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GESELLSCHAFTSRECHT | Die Rolle des Aufsichtsrates

(Bild: © iStock/ivanmollov)

Kraus Andrea  |  Vrba Maria

Der Aufsichtsrat spielt als Gesellschaftsorgan bei der Unternehmensführung österreichischer Aktiengesellschaften sowie auch anderer Kapitalgesellschaften (bestimmte GmbHs sowie auch neue FlexCos) eine zentrale Rolle, die sich stetig weiterentwickelt. Neue Herausforderungen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und globale Vernetzung erfordern von den Mitgliedern des Aufsichtsrates, sich kontinuierlich weiterzubilden und anzupassen. Die Fähigkeit, Risiken frühzeitig zu erkennen und Innovationen zu fördern, wird immer wichtiger. Im folgenden Beitrag möchten wir daher auf einige strukturelle und regulatorische Aspekte hinweisen, welche die Arbeit des Aufsichtsrates prägen und seine Funktion für den Unternehmenserfolg unverzichtbar machen.

Gesetzliche Grundlagen 

Die wesentlichen gesetzlichen Regelungen zum Gesellschaftsorgan “Aufsichtsrat” (AR) finden sich im Aktiengesetz (§§ 86 bis 99 AktG) sowie im GmbH-Gesetz (§§ 29 bis 33 GmbHG). Für die seit 1.1.2024 bestehende neue Rechtsform “flexible Kapitalgesellschaft” (kurz “FlexKapG” oder “FlexCo”) gelten grundsätzlich die Bestimmungen des GmbHG (§ 1 Abs 2 FlexKapGG), wobei jedoch zu beachten ist, dass hier bereits für “mittelgroße” Gesellschaften eine gesetzliche AR-Pflicht besteht (§ 6 FlexKapGG; siehe zur FlexCo auch unseren NL-Beitrag “GESELLSCHAFTSRECHT | Update Juli 2023” vom 26.7.2023).

Eine gesetzliche Aufsichtsratspflicht besteht demgemäß für alle Aktiengesellschaften (AG), während Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) nur in bestimmten Fällen einen Aufsichtsrat installieren müssen (im Detail geregelt in § 29 GmbHG, wobei als Hauptanwendungsfall in der Praxis die Unternehmensgröße von mehr als 300 Arbeitnehmern relevant ist; zur FlexCo siehe bereits oben). Es ist für alle Kapitalgesellschaften (bzw grds auch für andere Rechtsformen) freilich auch möglich, einen Aufsichtsrat freiwillig einzurichten. 

Der Aufsichtsrat ist grundsätzlich – aufgrund des in der Verfassung für österreichische Kapitalgesellschaften vorgesehenen “dualen” Systems – als internes Kontrollorgan für Kapitalgesellschaften konzipiert, welches primär die Aufgabe hat, den Vorstand bzw die Geschäftsführung zu überwachen und zu beraten. Das Aufsichtsorgan besteht aus mehreren Mitgliedern, die bei der AG von der Hauptversammlung (§ 87 AktG) bzw bei der GmbH mittels Gesellschafterbeschluss (§ 30b GmbHG) gewählt werden. 

Zusammensetzung des Aufsichtsrates 

Das Gesellschaftsorgan Aufsichtsrat besteht aus mindestens drei (und höchstens 20) natürlichen Personen (wobei gemäß § 86 AktG div. individuelle Einschränkungen für die einzelnen Mitglieder zu beachten sind; § 88 AktG sieht weiters auch Entsendungsmöglichkeiten vor; neben den Kapitalvertretern ist gemäß § 110 ArbVG auch die Entsendung von Arbeitnehmervertretern zu beachten).

Die Zusammensetzung des Aufsichtsrates ist entscheidend für seine Effektivität. Ein gut ausgewogener Aufsichtsrat vereint unterschiedliche Fähigkeiten, Erfahrungen und Perspektiven. Bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern hat die Hauptversammlung der AG bzw Generalversammlung der GmbH daher insbesondere auch auf die fachliche und persönliche Qualifikation der AR-Mitglieder sowie auf eine im Hinblick auf die Struktur und die Geschäftsfelder der Gesellschaft fachlich ausgewogene Zusammensetzung des Aufsichtsrates zu achten.

Durch das “Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat” wurde vorgesehen, dass seit 2018 in den Aufsichtsräten von börsennotierten Gesellschaften sowie von Gesellschaften mit dauerhaft mehr als 1.000 Arbeitnehmern mindestens je 30 Prozent Frauen und Männer vertreten sein müssen (§ 86 Abs 7 AktG).

Je nach Größe kann die innere Ordnung des Aufsichtsrates auch Ausschüsse vorsehen (§ 92 Abs 4 AktG), wobei bestimmte Unternehmen von öffentlichem Interesse sowie sehr große Gesellschaften insbesondere auch einen Prüfungsausschuss, ggfs mit Finanzexperten, zu bestellen haben (§ 92 Abs 4a AktG).

Aufgaben und Verantwortlichkeiten

Überwachung und Kontrolle  

Eine der Hauptaufgaben des Aufsichtsrates ist die Überwachung des Vorstands bzw der Geschäftsführung (§ 95 AktG). Dies umfasst insbesondere die Kontrolle der Unternehmensstrategie, die Überprüfung finanzieller Entscheidungen und die Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften. Der Aufsichtsrat stellt sicher, dass der Vorstand bzw die Geschäftsführung im besten Interesse der Gesellschaft handelt. Zudem müssen die Aufsichtsräte ihre Aufgaben unabhängig und mit der gebotenen Sorgfalt ausüben, wobei – analog zu Vorstand bzw Geschäftsführung – die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bzw Geschäftsmannes zu erfüllen sind (§ 84 AktG bzw § 25 GmbHG). 

