt, sicherzustellen, dass bereits anhängige Verfahren dennoch in der Sache entschieden und nicht wegen eines Wegfalls der Parteifähigkeit aufgehoben werden müssen, sofern die Parteifähigkeit zumindest zu Beginn des Verfahrens bestand (Rz 32 f).[9] § 62a ArbVG ergänzt somit die verfahrensrechtliche Regelung des § 53 ASGG.[10] Mit der Konstituierung eines neuen Betriebsrats fällt dieser Bedarf weg, da dann dieser neue Betriebsrat das anhängige Verfahren weiterführt. Im Anwendungsbereich des § 62a ArbVG führt das zu einer nahtlosen „Übergabe“ der Parteifähigkeit auf den neu gewählten Betriebsrat, der das anhängige Verfahren weiterführt.[11]
Im gegenständlichen Fall klafft mangels Anwendbarkeit des § 62a ArbVG allerdings eine zeitliche Lücke zwischen dem Ende der Tätigkeitsdauer bzw der Parteifähigkeit des Betriebsrats und der Wahl bzw Konstituierung eines neuen Betriebsrats. Mit Hinweis auf die hL[12] und die Rsp[13] nimmt der OGH allerdings an, dass eine mangelnde Parteifähigkeit heilt, sofern die Parteifähigkeit bis zur gerichtlichen Entscheidung über deren Vorliegen (wieder)erlangt wird (Rz 33). Daraus schließt das Höchstgericht mE überzeugend, dass dann, wenn die Parteifähigkeit eines Betriebsrats zu Beginn des Verfahrens gegeben ist, während des Verfahrens zuerst verloren geht und dann aber wiedererlangt wird, das Verfahren nicht für nichtig erklärt werden kann, sondern in der Sache selbst zu entscheiden ist (Rz 42). Im gegenständlichen Fall wird daher die – aufgrund der in erster Instanz erfolgreichen Anfechtung der Betriebsratswahl, die dann auch rechtkräftig wurde – weggefallene Parteifähigkeit des Betriebsrats als Vertreter der Belegschaft mit der Konstituierung eines neu gewählten Betriebsrats (im gegenständlichen Sachverhalt also am 10.4.2023) geheilt, da dieser neu gewählte Betriebsrat, wiederum als Vertreter der Belegschaft, die ja die eigentliche Trägerin der im ArbVG enthaltenen Mitwirkungsrechte ist (so auch der OGH in Rz 21 f),[14] das zum Zeitpunkt der Konstituierung noch anhängige Verfahren im Namen der Belegschaft weiterführt.
3. Zu den geltend gemachten Mitwirkungsrechten der Belegschaft
Im Rahmen der in §§ 89 ff ArbVG zweiseitig zwingend geregelten Mitwirkungsrechte des Betriebsrats stellt der OGH unter Verweis auf die L[15] fest, dass jedes Betriebsratsmitglied das Recht hat, mit einzelnen Arbeitnehmern aktiv Kontakt aufzunehmen, die Arbeitnehmer zu informieren und mit ihnen Angelegenheiten zu besprechen, die deren soziale, wirtschaftliche, kulturelle und gesundheitliche Interessen berühren bzw sich deren Anfragen und Interventionen anzuhören. Das „Wie“ der Ausübung dieser Rechte fällt dabei in die autonome Selbstverwaltung des Betriebsrats (Rz 54).
