X
Digital
Arbeitsrecht ASoK News

Aktuelle Herausforderungen am Arbeitsmarkt und die Krux um die Teilzeit

(Bild: © iStock/Dilok Klaisataporn)

Unternehmen quer durch alle Branchen kämpfen aktuell mit zum Teil geringem Rücklauf bei offenen Stellen und neuen Bewerbern. Die Anforderungen von Mitarbeitern an potenzielle neue Arbeitgeber haben sich in den letzten Jahren, wohl auch bedingt durch Corona, verändert. Der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten, einer Reduzierung der Arbeitszeit an sich für mehr „Work-Life-Balance“ und vermehrte Tätigkeit im Homeoffice stellen sowohl Unternehmen als auch Berater vor gewisse – auch rechtliche – Hürden.

Aktuell ist wohl insbesondere der Wunsch nach verkürzter Arbeitszeit und sohin das Modell der Teilzeit in Diskussion geraten. Wohl als Reaktion auf die Aussage von Arbeitsminister Kocher, wonach Anreize für Vollzeitmitarbeiter geschaffen werden sollen und Einschränkungen bei Sozialleistungen für Teilzeitmitarbeiter angedacht werden sollen, fordert der ÖGB nunmehr eine Erhöhung des Mehrarbeitszuschlags auf 50% sowie die Anrechnung des Zuschlags auch auf Zeitausgleich.

Derzeit sieht das AZG für Mehrarbeit – sohin Stunden zwischen der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung bis zur gesetzlich oder kollektivvertraglich festgelegten Vollzeit – einen Zuschlag von 25% vor, der in Geld abzugelten ist. Kollektivverträge können auch höhere Zuschläge vorsehen. Für Überstunden gebührt demgegenüber ein Zuschlag von 50%, wobei hier je nach Lage zahlreiche Kollektivverträge auch höhere Zuschläge vorsehen (zB für Nachtarbeit 100%) Alternativ dazu können Mehrstunden bei Teilzeitbeschäftigung auch innerhalb eines dreimonatigen Zeitraumes im Verhältnis 1:1 durch Zeitausgleich verbraucht werden. Diesen 1:1 Ausgleich gibt es aber auch für Vollzeitdienstverhältnisse, sofern Gleitzeit oder eine Durchrechnungsmodell vereinbart ist. Auch dieser „Zeitausgleich“ bei Teilzeitdienstverhältnissen wird vom ÖGB angegriffen.

Diese Überlegungen greifen wohl langfristig zu kurz. Der Wunsch nach Flexibilisierung und reduzierter Arbeitszeit ist wohl ein individueller, der durchaus nachvollziehbar ist. Dass Unternehmen aber zwangsläufig mehr Personal benötigen, um diesen Teilzeitwünschen nachkommen zu können, sollte nicht unberücksichtigt bleiben. Darüber hinaus ist eine gewisse unterschiedliche Behandlung aus entgeltlicher Sicht wohl auch aus Arbeitnehmerschutzaspekten geboten. Hier eine unterschiedliche Behandlung zwischen jenen Stunden, die die Vollarbeitszeit überschreiten und reiner Mehrarbeit vorzunehmen, ist sachlich gerechtfertigt durch die erhöhte Belastung, die Vollzeitmitarbeiter meist haben werden. Nimmt man diesen finanziellen Anreiz, besteht gerade auf Basis der aktuellen Situation wohl die Gefahr, dass kaum noch neue Mitarbeiter in Vollzeitdienstverhältnissen tätig werden wollen.

Auf der anderen Seite ist auch die Verkürzung der Sozialleistungen gerade bei Müttern, die vielleicht sogar mehr arbeiten wollen würden, dies aber aufgrund der Kinderbetreuung nicht können, absolut unvertretbar.

Es fehlt hier aktuell an langfristigen, durchdachten Konzepten, die sowohl den Flexibilisierungswünschen der Arbeitnehmer, den Herausforderungen von Teilzeit und Kinderbetreuung, als auch den Anforderungen der Unternehmen gerecht werden.

Christina Hödlmayr-Traxler ist Rechtsanwältin und Partnerin bei LeitnerLaw Rechtsanwälte. Sie berät in- und ausländische Unternehmen bei maßgeschneiderten arbeitsrechtlichen Lösungen und vertritt diese vor Gerichten und Behörden. Darüber hinaus hat sie sich auf die Bereiche Litigation sowie Unternehmens- und Vertragsrecht spezialisiert.