Ergänzt wird die Überwachungsfunktion durch die Aufgabe der Bestellung und Abberufung des Vorstands bzw der Geschäftsführung. Zusätzlich können Satzung bzw Gesellschaftsvertrag oder der Aufsichtsrat selbst festlegen, dass bestimmte genehmigungspflichtige Geschäfte nur mit Zustimmung des Überwachungsorgans abgeschlossen werden dürfen. Überhaupt vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber den Vorstands- bzw Geschäftsführungsmitgliedern (gerichtlich und außergerichtlich).

Beratung des Vorstands bzw der Geschäftsführung

Neben der Überwachung berät der Aufsichtsrat den Vorstand bzw die Geschäftsführung insbesondere in strategischen Fragen. Dank der oft umfangreichen Erfahrung und Expertise seiner Mitglieder kann der Aufsichtsrat wertvolle Einblicke und Empfehlungen bieten, die zur erfolgreichen Führung des Unternehmens beitragen. 

Das wichtigste Instrument der Informationsbeschaffung für den Aufsichtsrat sind die Berichtspflichten des Vorstands bzw der Geschäftsführung sowie div. Einsichts- und Prüfrechte des Aufsichtsrats. Hinsichtlich der Berichtpflichten ist zu unterscheiden zwischen Berichten, die der Vorstand bzw die Geschäftsführung von sich aus unaufgefordert vorzulegen haben und solchen, die nur auf Verlangen erfolgen müssen. Zu ersteren zählen der Jahresbericht über grundsätzliche Fragen der künftigen Geschäftspolitik des Unternehmens sowie die künftige Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage anhand einer Vorschaurechnung und weiters der Quartalsbericht über den Gang der Geschäfte und die Lage des Unternehmens im Vergleich zur Vorschaurechnung.

Darüber hinaus ist dem Aufsichtsrat unverzüglich über Umstände zu berichten, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind (Sonderberichte, zB über Insolvenz eines wichtigen Schuldners).

Bei wichtigen Anlässen (zB Änderung der Marktsituation durch Fusion von zwei Konkurrenzunternehmen) ist vorgesehen, dass unverzüglich dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates zu berichten ist, der dann – soweit und so rasch wie erforderlich – die übrigen Aufsichtsratsmitglieder zu informieren hat.

Neben diesen unaufgefordert vorzulegenden Berichten kann der Aufsichtsrat vom Vorstand bzw der Geschäftsführung Berichte bzw Auskünfte über konkrete Angelegenheiten der Gesellschaft einschließlich ihrer Beziehungen zu Konzernunternehmen anfordern. Das Aufsichtsorgan soll damit die Möglichkeit haben, jene Informationen zu verlangen, die für die Ausübung der Überwachungsfunktion als notwendig erachtet werden. 

Sonstige Aufgaben

Eine weitere wichtige Aufgabe des Aufsichtsrates ist bei Aktiengesellschaften auch der Bericht an die Hauptversammlung (§ 96 AktG), insbesondere den von ihm geprüften und gebilligten und idR damit festgestellten Jahresabschluss sowie den Lagebericht, den Vorschlag für die Gewinnverteilung sowie ggfs auch den Konzernabschluss und -lagebericht.  

Wie bereits erwähnt, ist der Aufsichtsrat auch zur Vertretung der Gesellschaft iZm Rechtsgeschäften mit Vorstandsmitgliedern befugt (§ 97 AktG, zB Verhandlung und Abschluss von Vorstandsverträgen).

Verhältnis von Aufsichtsrat und Abschlussprüfer

Soweit sich die umfangreichen Überwachungs- und Prüfungsaufgaben des Aufsichtsrats als internes Kontrollorgan auf den Jahres- und Konzernabschluss beziehen, ist insbesondere auch auf den externen Abschlussprüfer hinzuweisen, der dem Aufsichtsrat insoweit als “Hilfsorgan” zur Verfügung steht. Demgemäß sieht das primär im Unternehmensgesetzbuch geregelte Abschlussprüfungsprozedere (§§ 268 ff UGB) auch ein entsprechendes Zusammenwirken von Aufsichtsrat und Abschlussprüfer vor (zB AR-Vorschlag zur Wahl des Abschlussprüfers, Vertragsverhandlungen und Prüfungsvertrag, Prüfungsbericht und Prüfungsausschuss).

FAZIT

Der Aufsichtsrat als Gesellschaftsorgan von Kapitalgesellschaften spielt eine wichtige Rolle in der Unternehmensverfassung und -führung. Durch seine Überwachungs-, Beratungs- und Genehmigungsfunktion trägt er maßgeblich zur Stabilität und zum langfristigen Erfolg eines Unternehmens bei. In einer sich ständig verändernden Geschäftswelt muss der Aufsichtsrat jedoch flexibel bleiben und sich stets den neuen Herausforderungen anpassen, um seine Aufgaben effektiv erfüllen zu können. 

Dem Aufsichtsrat wird insbesondere auch in Zusammenhang mit Environmental Social Governance (ESG) eine wichtige Rolle zukommen, sodass er in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen wird.  

 Für weitere Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die Verfasserinnen sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen unserer Service Line “Audit” gerne zur Verfügung!   


Autoren

Kraus Andrea

Vrba Maria

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