Im gegenständlichen Verfahren ging es konkret um die Frage, ob der Betriebsrat verlangen kann, die privaten E-Mail-Adressen der von ihm vertretenen Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt zu bekommen. Das diesbezüglich bejahte Recht hat der OGH – anders als das Berufungsgericht (vgl Rz 12) – vor allem auf § 72 ArbVG gestützt, da dessen Zweck darin besteht, den Betriebsrat dazu zu befähigen, seine im ArbVG vorgesehenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen.[16] Was als in § 72 ArbVG angesprochene Kanzlei- und Geschäftserfordernisse zu verstehen ist, muss dabei dynamisch interpretiert werden, dh der Umfang des Rechts auf Zurverfügungstellung von für die Vertretungsarbeit des Betriebsrats erforderlichen Geschäftserfordernissen muss sich auch an technologische Entwicklungen anpassen (Rz 44). Im 21. Jhd umfasst der Anspruch des Betriebsrats nach § 72 ArbVG daher etwa auch den Zugang zu einem betriebsinternen Kommunikationsnetz (Rz 46).[17] Aber auch aus anderen, in §§ 89 ff ArbVG geregelten Mitwirkungsrechten lässt sich nach Ansicht des Höchstgerichts das Erfordernis der Ermöglichung der Kontaktaufnahme des Betriebsrats mit einzelnen Arbeitnehmern ableiten, etwa im Rahmen der Mitwirkungsrechte bei Kündigungen nach § 105 ArbVG (Rz 52).
Die Befugnisse der Belegschaftsvertretung erfordern daher zwingend, dass dieser auch eine effiziente, den betrieblichen Gepflogenheiten entsprechende Kontaktaufnahme mit den von ihr vertretenen Arbeitnehmern möglich sein muss. Da es sich im gegenständlichen Fall bei den privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer um das auch vom Arbeitgeber primär genutzte Mittel der Kommunikation mit den Arbeitnehmern handelt, hat auch der Betriebsrat gemäß dem Zweck der Einrichtung des Betriebsrats als Belegschafts(vertretungs)organ und seiner Mitwirkungsbefugnisse einen Anspruch auf die Mitteilung eben jener dem Arbeitgeber bekannt gegebener privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer (Rz 58). Damit bestätigt der OGH, dass der vom Arbeitgeber gesetzte Kommunikationsstandard der Maßstab für den Teilhabeanspruch des Betriebsrats iSd § 72 ArbVG ist.[18]
3.1. Datenschutzrechtliche Fragen
Die Befugnisse des Betriebsrats im Rahmen seiner im ArbVG verbrieften Mitwirkungsrechte werden aus Sicht des OGH auch durch das Datenschutzrecht nicht berührt. Der zur Rechtslage nach dem DSG 2000 ergangene Befund, dass im Bereich der Pflichtkompetenzen des Betriebsrats eine datenschutzrechtliche Interessenabwägung nicht erforderlich ist (Rz 55),[19] hat der OGH in der vorliegenden Entscheidung erneut auch für die Rechtslage nach Inkrafttreten der DSGVO bestätigt (Rz 56).[20] Damit ist aus Sicht des Höchstgerichts weiterhin klargestellt, dass dort, wo das ArbVG dem Betriebsrat ein von der individuellen Zustimmung des Arbeitnehmers unabhängiges Einsichtsrecht zuweist, eine solche individuelle Zustimmung nicht aus datenschutzrechtlichen Erwägungen verlangt werden darf. Die im ArbVG für Mitglieder des Betriebsrats vorgesehenen Verschwiegenheitspflichten (§ 115 Abs 4 ArbVG) samt der an einen Verstoß gegen diese Pflichten geknüpften Konsequenz eines Entlassungsgrunds im Rahmen des besonderen Bestandschutzes für Betriebsratsmitglieder (§ 122 Abs 1 Z 4 ArbVG) sind nach Ansicht des OGH auch nach Inkrafttreten der DSGVO (Daten-)Schutz genug (Rz 55). Somit lässt sich – selbst wenn eine ausdrückliche gesetzliche Klarstellung des Verhältnisses von Datenschutz- und Arbeitsverfassungsrecht fehlt (dies wohl vor allem, weil die Frage, ob das ArbVG als speziellere Vorschrift iSd § 88 DSGVO gilt, nicht abschließend beantwortet scheint)[21] – aus den Ausführungen des OGH schließen, dass er im Bereich der Pflichtkompetenzen des Betriebsrats von einer Datenverarbeitungserlaubnis nach Art 6 Abs 1 lit c DSGVO ausgeht, also in den entsprechenden betriebsrätlichen Mitwirkungsrechten des ArbVG eine entsprechende rechtliche Verpflichtung zur Datenverarbeitung durch den Betriebsrat sieht (Rz 56 f).
Eine solche die Datenverarbeitung gemäß Art 6 Abs 1 lit c DSGVO erlaubende Verpflichtung kann sich dabei sowohl aus dem Unionsrecht als auch aus dem Recht eines Mitgliedstaats ergeben. Auf nationaler Ebene sind darunter neben Gesetzen (wie eben dem ArbVG) und Verordnungen übrigens auch Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen zu subsumieren.[22] Vornehmliches Ziel des Erlaubnistatbestands des Art 6 Abs 1 lit c DSGVO ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch Private, die dazu auf Grundlage einer öffentlichen Rechtsvorschrift verpflichtet sind. Die Verarbeitungstätigkeit eines Betriebsrats im Zuge der Ausübung von laut ArbVG vorgesehenen Pflichtaufgaben des Betriebsrats fällt daher mE auch genauso unter diesen Erlaubnistatbestand wie bestimmte Verarbeitungspflichten der Arbeitgeber aufgrund von Vorgaben aus dem Sozialversicherungs- oder Steuerrecht.[23]
Geht dies aber auch so weit, dass dem Betriebsrat die privaten E-Mail-Adressen der Beschäftigten zur Verfügung gestellt werden müssen, oder stehen dem doch datenschutzrechtliche Bedenken entgegen? Im gegenständlichen Fall hat der Betriebsrat das Erfordernis der Zurverfügungstellung der privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer auf das Erfordernis der Ermöglichung einer proaktiven Kontaktaufnahme mit den Arbeitnehmern gestützt. Das zählt laut OGH allerdings nicht zwingend zu den Pflichtkompetenzen des Betriebsrats; der Erlaubnistatbestand des Art 6 Abs 1 lit c DSGVO scheidet daher für diesen Verarbeitungszweck in Bezug auf die privaten Kontaktdaten aus.
Eine Datenverarbeitung kann hier nach Ansicht des Höchstgerichts allerdings auf Art 6 Abs 1 lit f DSGVO gestützt werden, da die in diesem Zusammenhang vorgesehene dreigliedrige Interessenabwägung zugunsten der Interessen des Betriebsrats ausgeht (Rz 59 ff). Einerseits hat der Betriebsrat laut Ansicht des OGH ein berechtigtes Interesse daran, mit den Arbeitnehmern des Betriebs in einer effizienten, den gegenwärtigen technischen Entwicklungen entsprechenden und vor allem betriebsüblichen Form zu kommunizieren (Rz 61). Andererseits ist in diesem konkreten Fall die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Arbeitnehmer durch den Betriebsrat erforderlich, da innerhalb des Betriebs ausschließlich die privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer für jegliche betriebliche Belange verwendet werden. Damit im Zusammenhang wird dann aus Sicht des Höchstgerichts auch das Grundrecht der Wahrung der Privatsphäre auf Seiten der Arbeitnehmer durch die Datenverarbeitung des Betriebsrats nicht überwiegend berührt, da eben die privaten E-Mail-Adressen hier grundsätzlich auch für berufliche Zwecke (Kontakt mit dem Arbeitgeber) verwendet werden (Rz 62).
Ziel der beim Erlaubnistatbestand des Art 6 Abs 1 lit f DSGVO erforderlichen dreistufigen Interessenabwägung ist die Prüfung, ob die betroffene Person zum Zeitpunkt der Erhebung der Daten und angesichts der Umstände, unter denen die Datenerhebung erfolgt ist, vernünftigerweise absehen kann, dass möglicherweise eine Verarbeitung für diesen Zweck erfolgen wird.[24] Dabei muss die subjektive Erwartung der betroffenen Person objektiv legitim sein.[25] Umgelegt auf den vom OGH zu entscheidenden Sachverhalt wird es für die Arbeitnehmer absehbar sein, dass ihre privaten E-Mail-Adressen, die sie dem Arbeitgeber für die berufliche Kommunikation zur Verfügung stellen, in einem betriebsratspflichtigen Betrieb mit Betriebsrat auch von der Belegschaftsvertretung für Zwecke der Belegschaftsvertretung im Rahmen des ArbVG verwendet werden. Solange sich die Verwendung dieser personenbezogenen Daten durch den Betriebsrat daher auf dessen Vertretungstätigkeit im beruflichen Kontext begrenzt, kann auch mE keine Grundrechtsverletzung angenommen werden. Gemeinsam mit dem OGH muss daher neben dem Anspruch des Betriebsrats auf Übermittlung der privaten E-Mail-Adressen der vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer auch der Anspruch des Betriebsrats auf Bekanntgabe der E-Mail-Adressen der neu eintretenden Arbeitnehmer sowie allfälliger Aktualisierungen von bereits einmal übermittelten E-Mail-Adressen bejaht werden (Rz 63).
Dafür spricht auch die Stellungnahme der Artikel-29-Datenschutzgruppe,[26] wonach ein berechtigtes Interesse iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO vorliegt, wenn es rechtmäßig (also dem anwendbaren Unionsrecht und dem einzelstaatlichen Recht entspricht), hinreichend spezifiziert und gegenwärtig vorhanden ist, wohingegen ein bloß spekulativ vorhandenes Interesse nicht ausreicht. In diesem Zusammenhang ist es dann allerdings auch schlüssig, dass der OGH im gegenständlichen Verfahren im Zuge der nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO erforderlichen Interessenabwägung den zusätzlichen Anspruch des Betriebsrats auf die Herausgabe der privaten Telefonnummern der Arbeitnehmer verneint hat. Die Begründung überzeugt, weist doch der OGH zurecht darauf hin, dass der berufliche Kontakt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im betroffenen Betrieb ausschließlich über E-Mail erfolgt, weshalb es nach den Feststellungen im Sachverhalt nicht unbedingt erforderlich ist, dass der Betriebsrat auch noch die privaten Telefonnummern als weitere personenbezogene Daten der Arbeitnehmer verarbeitet (Rz 64). Diese Ansicht des OGH entspricht damit auch einem der wesentlichen Grundsätze der DSGVO, nämlich der Datenminimierung nach Art 5 Abs 1 lit c DSGVO. Mit diesem Grundsatz wird die Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidend begrenzt, da eine Verarbeitung nur zulässig ist, wenn der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden kann.[27]
Zusammengefasst kann daher festgehalten werden, dass einem Betriebsrat auch unter Berücksichtigung der Vorgaben der DSGVO das Recht zusteht, jene personenbezogenen Kontaktdaten der Arbeitnehmer zu verarbeiten, die gewöhnlich im beruflichen Kontext vom Arbeitgeber für die Kommunikation mit den Arbeitnehmern verwendet werden und für die Ausübung der dem Betriebsrat aufgrund des ArbVG grundsätzlich zukommenden Vertretungsrechte erforderlich sind. Für die Bestimmung des konkreten Erlaubnistatbestands nach der DSGVO scheint es aber erforderlich zu sein, zwischen den Pflichtkompetenzen und den sonstigen Rechten des Betriebsrats zu unterscheiden.
Diese Argumentationslinie des OGH erinnert an die Mat des ArbVG,[28] wonach im ArbVG, anders als in der Vorläuferbestimmung BRG, aus systematischen Gründen eine klare Trennung zwischen den Aufgaben des Betriebsrats (also den konkreten Pflichten des Betriebsrats gemäß § 38 ArbVG) und den bloßen Befugnissen des Betriebsrats (gemäß den §§ 89 ff ArbVG) erfolgen sollte. Dieses in den Mat genannte Vorhaben wurde in den §§ 89 ff ArbVG allerdings nicht gänzlich umgesetzt, da auch in den §§ 89 ff ArbVG Aufgaben und damit Verpflichtungen des Betriebsrats festgelegt werden, die § 38 ArbVG konkretisieren.[29] Die hL differenziert bezüglich der einzelnen in den §§ 89 ff ArbVG genannten Mitwirkungsbefugnisse des Betriebsrats daher danach, ob es sich beim entsprechenden Mitwirkungsrecht um eine Pflichtbefugnis (so etwa im Fall des § 89 ArbVG) oder eine Ermessensbefugnis des Betriebsrats handelt (so etwa im Fall der §§ 90 oder 93 ArbVG).[30] Bei Ersteren ist die Datenverarbeitung durch den Betriebsrat mit dem Vorliegen einer rechtlichen Verpflichtung nach Art 6 Abs 1 lit c DSGVO legitimiert; nur bei Letzteren bedarf es einer datenschutzrechtlichen Interessenabwägung nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO.
3.2. Spaßverderber Widerspruchsrecht?
Im Zusammenhang mit dem Erlaubnistatbestand des Art 6 Abs 1 lit f DSGVO ist allerdings an das relative Widerspruchsrecht nach Art 21 DSGVO gegen die an sich rechtmäßige Datenverarbeitung zu denken. Für die Geltendmachung dieses Widerspruchsrechts muss die von der Datenverarbeitung betroffene Person besondere Gründe nachweisen, warum die Datenverarbeitung unzulässig ist. Ein solcher Widerspruch kann dabei mit sämtlichen schutzwürdigen Interessen begründet werden, insb mit Persönlichkeitsrechten und der Privatautonomie.[31] Der die Daten verarbeitende Verantwortliche kann den Widerspruch allerdings ablehnen, wenn er nachweist, dass zwingende schutzwürdige Gründe für die Verarbeitung vorliegen, die die Interessen, Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen überwiegen oder die Verarbeitung der Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen dient.[32]
Im Fall der Verwendung der privaten E-Mail-Adressen durch den Betriebsrat jenes Betriebs, dessen Arbeitnehmer auf Anweisung des Arbeitgebers eben jene privaten E-Mail-Adressen für die berufliche Kommunikation zur Verfügung stellen müssen, wird ein Anspruch der betroffenen Arbeitnehmer auf ein relatives Widerspruchsrecht nach Art 21 Abs 1 DSGVO gegen die Verwendung der privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer durch den Betriebsrat mE nicht angenommen werden können. Einerseits fehlen die für die Geltendmachung des Widerspruchsrechts erforderlichen besonderen persönlichen Umstände auf Seiten der Arbeitnehmer. Andererseits wird der Betriebsrat selbst bei Konstruktion einer solchen eingreifenden Interessenbeeinträchtigung auf Arbeitnehmerseite nachweisen können, dass die Verarbeitung der Geltendmachung von Rechtsansprüchen dient, da es – wie auch vom OGH im gegenständlichen Fall zutreffend ausgeführt wurde – für die Ausübung der in §§ 89 ff ArbVG vorgeschriebenen Mitwirkungsrechte und -pflichten erforderlich ist, dass jedes Betriebsratsmitglied in der Lage ist, mit den vertretenen Arbeitnehmern in Kontakt zu treten. Im konkreten Fall ist dies eben nahezu ausschließlich über die Verwendung der privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer möglich.
4. Weitere offene Fragen im Verfahren
Das konkret zustehende Ausmaß des Anspruchs auf Zurverfügungstellung der privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer hat der OGH in der vorliegenden Entscheidung nicht abschließend entschieden, sondern die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Frage an das Erstgericht zurückverwiesen. Laut OGH war aus dem Vorbringen nicht ausreichend ersichtlich, ob sich der Anspruch auf die Zurverfügungstellung der E-Mail-Adressen nur auf die vom ursprünglich klagenden Wiener Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer bezieht oder durch den Verfahrenseintritt des im April 2023 österreichweit gewählten Betriebsrats der Anspruch für alle in Österreich beschäftigten Arbeitnehmer geltend gemacht wurde (Rz 65). Nach den bisherigen Feststellungen im Sachverhalt und der vorliegenden Entscheidung des OGH wäre es allerdings schwer nachvollziehbar, wenn der Anspruch des Betriebsrats nicht bezüglich aller vom aufrechten Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer bestehen sollte. Denn gestützt auf den Zweck des § 72 ArbVG wird dieser Anspruch in Bezug auf die Größe des Betriebs und die Bedürfnisse des Betriebsrats zu bejahen sein.
5. Abschließender Blick nach Deutschland
Auch die zuletzt ergangene Entscheidung des BAG[33] wird mE im fortgesetzten Verfahren keine Änderung der Einschätzung der rechtlichen Situation bringen. In dieser Entscheidung hat das BAG ua den Anspruch einer Gewerkschaft auf die Herausgabe betrieblicher E-Mail-Adressen verneint. Nach Ansicht des deutschen Höchstgerichts sind Arbeitgeber zwar verpflichtet, die Nutzung betrieblicher E-Mails durch Gewerkschaften zu dulden, ein Recht der Gewerkschaften auf aktive Aushändigung betrieblicher E-Mail-Adressen lässt sich aber aus der Koalitionsbetätigungsfreiheit des Art 9 Abs 3 GG nicht ableiten.
In Bezug auf die Rechte der Belegschaftsvertretung nach dem BetrVG sagt diese Entscheidung allerdings nichts aus, da dort – ebenso wie nach dem österreichischen ArbVG – die Rechte der Gewerkschaften streng von den Mitwirkungsrechten der im Betrieb gewählten Belegschaftsvertretung zu unterscheiden sind. Blickt man nach Deutschland erscheint im gegebenen Zusammenhang vielmehr die Entscheidung des ArbG Paderborn[34] von Interesse, in der das Gericht festgestellt hat, dass ein Arbeitgeber dem Betriebsrat alle sachlichen Mittel zur Verfügung zu stellen hat, die dieser zur Wahrnehmung seiner Tätigkeit braucht.[35] Darunter fällt dann etwa auch, dem Betriebsrat eine Homepage im Rahmen des betriebsinternen Intranets zur Verfügung zu stellen, wenn die elektronische Kommunikation der Mitarbeitenden zum betrieblichen Alltag gehört. In diesem Sinn ist die aktuellen Rsp des OGH auf einer Linie mit der deutschen Rsp.
Auf den Punkt gebracht
Endet eine zu Beginn eines arbeitsrechtlichen Verfahrens bestehende Parteifähigkeit eines Betriebsrats aufgrund der erfolgreichen Anfechtung der Betriebsratswahl und kommt es auch zu keiner Verlängerung der Parteifähigkeit nach § 62a ArbVG, gilt das durch die zwischenzeitlich weggefallene Parteifähigkeit grundsätzlich bestehende Prozesshindernis mit der Neuwahl eines Betriebsrats als geheilt. Der neu gewählte Betriebsrat führt das anhängige Verfahren als Vertreter der Belegschaft fort, die die eigentliche Trägerin der betriebsverfassungsrechtlichen Mitwirkungsrechte ist. Dieses darf daher nicht für nichtig erklärt werden, sondern muss in der Sache entschieden werden.
In einem Betrieb, in dem der Arbeitgeber darauf besteht, ausschließlich via die privaten E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer mit diesen zu kommunizieren, hat der Betriebsrat auch nach den Vorgaben der DSGVO das Recht auf Übermittlung dieser personenbezogenen Kontaktdaten der Arbeitnehmer sowie die Befugnis, diese zu verarbeiten, soweit dies für die Ausübung der dem Betriebsrat aufgrund des ArbVG grundsätzlich zukommenden Vertretungsrechte erforderlich ist. Die datenschutzrechtliche Verarbeitungserlaubnis für den Betriebsrat stützt sich dabei auf die zugunsten des Betriebsrats ausgehende Interessenabwägung, die das Vorliegen eines berechtigten Interesses zur Datenverarbeitung nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO feststellt. Im Rahmen der Pflichtkompetenzen des Betriebsrats braucht es diese datenschutzrechtliche Interessenabwägung nicht; hier kann sich der Betriebsrat aufgrund des Vorliegens einer rechtlichen Verpflichtung zur Datenverarbeitung auf Art 6 Abs 1 lit c DSGVO berufen.
Autorin
Mag. Karin Burger-Ehrnhofer ist Senior Scientist am Institut für Österreichisches und Europäisches Arbeitsrecht und Sozialrecht der Wirtschaftsuniversität Wien.
Fundstelle(n):
ASoK 2025, 200
HAAAF-82064